Wie bereits angekündigt, starte ich jetzt mal mit einer Serienbesprechung, in der ich mich mal ganz genau den einzelnen Folgen zuwenden möchte, um zu ergründen, was ich an ihnen gelungen und was weniger gelungen finde. Natürlich sind all meine Eindrücke rein subjektiv, aber ich werde natürlich, wie immer, versuchen, meinen Standpunkt erschöpfend zu begründen, um nachvollziehbar zu machen, warum ich die Dinge so sehe, wie ich es tue.
ich bespreche die Folgen in loser Folge. Da ich, um ihnen gerecht zu werden, sehr genau und fokussiert hinhöre, brauche ich die nötige Zeit und Muße dafür, mich ihnen in der Form zuwenden zu können, wie ich es als notwendig erachte, um halbwegs fundierte Aussagen treffen zu können.
Wie immer würde ich mich über Feedback und Austausch zu den einzelnen Punkten freuen, gern dürfen sich andere Hörer anschließen und ebenfalls ihre Sicht auf die jeweilige Folge hier niederschreiben. Im besten Fall wird das dann hier ein Nebeneinander verschiedener Eindrücke zur selben Hörspiel-Serie sein.
Am Ende der Besprechung sollte dann ein Gesamtfazit folgen, das noch einmal einen Eindruck gibt von der Serie im Ganzen, denn bekanntlich sind viele Dingen im Gesamten mehr als nur die schlichte Summe ihrer Einzelteile.
Wie immer gibt es am Anfang - natürlich! - eine explizite SPOILER-Warnung, da ich mich intensiv auch mit den Inhalten aueinandersetzen werde.
Also - los geht's.
******************************
Episode 01
SPOILER-Warnung!
Und auf Erden Stille ist die jüngste Produktion des Hauses Interplanar, die diese im Auftrag des Labels Folgenreich umsetzten. Der Stoff geht zurück auf eine Idee des Skriptautor Balthasar von Weymarn. Wir haben es hier also nicht mit der Umsetzung einer weithin bekannten Vorlage zu tun, sondern mit einem Originalstoff. Ungewöhnlich auch die Darreichungsform: Folgenreich orientiert sich an Audible, wenn es die Serie in einem Rutsch als Staffel veröffentlicht, anders als zunächst wohl angedacht erschien sie zudem auch auf CD, verknappt jedoch die Lauflänge der einzelnen Episoden auf ca. 25 bis 30 Minuten statt der üblichen 45 bis 60.
Die erste Folge beginnt mit der Protagonistin Rhiannon, die auf der Jagd durch die Wildnis streift, immer auf der Hut vor Luchsen oder anderen Gefahren, die auf sie lauern könnten. Recht schnell wird dem Hörer vermittelt, dass wir es hier mit einer unwirtlichen Welt zu tun haben, die von Endzeitstimmung geprägt ist. Und sehr schnell auch bemerken wir, dass die sechzehnjährige Rhiannon extrem geräuschempfindlich ist und einen Gehörschutz trägt.
Die erste Folge verwendet viel der Spielzeit darauf, den Hörer in die neue Welt einzuführen – und vor allem auch in die Gemeinschaft, von der die junge Frau ein Teil ist. Wir lernen Novis kennen, eine Gruppe von insgesamt 200 Menschen, die gemeinsam seit zehn Jahren in einem Bergwerk miteinander leben und versuchen, in dieser Welt, in der die Menschheit durch eine Viruskatastrophe an den Rand der Vernichtung geführt wurde, zu überleben. Wir erfahren, dass die Menschen von einem Virus befallen sind, der bei den männlichen Angehörigen der Gemeinschaft dazu führt, dass sie spätestens zwei Jahre nach Erreichen der Geschlechtsreife versterben. Die wenigen Männer, die noch Teil der Gemeinschaft sind und älter, sind dies, weil sie sich nicht schon im Mutterleib infiziert haben und enthaltsam leben. Wir erkennen also, dass wir es mit einer allmählich aussterbenden Gemeinschaft zu tun haben, die knappe Ressourcen miteinander teilt.
Und wir bekommen vermittelt, dass die überlebenden Menschen in verschiedenen Gruppen miteinander leben, die einander nicht unbedingt wohlgesonnen sind. So sprechen Rhiannon und ihre Freundin Lisa recht abfällig von einem Jungen, den sie der Gemeinschaft der Waldratten zuschreiben.
