Frankenstein und der Zirkel der Sieben - 2 - Verflucht seid Ihr alle

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    • Frankenstein und der Zirkel der Sieben - 2 - Verflucht seid Ihr alle

      Frankenstein und der Zirkel der Sieben - 02 - Verflucht seid Ihr alle



      Inhalt
      Die Geister, die ich rief. Frankenstein wird wieder einmal Opfer seiner eigenen Schöpfungen: Alessia sinnt auf Rache und schreitet zur Tat. Ihr Weg führt sie direkt zum Zirkel der Sieben, und Frankenstein sieht sich genötigt, sie aufzuhalten, ehe sie ihr Ziel erreicht.

      Meinung
      Bot der erste Teil noch eine originelle Variation der originalen Frankenstein-Geschichte, nur eben unter veränderten Vorzeichen, haben wir es hier mit einer weniger gelungenen Version der Rache-Geschichte zu tun, die den ursprünglichen Frankenstein-Stoff in der zweiten Hälfte bewegt. Hatten wir es in Mary Shelleys Roman noch mit einem Geschöpf zu tun, das vor sich selbst erschreckte, ehe es, verstoßen von seinem Schöpfer, aus seinem tiefsten Schmerz auf Rache sann, haben wir es hier mit einem ziemlich hohl und glatt geratenen Widerpart zu tun, der das Herz des Hörers nicht für eine Sekunde rührt. Wie eine Dämonin aus einer Sinclair-Geschichte hüpft die Geschundene mit finsterem Lachen von einer Bluttat zur nächsten, durch nichts gehindert, wie es scheint, nicht durch Schmerz angesichts der noch frischen Eingriffe, nicht durch Verzweiflung ob des plötzlichen Aus-dem-Leben-gerissen-Seins. All das ist augenblicklich von ihr abgefallen, und sie folgt nur recht stumpf den bösen Pfaden, die der Autor für sie ersonnen hat. Wirklich spannend ist das nicht. Und auch nicht originell. Überkam einen schon beim Hören der zweiten Hälfte des ersten Teils ein Gefühl, plötzlich in ein Sinclair-Hörspiel geraten zu sein, so verfestigt sich dieser Eindruck mit dieser zweiten Folge. Ist es zunächst Alessia, die Frankenstein jagt, ist es kurze Zeit später Frankenstein, der hinter Alessia hinterherhetzt, um sie daran zu hindern, Kontakt mit dem Zirkel der Sieben aufzunehmen, um gegen Frankenstein zu intrigieren. Warum sie es sich so mühsam macht und nicht einfach schon auf dem Stammsitz der Frankensteins versucht, ihre Rache zu vollenden, bleibt wohl einer mir nicht zugänglichen Logik des Groschengrusels geschuldet, anders ist es mir nicht erklärlich.

      Dabei ist das Hörspiel durchaus nicht schlecht geraten. Im Gegenteil, was die Umsetzung als solche angeht, so ist diese wieder durchaus stimmig. Musik und Sounddesign sind tadellos. Die Atmosphäre ist auch hier wieder stimmungsvoll düster geraten. Und auch wenn das Skript inhaltlich im Hinblick auf Konsequenz und Figurenlogik nicht zu überzeugen weiß - die einzelnen Szenen sind durchaus kurzweilig geraten. Doch anders als etwa bei Dracula und der Zirkel der Sieben, wo die mitreißende Inszenierung die Schwächen des Skripts zu überdecken weiß, bleiben diese hier über die meiste Zeit spürbar. Viele der Charaktere handeln völlig unverständlich, doch das Skript macht sich nicht die Mühe, dieses Verhalten auch nur ansatzweise zu erklären, um es für den Hörer nachvollziehbar zu machen.

      Spoiler anzeigen


      1. Alessia begibt sich auf den Weg nach London, um den Zirkel der Sieben gegen Frankenstein einzuspannen. Warum sie nicht schon in der Schweiz zur Tat schreitet, wird, wie bereits geschrieben, nicht plausibel hergeleitet.

      2. Obwohl sie nur eine einfache Hausangestellte war, fällt es Alessia nicht schwer, Mittel und Wege zu ersinnen, ihre Ziele zu erreichen. Es wird angedeutet, dass etwas von der Frau, in deren Körper sie nun steckt, auf sie abgefärbt hat. Das allein reicht aber nicht als Erklärung, warum sie so selbstbewusst Menschen manipuliert und ihren Weg zum Zirkel einschlägt. Sie war nicht die einzige, die bei den schrecklichen Experimenten "behandelt" wurde. Die zweite Patientin zeigt keinerlei Nebenwirkungen. Gemein ist beiden seltsamerweise nur, dass sie beide keinerlei Nachwirkungen der Behandlungen aufweisen...

      3. Sowohl der Vater als auch die Mutter Frankensteins fallen Alessia zum Opfer. Die Wirkung auf Frankenstein junior: so gut wie null.

