Gruselkabinett – 163 - Der letzte Wille der Stanislawa d‘Asp

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    • Gruselkabinett - 163 - Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp



      Gruselkabinett - 163 - Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp

      Zum Inhalt:
      Obwohl er sie mit Blumen und Schmuck überhäuft, schafft es Vincenz d'Ault-Onival nicht, das Herz der charakter- und ehrlosen Tingeltangel-Sängerin Stanislawa d'Asp zu erobern. Erst als sie von Tuberkolose gezeichnet ist, gibt sie, im Glauben an ihren bevorstehenden Tod, seinem Werben nach. Zu ihrer eigenen Überraschung und der ihrer Ärzte, gelingt es ihr jedoch, die schwere Krankheit zu überwinden. Das Glück von d'Ault-Onival scheint damit perfekt, doch als ihn sein alter Freund Jan Olieslagers besucht, hat das fatale Folgen, und sein Paradies beginnt sich aufzulösen. Doch dies ist nur der Auftakt zu einer Reihe von Ereignissen, an deren Ende der Tod und entsetzliches Grauen warten...

      Zur Produktion:
      Bei der bereits vorhandenen hohen Folgenzahl, ist es nicht verwunderlich, wenn man innerhalb der Reihe auf bereits bekannte Autoren trifft. Die hier zugrundeliegende Geschichte stammt, wie schon die Gruselkabinettfolgen "38 - Die Spinne", "87 - Alraune" und "151 - Die Topharbraut", von dem außergewöhnlichen deutschen Schriftsteller Hanns Heinz Ewers (03.11.1871 - 12.06.1943). Ewers wird, nicht zuletzt wegen der von Titania vertonten Werke, meist mit phantastischen Geschichten assoziiert, doch diese Einordnung würde viel zu kurz greifen. So schrieb er erfolgreich für das Kabarett, verfasste satirische Texte und Reiseberichte sowie "Kunstmärchen" und sogar Kinderbücher. Bereits 1905 erschien die Novelle "Die Tomatensauce", welche, auf Grund ihrer extrem anschaulichen Gewaltdarstellungen, bei offiziellen Vorträgen dafür sorgte, daß das diesbezüglich noch eher zartbesaitete Publikum reihenweise in Ohnmacht fiel. Die Geschichte gilt heutzutage als Vorläufer von sogenannten "Splatter- und Gorefilmen".
      Ab ca. 1912 begann er mit diversen Drogen, von Alkohol über Haschisch, bis hin zu Mescalin, zu experimentieren, was ihn zu der These brachte, daß Rausch und Kunst zusammengehören. Die 29-seitige Kurzgeschichte, "Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp", erschien bereits im Jahre 1908 und wurde dann in Deutschland erst wieder 1972 in Form des Sammelbandes "Geschichten des Grauens" (in der gebundenen Ausgabe bei der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung) und erneut 12 Jahre später, unter gleichem Titel, im Juni 1984, als Taschenbuch des Moewig-Verlags neu aufgelegt. Da ich nur Letzteres besitze, kann ich natürlich nicht beurteilen, inwieweit es dem Vorgänger von 1972 entspricht. Aber der Vergleich zwischen dem Hörspielskript von Marc Gruppe und der Moewig-Ausgabe ergab eine oftmals wörtliche Übereinstimmung, was die Vermutung zulässt, daß beide Ausgaben inhaltlich identisch sind.
      Ich muss zugeben, daß es mich ein wenig überrascht hat, daß Titania sich ausgerechnet diese Geschichte ausgesucht hat. Selbstverständlich handelt es sich um eine Schauergeschichte, aber von dem reißerischen Ende, also dem perversen Testament und seinen Folgen abgesehen, geht es ansonsten eher um eine Verarbeitung der klassischen Themen Liebe, Religion und Tod, wobei der religiöse Aspekt im Hörspiel in den Hintergrund tritt bzw. nur noch rudimentär vorhanden ist.
