Wie bereits angekündigt, habe ich mir einige Gedanken zu meinem Verhältnis zum Hörgrusel gemacht. Seit ich hier im Jahr 2016 aufgeschlagen bin, habe ich eine mitunter lebhafte und meistens sehr amüsante Zeit verlebt, ein willkommener Ausgleich und manchmal vielleicht auch ein Zuviel der Ablenkung von den übrigen Schreibtischtätigkeiten, die mich im Alltag beanspruchten. Ich habe mit vielen interessanten Menschen über spannende Hörspielthemen diskutiert, manchmal sprudelten die Leidenschaften über, hin und wieder wurde auch mal gezankt, aber alles in allem war es eine schöne Zeit. Ich gehöre nun nicht zu den Menschen, die das Leben in sozialen Netzwerken und Internetforen mit dem echten Leben verwechseln, aber im Rahmen dessen, was eine Internet-Community sein kann, war es eine bereichernde und inspirierende Zeit. Ich habe gelernt, dass Hörspielfreunde nicht alle verrückte Nerds sind, sondern dass die Liebhaber dieser Kunstform einen ganzen Reigen unterschiedlichster Charaktere darstellen, teilweise verstreut über die halbe Welt. Man las Wortmeldungen zu Hörspielen aus Wien, von weiter Ferne aus Sizilien, sogar aus Dallas, Texas und aus Malaysia meldeten sich User zu Wort, um im Hörgrusel die neusten Hörspiel-News zu erörtern. Das Thema führte zusammen, das war das Schöne. Unter dem Dach einer gemeinsamen Leidenschaft versammelten sich die verschiedensten Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen, ob aus dem Süden oder dem Norden, ob Gutverdiener oder Hartz IV-Empfänger, ob Akademiker oder Schulabbrecher – jeder konnte etwas beitragen, und jeder wurde in seinen konstruktiven Versuchen, etwas beizutragen, ernstgenommen.
Aber Zeiten ändern sich. Und Menschen tun es auch. Und manchmal führt das dazu, dass etwas, das lange zusammenpasste, es irgendwann nicht mehr tut. Viele liebgewonnene Userinnen und User sind über die Jahre abgetreten, manche im Streit, manche, weil andere Dinge wichtiger wurden oder es an Zeit fehlte. Oder weil eben auch sie merkten, dass es irgendwann einfach nicht mehr passte, warum auch immer.
Dafür kommen immer wieder neue Leute nach. Das ist der normale Lauf. Und jeder, der sich beteiligt, prägt das Gesamtbild mit. Und es ist nur logisch, dass es sich mit der Zeit wandelt. Daran gibt es nichts zu beklagen. Es ist der natürliche Gang. Und mit dem Bild verändert sich dann auch der Sound. Oder die Schwerpunkte. Und manchmal ist es dann eben so, dass man für sich selbst feststellt, dass das Bild sich so weit gewandelt hat, dass man selbst sich nicht mehr damit identifizieren kann.
Und so ergeht es mir seit einer geraumen Zeit.
Was die Themen im Hörgrusel angeht, so hat sich das Interesse, wie mir scheint, sehr stark auf Kassettenkinder-Themen verlagert. Tiefergehende Debatten zu Hörspielthemen, wie es sie früher häufig gegeben hat, sind eher selten zu finden. Der Fokus liegt vermehrt auf Nostalgie. Ich finde das nicht schlimm. Aber es ist eben nicht mein Themengebiet. Mir macht es Freude, mich über heutige Hörspiele auszutauschen. Was ist möglich, was ist machbar im Jahr 2022? Natürlich denke auch ich gern an alte Zeiten zurück, aber die hauptsächliche Fokussierung auf Themen wie die drei Fragezeichen oder TKKG ist mir persönlich ein bisschen zu wenig. Aber das ist eben Geschmackssache. Das muss eben jeder für sich selbst entscheiden.
