Sind die drei ??? politisch?

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    • Sind die drei ??? politisch?

      Ich will zunächst einmal erklären, wie ich auf diese Frage komme: Es gab ja vor einiger diese Diskussion um Jens und sein Allesdichtmachen-Video hier. Ähnliches hat sich dazu in den Facebookgruppen abgespielt, wo immer wieder die Aussage kam, dass die drei ??? unpolitisch seien und solche Themen hier nicht gerne gesehen werden. Andere haben dem entgegengehalten, dass Justus, Peter und Bob ja ein durchaus offenes Weltbild haben und so sehr wohl eine gesellschaftspolitische Aussage drinsteckt, wenn auch nur indirekt und überhaupt sei ja alles irgendwie politisch. Jetzt würde mich interessieren, wie ihr das so seht? Sind die drei ??? politsch oder völlig unpolitsch? Und gibt es letzteres überhaupt?
    • Da fällt mir sofort "Der Doppelgänger" ein. Da ging es eindeutig um die Querelen rund um die Apartheid in Südafrika. Klar sind die drei ??? politisch. Und dann die Folge mit den Atombomben auf der Toteninsel in der Südsee? Mit der unautorisierten CIA Zentrale? Absolut politisch!
    • Oh, prima, dass Du die Frage hier eingestellt hast. @Dr. Armitage Freut mich. :)

      Ich finde, man muss erst mal auch betonen, dass "politisch" ja nicht automatisch "parteipolitisch" heißt, also es nicht darum geht, dass die einzelnen Figuren konkrete politische Positionen abbilden. Aber natürlich schwingt ja in jeder geschilderten Welt mit relativ ausgefeilten Figuren auch so etwas wie ein Weltbild mit, und da sind natürlich auch in gewisser Weise politische Haltungen herauszudestillieren, denke ich.

      Bei den drei Fragezeichen muss man dabei natürlich immer auch bedenken, dass sie aus einer ganz anderen Zeit stammen, also muss man schon auch den Kontext mitdenken. Und ich habe ja schon öfters mal geschrieben, dass ich den Eindruck habe, dass die drei Fragezeichen im Vergleich zu anderen Serien, die in unser Kinderzeit als Hörspiele zu kaufen waren, am besten gealtert sind, will sagen: man kann sie heute noch sehr gut einfach so stehen lassen. Die einzige "Krassheit", die es vielleicht gegeben hat, ist ausgerechnet eine Beigabe von H. G. Francis gewesen, nämlich die Häme der drei Fragezeichen über die vegetarische Kost, die ja immer irgendwie deplaziert wirkte, jedenfalls für mein Empfinden.

      Ich denke auch, dass die drei Fragezeichen eher weltoffen wirken. Im Gegensatz zu anderen Juniordetektiven gehen sie eigentlich nie mit negativer Vorerwartung an andere Menschen heran, egal wie sie äußerlich wirken. Abfälligkeiten gegenüber Obdachlosen oder sozial Randständigen sind hier doch undenkbar.

      Nimmt man sich mal die Klassikerfolgen als Fundament der Serie, muss man allerdings schon sagen, dass dies beschriebene Welt schon seltsam weiß erscheint, ganz anders also, als man es erwarten würde. Andererseits darf man fragen, ob das wirklich so ist bzw. ob das wirklich ein Statement sein könnte, denn ich denke eigentlich, dass man auch so argumentieren könnte, dass viele der beschriebenen Personen durchaus schwarz sein könnten; es wird nur schlicht nicht (immer) thematisiert. Weil es meist ja auch gar keine Rolle spielt. Erwähnt wird es halt nur, wenn es eine Rolle spielt. Bei anderen ethnischen Gruppen ist dagegen oft der Name selbsterklärend.

      Das Beispiel von @Miss Baxter finde ich sehr gut: Tatsächlich sieht man beim Doppelgänger ja eine deutliche Haltung. Aber hier ist das Thema natürlich auch relativ extrem. Aber schon beim Super-Papagei setzen sie sich ja auch für Ramos und seinen alten Vater ein, zeigen Mitgefühl, fühlen sich verantwortlich. Daraus kann man ja auch auf eine Weltsicht schließen. Ähnliches ist ja auch bei Chris Marcos in der Geisterinsel der Fall. Oder auch in Bezug auf Natches im Lachenden Schatten.