Krysztof, der Kopf von Novis, wiederum erwähnt eine Bedrohung durch sogenannte Wallianer, deren Angriff er früher oder später zu erwarten scheint und den abzuwehren all sein Trachten gilt. Krysztof ist es auch, der Rhiannon im weiteren Verlauf der Handlung zu sich bittet, um ihr zu eröffnen, dass ein Suchtrupp auf Hinweise gestoßen ist, die nahelegen, dass ihr Vater, der sie und ihre Mutter einst sitzen ließ, etwas mit der Erschaffung des Virus zu tun hat, von dem man mittlerweile überzeugt ist, dass er menschengemacht ist. Die Spuren weisen nach Manhattan.
Als Bestrafung für dieses mutmaßliche Unrecht, das ihr Vater an der Menschheit begangen hat, soll nun Rhiannon die Gemeinschaft in Richtung New York verlassen, um nach einer Kur oder einem Gegenmittel zu suchen, das helfen kann, den Virus zu besiegen. Andernfalls will Krysztof die Gemeinschaft von Novis über die Vergehen von Rhiannons Vater in Kenntnis setzen, was unweigerlich dazu führen würde, dass sie von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern zumindest ausgegrenzt, wenn nicht sogar körperlich angegangen würde. Nur wenn sie ein Gegenmittel finde, werde ihr der Rückweg in die Gemeinschaft geebnet sein.
So weit der Inhalt dieser Auftaktfolge.
Und mit viel Spannung ist sie erwartet worden: die erste Serie der Macher von Interplanar, die von vorn bis hinten auf einem Originalstoff beruht. Thematisch wir das Thema Endzeit beackert, was momentan eine beliebte Spielwiese für Geschichtenerzähler ist, und dass im Zentrum der Katastrophe ausgerechnet Viren stehen, ist ein zufälliges Zusammentreffen, das dem Ganzen eine zusätzliche Brisanz verleiht.
Was die Umsetzung angeht, so gibt es keinen Grund zur Klage. Schon die ersten Szenen, die Rhiannon auf dem Rückweg nach Novis begleiten, sind sehr spannend und intensiv in Szene gesetzt. Immer wieder begleitet aus dem Off eine Frauenstimme, vermutlich die gealterte Rhiannon, wie der Hörer annehmen muss, das Geschehen. Auch die Einführung in die Welt der sektenartig geführten Gemeinschaft ist abwechslungsreich und spannend gelungen. Wir lernen verschiedene interessante Charaktere kennen, die neugierig machen auf das, was noch folgen wird, und diese erste Episode erfährt ihren Höhepunkt, als Krysztof dem verdutzten Mädchen eröffnet, dass sie quasi aus der Gemeinschaft ausgestoßen wird, weil man ihren Vater verdächtigt, etwas mit der Erschaffung des Virus zu tun zu haben.
Akustisch besonders gelungen ist neben der Einführung in der Jagdszene, die ich bereits erwähnt habe, vor allem die Szene, als Rhiannon im Verlauf ihrer Arbeiten an der Festungsmauer ihren Gehörschutz abnehmen muss, um nach verdächtigen Geräuschen zu lauschen. Verschiedenste Nebengeräusche schwellen an, überlagern sich, wechseln sich ab und drehen auf zu einem schier ohrenbetäubenden Lärmpegel, der sich für Rhiannon mit nacktem Entsetzen und dem inneren Zwang, sich zu konzentrieren, mischt. Das ist wirklich hervorragend umgesetzt und überträgt sich in großer Intensität auch auf den Hörer.
Auch was den Rest der Inszenierung angeht, ist von meiner Seite aus nichts zu kritisieren. Hier erfüllt Interplanar wieder einmal die hohen Erwartungen, die an eine Produktion aus diesem Hause gestellt werden kann.
Dennoch kommt diese Episode leider nicht völlig ohne Schatten aus. So gehört die Performance, die Detlef Bierstedt als Krysztof abliefert, für mein Empfinden zu den schlechtesten, die dieser ansonsten hervorragende Sprecher jemals abgeliefert hat. Ich weiß, dass der Führer von Novis ein alter und erschöpfter, weil desillusionierter Mann ist, aber Bierstedts Spiel spiegelt das nicht ausreichend wieder. Seine Passagen klingen nicht deprimiert oder ausgelaugt oder hoffnungslos – sie klingen leider einfach nur lustlos vorgetragen. Die Betonungen stimmen für mein Empfinden oft nicht, die Sätze werden steif und steril vorgetragen, fast wie abgelesen. Für mich zwar kein kompletter Totalausfall, aber schon eine fette Enttäuschung. Überhaupt hat mir die Darstellung der Gemeinschaft als beinahe sektenartige Gruppe, die mit feierlichem Ton ihre Grundsätze herunterbetet, nicht so gut gefallen, nicht weil das schlecht umgesetzt gewesen wäre, sondern weil so etwas einfach mittlerweile zu einer Art Klischee geworden ist. Hier hätte ich mir mehr Originalität und Tiefe bei der Ausgestaltung gewünscht, damit sich dem Hörer der Geist, der diese Gruppe durchweht, auch halbwegs erschließt. So wird der Antrieb der Menschen auf eine diffuse, quasireligiöse Verbundenheit reduziert, was dazu führt, das die Menschen, die Novis bevölkern überhaupt kaum Konturen gewinnen.
