Gruselkabinett - 179 - Flaxman Low: Der Fall Medhans Lea

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    • Gruselkabinett - 179 - Flaxman Low: Der Fall Medhans Lea

      Gruselkabinett – 179. Flaxman Low – Der Fall Medhans Lea

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      Flaxman Low bekommt auf seinem Anwesen Besuch von drei alten Freunden. Doch dies ist keinesfalls der reinen Höflichkeit geschuldet: Während eines gemeinsamen Billard-Spiels haben diese die unheimlichen Schreie eines scheinbar gequälten Kinds auf dem neu bezogenen Anwesen gehört. Doch bei ihrer Suche konnte die Ursache nicht gefunden werden. Flaxman ist die letzte Hoffnung, noch Licht ins Dunkel zu bringen…

      Wer die Umsetzungen von „Flaxman Low“ aus dem Gruselkabinett kennt, weiß auch, was von der 179. Episode der Reihe zu erwarten ist: Ein Ausflug ins viktorianische England, einen ruhig erzählten Kriminalfall mit übernatürlichem Einschlag, charismatische Figuren. Tatsächlich findet auch hier ein großer Teil am knisternden Kaminfeuer von Flaxmans Anwesen bei einem gediegenen Gespräch statt, was direkt für eine eingängige und vertraute Atmosphäre sorgt. Zudem wird der Fall dabei interessant aufgebaut, was zwar langsam, aber mit durchgängig interessanten Details geschehen ist. Dabei gibt es natürlich auch einige Spielszenen mit Rückblicken, sodass man hautnah dabei sein kann, wenn die drei Männer von den unheimlichen Geräuschen heimgesucht wurden und weitere düstere Details eingebaut werden. Dabei braucht es nicht den ganz großen Horror, sondern viele leise, beklemmende Momente und Geheimnisse, die im Laufe der Zeit auch nicht alle vollständig aufgeklärt werden. Gerade dieser stetige Hauch des Ungewissen macht diese Episode aus und zusammen mit der dichten Atmosphäre zu einer weiteren, hörenswerten Geschichte des Hildener Labels.

      Bernd Kreibich ist als Flaxmans Butler Wilkins zu hören, zwar nur in einer kürzeren Szene, in der er aber viel Eindruck hinterlässt. Sein reservierter Eindruck gepaart mit seinem untrüglichen Gespür für komödiantisches Timing haben mir sehr gut gefallen. Bodo Primus ist als Mr. Harland zu hören und überzeugt über die gesamte Laufzeit mit einer eingängigen Sprechweise und authentischer Betonung, wobei er sich gekonnt an die gediegene Atmosphäre der Episode anpasst. Valentin Stroh fügt mit Dr. Nare-Jones eine weitere gelungene Facette hinzu und spricht den Hausarzt mit einer sehr eingängigen Wirkung. Weitere Sprecher sind Jean Paul Baeck, Marc Gruppe und Rolf Berg.

      Die akustische Umsetzung ist wieder sehr sauber und passend geraten, sodass die einzelnen Szenen ihre Wirkung entfalten können. Da die Handlung sehr ruhig erzählt ist, gibt es dementsprechend auch keine hochdramatischen Höhepunkte. Doch das Zusammenspiel von atmosphärischer Musik und dezenten, aber stimmungsvollen Geräuschen und der leise düsteren Ausstrahlung funktioniert sehr gut und sorgt für einen sehr runden Gesamteindruck.

      Ralf Nievelstein, einer der neuen Illustrationen für Titania Medien, hat ein Titelbild für die Serie geschaffen, das sich nahtlos in die bisherige Galerie einfügt und dennoch eigene Akzente setzt. Aus dem Gebüsch in der Nähe eines alten Herrenhauses recken sich zwei verkrümmte Arme nach oben, während im Hintergrund einige schiefe Grabsteine stehen – das alles mit düsteren und ausdrucksstarken Farben, die gut aufeinander abgestimmt sind.