      Interessant finde ich auch die beschriebene Welt von Rocky Beach. Das ist ja deutlich beschrieben als Kleinstadt. Man darf sich da also breitflächig amerikanische Mittelschichtsfamilien vorstellen. Bobs Vater ist Journalist, Peters Vater arbeitet beim Film. Die Jobs der Mütter habe ich jetzt nicht präsent, aber soweit ich mich erinnere, ist wenigstens eine von beiden ebenfalls berufstätig. Justus Familie ist da im Vergleich natürlich eher ein wenig makelhaft, auch wenn das nie thematisiert wird. Ein Schrottplatz vor der Haustür, der Onkel irgendwie ein bisschen spinnert, die Tante führt das Regiment (nix Hausmütterchen, was die DDF Kids später aus Mathilda machen, obwohl sie eigentlich 40 Jahre moderner sein müssten).

      Der Gegenspieler vom eher sozial schwachen, dafür aber intellektuell hochbegabten Justus ist ausgerechnet Skinny Norris, der wohlstandsverwahrloste Sohn reicher Eltern, der Vater scheint nicht unbedingt ein Wohltäter zu sein, dessen Sohn nichts besseres zu tun hat, als ständig Unruhe zu stiften und seine Lebenslangeweile an den drei Fragezeichen auszuagieren.

      Oder denken wir mal an Mädchenfiguren wie Allie Jamison. Die kommen nun nicht in Hülle und Fülle vor, aber wenn wir uns dieses Mädchen mal anschauen, dann ist es alles andere als verhuscht und zaghaft. Im Gegenteil, sie fühlt sich Justus ebenbürtig, und in gewissem Sinne ist sie das auch.

      Ich finde, aus all dem kann man schon etwas herausziehen, was die Serie insgesamt in gewissem Sinne "politisch" macht, wenn auch eher im Sinne von: Alles ist politisch - und natürlich nicht in plumper oder gar manipulativer Weise.

      Die Serie funktioniert so gut, weil sie im Grunde "zwischen den Zeilen", gerade da, wo man eine Weltsicht herausarbeiten kann, schon sehr modern war. Darum kann man die Klassikerfolgen heute noch immer gut hören, ohne völlig befremdet zu sein. Andere Reihen haben da ein größeres Problem, weil sie im Vergleich heute doch eher angestaubt und in Teilen vielleicht sogar fast reaktionär wirken.
    • Dr. Armitage schrieb:

      Ich finde es gerade total interessant, dass dieselbe Diskussion, die ich auch auf hoerspieltalk.de angefangen habe, dort einen völlig anderen Verlauf nimmt. :]
      Das mag einfach auch daran liegen, dass das Thema nicht einfach ist und jeder unter "Was ist politisch?" etwas Anderes versteht.
      Ich glaube an das Thema sollte man nicht mit einer Bauchentscheidung herangehen, sondern sich zuvor intensiv mit der Wortbedeutung auseinandersetzen.
      Heutzutage wird schnell Vieles über einen Kamm geschert, da ist "politisch" gleich "politisch korrekt" und ähnliche Dinge.
      Ich habe hierzu einen interessanten Artikel gefunden: zehnplusfuenf.info/node/8

      Ich selbst glaube, dass "Die Drei Fragezeichen" von Grund auf ersteinmal unpolitisch sind.
      Das heisst aber nicht, dass es einzelne politisch orientierte Folgen oder Statements geben kann,
      welche durch die Autoren oder gar Sprecher transportiert werden.
      Meist basieren diese dann auf aktuellen Geschehnissen in der tatsächlichen Weltpolitik.
      Deswegen würde ich aber nicht gleich der ganzen Serie eine politische Agenda unterschieben wollen.

      Und damit möchte ich der Serie auch nicht absprechen wollen, dass ggf. ein bestimmtes offenes Weltbild und Selbstverständnis vermittelt wird.
      Das würde ich nicht zwingend mit "Politik" übereinanderlegen.
    • @DarkM

      Absolute Zustimmung zum Punkt: Was bedeutet eigentlich "politisch". (Mit "politisch korrekt" hat das aber nüscht zu tun.)

      Von einer "politischen Agenda" zu sprechen, wäre sicher völlig am Thema vorbei. Aber darum ging es doch auch nicht.

      Natürlich sollen die Kinder, die das lesen, nicht politisch erzogen werden. Natürlich steckt keine (partei)politische Ambition zwischen den Zeilen.