Hinzu kommt, dass sich die Atmosphäre im Forum für mein Empfinden stark verändert hat. Ich habe nun schon häufiger erlebt, dass Userinnen und User regelrecht angeranzt wurden, nur weil sie bestimmte Vorgaben, die formal erfüllt sein sollen, nicht erfüllt haben. Nun kann ich natürlich verstehen, wenn man ein Freund von Ordnung ist – ich selbst bin das nämlich auch. Aber ich fand mehr als einmal den Ton wirklich unverschämt. (Und es betraf gar nicht mal mich selbst.) Die Forumsuser hier sind fast durchweg erwachsene Menschen. Sie brauchen aus meiner Sicht keinen rüden Tadel von oben herab von einer übermotivierten Forumsführung, weil sie ihre Beiträge nicht so verfasst haben, wie es dem Co-Admin gefällt, oder bei der Vorstellung eines Hörspiels zu verpeilt waren, eine bestimmte Darstellungsform zu wählen.
Anstatt sich zu freuen, dass Leute bereit sind, sich einzubringen und etwas vorzustellen, werden sie wieder und immer wieder auf wirklich unfreundlichste Weise mit vermeintlichen Unzulänglichkeiten konfrontiert – so dass ich mich ernstlich frage, ob tatsächlich jemand glaubt, dass so etwas aus bösem Willen geschieht! Vielleicht sollte man mit einem im Zweifel doch eher freundlicheren Menschenbild auf den jeweils anderen blicken und ihm zugestehen, dass er es vielleicht aus irgendeinem Grunde nicht besser vermag, ganz egal ob einem das nun nachvollziehbar erscheint oder nicht.
Jedenfalls habe ich diese Ausfälle, und nichts anderes sind es für mich, nun schon viele Male mit einem Stirnrunzeln verfolgt, und diese Art des Umgangs ist einfach nicht meins, ebenso wie das willkürliche Herumeditieren in den Beiträgen anderer, um sie an willkürliche Vorgaben anzupassen. Auch dass bei Meinungsverschiedenheiten oder freundlich formulierter Kritik recht schnell auf die Tür gewiesen wird, so nach dem Motto: Wenn es Dir nicht passt, dann geh doch woanders hin!, ist etwas, was ich im Hörgrusel so nicht kannte. Da ist einfach über die Zeit, ganz schleichend, eine Tonalität eingekehrt, die ich für mich nicht akzeptabel finde. Der Hörgrusel lebte immer von seiner aktiven, gleichberechtigten Community, die sich lebhaft einbrachte. Die Offiziellen des Forums übernahmen dabei stets die Rolle eines primus inter pares und blieben dabei immer auf Augenhöhe. Davon kann heute nicht mehr in der gleichen Weise die Rede sein. Der Anschein von Augenhöhe wird nach meinem Empfinden heute nur noch den Wohlwollenden vermittelt, die allem zustimmen und sich gefügig zeigen. Und darum scheint es auch nur mehr ein Anschein zu sein.
Das ist nicht meine Vorstellung von einer lebendigen und bunten Community.
Das sind zwei der Gründe, warum ich hier in den letzten Monaten so wenig aktiv war. Ein erhöhtes Arbeitsaufkommen im sogenannten RL tat sein Übriges dazu. Ich dachte, mit ein paar Monaten Abstand wird sich das alles schon wieder geben. Aber ich bemerke jetzt, dass sich da nichts gibt. Das Gesicht des Hörgrusels ist einfach heute ein anderes. Ich nehme an, es war ein schleichender Prozess, und wie ich oben schrieb, ist es vielleicht auch ein Stück weit normal, aber seit Sylphida den Stab abgegeben hat, hat sich das in meinen Augen noch beschleunigt. Und ich denke, das hat einfach mit der teilweisen Neubesetzung der Forumsführung zu tun. Da ist jetzt einfach ein ganz anderer Sound. Und der behagt mir nicht. Absolut nicht.