      Daß hier, trotz des relativ geringen Gruselanteils, ein lohnenswertes Hörspiel entstanden ist, liegt zum einen an dem überragenden Skript von Marc Gruppe und zum anderen an der treffenden Besetzung der Rollen, allen voran Daniela Hoffmann als die titelgebende Stanislawa, auf die ich später noch einmal zurückkommen werde.
      Doch zunächst zum Hörspielskript. Als ich die Geschichte zum ersten Mal gelesen habe, empfand ich den Ablauf als etwas dröge und langgezogen, doch das von Marc Gruppe verfasste Skript fällt erfreulicherweise gegenteilig aus. So kommt der Erzähler nur zum Einsatz, wenn es unbedingt nötig ist, beispielsweise um Ereignisse bzw. sich aufbauende Empfindungen zu schildern, welche sich innerhalb längerer Zeiträume abspielen. Exemplarisch sei hier Jan Olieslagers Weltenbummlerei oder Stanislawas Gefühle nach ihrer Genesung genannt. Ansonsten werden sämtliche Einzelheiten der Geschichte in Form von Spielszenen präsentiert, wobei Gruppe die literarische Vorlage größtenteils wörtlich zitiert. Lediglich einige veraltete Ausdrücke hat er in unsere Zeit übertragen.
      So wurde aus: "trug durch Europa" "reiste durch Europa" und aus der "Aschenschale" der heutzutage eher geläufige Begriff "Aschenbecher".
      Auch was die Erweiterungen angeht, hat er sich extrem zurückgehalten, und so finden sich in dem Hörspiel nur ganz wenige Sätze, wie etwa die Reminiszenz an den Kastellan der alten "Hui Buh"- Hörspiele von Europa: "...wenn ich gestatten darf...", die nicht von Ewers stammen.
      Neu hinzugekommen ist allerdings eine sehr geschmackvoll präsentierte Liebesszene, bei der es den Protagonisten gelingt, allein mit Hilfe von Keuchen und Stöhnen den leidenschaftlichen Akt zu vermitteln. Ebenfalls neu sind einige kleine Füllwörter wie "behände", die aber nur dazu dienen, den gesprochenen Text natürlicher klingen zu lassen.
      Gekürzt wurden dagegen vor allem die religiösen Bezüge, wie der "christliche Krankenwärter" oder die Geschichte der Familienkapelle der d'Ault-Onivals, und im Gegensatz zu Ewers, der von:"ruhte da die weiße, kleine Kinderbrust", spricht, ist bei Gruppe verständlicherweise nur noch von der "kleinen, weißen Brust" die Rede, da es bei einer erwachsenen Frau keinerlei Grund gibt, sich auf ein Kind zu beziehen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch kurz eine andere geringfügige und der heutigen Zeit angemessenere Änderung erwähnen: Die ursprünglich vorhandene männliche Überheblichkeit, die in dem Satz:"...war es ebenso natürlich, daß sich die Frau ihm gab..." zum Ausdruck kommt, hat der Skriptautor passenderweise ersatzlos gestrichen.
      Im Prinzip gibt es nur eine wirklich wesentliche Veränderung gegenüber der Novelle, die aber allein dem Medium Hörspiel geschuldet ist. Im ursprünglichen Text heißt es von Stanislawa öfters, vor allem gegen Ende der Geschichte, daß sie lächele. Da man dies ohne Verwendung von Text akustisch nicht darstellen kann, lässt Gruppe sie lieber gehässig und/oder spöttisch lachen, was ungleich eindringlicher und damit auch effektiver ist.
      Erstaunlicherweise befinden sich die Geschichten von Ewers nicht im Public Domain, und so kann ich dieses Mal auch keinen Link zur Verfügung stellen, damit der Leser meine Behauptungen überprüfen kann. Mich jedenfalls hat die ca. 76 minütige Hörspielfassung weitaus mehr gefesselt als Ewers Werk selbst.