      Mein Punkt war ein anderer: Das gesamte Setting, die Sozialstruktur, die Beziehungen, die die drei ??? auszeichnen, haben - nicht nur, aber eben auch! - eine politische Dimension, die zunächst einmal nur abgebildet wird. Und die ist natürlich ganz stark durch die Autoren geprägt. Die würfeln sich ja nicht per Zufallsprinzip ihre Welt zusammen, sondern entscheiden sich zumindest halbbewusst für bestimmte Themen und Figuren.

      Es geht auch nicht um eine politische Botschaft hinter der Tatsache, dass sich die drei ??? um kleine, randständige Jungs wie Carlos oder Chris Marcos kümmern, sondern darum, dass schon Auswahl und Beschreibubg dieser Figuren eine politische Dimension enthalten können.

      Wie gesagt: Da geht es nicht um Parteipolitik, hier wäre dieser Begriff zu kurz gefasst. Es geht eher um Politik im Sinne einer (gestalterischen) Weltsicht, die zum Tragen kommt. Und es wird doch im Abgleich auch noch etwas deutlicher: Die Weltsicht, die aus TKKG spricht, ist halt eine andere als die, die bei den drei ??? zu erkennen ist. Das finde ich in einigen Punkten überdeutlich, zumal wenn man die Klassiker beider Reihen vergleicht: Stellung der Frau, Umgang mit Randständigen, die Rolle von Gewalt usw., da sind überall deutliche Unterschiede zu erkennen, finde ich, und darin nicht auch eine gewisse politische Dimension zu sehen, ZWISCHEN DEN ZEILEN!, hielte ich doch für abwegig. Klar macht es einen Unterschied, ob eine Geschichte von jemandem wie Stefan Wolf oder von Robert Arthur oder William Arden geschrieben wurde. Auch die zugrundeliegende Perspektive des Autors prägt die Geschichten.

      Niemand bildet einfach nur ab. Es wird stets in der Darstellung definiert und nach persönlicher Maßgabe geordnet und gestaltet, im einen Fall mehr, im anderen Fall weniger.

      Im Grunde kann man unter diesem Gesichtspunkt jede Reihe oder Serie auch als politisch betrachten, und die eigentlich interessante Frage wäre dann, welche Couleur in einer Reihe als Ganzes oder auch im Wandel der Zeit in einzelnen Phasen zu erkennen ist.

      Natürlich ist das alles letztlich auch politisch. Auch wenn das natürlich nicht im Vordergrund steht. Aber das sagt ja auch keiner. :)

      Und gerade ein solches offenes Weltbild und Selbstverständnis, wie Du es beschreibst, ist natürlich - auch! - höchst politisch. Was, wenn nicht gerade so etwas?!

      +++++

      @Miss Baxter

      BJHW = Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer, die erste deutschsprachige Autorin nach Einstellung der Serie in den USA. Sie war unter anderem für Folgen wie Tatort Zirkus, Spuk im Hotel, Giftiges Wasser oder Geisterstadt verantwortlich.
    • Hardenberg schrieb:

      BJHW = Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer, die erste deutschsprachige Autorin nach Einstellung der Serie in den USA. Sie war unter anderem für Folgen wie Tatort Zirkus, Spuk im Hotel, Giftiges Wasser oder Geisterstadt verantwortlich.
      Aaahhha! Danke! Ich finds nett immer mal eine Erklärung zum Abkürzungswirrwarr zu bekommen :bow: ...btw.(by the way)...da ist ja schon der Doppelname allein eine politische Aussage :shifty:
    • Es ist mir klar, dass die Sozialisierung und das soziale Umfeld der Autoren sich bereits auf ihre Geschichten und Ideen auswirken
      und dies natürlich zu entsprechender Setting- und Charakterbildung führt.
      Wenn man das aber zugrunde legt, ist im Endeffekt jede Handlung und jede Entscheidung politisch, da man diese auf Basis verinnerlichter Werte
      (seien diese nun positiver oder negativer Natur) begeht oder trifft.
      Aus dieser Perspektive wäre es wieder egal von politisch zu reden, da durch die Perspektive "alles ist politisch" der Begriff redundant wird.
      Daher würde ich mich auf Hörspielserien oder Einzelfolgen beschränken, die offensiv politische Botschaften vermitteln.
      Da sehe ich klar Einzelfolgen der Drei Fragezeichen oder noch direkter in Offenbarung 23 (hier oftmals im eher negativen Sinne).
    • Redundant wäre der Begriff höchstens, wenn er auch inhaltlich selbsterklärend wäre. Das ist er aber nicht. Die reine Frage ist ja nur Anlass zur Erörterung. Und die sollte dann in die Tiefe gehen. Sonst wäre die "Diskussion" ja mit einem reinen "Ja" oder "Nein" schon vorbei.