Erstklassig dagegen Sarah Alles als Rhiannon, die die junge Frau mal mit einer gewissen Schnoddrigkeit, dann auch wieder der nötigen Tatkraft ausstaffiert. Die übrigen Sprecherinnen und Sprecher treten nicht so sehr in den Vordergrund, machen aber allesamt einen ausgezeichneten Job.
Ein Problem hatte ich jedoch auch damit, welchen Verlauf die Handlung nimmt. Dass Rhiannon nun in eine Art Sippenhaft genommen und anstelle ihres Vaters bestraft wird, indem man sie aus der Gemeinschaft ausstößt und sie quasi auf ein Himmelfahrtskommando schickt, bei dem sie eigentlich fast zwangsläufig umkommen muss – okay, das kann ich akzeptieren. Krysztof wirkt nicht wie ein Mensch, dem ich das nicht zutraute. Und dass er vorschiebt, sie solle ein Mittel gegen den Virus finden, um nicht klar auszudrücken, dass man sie dem Tode geweiht hat, auch das geht in Ordnung.
Dass er sie aber darauf aufmerksam macht, dass sie auf keinen Fall von Novis und dem Bergwerk berichten soll, falls sie jemandem begegnet, kommt mir völlig widersinnig vor. Denn entweder er liefert sie dem Tod aus. Dann sollte er auch sicher sein, dass sie diesen schnell findet und eben NICHT Novis in Gefahr bringen könnte. Oder er schickt sie wirklich auf eine Rettungsmission, dann machte dieser Appell Sinn, man dürfte aber an seinem Geisteszustand zweifeln, denn in der geschilderten Welt eine 16jährige allein auf eine solche Mission zu schicken und ihr Verschwiegenheit abzuverlangen, ist völlig unrealistisch. Und es ist auch in der Weise, wie es vorgetragen wurde, nicht überzeugend. Hier hätte ich mir in der szenischen Aufbereitung einen überzeugenderen Verlauf gewünscht. So, wie es geraten ist, wirkt es widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Denn natürlich kann man NICHT Loyalität einfordern von jemandem, dem man zum Sterben vor die sicheren Mauern schickt. Will man sie also beseitigen und kein Risiko eingehen, gäbe es andere Möglichkeiten. Und wenn es ihm wirklich um Rettung durch sie ginge, hätte es ein tatkräftiges Team gebraucht, das sie bei ihrer Mission unterstützt. Beides wären nachvollziehbare Wege gewesen, diese erste Folge zu beenden. So jedoch, wie es uns hier erzählt wird, wirkt es leider etwas unausgegoren und wenig plausibel.
Mag sein, dass hier die Serie zum Opfer der vorgegebenen Laufzeit wurde. Wie ich bei meinen Besprechungen zu den weiteren Folgen noch häufiger feststellen werde, wirkt manches auf mich so, als wäre eine durchaus komplexere und teifgründigere Handlung zugunsten einer knapperen Spielzeit eingedampft worden, so dass sich daraus inhaltliche Unstimmigkeiten ergeben. Sollte es tatsächlich so sein, wäre das sehr schade, denn die angedeutete Komplexität macht tatsächlich Lust auf mehr, wird aber, zumindest in dieser Folge, nicht ausreichend befriedigt.
Sieht man allerdings von dieser Unstimmigkeit und dem nach meinem Empfinden eher kritikwürdigen Spiel von Detlef Bierstedt ab, haben wir es hier mit einer durchaus sehr spannenden Auftaktfolge dieser neuen Serie zu tun, die definitiv Lust auf mehr macht. Ein originelles Setting und eine spannende Serienprämisse wecken Neugier, und die hervorragende akustische Umsetzung trägt ihr Übriges dazu bei, diese Folge zu einem unterhaltsamen Hörstück werden zu lassen.