Ich weiß natürlich, dass man trefflichst über die Grenzen des Sagbaren streiten kann. Es gibt ein breites Spektrum dessen, was sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegt, und davon sprechen wir hier ja auch nicht. Aber es gibt, davon ab, auch persönliches Empfinden und persönliche Grenzen des Sagbaren. Es gibt Dinge, die darf man sagen. Aber "man" sagt sie halt einfach nicht. Weil sie nicht nett sind. Nicht höflich. Unfreundlich. Oder weil man weiß, dass man damit andere verletzt oder ärgert. Und auch diese Grenzen haben sich hier nach meinem Eindruck in den letzten Jahren merklich verschoben.
Für mich ist das spürbar ein Herzensthema, denn ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit den Folgewirkungen einer zunehmend verrohenden Sprache auf das gesamtgesellschaftliche Klima und auf bestimmte individuelle Verhaltensweisen. Natürlich ist ein Wort nicht gleichbedeutend mit einer Tat. Aber Sprache kann immer auch Räume schaffen, die später eventuell Taten ermöglichen. So etwas fängt im Kleinen an, wächst immer weiter, Schritt für Schritt, kaum spürbar, es erweitern sich die Spielräume dessen, was gesagt und gedacht und eventuell irgendwann dann eben möglicherweise auch getan werden „darf“.
Das ist der Grund, warum ich mich immer so wortgewaltig in spezielle Themen geworfen habe. Wenn man bestimmten Menschen gestattet, die Grenzen des Sagbaren einseitig neu zu definieren, und es bleibt von der Masse unkommentiert, dann ist es in gewisser Weise durch die schweigende Mehrheit legitimiert. Viele dieser Menschen oder andere, die ebenso denken und das mitbekommen, verstehen dann ein Schweigen als Zustimmung. Und fühlen sich womöglich motiviert, noch einen Schritt weiterzugehen. Beim nächsten Mal geht derjenige dann vielleicht noch einen Schritt weiter, und wieder sagt niemand etwas. So werden diese Grenzen immer mehr geweitet, bis die Rohheit irgendwann ganz unverblümt hervortritt. Und um das klarzustellen: Ich schreibe hier nicht von Meinungen. Ich schreibe von Ressentiments. Es geht also nicht darum, sachliche und argumentbasierte Ansichten zu bestimmten Themen zu verdammen, sondern sich gegen plumpe Ressentiments und Herabsetzungen von Menschen oder ganzen Menschengruppen zu positionieren, die wie ganz normale Statements in Wortwechsel eingestreut werden.
Wenn man mit einem Disclaimer vor Hörspielen aus sachlichen Gründen nichts anfangen kann, ist das das eine. Das ist eine Meinung. Die kann man haben, muss man aber nicht teilen. Wenn dagegen eine Diskussion um einen Disclaimer zum Vorwand genommen wird, einen Vergleich zwischen der Bundesrepublik von heute und der Nazi-Diktatur anzudeuten, wenn wiederholt ohne Not Menschen mit dunkler Hautfarbe beinahe schon demonstrativ und trotzig mit dem N-Wort betitelt werden – und das mit Billigung oder zumindest ohne entsprechende Kommentierung der Forumsleitung, dann ist für mich persönlich ein Punkt erreicht, an dem ich sagen muss, dass ich mich hier nicht mehr wohlfühle, ganz gleich ob das geschrieben wird, weil jemand eine für mich fragwürdige politische Einstellung hat oder aus anderen, mir nicht ersichtlichen Gründen. Ich will nicht Teil von etwas sein, in dem so etwas als "normal" gilt. Das ist für mich keine Frage von Meinungen, sondern eine des Respekts vor anderen Menschen und nicht zuletzt auch des Stils.
Darum habe ich zwischenzeitlich meinen Namen, unter dem ich hier jahrelang registriert war, ändern lassen. Ich habe nicht mehr so oft ins Forum geschaut, aber dieser neue, seltsam „kerlige“ Stammtisch-Ton, der hier in den letzten Monaten viele Threads durchzog, war einfach nicht mehr meins, und ich wollte mich davon klar sichtbar distanzieren. Ich dachte, das würde genügen. Ich wollte kein Drama veranstalten mit lautem Abschiedsthread und theatralischer Bitte um Löschung. Ich fand so etwas immer doof.