      Mal abgesehen davon, spricht ja auch nichts dagegen, die Serie mal unter verschiedenen Aspekten "politisch" abzuklopfen. :)
    • Nein, nur die Frage wird es.

      Aber die soll ja nur Aufhänger für eine Erörterung sein, die in die Tiefe geht. Denn es geht ja darum, inwiefern und in welcher Form die drei ??? politisch sind. Und da gäbe es ja zig mögliche Spielarten, die sich auch im Lauf von fast sechzig Jahren wandeln können.

      Vielleicht können wir also, statt wie jetzt am Kern vorbeizudiskutieren, mal beim Thema bleiben. Wenn Du an einer politischen Aufschlüsselung im weiter gefassten Rahmen kein Interesse hast, kannst Du ihn ja auch für Dich enger fassen und etwas dazu schreiben. :)
    • @DarkM

      Das sind interessante Statements, danke dafür. Sie geben ja einen guten Einblick, wie und warum bestimmte Serien durchaus als "politisch" in bestimmtem Sinne betrachtet werden können und stützen meine oben ausgeführte Argumentationslinie, jetzt mal abgesehen davon ob man dem Autoren zustimmt oder nicht.

      Zweierlei missfällt mir hier allerdings: Erst mal heißt es nicht "Hauptprotagonist". Das ist doppelt gemoppelt. Der Protagonist ist die Hauptfigur - punktum. Soviel Korinthenkackerei muss sein! :zwinker:

      Und dann finde ich die Gleichsetzung der drei ??? mit den drei ??? Kids völlig daneben, denn diese Gleichsetzung wird ja gar nicht untermauert mit Argumenten.

      Ich finde auch, man muss im Vorwege einer Betrachtung mal die Frage aufwerfen, was Protagonistinnen und Protagonisten in einer der bezeichneten Serien können müssen oder dürfen und was nicht bzw. was zu kritisieren wäre. Ich kann vieles nachvollziehen, was der Autor etwa über Darstellung der drei !!! schreibt. Andererseits müssen potentielle Leserinnen zu verschiedenen Zeiten immer auch irgendwie "abgeholt" werden, vor allem eben bei solchen Retortenserien wie dieser (das sollte man nicht aus den Augen verlieren!), und da orientiert man sich natürlich stark am jeweiligen Zeitgeist. Das sind ja Reißbrettgeschichten, die auf Kommerz getrimmt sind und keine Kultur, um es mal überspitzt zu formulieren. Da sind solche platten Etikettierungen eigentlich fast schon Programm.

      Mich stört das immens bei den drei ??? Kids, die mein Sohn gern hört. Da er selbst ein anderes Lebensmodell vorgelebt bekommt, stören mich gewisse unterschwellige Stereotype nicht so sehr, denn das alles muss ja erst auf fruchtbaren Boden fallen, um zu wirken. Solche belanglosen Geschichten indoktrinieren ja nicht ein Kind, das andere "Werte" mit auf den Weg bekommt (ähnlich auch wie so etwas wie TKKG). Nur für das Kind, das mit sich, mit seinen Gefühlen und seinem Denken alleingelassen wird, kann so etwas eine prägende Wirkung haben.

      Bei den drei ??? Kids jedenfalls ist das Ausmaß an Spießbürgerlichkeit und auch Rückschrittlichkeit wirklich immens. Und die in dem zweiten Artikel erwähnte Folge Duell der Ritter, die ich selbst nicht kenne, ist inhaltlich, so wie es dargestellt ist, auch für mein Empfinden ziemlich geschmacklos. Die absolute Überpräsenz von männlichen Figuren ist mir auch schon aufgefallen. Und dass Frauen als Gastcharaktere immer eher belanglos oder schwach und dumm dargestellt werden. Das mag nicht für alle Folgen zutreffen, aber für einige schon. Und am schlimmsten ist natürlich die Darstellung von tante Mathilda, die im Gegensatz zu den klassischen ??? hier eine trutschige und etwas dümmliche, weil stets oberbesorgte Hausfrau ist, deren Leben aus nichts anderem als Kirschkuchenbacken besteht. Ich würde allerdings nicht so weit gehen, da einen frauenfeindlichen Impetus zu vermuten, denn die Darstellung der männlichen Charaktere ist ja nicht weniger schlicht und plakativ. Diese Serie ist eine Aneinanderreihung von Klischees und Stereotypen, die für mein Empfinden Kinder nicht da abholt, wo sie entwicklungsmäßig sind, sondern sie ziemlich unterschätzt. Die Figuren sind eigentlich fast durchweg lächerlich, sei es die trutschige Mathilda, der spinnerte Titus, der trottelige Reynolds, der gierige Händler, der dümmliche Einverkäufer, der asoziale Erzfeind und sein schmieriger Vater. Man betrachtet die Serie zu einseitig, wenn man allein auf die Rolle der Frau abstellt. Denn diese Serie ist im Grunde auf einem viel breiteren Niveau mehr als kritikwürdig.