Insgesamt eine starke Einführung in eine faszinierend-fremdartige Endzeit-Welt. Macht Lust auf mehr!
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ich bespreche die Folgen in loser Folge. Da ich, um ihnen gerecht zu werden, sehr genau und fokussiert hinhöre, brauche ich die nötige Zeit und Muße dafür, mich ihnen in der Form zuwenden zu können, wie ich es als notwendig erachte, um halbwegs fundierte Aussagen treffen zu können.
Wie immer würde ich mich über Feedback und Austausch zu den einzelnen Punkten freuen, gern dürfen sich andere Hörer anschließen und ebenfalls ihre Sicht auf die jeweilige Folge hier niederschreiben. Im besten Fall wird das dann hier ein Nebeneinander verschiedener Eindrücke zur selben Hörspiel-Serie sein.
Am Ende der Besprechung sollte dann ein Gesamtfazit folgen, das noch einmal einen Eindruck gibt von der Serie im Ganzen, denn bekanntlich sind viele Dingen im Gesamten mehr als nur die schlichte Summe ihrer Einzelteile.
Wie immer gibt es am Anfang - natürlich! - eine explizite SPOILER-Warnung, da ich mich intensiv auch mit den Inhalten aueinandersetzen werde.
Also - los geht's.
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Und auf Erden Stille - Die Serienbesprechung
Episode 01
SPOILER-Warnung!
Und auf Erden Stille ist die jüngste Produktion des Hauses Interplanar, die diese im Auftrag des Labels Folgenreich umsetzten. Der Stoff geht zurück auf eine Idee des Skriptautor Balthasar von Weymarn. Wir haben es hier also nicht mit der Umsetzung einer weithin bekannten Vorlage zu tun, sondern mit einem Originalstoff. Ungewöhnlich auch die Darreichungsform: Folgenreich orientiert sich an Audible, wenn es die Serie in einem Rutsch als Staffel veröffentlicht, anders als zunächst wohl angedacht erschien sie zudem auch auf CD, verknappt jedoch die Lauflänge der einzelnen Episoden auf ca. 25 bis 30 Minuten statt der üblichen 45 bis 60.
Die erste Folge beginnt mit der Protagonistin Rhiannon, die auf der Jagd durch die Wildnis streift, immer auf der Hut vor Luchsen oder anderen Gefahren, die auf sie lauern könnten. Recht schnell wird dem Hörer vermittelt, dass wir es hier mit einer unwirtlichen Welt zu tun haben, die von Endzeitstimmung geprägt ist. Und sehr schnell auch bemerken wir, dass die sechzehnjährige Rhiannon extrem geräuschempfindlich ist und einen Gehörschutz trägt.
Die erste Folge verwendet viel der Spielzeit darauf, den Hörer in die neue Welt einzuführen – und vor allem auch in die Gemeinschaft, von der die junge Frau ein Teil ist. Wir lernen Novis kennen, eine Gruppe von insgesamt 200 Menschen, die gemeinsam seit zehn Jahren in einem Bergwerk miteinander leben und versuchen, in dieser Welt, in der die Menschheit durch eine Viruskatastrophe an den Rand der Vernichtung geführt wurde, zu überleben. Wir erfahren, dass die Menschen von einem Virus befallen sind, der bei den männlichen Angehörigen der Gemeinschaft dazu führt, dass sie spätestens zwei Jahre nach Erreichen der Geschlechtsreife versterben. Die wenigen Männer, die noch Teil der Gemeinschaft sind und älter, sind dies, weil sie sich nicht schon im Mutterleib infiziert haben und enthaltsam leben. Wir erkennen also, dass wir es mit einer allmählich aussterbenden Gemeinschaft zu tun haben, die knappe Ressourcen miteinander teilt.
Und wir bekommen vermittelt, dass die überlebenden Menschen in verschiedenen Gruppen miteinander leben, die einander nicht unbedingt wohlgesonnen sind. So sprechen Rhiannon und ihre Freundin Lisa recht abfällig von einem Jungen, den sie der Gemeinschaft der Waldratten zuschreiben.