      4. Ohne viele Umwege gelangen beide Parteien in denselben Zug. Einer der Passagiere überführt gerade die Leiche seiner Frau. Im weiteren Verlauf erfahren wir, dass er mit Alessia unter einer Decke steckt und diese sich in dem Sarg verbergen soll, in dem zuvor die tote Frau gelegen haben soll. Die Leiche wurde, wie ein Passagier bemerkt hat, über das Fenster entsorgt. Wobei der Passagier nur gesehen hat, dass ein "großer Gegenstand" aus dem Fenster geworfen wurde. All das bleibt völlig unhinterfragt. Als wäre das alles im Kontext plausibel. Wann und wie soll die ehemalige Hausangestellte in einen Bund mit diesem Passagier geraten sein? Hat sie ihn unter Druck gesetzt? Falls ja: wie sollte sie? Warum hat ihm sein willfähriger Assistent, der ja auch harsch gegen Frankenstein vorgeht, diese Bedrohung nicht vom Hals geschafft? Und warum sollte sie sich überhaupt im Sarg verstecken, wenn sie mit dem Passagier im Bunde steht? Da hätte es dann doch durchaus andere Möglichkeiten gegeben...

      5. Wie aus dem Nichts taucht Frankensteins Schwester auf und rettet diesen aus seiner Not. Auch sie ist wie neugeboren. Keinerlei Einschränkungen durch die zurückliegende Zeit. Sie hadert auch keineswegs mit ihrem Schicksal. Immerhin wurde gerade eine unschuldige Frau für sie geopfert. Und sie selbst lebt in einem fremden Körper. Das scheint ihr nicht einen kurzen Gedanken wert zu sein. Auch dass sie gerade noch dem Tode geweiht, nun aber wieder kerngesund ist, scheint ihr nicht viel auszumachen. Im richtigen Moment taucht diese kleine Unschuld vom Lande in einem dunklen Abteil auf, um unversehens ihren Bruder aus einer tückischen Notlage zu befreien. Keine Erklärung, wie sie das schaffen konnte, wie sie sich überhaupt orientierte usw. ... Das alles ist dem Autoren nicht eine kurze Sekunde des Gedankens wert. Es wird alles einfach so als gegeben vorausgesetzt, als bräuchte es keine figureninterne Plausibilität usw.




      Das ist schade, denn was die Umsetzung selbst angeht, auch den schnellen Wechsel der Szenen, die Geballtheit an Aktion, ist diese Serie durchaus nicht uninteressant. Man spürt, dass da Potential in der ganzen Geschichte läge. Aber dieses Potential wird leider nicht mal ansatzweise ausgeschöpft, sondern, was Inhalt und Dramaturgie angeht, viel zu sehr auf bekannte Vorbilder aus dem Groschengrusel geschielt. Was das Ganze unterm Strich bei allem Kurzweil und aller Atmosphäre am Ende doch irgendwie saft- und kraftlos erscheinen lässt.

      Die Sprecher sind auch in dieser Folge gut ausgewählt. Dietmar Wunder, Sarah Alles, Udo Schenk und viele andere - ihnen allen ist kein Vorwurf zu machen. Sie nehmen es, wie man hört, professionell und überspielen gekonnt die vielen seichten Passagen des Skriptes. Auch an der Musikauswahl, dem Sounddesign und der Inszenierung insgesamt gibt es nichts auszusetzen. Das alles ist handwerklich auf mal wieder recht solidem Niveau.

      Nun hängt die Frage, was man erwarten darf, in nicht unwesentlichem Maße auch von der Frage ab, was man als Hörspielserie sein will. Die Serie Frankenstein und der Zirkel der Sieben fing als spannende und atmosphärisch recht dichte Variation des Ursprungsstoffes an. Was Erwartungen schaffte. Doch im weiteren Fortgang verflachte das inhaltliche Niveau, und es blieben bloß Kurzweil und die überzeugende Inszenierung. Wer jedoch Wert auf ausgereifte Ideen und einen plausiblen Verlauf von Plots legt, wird hier wohl enttäuscht sein. Insofern liegt die Annahme nahe, dass man mit dieser Serie wohl eher in Konkurrenz zu Geisterjäger John Sinclair gehen möchte, was die inhaltliche Ausrichtung und das dramaturgische Niveau angeht. Und das ist ja durchaus legitim, denn diese Serien haben ja bekanntlich ihre Liebhaber. Mir persönlich ist das jedoch zu wenig. Konnte ich die Seichtheit der Story im ersten Teil noch halbwegs überhören und mich an der Atmosphäre erfeuen, begann mich die Schlichtheit in der zweiten Folge bereits zu nerven.
      Sicher werde ich auch in die dritte Folge reinhören, um zu schauen, ob sich dieser Eindruck bestätigt. Einstweilen bleibt mir jedoch nur der Eindruck, dass dies wohl eher keine Serie für mich ist, trotz der interessanten Ansätze und der durchaus gelungenen Inszenierung.

      Rasant, kurzweilig, atmosphärisch überzeugend - aber inhaltlich deutlich zu unterkomplex und stellenweise krude.


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