      Fazit: „Der Fall Medhans Lea“ ist ein ruhig erzählter, aber ausdrucksstarker Krimi mit übernatürlichen Elementen. In die gediegenen Gespräche sind immer wieder unheimliche Momente eingestreut, über allem schwebt eine Aura des Unbekannten, was für eine dichte Atmosphäre sorgt. Gepaart mit sehr überzeugenden Sprechern und einer dezenten, aber sehr geschliffenen akustischen Begleitung ist so ein gelungenes Hörspiel entstanden.

      VÖ: 30. September 2022
      Label: Titania Medien
      Bestellnummer: 9783785783894
      :besserwisser:


    • Gruselkabinett - 179 - Flaxman Low: Der Fall Medhans Lea

      Zum Inhalt:
      Flaxman Low, seines Zeichens "Geisterjäger", bekommt Besuch von seinem Freund Mr. Harland und zwei seiner Bekannten. Die drei berichten Low von einem angsteinflößenden Erlebnis auf Harlands Anwesen "Medhans Lea". Während einer Billardpartie hörten sie Schreie wie von einem gequälten Kind, sowie diabolisches Gelächter, und dann tauchte auch noch ein unheimliches Gesicht am Fenster auf...

      Zur Produktion:
      "The Story of Medhans Lea", so der englischsprachige Originaltitel, erschien erstmals 1898 in Pearson's Magazine Vol. 5 (eine deutsche Übersetzung gibt es bis heute nicht) und ist nach Gruselkabinett 149 - Flaxman Low – Der Fall Teufelsmoor, 155 - Flaxman Low – Der Geist von Baelbrow & 167 - Flaxman Low – Der Fall Hammersmith bereits die vierte Vertonung eines Abenteuers dieses "Geisterjägers". Alle Flaxman Low-Geschichten stammen aus der Feder von Hesketh Vernon Prichard (17.11.1876-14.06.1922) und seiner Mutter Kate O'Brien Ryall Prichard (07.07.1851-14.11.1935), welche für ihre Veröffentlichungen von insgesamt 12 Abenteuern das Pseudonym E. & H. Heron benutzten. Während über seine Mutter, außer ihrem Namen und den Lebensdaten, kaum etwas bekannt ist, weiß man über Hesketh so einiges. Zum einen war er ein erstklassiger Cricketspieler, zum anderen ein begeisterter Reisejournalist, der sich außerdem erfolgreich für den Tierschutz einsetzte. 1913 erschuf er die Figur des "November Joe", eines Verbrechensbekämpfers, der als Jäger und Hinterwäldler in der kanadischen Wildnis agierte. Diese Geschichte wurde dann Ende der 1960er Jahre von der BBC vertont und am 23.09.1970 gesendet.
      Doch zurück zu der vorliegenden Flaxman Low-Folge des Gruselkabinetts. Die titelgebende Hauptfigur hat nur wenig mit dem gemein, was wir heutzutage unter einem "Geisterjäger" verstehen. In seiner Vorgehensweise erinnert er eher an einen Detektiv (deshalb wird auch immer "Der Fall" dem eigentlichen Titel vorangestellt), der die Fakten und Indizien zusammenbringt und dann versucht, dem Spukphänomen ein Ende zu bereiten. Oft hat er dabei selbst gar keinen Kontakt zu den Erscheinungen, und so manches Mal kann er auch nichts gegen sie tun. Mit diesem Vorwissen lässt sich das Hörspiel sehr viel besser einordnen, und Enttäuschungen seitens der Hörer können vermieden werden.
      Auch in diesem Fall agiert Flaxman Low als "(Ohren)Sesseldetektiv", dem die zugegebenermaßen unheimlichen Ereignisse berichtet werden, aus denen er dann seine Schlüsse zieht und entsprechend handelt. Das heißt aber nicht, daß die Geschichte nicht gruselig ist, ganz im Gegenteil. Dadurch, daß Skriptautor Marc Gruppe den ursprünglichen Erzählstil "aufbricht" und die Berichte von Lows Besuchern als Spielszenen und Dialoge inszeniert, bekommt der Hörer diverse Szenen ins Ohr, welche ihm Schauer über den Rücken jagen. Die Begebenheiten in Medhans Lea sind dabei derart intensiv inszeniert, daß man komplett vergisst, daß es sich "nur" um eine Wiedergabe der Ereignisse handelt.