      Und vieles von dem, was man an den Kids kritisieren kann, trifft auf die drei Fragezeichen so nicht zu. Klar, auf den ersten Blick übereinstimmend muss man sagen, dass beide Reihen sehr männlich geprägt sind. Aber hier muss man ja nun wirklich bedenken, dass wir es bei den drei Fragezeichen mit einer Serie zu tun haben, deren Vorlagen aus den frühen 60'er Jahren stammen. Und da war diese Art von Geschichten, auch erzählt aus einem rein männlichen Blickwinkel, durchaus nicht ungewöhnlich. Das allein finde ich auch nicht schlimm. Quotierungen beim Personal für Romane etc. wäre ja absurd. Zumal man ja nicht einerseits sagen kann, dass es keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen gibt, andererseits ein rein männliches Personal sexistisch sei: Man kann auch Geschichten mit Jungs so erzählen, dass sie auch Mädchen ansprechen. Ebenso wie umgekehrt: Wir haben doch alle Pippi Langstrumpf geliebt und uns mit ihr identifiziert. Da machte es doch keinen Unterschied, ob sie ein Mädchen und man selbst ein Junge war. Ähnlich lag es bei der roten Zora. Bei Momo. Mit diesen Beispielen möchte ich nicht in Abrede stellen, dass es die behauptete Problematik gibt, aber sie ist natürlich INHALTLICH herzuleiten - und nicht bloß formal anhand eines Auszugs der Figurenliste.

      Lässt man diesen Punkt also mal beiseite, dann kommen wir zu den Charakteren in diesen alten Geschichten aus den 60'ern und 70'ern, denn man muss eine Serie wie die drei ??? in ihren einzelnen Phasen betrachten, finde ich, und kann nicht ein Urteil fällen, das die Folgen aus knapp sechzig Jahren Laufzeit in einem Gesamtpaket betrachtet, dafür hat sich einfach auch viel zu viel verändert.

      Nehme ich die Klassikerfolgen bis etwa um die Folge 40, so sehe natürlich auch ich, dass die Zahl an männlichen Charakteren deutlich, deutlich überwiegt. Mit tante Mathilda ist allerdings eine Nebenfigur fast vom Range einer Hauptfigur dauerpräsent, und diese Figur wird durchaus nicht rückständig oder schwach dargestellt, ich erwähnte es ja bereits: Die Tante Mathilda der Klassikerfolgen ist die Frau, die den Laden führt, die selbstbewusst und stark ist, die im Grunde als einzige Justus' starkem Willen etwas entgegenzusetzen weiß. Ist ihr Mann eher der geschäftsuntüchtige Träumer, ist sie die Pragmatikerin, die das gesamte Leben managt - und das durchaus nicht nur in der Küche. Und bei alledem ist sie immer auch eine Frau, die als mitfühlend und warmherzig gezeigt wird: Wenn es drauf ankommt, ist sie da und packt an. Das ist alles andere als eine in irgendeiner Weise negativ oder rückständig dargestellte Frauenfigur; im Gegenteil: die Mathilda der Klassiker hätte wohl über die Mathilda der ??? Kids nur die Nase gerümpft.