Aber dann kam diese unselige Disclaimer-Debatte, die ich dann doch mitbekam. Und als dann wieder eine neue Grenzverschiebung erfolgte und diese unkommentiert blieb; als es dann noch den Anschein machte, als würde ausgerechnet diejenige gemaßregelt, die sich für Verständnis und Mitgefühl aussprach, (was sich ja mittlerweile als gar nicht so beabsichtigt herausgestellt hat) wurde mir vollends bewusst, dass es so nicht funktionieren würde.
Ich kann nicht aktives oder auch nur ruhendes Mitglied in einem Forum sein, in dem es normal erscheint, solche Dinge zu posten. Und da geht es nicht bloß um diese eine Sache. Es geht um viele verschiedene, einen Teil davon habe ich ja aufgeführt. Ich will hier auch niemandem eine spezielle Gesinnung unterstellen. Einige machen allerdings aus ihren Ansichten selbst keinen Hehl. Aber man kann Menschen letztlich nie in die Köpfe schauen. Aber darum geht es mir auch nicht. Wir leben in Zeiten, in denen es zunehmend wieder normal wird, Dinge auszusprechen, die auszusprechen uns früher die gute Kinderstube verboten hätte. Oder anders gesagt: bestimmte Dinge sind wieder salonfähig geworden. Viele mögen darüber hinwegsehen können. Sie konzentrieren sich auf andere Dinge. Sehen in erster Linie die Lust am Hörspiel. Wollen sich nicht mit Debatten rumschlagen.
Aber ich kann das nicht.
Ich möchte nicht mit einer Community assoziiert werden, in der es einzelnen auch im Jahr 2022 noch als normal zu gelten scheint, bei Hörspielthemen eindeutig rassistisch konnotierte Begrifflichkeiten zu verwenden oder in Hörspieldiskussionen mit Chiffren aus eindeutig rechtslastigen Milieus zu operieren. Und wo so etwas dann völlig unkommentiert stehenbleibt, aus welchen Gründen auch immer. Und ich möchte einfach selbst kein Mitglied eines Forums sein, in dem ich das Gefühl habe, mich in meiner Signatur vorsorglich von solchen Begrifflichkeiten distanzieren zu müssen, die von anderen (und sogar dem Co-Admin) offensichtlich genussvoll eingestreut werden. Meinungsfreiheit ist schön und gut – ich bin selbst ein Verfechter einer sehr weitgefassten Auslegung dieses Begriffs, aber eine Verrohung der Sprache und des Debattenstils hat für mich nichts mehr mit Meinung zu tun. Ebenso wie der traurige Trend, in Ermangelung sachlicher Argumente oder um das Gegenüber zu piesacken spitze Bemerkungen ad hominem einzustreuen.
All das hat mich nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss kommen lassen, dass es besser ist, mich aus dem Hörgrusel zu verabschieden. Es war eine schöne Zeit. Aber sie ist für mich jetzt vorbei.
Ich möchte den vielen wunderbaren Menschen danken, die meine Zeit im Forum in all den Jahren begleitet haben. Es war mir eine Freude.
Das letzte Mal, als ich mich ins Schweigen zurückzog, wurde mir dies negativ ausgelegt und ohne meine Einwilligung und teils sinnentstellend verkürzt von der Forenleitung aus privater Korrespondenz zitiert, um meine Abwesenheit zu erklären. Dieses Mal habe ich mich darum dazu entschlossen, meinen Abgang selbst zu kommentieren. (Auch wenn ich so etwas eigentlich ablehne.) Um ihn für jeden, den es interessiert, selbst einzuordnen. Und um deutlich zu machen, dass ich mich von bestimmten Haltungen und Begrifflichkeiten, die hier im Hörgrusel in der Vergangenheit auffielen, klar und eindeutig distanziere.
Jeder hat seine persönliche Schmerzgrenze. Meine ist hiermit erreicht.