      Im Großen und Ganzen bleibt Gruppe wie gewohnt dicht an der Vorlage und hat nur relativ wenige Veränderungen vorgenommen. Neu ist beispielsweise die Figur des Butlers, und auch das anfangs geführte Gespräch zwischen den vier Männern ist so nicht bei den Herons zu finden. Die Erwähnung von Harland, daß er die bengalische Figur in seiner Jugend als großes Götzenbild gesehen hat, stammt ebenso aus der Feder des Skriptautors, wie der Verweis darauf, daß dieses verflucht wäre. Hinzugekommen sind außerdem einige Füllsätze, die dem flüssigeren Ablauf der Gespräche dienen, während stattdessen einige Details, wie der Verlauf der Billardpartie, weggefallen sind. All dies spielt aber für die Handlung ebenso wenig eine Rolle, wie die Abänderung des Namens Savelsan in Sawelsan oder daß Harland in der Originalgeschichte seinen Mantel bereits anhat, während er hier von seinen Freunden gefragt wird, ob diese ihm selbigen reichen sollen. Allerdings gibt es zwei Veränderungen, die dann doch auffallen. In der Kurzgeschichte findet Low bei der Untersuchung der Figur eine verborgene Feder, mit der sie sich öffnen lässt. Ihr Inhalt bestätigt dann seine bereits geäußerten Vermutungen. Ein Detail das aus mir unverständlichen Gründen im Hörspiel fehlt.
      Dafür ist das Ende der Geschichte sehr viel ausführlicher gestaltet worden. Bei den Herons läuft die Kurzgeschichte quasi ins Leere, da Harland unvermittelt vorschlägt, doch lieber von angenehmeren Dingen zu sprechen. Das ist recht billig und wäre wohl kaum von den Hörern akzeptiert worden. Dementsprechend hat Marc Gruppe den Abschluss erweitert, und man erfährt noch, was sich Low einfallen lässt, um dem Problem in "Medhans Lea" zu begegnen und natürlich, ob er damit auch erfolgreich ist. Einmal mehr hat der Skriptautor damit die ursprüngliche Vorlage wesentlich verbessert.
      Damit die Geschichte auch ihre Wirkung entfalten kann, haben Stephan Bosenius und Marc Gruppe bei der Regie und Produktion wieder alle Register gezogen.
      Die musikalische Untermalung fällt mal harmonisch, mal düster aus, je nachdem, was die jeweilige Szene erfordert. Als Instrumente stehen hier Klavier und Synthesizer im Vordergrund, aber auch die Geige kommt zum Einsatz, wenn auch leicht verfremdet bzw. nur kurz "angestrichen". Besonders gut hat mir das chorale Stück am Schluß des Hörspiels gefallen. Selbiges wirkt so, als würde man noch einmal alle vorangegangenen Melodien "zusammenfassen".
      Neben der immer stimmigen Musik, sind es aber die Geräusche, welche es dem Hörer ermöglichen, tief in die Szenerie einzutauchen. In dem bereits bekannten Intro weht ein unheimlicher Wind, und passend dazu wird der Name Flaxman Low ins Mikro gehaucht. Die Wohnung der Titelfigur wird mit Hilfe von leise pfeifendem Wind, dem knisternden Kaminfeuer, einer tickenden Uhr und dem Geschirrklappern dargestellt. Darüber hinaus wurde auch das Kratzen der Feder auf Papier und das Umblättern der Seiten des Notizblockes, auf dem sich Flaxman seine Notizen macht, nicht vergessen. In dem Gasthaus "The Red Lion", wo sich Harland, Nare-Jones und Sawelsan aufhalten, ist viel los. Entsprechend klirren die Gläser und sind im Hintergrund andere Gäste zu hören. Bei einer Geschichte wie dieser darf natürlich auch eine Kutsche mit klirrendem Zaumzeug, unruhig wiehernden Pferden und der typischen knarzenden Tür nicht fehlen. In "Medhans Lea" knarren die Zimmertüren und Fensterläden, und die Billiardkugeln stoßen klickend aneinander. Akustisches Highlight sind für mich das gewaltsame Aufbrechen einer Tür und das splitternde Fensterglas. Die große Sorgfalt, die in diese Produktion geflossen ist, kann man auch daran erkennen, daß die Protagonisten im Anschluß hörbar auf Glassplitter treten. Übrigens sollte man die Folge unbedingt bis ganz zum Schluß hören, denn dann wird man noch mit einem weiteren unheimlichen Laut belohnt.
      Neben dem zu erwartenden Hall in "Medhans Lea", mit dem die Sprecher in der Vorhalle und dem Treppenhaus unterlegt sind, kommen noch zwei weitere Effekte zum Einsatz. Die Stimmen hinter der Tür sind unverständlich und klingen ein wenig dumpf, und das finstere Gelächter wird so eingespielt, daß es von allen Seiten zu kommen scheint.