      Sehe ich mir weitere Frauenfiguren aus den Klassikerfolgen an, so bietet sich ein sehr uneinheitliches Bild. Aber reine Hausfrauenklischees findet man eigentlich nirgends. Alle Frauenfiguren werden im Grunde als im Leben stehend beschrieben. Und sie alle sind sehr prägnant, stechen heraus. Es sind vielfach die Frauenfiguren, an die wir uns erinnern, weil sie besonders schillernd sind. Manchmal sind sie ein wenig spinnert, aber das sind männliche Figuren ja durchaus auch (Elmquist, Mr. Shelby, Stephen Terrill, Mr. Dillon usw.): Mrs. Boogle, Lydia Green, die Gräfin, Miss Sanchez, Mrs. Darnley, Miss Agawam, Madeleine Bainbridge, Letitia Redford). Klar, die Frauenfiguren benötigen nicht selten Hilfe, aber das liegt ja in der Natur der Sache bei einer Detektivserie - sie sind aber durchaus nicht immer schwach und hilflos. Und es gibt ja noch mehr, und sie sind im Grunde alle sehr tatkräftig und den drei ??? ebenbürtig: Wie ist es etwa mit Britta aus der Silbernen Spinne, mit Allie Jamison, mit Constance Carmel oder Mrs Chumley? Das sind doch alles durchaus starke Frauenfiguren. Es könnten mehr sein - ja, aber die, die da sind, sind durchaus nicht sexistisch eingefärbt. Und dass etwa Allie ein Pferd hat: Ist das gleich ein Klischee? In meiner Nachbarschaft wohnen sehr viele Mädchen, und sie lieben fast durchweg alle Pferde. Ist nun mal so. Und ist auch gar nicht schlimm. Ob das Interesse für Pferde nun anerzogen ist oder sich von selbst entwickelt, spielt doch letztlich bei der Bewertung erst mal keine Rolle, denn man könnte ja ebenso sagen: Wie schade im Grunde, dass Jungs durch die Behauptung, Pferde seien Mädchenkram, eine schöne Freizeitbeschäftigung durch die Lappen geht.
      Zumal Allies Leidenschaft für Pferde im ???-Kosmos überhaupt nicht als Mädchen-Ding eingeordnet wird. Wir aus heutiger Sicht können es vielleicht so sehene. In der Serie angelegt ist es jedoch nicht.

      Viele kritisieren, dass, wenn DDF heute erfunden worden wäre, die drei Hauptfiguren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit diverser dargestellt worden wären. Justus wäre vielleicht noch immer Justus, aber vielleicht wäre er schwarz, mindestens einer der beiden Kollegen wäre ein Mädchen usw. Das ist immer mit einem gewissen Sarkasmus vorgetragen, aber ich will mal auf die Sachebene eingehen: Ja, mag sein, dass das so ist. Wenn ich mir diese ???-Welt als eine dieser Reißbrettwelten vorstelle, wie es sie oft gibt und wo man den Eindruck hat, dass Marketingleute entscheiden, wie dieser Rahmen auszusehen hat, dann sicherlich.
      Aber DDF war keine dieser Reißbrett-Serien. Und wenn ich mir vorstelle, ein heutiger Robert Arthur würde heute eine Serie wie DDF erfinden, ja auch dann könnte ich mir vorstellen, dass er die Figuren ÄUSSERLICH etwas diverser gestaltet hätte. Aber er hätte - und das ist das Phänomen bei dieser Serie - die Charakterisierungen fast vollständig so belassen können wie sie sind. Es würde auch so funktionieren. Es gibt vielleicht Anhaltspunkte dafür, Justus unbedingt einen Jungen bleiben zu lassen, denn wer sich ein bisschen mit Hochbegabung bei Kindern auskennt, der weiß, dass seine Darstellung durchaus plausibel ist, während Mädchen ihre Hochbegabung meist anders ausprägen, aber bei Peter und Bob ist es, bezogen auf die Klassiker, im Grunde nicht wichtig, ob sie nun schwarz sind oder weiß, Jungs oder Mädchen usw. Klar, es gäbe dann in Nuancen andere Ausprägungen. Vielleicht hätte man auch heute Bob rausfallen lassen und stattdessen ein Mädchen wie Allie Jamison eingefügt. Aber ich finde doch nach wie vor, dass diese Serie in ihren Klassikerfolgen, vor allem auch gemessen an vergleichbaren Serien, unheimlich gut gealtert ist und auch heute noch relativ modern wirkt. Ich sehe das auch bei meinem Sohn, der DDF sehr gern hört, weil ihm die Kids allmählich zu albern werden. Aber mit anderen alten Reihen und Serien wie TKKG oder Fünf Freunde muss ich ihm nicht kommen. Das holt ihn einfach nicht ab.