Zu unnötigem Pathos besteht kein Anlass. Ich höre auch weiterhin Hörspiele, und ich äußere mich auch zu ihnen. Wen meine Gedanken zu aktuellen Themen interessieren, kann sie gern im Hörspieltalk nachlesen, wo ich unter anderem von Markus G. sehr freundlich willkommen geheißen wurde. Woran man erkennt, dass Konflikte immer nur so lange bestehen, wie einer der Beteiligten will, dass sie bestehen. Ich für meinen Teil möchte das nicht mehr. Darum wähle ich den einzig selbstbestimmten Weg, der mir verbleibt, denn alle anderen haben sich als fruchtlos erwiesen.
Hiermit bitte ich um sofortige Löschung meines Accounts sowie aller Daten inkl. meiner PNs, die auf Seiten der Forumsadministration von mir noch vorgehalten werden, in welcher Form auch immer!
Sollte von Seiten der Forumsleitung das Interesse bestehen, meine Forumsbeiträge zu löschen, ist das hiermit von mir gestattet - dann allerdings alle und restlos jedes meiner Postings, nicht einzelne nach Gutdünken.
Aber Zeiten ändern sich. Und Menschen tun es auch. Und manchmal führt das dazu, dass etwas, das lange zusammenpasste, es irgendwann nicht mehr tut. Viele liebgewonnene Userinnen und User sind über die Jahre abgetreten, manche im Streit, manche, weil andere Dinge wichtiger wurden oder es an Zeit fehlte. Oder weil eben auch sie merkten, dass es irgendwann einfach nicht mehr passte, warum auch immer.
Dafür kommen immer wieder neue Leute nach. Das ist der normale Lauf. Und jeder, der sich beteiligt, prägt das Gesamtbild mit. Und es ist nur logisch, dass es sich mit der Zeit wandelt. Daran gibt es nichts zu beklagen. Es ist der natürliche Gang. Und mit dem Bild verändert sich dann auch der Sound. Oder die Schwerpunkte. Und manchmal ist es dann eben so, dass man für sich selbst feststellt, dass das Bild sich so weit gewandelt hat, dass man selbst sich nicht mehr damit identifizieren kann.
Und so ergeht es mir seit einer geraumen Zeit.
Was die Themen im Hörgrusel angeht, so hat sich das Interesse, wie mir scheint, sehr stark auf Kassettenkinder-Themen verlagert. Tiefergehende Debatten zu Hörspielthemen, wie es sie früher häufig gegeben hat, sind eher selten zu finden. Der Fokus liegt vermehrt auf Nostalgie. Ich finde das nicht schlimm. Aber es ist eben nicht mein Themengebiet. Mir macht es Freude, mich über heutige Hörspiele auszutauschen. Was ist möglich, was ist machbar im Jahr 2022? Natürlich denke auch ich gern an alte Zeiten zurück, aber die hauptsächliche Fokussierung auf Themen wie die drei Fragezeichen oder TKKG ist mir persönlich ein bisschen zu wenig. Aber das ist eben Geschmackssache. Das muss eben jeder für sich selbst entscheiden.
Hinzu kommt, dass sich die Atmosphäre im Forum für mein Empfinden stark verändert hat. Ich habe nun schon häufiger erlebt, dass Userinnen und User regelrecht angeranzt wurden, nur weil sie bestimmte Vorgaben, die formal erfüllt sein sollen, nicht erfüllt haben. Nun kann ich natürlich verstehen, wenn man ein Freund von Ordnung ist – ich selbst bin das nämlich auch. Aber ich fand mehr als einmal den Ton wirklich unverschämt. (Und es betraf gar nicht mal mich selbst.) Die Forumsuser hier sind fast durchweg erwachsene Menschen. Sie brauchen aus meiner Sicht keinen rüden Tadel von oben herab von einer übermotivierten Forumsführung, weil sie ihre Beiträge nicht so verfasst haben, wie es dem Co-Admin gefällt, oder bei der Vorstellung eines Hörspiels zu verpeilt waren, eine bestimmte Darstellungsform zu wählen.