Krysztof, der Kopf von Novis, wiederum erwähnt eine Bedrohung durch sogenannte Wallianer, deren Angriff er früher oder später zu erwarten scheint und den abzuwehren all sein Trachten gilt. Krysztof ist es auch, der Rhiannon im weiteren Verlauf der Handlung zu sich bittet, um ihr zu eröffnen, dass ein Suchtrupp auf Hinweise gestoßen ist, die nahelegen, dass ihr Vater, der sie und ihre Mutter einst sitzen ließ, etwas mit der Erschaffung des Virus zu tun hat, von dem man mittlerweile überzeugt ist, dass er menschengemacht ist. Die Spuren weisen nach Manhattan.
Als Bestrafung für dieses mutmaßliche Unrecht, das ihr Vater an der Menschheit begangen hat, soll nun Rhiannon die Gemeinschaft in Richtung New York verlassen, um nach einer Kur oder einem Gegenmittel zu suchen, das helfen kann, den Virus zu besiegen. Andernfalls will Krysztof die Gemeinschaft von Novis über die Vergehen von Rhiannons Vater in Kenntnis setzen, was unweigerlich dazu führen würde, dass sie von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern zumindest ausgegrenzt, wenn nicht sogar körperlich angegangen würde. Nur wenn sie ein Gegenmittel finde, werde ihr der Rückweg in die Gemeinschaft geebnet sein.
So weit der Inhalt dieser Auftaktfolge.
Und mit viel Spannung ist sie erwartet worden: die erste Serie der Macher von Interplanar, die von vorn bis hinten auf einem Originalstoff beruht. Thematisch wir das Thema Endzeit beackert, was momentan eine beliebte Spielwiese für Geschichtenerzähler ist, und dass im Zentrum der Katastrophe ausgerechnet Viren stehen, ist ein zufälliges Zusammentreffen, das dem Ganzen eine zusätzliche Brisanz verleiht.
Was die Umsetzung angeht, so gibt es keinen Grund zur Klage. Schon die ersten Szenen, die Rhiannon auf dem Rückweg nach Novis begleiten, sind sehr spannend und intensiv in Szene gesetzt. Immer wieder begleitet aus dem Off eine Frauenstimme, vermutlich die gealterte Rhiannon, wie der Hörer annehmen muss, das Geschehen. Auch die Einführung in die Welt der sektenartig geführten Gemeinschaft ist abwechslungsreich und spannend gelungen. Wir lernen verschiedene interessante Charaktere kennen, die neugierig machen auf das, was noch folgen wird, und diese erste Episode erfährt ihren Höhepunkt, als Krysztof dem verdutzten Mädchen eröffnet, dass sie quasi aus der Gemeinschaft ausgestoßen wird, weil man ihren Vater verdächtigt, etwas mit der Erschaffung des Virus zu tun zu haben.
Akustisch besonders gelungen ist neben der Einführung in der Jagdszene, die ich bereits erwähnt habe, vor allem die Szene, als Rhiannon im Verlauf ihrer Arbeiten an der Festungsmauer ihren Gehörschutz abnehmen muss, um nach verdächtigen Geräuschen zu lauschen. Verschiedenste Nebengeräusche schwellen an, überlagern sich, wechseln sich ab und drehen auf zu einem schier ohrenbetäubenden Lärmpegel, der sich für Rhiannon mit nacktem Entsetzen und dem inneren Zwang, sich zu konzentrieren, mischt. Das ist wirklich hervorragend umgesetzt und überträgt sich in großer Intensität auch auf den Hörer.
Auch was den Rest der Inszenierung angeht, ist von meiner Seite aus nichts zu kritisieren. Hier erfüllt Interplanar wieder einmal die hohen Erwartungen, die an eine Produktion aus diesem Hause gestellt werden kann.
Dennoch kommt diese Episode leider nicht völlig ohne Schatten aus. So gehört die Performance, die Detlef Bierstedt als Krysztof abliefert, für mein Empfinden zu den schlechtesten, die dieser ansonsten hervorragende Sprecher jemals abgeliefert hat. Ich weiß, dass der Führer von Novis ein alter und erschöpfter, weil desillusionierter Mann ist, aber Bierstedts Spiel spiegelt das nicht ausreichend wieder. Seine Passagen klingen nicht deprimiert oder ausgelaugt oder hoffnungslos – sie klingen leider einfach nur lustlos vorgetragen. Die Betonungen stimmen für mein Empfinden oft nicht, die Sätze werden steif und steril vorgetragen, fast wie abgelesen. Für mich zwar kein kompletter Totalausfall, aber schon eine fette Enttäuschung. Überhaupt hat mir die Darstellung der Gemeinschaft als beinahe sektenartige Gruppe, die mit feierlichem Ton ihre Grundsätze herunterbetet, nicht so gut gefallen, nicht weil das schlecht umgesetzt gewesen wäre, sondern weil so etwas einfach mittlerweile zu einer Art Klischee geworden ist. Hier hätte ich mir mehr Originalität und Tiefe bei der Ausgestaltung gewünscht, damit sich dem Hörer der Geist, der diese Gruppe durchweht, auch halbwegs erschließt. So wird der Antrieb der Menschen auf eine diffuse, quasireligiöse Verbundenheit reduziert, was dazu führt, das die Menschen, die Novis bevölkern überhaupt kaum Konturen gewinnen.