      Interessant wäre es nun natürlich auch, die anderen Phasen unter diesem (gesellschafts) politischen Aspekt zu betrachten: die Crimebusters etwa, die ja unter dem Eindruck zurückgehender Absatzzahlen moderner wirken wollten, damit aber leider das Zeitlose aufgaben und wohl zu Recht untergingen. Oder eben auch die deutschen Folgephasen mit zunächst BJHW und dann den übrigen Schreibern. Wobei vor allem auch diese letzte Phase natürlich differenziert betrachtet werden müsste. Man kann einen Marx nicht einfach mit Minninger oder Sonnleitner über einen Kamm scheren, nicht was die Qualität der Geschichten angeht und sicher auch nicht im Hinblick auf die Perspektive, die der jeweils erzählten Welt zugrundeliegt. Ich habe aber durchaus den Eindruck, dass unter dem Eindruck dieser Autoren die DDF-Welt "deutscher" geworden ist. Die Plots spielen zwar nach wie vor in den USA, aber die Settings greifen doch nicht selten auf Erfahrungen aus unseren Breiten zurück und prägen diese Welt, was nicht allein dadurch zum Ausdruck kommt, dass so etwas wie Fußball deutlich mehr Raum einnimmt, als es bei den Klassikern der Fall war - und auch mehr als zu erwarten wäre bei einer Serie wie dieser.

      Ich denke, man darf sich nichts vormachen: Die drei ??? heucheln eine Kontinuität vor, die so eigentlich gar nicht gegeben ist. Spätestens mit dem Ende der Klassiker wurde diese Serie ebenfalls zu einer Reißbrett-Serie, zugeschnitten auf potentielle Konsumenten. Mit BJHW gab man einer Autorin Raum, sich in der Arthur-Nachfolge zu versuchen - und dann sprengte man das ohnehin schon brüchige und uneinheitliche Konzept völlig, indem man diese Reißbrett-Mentalität auf die Spitze trieb: ein bisschen Marx und vielleicht Erlhoff für die Nostalgiker und der Rest für die anvisierte Zielgruppe unter den Kindern und Jugendlichen.
      Hätte man wirklich zu den Ursprüngen zurückgewollt, hätte man sich für einen Weg entscheiden müssen, etwa mit Marx als Hauptautoren und einem Team, die im Grunde dieselbe Richtung vertreten. Das aber hat man nicht gemacht, weil man eben breit aufgestellt sein wollte. Künstlerische Aspekte sind und waren sicherlich nachrangig.

      Und daraus ergibt sich sicherlich auch ein unheitliches Bild, das den Geschichten zugrundeliegt.

      Man kann das ja auch an aktuellen Diskussionen sehen. Auf der Twitter-Seite der rocky-beach.com beschäftigt man sich derzeit, wie ich kürzlich sah, mit alten Texten aus der Reihe. So werden wohl gerade die Übersetzungen zu den Klassikern in Teilen modernisiert, aber auch von Seiten der RBC-Betreiber auf bestimmte Punkte hingewiesen, die auch bei späteren Büchern als fragwürdig gelten dürften. So hat etwa bei einem Sonnleitner-Buch, Schlucht der Dämonen, das N-Wort das Lektorat passiert: Im Text wird der berühmt-berüchtigte Abzählreim erwähnt.

      Also auch in diesem Sinne gewinnen die drei ???, zumindest im Nachinein, eine gewisse politische Dimension. Zumal ich es bezeichnend finde, dass ein solches Wort ausgerechnet in der deutschen Ära Einzug in diese Serie hält (und dann auch noch verwendet von einem Lehrer!).

      Natürlich steht direkt ein Zensur-Vorwurf im Raum, auch bei anderen Bearbeitungen. Dabei muss man, mal abgesehen vom Einzelfall, der natürlich immer zu diskutieren wäre, feststellen, dass solche Modernisierungen von Übersetzungen durchaus nichts ungewöhnliches sind. Das findet regelmäßig auch bei klassischen Werken der Weltliteratur statt. Und man muss im Einzelfall halt immer auch fragen: Was war die Konnotation, die den Originalworten zugrundelagen, und wie kann ich sie bestmöglich ins Deutsche übertragen, Auch da gibt es ja durchaus einen Wandel. Da ist nicht gleich alles Zensur. Texte können durch Modernisierungen auch lebendig bleiben. Ziel sollte aber natürlich nicht sein, sie inhaltlich zu verändern, sondern eben nur den verständlicher und eindeutiger zu machen.
    • DarkM schrieb:

      Ich weiss nicht, ob man das wirklich unter politischer Diskussion einordnen kann.
      Aber kennt jemand diese beiden Artikel? Sind interessant zu lesen, da ja den beiden Ablegern eine gewisse soziale Ausrichtung unterstellt wird.
      feministinprogress.de/diedreiausrufezeichen/
      feministinprogress.de/die-drei…erachtung-im-maennerclub/
      Der Vollständigkeit halber noch dieser Artikel dazu: plus.tagesspiegel.de/gesellsch…er-kinder-sind-43890.html

      Der muss mal kostenfrei gewesen sein, da ich ihn kenne. Auch hier geht es um die ???Kids Folge mit dem Ritter. Das alles wird zusammen mit einer Tante Mathilda, die "nur backen darf" in einen Topf geworfen und das Ende vom Lied ist, dass das nachmittags in der OGS (Grundschule) besser nicht mehr gehört werden soll, wenn es derselbe Artikel ist.