Anstatt sich zu freuen, dass Leute bereit sind, sich einzubringen und etwas vorzustellen, werden sie wieder und immer wieder auf wirklich unfreundlichste Weise mit vermeintlichen Unzulänglichkeiten konfrontiert – so dass ich mich ernstlich frage, ob tatsächlich jemand glaubt, dass so etwas aus bösem Willen geschieht! Vielleicht sollte man mit einem im Zweifel doch eher freundlicheren Menschenbild auf den jeweils anderen blicken und ihm zugestehen, dass er es vielleicht aus irgendeinem Grunde nicht besser vermag, ganz egal ob einem das nun nachvollziehbar erscheint oder nicht.
Jedenfalls habe ich diese Ausfälle, und nichts anderes sind es für mich, nun schon viele Male mit einem Stirnrunzeln verfolgt, und diese Art des Umgangs ist einfach nicht meins, ebenso wie das willkürliche Herumeditieren in den Beiträgen anderer, um sie an willkürliche Vorgaben anzupassen. Auch dass bei Meinungsverschiedenheiten oder freundlich formulierter Kritik recht schnell auf die Tür gewiesen wird, so nach dem Motto: Wenn es Dir nicht passt, dann geh doch woanders hin!, ist etwas, was ich im Hörgrusel so nicht kannte. Da ist einfach über die Zeit, ganz schleichend, eine Tonalität eingekehrt, die ich für mich nicht akzeptabel finde. Der Hörgrusel lebte immer von seiner aktiven, gleichberechtigten Community, die sich lebhaft einbrachte. Die Offiziellen des Forums übernahmen dabei stets die Rolle eines primus inter pares und blieben dabei immer auf Augenhöhe. Davon kann heute nicht mehr in der gleichen Weise die Rede sein. Der Anschein von Augenhöhe wird nach meinem Empfinden heute nur noch den Wohlwollenden vermittelt, die allem zustimmen und sich gefügig zeigen. Und darum scheint es auch nur mehr ein Anschein zu sein.
Das ist nicht meine Vorstellung von einer lebendigen und bunten Community.
Das sind zwei der Gründe, warum ich hier in den letzten Monaten so wenig aktiv war. Ein erhöhtes Arbeitsaufkommen im sogenannten RL tat sein Übriges dazu. Ich dachte, mit ein paar Monaten Abstand wird sich das alles schon wieder geben. Aber ich bemerke jetzt, dass sich da nichts gibt. Das Gesicht des Hörgrusels ist einfach heute ein anderes. Ich nehme an, es war ein schleichender Prozess, und wie ich oben schrieb, ist es vielleicht auch ein Stück weit normal, aber seit Sylphida den Stab abgegeben hat, hat sich das in meinen Augen noch beschleunigt. Und ich denke, das hat einfach mit der teilweisen Neubesetzung der Forumsführung zu tun. Da ist jetzt einfach ein ganz anderer Sound. Und der behagt mir nicht. Absolut nicht.
Ich weiß natürlich, dass man trefflichst über die Grenzen des Sagbaren streiten kann. Es gibt ein breites Spektrum dessen, was sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegt, und davon sprechen wir hier ja auch nicht. Aber es gibt, davon ab, auch persönliches Empfinden und persönliche Grenzen des Sagbaren. Es gibt Dinge, die darf man sagen. Aber "man" sagt sie halt einfach nicht. Weil sie nicht nett sind. Nicht höflich. Unfreundlich. Oder weil man weiß, dass man damit andere verletzt oder ärgert. Und auch diese Grenzen haben sich hier nach meinem Eindruck in den letzten Jahren merklich verschoben.
Für mich ist das spürbar ein Herzensthema, denn ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit den Folgewirkungen einer zunehmend verrohenden Sprache auf das gesamtgesellschaftliche Klima und auf bestimmte individuelle Verhaltensweisen. Natürlich ist ein Wort nicht gleichbedeutend mit einer Tat. Aber Sprache kann immer auch Räume schaffen, die später eventuell Taten ermöglichen. So etwas fängt im Kleinen an, wächst immer weiter, Schritt für Schritt, kaum spürbar, es erweitern sich die Spielräume dessen, was gesagt und gedacht und eventuell irgendwann dann eben möglicherweise auch getan werden „darf“.
