Agatha Christie - Drei Hörspiele

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    • Agatha Christie - Drei Hörspiele

      Komisch, daß noch keiner die zweite Box vom Hörverlag rezensiert hat...? :schulter:

      Agatha Christie - Drei Hörspiele

      Quelle: amazon

      Zeugin der Anklage / Die Stimme aus dem Grab / Legale Tricks

      Produktion: Österreichischer Rundfunk, SWR2, WDR
      Der Hörverlag 2012
      ca. 110 Minuten
      2 CDs; ISBN:978-3867177245; Euro: 12,45


      Inhalt:
      In Zeugin der Anklage, einem der bekanntesten Krimis von Agatha Christie, steht Leonard, des Mordes verdächtigt, kurz vor dem Freispruch. Doch dann tritt die geheimnisvolle Zeugin der Anklage in die Schranken des Gerichts, durch deren Aussage das Verfahren eine ganz neue Wendung nimmt. Ebenfalls vor Gericht spielt das Hörspiel Legale Tricks, das erst 2000 wiederentdeckt wurde und erstmals auf Deutsch erschien, während Die Stimme aus dem Grab mit scheinbar Übersinnlichem überrascht.


      Rezension:

      Zeugin der Anklage (ORF 1995)
      Die altbekannte Geschichte wird, angesichts des noch verhältnismäßig jungen Alters der Adaption, leider recht altbacken präsentiert. Wer nur die Verfilmung kennt, wird sich über einige Abweichungen (etwa den Vornamen von Mrs. Vole) wundern, denn hier wird dicht am Originaltext geblieben.

      Eine Inszenierung ist kaum vorhanden, Effekte sind sparsam gesetzt, ob man nun in der Anwaltskanzlei oder im Gerichtssaal ist, muß sich der Zuhörer selbst zusammenreimen, so daß die ganze Arbeit zu 95% an den Sprechern hängt. Die leisten jedoch - abgesehen von Sonja Sutter als Romaine Vole, die wirklich alles gibt - über weite Strecken nur Dienst nach Vorschrift, selbst der bekannteste Name auf der Liste, Karl Michael Vogler als Sir Wilfried, kann keine großartigen Akzente setzen.

      Mit 55 Minuten zumindest nicht zu lang geraten, aber deutlich altertümlicher wirkend als die 40 Jahre ältere Verfilmung mit Marlene Dietrich. Angesichts der überschaubaren Anzahl an deutschen Christie-Hörspielen (und der noch überschaubareren Anzahl an auf CD verfügbaren) natürlich trotzdem Pflichtprogramm.

      Legale Tricks (WDR 2001)
      An sich seinerzeit eine lobenswerte Aktion vom WDR, diese Neuproduktion, leider ist das Stück keiner von Christies größeren Würfen. Im Grunde alles sehr mechanisch konstruiert, folgt der Zuhörer einem selbstgefälligen Staatsanwalt in seinen Untergang. Leider ist bei dem bunten Strauß an Charakteren aber auch so überhaupt kein Sympathieträger dabei, mit dem man mitfiebern könnte. Das Motiv des Mörders mag zwar nachvollziehbar sein, da man ihn jedoch nur im "Eiskalter Killer"-Modus kennenlernt (und er zudem eindeutig einen an der Waffel hat), hält sich das Verständnis doch in Grenzen, und Sir Luke taugt schon mal gar nicht als Identifikationsfigur. So bleibt nicht viel mehr als ein makaberer Witz á la Poes "Das Fass Amontillado", doch dafür ist es dann doch leider etwas zu lang geraten.

      Die Inszenierung ist OK, wobei der Einsatz des beunruhigenden Flötenthemas als Leitmotiv (Basil Rathbone-Fans kennen es aus "The Adventures of Sherlock Holmes") eine gelungene Idee ist, und auch effekttechnisch wurde sauber gearbeitet. Die Sprecher sind relativ unbekannt (Tatort-Münster-Fans könnten Claus-Dieter Clausnitzer kennen, der hier den Butler gibt), leisten aber gute Arbeit.

      Gute Absicht vom Sender, leider schwächelt die Vorlage. Durchschnitt.

      Die Stimme aus dem Grab (SDR 1961)
      Nettes, kleines Gruselstück nach heute vielleicht etwas abgedroschenem, aber immer noch funktionierendem Strickmuster. Und die Pointe war zumindest damals was Besonderes.

      Gute Sprecher (allen voran Ernst Fritz Fürbringer und Julia Costa) und eine für die Produktionszeit bemerkenswert aufwändige Soundkulisse, mit etwas mehr Musik (die gibt es nur am Anfang und am Ende, u. a. das Titelthema aus Hitchcocks "Vertigo") hätte man aber wohl noch mehr herausholen können. Wo es leider gewaltig holzt, ist die Übersetzung des Dialogbuchs. Offenbar fühlte sich Wolfgang Nied bemüßigt, allzu begriffstutzigen Zuhörern alles zweimal zu erklären und salbaderte weit über das Original hinaus (etwa beim Telefonat mit dem Anwalt oder der letzten Konfrontation mit Fay, die bei Nied deutlich ausführlicher ausfallen), und auch der Satzbau erscheint oftmals übermäßig gekünstelt und unnatürlich, was die Sprecher mit vollem Einsatz auffangen müssen. Da schneidet das englischsprachige Original deutlich besser ab. Trotzdem ist auch die deutsche Fassung immer noch eine bemerkenswert gut gealterte Produktion, es wäre interessant, mal die alternative Version zu hören, die der NDR 1964 produzierte.