      Fand ich absolut daneben, vor Allem in Hinblick auf die Sachen, die Hardenberg anspricht, Allie Jamison oder Jelena sind ja auch wichtige Rollen und keineswegs irgendwelche Blödis. Bei Jelena könnte man sogar triumphierend auf die Integration von Behinderten hinweisen, wenn man es denn wollte.

      Die Anwendung des Bechdel Tests (Der Übrigens kein echter Test ist, sondern eine Idee aus einem Blog) ist an dieser Stelle, meines Erachtens nach, völlig deplatziert. Von wann stammen denn die ersten Bücher, bitte? Aus einer Zeit, wo Mädchen und Buben noch unterschiedliche Bücher und Spielzeug bekamen und die Grenzen zu "womit arf man als Junge/Mädchen spielen" vielleicht noch nicht so fließend waren. Da gab es als Junge Abenteuer-Geschichten und als Mädchen eben Enid Blyton.
      Natürlich spielen dann insgesamt viel, viel mehr Jungs und Männer mit, aber das war ja zu der Zeit z.B. auch in Filmen so. Die bewertet doch auch keiner ernsthaft nach heutigen Kriterien. Schon allein dass alle drei Protagonisten männlich sind, macht doch die Unterhaltungen zwischen zwei Frauen etwas schwierig!
      (Wenn, würden die aber immer über etwas anderes reden, als über Männer, so viel steht fest. Es stehen immerhin Karpartenhunde, lachende Schatten und geschmuggelte Diamanten und Co zur Themenauswahl...)

      Wenigstens muss bei den drei ??? die Frau nicht dauernd nach Hause gehen, wenn es spannend wird, wie bei TKKG. Beides eben in die Jahre gekommene Rollenbilder.

      Die Kids-Folgen und !!! Folgen kenne ich zugegeben alle nicht und die Ritter-Folge scheint ja durchaus merkwürdige Ansichten zu vertreten, aber das auf die ganze Serie auszuwalzen....finde ich nicht richtig.
      Seltsam? Aber so steht es geschrieben...
    • CarrieBrent schrieb:

      Wenigstens muss bei den drei ??? die Frau nicht dauernd nach Hause gehen, wenn es spannend wird, wie bei TKKG. Beides eben in die Jahre gekommene Rollenbilder.
      Ganz genau! ^^

      Zeig mir mal eine Serie, die sich über ein halbes Jahrhundert halten konnte, in der sich nicht auch irgendwie immer wieder mal die gesellschaftlichen Veränderungen spiegeln, zu denen es im Laufe dieser Jahrzehnte gekommen ist!
      Davon abgesehen haben sich die Fragezeichen mMn aber durchweg bemerkenswert unpolitisch gehalten.
      Klar, es gab immer Hilfe für Schwächere, man arbeitete umsonst, man integrierte während der jeweiligen Fälle jeden anderen Jugendlichen, der mit dabei sein wollte, egal, welches Geschlecht er nun hatte, man verhielt sich sozial, vorurteilsfrei, war sozusagen Gegenpol zu Gestalten wie dem verwöhnten, auf andere wegen ihrer Herkunft herabsehenden "Skinny Norris".
      Irgendwo ist das natürlich auch ein "Statement", aber für mich kein explizit politisches.
      Und natürlich gab es im Laufe der Zeit auch die eine oder andere direktere "Stellungnahme", wie z.B. bei der "Toteninsel", wo man die Atomversuche als "Wahnsinn" bezeichnet, darüber entrüstet ist, wie mit den Bewohnern des Bikini-Atolls verfahren wurde.
      Aber für mich ist immer alles sehr "im Rahmen" geblieben bei den Jungs.
      Wahrscheinlich wurden zumindest die Autoren der letzten beiden Jahrzehnte sogar dazu angehalten, solche Themen bzw direkte politische Anspielungen vollkommen auszusparen, ebenso wie ja auch Kriege u.ä. eher selten mal am Rande erwähnt werden.
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