Das ist der Grund, warum ich mich immer so wortgewaltig in spezielle Themen geworfen habe. Wenn man bestimmten Menschen gestattet, die Grenzen des Sagbaren einseitig neu zu definieren, und es bleibt von der Masse unkommentiert, dann ist es in gewisser Weise durch die schweigende Mehrheit legitimiert. Viele dieser Menschen oder andere, die ebenso denken und das mitbekommen, verstehen dann ein Schweigen als Zustimmung. Und fühlen sich womöglich motiviert, noch einen Schritt weiterzugehen. Beim nächsten Mal geht derjenige dann vielleicht noch einen Schritt weiter, und wieder sagt niemand etwas. So werden diese Grenzen immer mehr geweitet, bis die Rohheit irgendwann ganz unverblümt hervortritt. Und um das klarzustellen: Ich schreibe hier nicht von Meinungen. Ich schreibe von Ressentiments. Es geht also nicht darum, sachliche und argumentbasierte Ansichten zu bestimmten Themen zu verdammen, sondern sich gegen plumpe Ressentiments und Herabsetzungen von Menschen oder ganzen Menschengruppen zu positionieren, die wie ganz normale Statements in Wortwechsel eingestreut werden.
Wenn man mit einem Disclaimer vor Hörspielen aus sachlichen Gründen nichts anfangen kann, ist das das eine. Das ist eine Meinung. Die kann man haben, muss man aber nicht teilen. Wenn dagegen eine Diskussion um einen Disclaimer zum Vorwand genommen wird, einen Vergleich zwischen der Bundesrepublik von heute und der Nazi-Diktatur anzudeuten, wenn wiederholt ohne Not Menschen mit dunkler Hautfarbe beinahe schon demonstrativ und trotzig mit dem N-Wort betitelt werden – und das mit Billigung oder zumindest ohne entsprechende Kommentierung der Forumsleitung, dann ist für mich persönlich ein Punkt erreicht, an dem ich sagen muss, dass ich mich hier nicht mehr wohlfühle, ganz gleich ob das geschrieben wird, weil jemand eine für mich fragwürdige politische Einstellung hat oder aus anderen, mir nicht ersichtlichen Gründen. Ich will nicht Teil von etwas sein, in dem so etwas als "normal" gilt. Das ist für mich keine Frage von Meinungen, sondern eine des Respekts vor anderen Menschen und nicht zuletzt auch des Stils.
Darum habe ich zwischenzeitlich meinen Namen, unter dem ich hier jahrelang registriert war, ändern lassen. Ich habe nicht mehr so oft ins Forum geschaut, aber dieser neue, seltsam „kerlige“ Stammtisch-Ton, der hier in den letzten Monaten viele Threads durchzog, war einfach nicht mehr meins, und ich wollte mich davon klar sichtbar distanzieren. Ich dachte, das würde genügen. Ich wollte kein Drama veranstalten mit lautem Abschiedsthread und theatralischer Bitte um Löschung. Ich fand so etwas immer doof.
Aber dann kam diese unselige Disclaimer-Debatte, die ich dann doch mitbekam. Und als dann wieder eine neue Grenzverschiebung erfolgte und diese unkommentiert blieb; als es dann noch den Anschein machte, als würde ausgerechnet diejenige gemaßregelt, die sich für Verständnis und Mitgefühl aussprach, (was sich ja mittlerweile als gar nicht so beabsichtigt herausgestellt hat) wurde mir vollends bewusst, dass es so nicht funktionieren würde.