      Zu den Sprechern:
      Wie schon in den vorangegangenen Flaxman Low-Folgen spricht Rolf Berg(Flaxman Low) das Intro und natürlich die Hauptfigur. Im Gegensatz zu den anderen Sprechern, hat er jedoch relativ wenig Text. Trotzdem bleibt er als zunächst amüsierter, dann immer stiller werdender Chronist, der schlußendlich die Ereignisse in Zusammenhang bringt und analysiert, im Gedächtnis. Bernd Kreibichs(Butler Wilkins) Darstellung des vornehmen alten Bediensteten ist einfach wunderbar. Seine ruhige, distinguierte Sprechweise sorgt dafür, daß der Hörer sofort das Bild eines typischen englischen Butlers vor dem geistigen Auge hat. Sprecherisches Highlight ist in dieser Folge für mich ganz klar Bodo Primus(Mr. Harland), der gute Freund Flaxman Lows. Seine raue Stimme passt hervorragend zu seiner Figur des freundlichen älteren Herrn, dem die Ereignisse auf seinem Anwesen zunehmend unheimlicher werden, obwohl er eigentlich nicht an das Übernatürliche glaubt. Höhepunkt seiner Darstellung ist aber der Herzanfall, bei dem er nur noch Gestöhne und unnartikuliertes Gemurmel von sich gibt. Das klingt derart realistisch, daß man sich fast schon Sorgen um den Sprecher macht. Ganz auf Augenhöhe ist auch Valentin Stroh(Dr. Nare-Jones) als Harlands Hausarzt, der seine Unsicherheit gern mal mit vorgetäuschter Verärgerung überspielt und mit seiner Recherche maßgeblich zur Aufklärung der Ereignisse beiträgt. Gleiches gilt für den geradezu billiardsüchtigen Jean Paul Baeck(Mr. Sawelsan), der sich lieber im Hintergrund hält und trotz aller Begebenheiten einem möglichen Spukphänomen gegenüber skeptisch bleibt. Skriptautor, Regisseur und Produzent Marc Gruppe hat hier zwei überaus gelungene Auftritte. Einmal als grummeliger Kutscher, den er mit harter Stimme spricht, einmal als unheimlicher Priester (dunkler Jesuit), der seinen Text teils unverständlich geflüstert hervorstößt, dann in bösartiges Gleächter ausbricht und schließlich mit drohender Stimme seinen Besitzanspruch deutlichmacht.

      Fazit:
      Interessantes und stellenweise gruseliges Abenteuer des viktorianischen "Geisterjägers".

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