      Das vorliegende Hörspiel beweist einmal wieder, welche Künstler Stephan Bosneius und Marc Gruppe in den Bereichen Produktion und Regie sind. Jede einzelne Szene ist mit einer eigenen, zu den Geschehnissen passenden Melodie unterlegt. Zur Eröffnung erklingt eine neutrale, lockere Weise, die man akustisch in die 1910er Jahre verorten kann, und sobald die Handlung im Varieté einsetzt, bekommt man eine französisch anmutende Melodie zu hören, die von einem Walzer abgelöst wird. Genauso vielfältig wie die Musikstücke, ist auch der Einsatz unterschiedlichster Instrumente, von Oboe, Gitarre, Zieharmonika, Harfe, Klavier, Geige, bis hin zum Synthesizer für die finsteren, unheimlichen Töne. Daß die Musik hier aber nicht allein der Verdichtung des Klangteppiches, sondern darüber hinaus auch der Schaffung von Atmosphäre dient, wird gleich an mehreren Stellen besonders deutlich. Da wäre die Graböffnung zu nennen, bei der sich Tempo und Lautstärke der Melodie stetig steigern, was die ohnehin bereits vorhandene Anspannung beim Hörer noch erhöht, oder die Szene, als Stanislawa den Wunsch äussert, sich taufen zu lassen. Hier wird ein christlicher Choral eingespielt, was man in diesem Fall in zweierlei Richtungen auslegen kann. Entweder, man nimmt es im Sinne der Kirche, sprich, eine Seele wird gerettet, oder man interpretiert es als Hinterlist, also im Sinne von Stanislawa, welche überhaupt nicht geläutert ist und das alles nur tun möchte, weil sie damit ihren Verehrer Vincenz bindend verpflichten kann.
      Ebenso erwähnenswert ist die kurze Sequenz, in der es heißt: "Jan Olieslagers hörte nichts.", denn in diesem Augenblick herrscht wirklich absolute Stille, ohne jegliche Musik, Geräusche oder Texte. Es sind solche kleinen, aber feinen Finessen, welche die Sorgfalt widerspiegeln, mit der jeder Handlungsabschnitt in Szene gesetzt wird. Apropos Sorgfalt. Selbige kommt natürlich auch beim Einsatz der vielen verschiedenen, stets natürlich klingenden Geräusche zum Ausdruck. Im Varieté knallt der Sektkorken, und im Hintergrund ist das Gemurmel des Publikums zu hören, die Meeresküste wird mit kreischenden Möwen und sich an Felsen brechenden Wellen in Szene gesetzt, und die Pferderennbahn erwacht mit Hilfe der keuchenden Tiere, des Hufgetrappels und der mitfiebernden Menschenmege zum Leben. Wie sehr eine adäquate Sounduntermalung dabei hilft, das Geschehen noch zu intensivieren, wird besonders gegen Ende des Hörspiels bei den Szenen am und um das Grab herum deutlich. Schon die Schritte durch das raschelnde Laub und später der heulende Wind in der Gruft lassen einen frösteln, und die sich im Anschluß in die Erde grabenden Schaufeln erwecken beim Hörer den Eindruck, als ob nicht nur die Protagonisten, sondern auch er selbst am Grab stehen würde. Doch wie immer sind es die ganz kleinen Töne, mit denen die beiden Produzenten ihre unglaubliche Liebe zum Detail beweisen. Nur bei vollster Aufmerksamkeit, bzw. über Kopfhörer, ist der leise, aber für eine unwillkürliche Gänsehaut des Hörers sorgende Ton wahrnehmbar, der entsteht, wenn man mit den Fingern gegen Porzellan schnippt. Einmal mehr gilt: Nur wer sich ganz dem Hörspiel widmet, wird auch mit dem vollen Gruselerlebnis belohnt. Effektehascherei sucht man hier, wie üblich, vergebens. Bosenius und Gruppe beschränken sich hauptsächlich auf den dezent eingesetzten Halleffekt, beispielsweise wenn ein Brief vorgelesen wird, oder um darzustellen, daß der gerade zu hörende Text in der Vergangenheit gesprochen wurde. Am besten gefallen hat mir jedoch das zwar nur kurz eingespielte, aber umso beeindruckend wirkendere an- und abschwellende "Gerüchte"-Flüstern.