Ich kann nicht aktives oder auch nur ruhendes Mitglied in einem Forum sein, in dem es normal erscheint, solche Dinge zu posten. Und da geht es nicht bloß um diese eine Sache. Es geht um viele verschiedene, einen Teil davon habe ich ja aufgeführt. Ich will hier auch niemandem eine spezielle Gesinnung unterstellen. Einige machen allerdings aus ihren Ansichten selbst keinen Hehl. Aber man kann Menschen letztlich nie in die Köpfe schauen. Aber darum geht es mir auch nicht. Wir leben in Zeiten, in denen es zunehmend wieder normal wird, Dinge auszusprechen, die auszusprechen uns früher die gute Kinderstube verboten hätte. Oder anders gesagt: bestimmte Dinge sind wieder salonfähig geworden. Viele mögen darüber hinwegsehen können. Sie konzentrieren sich auf andere Dinge. Sehen in erster Linie die Lust am Hörspiel. Wollen sich nicht mit Debatten rumschlagen.
Aber ich kann das nicht.
Ich möchte nicht mit einer Community assoziiert werden, in der es einzelnen auch im Jahr 2022 noch als normal zu gelten scheint, bei Hörspielthemen eindeutig rassistisch konnotierte Begrifflichkeiten zu verwenden oder in Hörspieldiskussionen mit Chiffren aus eindeutig rechtslastigen Milieus zu operieren. Und wo so etwas dann völlig unkommentiert stehenbleibt, aus welchen Gründen auch immer. Und ich möchte einfach selbst kein Mitglied eines Forums sein, in dem ich das Gefühl habe, mich in meiner Signatur vorsorglich von solchen Begrifflichkeiten distanzieren zu müssen, die von anderen (und sogar dem Co-Admin) offensichtlich genussvoll eingestreut werden. Meinungsfreiheit ist schön und gut – ich bin selbst ein Verfechter einer sehr weitgefassten Auslegung dieses Begriffs, aber eine Verrohung der Sprache und des Debattenstils hat für mich nichts mehr mit Meinung zu tun. Ebenso wie der traurige Trend, in Ermangelung sachlicher Argumente oder um das Gegenüber zu piesacken spitze Bemerkungen ad hominem einzustreuen.
All das hat mich nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss kommen lassen, dass es besser ist, mich aus dem Hörgrusel zu verabschieden. Es war eine schöne Zeit. Aber sie ist für mich jetzt vorbei.
Ich möchte den vielen wunderbaren Menschen danken, die meine Zeit im Forum in all den Jahren begleitet haben. Es war mir eine Freude.
Das letzte Mal, als ich mich ins Schweigen zurückzog, wurde mir dies negativ ausgelegt und ohne meine Einwilligung und teils sinnentstellend verkürzt von der Forenleitung aus privater Korrespondenz zitiert, um meine Abwesenheit zu erklären. Dieses Mal habe ich mich darum dazu entschlossen, meinen Abgang selbst zu kommentieren. (Auch wenn ich so etwas eigentlich ablehne.) Um ihn für jeden, den es interessiert, selbst einzuordnen. Und um deutlich zu machen, dass ich mich von bestimmten Haltungen und Begrifflichkeiten, die hier im Hörgrusel in der Vergangenheit auffielen, klar und eindeutig distanziere.
Jeder hat seine persönliche Schmerzgrenze. Meine ist hiermit erreicht.
Zu unnötigem Pathos besteht kein Anlass. Ich höre auch weiterhin Hörspiele, und ich äußere mich auch zu ihnen. Wen meine Gedanken zu aktuellen Themen interessieren, kann sie gern im Hörspieltalk nachlesen, wo ich unter anderem von Markus G. sehr freundlich willkommen geheißen wurde. Woran man erkennt, dass Konflikte immer nur so lange bestehen, wie einer der Beteiligten will, dass sie bestehen. Ich für meinen Teil möchte das nicht mehr. Darum wähle ich den einzig selbstbestimmten Weg, der mir verbleibt, denn alle anderen haben sich als fruchtlos erwiesen.
Hiermit bitte ich um sofortige Löschung meines Accounts sowie aller Daten inkl. meiner PNs, die auf Seiten der Forumsadministration von mir noch vorgehalten werden, in welcher Form auch immer!
Sollte von Seiten der Forumsleitung das Interesse bestehen, meine Forumsbeiträge zu löschen, ist das hiermit von mir gestattet - dann allerdings alle und restlos jedes meiner Postings, nicht einzelne nach Gutdünken.