Erstklassig dagegen Sarah Alles als Rhiannon, die die junge Frau mal mit einer gewissen Schnoddrigkeit, dann auch wieder der nötigen Tatkraft ausstaffiert. Die übrigen Sprecherinnen und Sprecher treten nicht so sehr in den Vordergrund, machen aber allesamt einen ausgezeichneten Job.
Ein Problem hatte ich jedoch auch damit, welchen Verlauf die Handlung nimmt. Dass Rhiannon nun in eine Art Sippenhaft genommen und anstelle ihres Vaters bestraft wird, indem man sie aus der Gemeinschaft ausstößt und sie quasi auf ein Himmelfahrtskommando schickt, bei dem sie eigentlich fast zwangsläufig umkommen muss – okay, das kann ich akzeptieren. Krysztof wirkt nicht wie ein Mensch, dem ich das nicht zutraute. Und dass er vorschiebt, sie solle ein Mittel gegen den Virus finden, um nicht klar auszudrücken, dass man sie dem Tode geweiht hat, auch das geht in Ordnung.
Dass er sie aber darauf aufmerksam macht, dass sie auf keinen Fall von Novis und dem Bergwerk berichten soll, falls sie jemandem begegnet, kommt mir völlig widersinnig vor. Denn entweder er liefert sie dem Tod aus. Dann sollte er auch sicher sein, dass sie diesen schnell findet und eben NICHT Novis in Gefahr bringen könnte. Oder er schickt sie wirklich auf eine Rettungsmission, dann machte dieser Appell Sinn, man dürfte aber an seinem Geisteszustand zweifeln, denn in der geschilderten Welt eine 16jährige allein auf eine solche Mission zu schicken und ihr Verschwiegenheit abzuverlangen, ist völlig unrealistisch. Und es ist auch in der Weise, wie es vorgetragen wurde, nicht überzeugend. Hier hätte ich mir in der szenischen Aufbereitung einen überzeugenderen Verlauf gewünscht. So, wie es geraten ist, wirkt es widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Denn natürlich kann man NICHT Loyalität einfordern von jemandem, dem man zum Sterben vor die sicheren Mauern schickt. Will man sie also beseitigen und kein Risiko eingehen, gäbe es andere Möglichkeiten. Und wenn es ihm wirklich um Rettung durch sie ginge, hätte es ein tatkräftiges Team gebraucht, das sie bei ihrer Mission unterstützt. Beides wären nachvollziehbare Wege gewesen, diese erste Folge zu beenden. So jedoch, wie es uns hier erzählt wird, wirkt es leider etwas unausgegoren und wenig plausibel.
Mag sein, dass hier die Serie zum Opfer der vorgegebenen Laufzeit wurde. Wie ich bei meinen Besprechungen zu den weiteren Folgen noch häufiger feststellen werde, wirkt manches auf mich so, als wäre eine durchaus komplexere und teifgründigere Handlung zugunsten einer knapperen Spielzeit eingedampft worden, so dass sich daraus inhaltliche Unstimmigkeiten ergeben. Sollte es tatsächlich so sein, wäre das sehr schade, denn die angedeutete Komplexität macht tatsächlich Lust auf mehr, wird aber, zumindest in dieser Folge, nicht ausreichend befriedigt.
Sieht man allerdings von dieser Unstimmigkeit und dem nach meinem Empfinden eher kritikwürdigen Spiel von Detlef Bierstedt ab, haben wir es hier mit einer durchaus sehr spannenden Auftaktfolge dieser neuen Serie zu tun, die definitiv Lust auf mehr macht. Ein originelles Setting und eine spannende Serienprämisse wecken Neugier, und die hervorragende akustische Umsetzung trägt ihr Übriges dazu bei, diese Folge zu einem unterhaltsamen Hörstück werden zu lassen.
Insgesamt eine starke Einführung in eine faszinierend-fremdartige Endzeit-Welt. Macht Lust auf mehr!
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