      Zu den Sprechern:
      Auch wenn er relativ wenig zum Einsatz kommt, ist die leicht angeraute Stimme von Peter Weis(Erzähler) eine perfekt Wahl für den Part des Erzählers. Seine Betonung ist punktgenau, und er schafft es, mit wenigen Nuancen in seinem Vortrag, eine ganze Palette an Emotionen, von getragen über nachdrücklich, bis hin zu erschüttert abzudecken. Sprecherisches Highlight ist aber auf jeden Fall Daniela Hoffmann(Stanislawa d'Asp), deren virtuose Darbietung das Hörspiel erst zu dem Erlebnis macht, das es ist. Schon mit den ersten Worten zeichent sie stimmlich ein deutliches Bild der total verkommenen, herablassenden, geradezu menschenverachtenden Figur, die sie spricht. Sie ist schon fast zu überzeugend, denn durch die Intensität, mit der sie ihren Text vorträgt, gelingt es, zumindest mir, selbst in den schlimmsten Situationen nicht, auch nur einen Hauch von Mitleid für Stanislawa zu empfinden. Das möchte ich aber ausdrücklich als Kompliment für Frau Hoffmanns großartige sprecherische Leistung verstanden wissen. Das Verhalten von Patrick Bach(Vincenz d'Ault-Onival) als verliebter Graf, der die starken charakterlichen Mängel seiner Angebeteten nicht sehen kann oder will, wird nicht wenigen Hörer unverständlich bzw. schwer nachvollziehbar bleiben. An dieser Stelle sollte man sich aber kurz daran erinnern, aus welcher Zeit die Novelle stammt und vor allem, welche Auffassung von Liebe man damals hatte. Heutzutage würde man dieses sture, sich selbst erniedrigende, realitätsfremde Gebaren wohl zumindest als "treudoof" bezeichnen.
      Dietmar Wunder(Jan Olieslagers), in seiner Rolle des "guten" Freundes, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Seine Wandlung vom Paulus zum Saulus und wieder zurück ist exzellent gespielt, und sein mit Inbrunst hervorgestoßenes: "Gott im Himmel, grauenhaft! Und das viele Blut" (das ihm von Marc Gruppe in den Mund gelegt wurde), gehört für mich zu den darstellerischen Höhepunkten des Hörspiels.
      Doch auch die Nebenrollen wissen zu begeistern. Allen voran die unvergleichliche Elga Schütz(Garderobiere), welche die Varieté-Angestellte Hilde mit der für ihren Beruf gebotenen Unterwürfigkeit intoniert und die das Verhalten Stanislawas mehr als einmal in Verlegenheit bringt. Der kurze Auftritt von Patrick Stanke(Journalist) als junger, vom Zustand der betrunkenen Sängerin erst leicht genervter und dann vollkommen empörter Reporter, fällt überaus amüsant aus, genauso wie Lutz Reicherts(Arzt) Einsatz als der ein wenig konsternierte Doktor, dem die Art seiner Patientin hörbar unangenehm ist. Marc Gruppe(Fritz Jakobskötter) kann in der Rolle des wütenden, peinlich berührten Schaustellers ebenso überzeugen, wie Bene Gutjan(Vetter) und Jürgen Thormann(Onkel) als entsetzte, empörte Verwandte des Grafen d'Ault-Onival. Obwohl sie nur kurz zu hören ist, gelingt es der Grande Dame Ingeborg Kallweit(Gräfinwitwe) als liebende Mutter von Vincenz, die Stanislawa zwar verachtet, aber denoch nur das Glück ihres Sohnes im Auge hat, mit ihrem intensiven Plädoyer für die Beziehung der beiden, einen bleibenden Eindruck beim Hörer zu hinterlassen. Bodo Primus(Kammerdiener) und David Nathan(Indischer Diener) beeindrucken mit ihrer zurückhaltenden Art als zuvorkommende Untergebene, und die heisere Stimme von Bert Stevens(Priester) passt ausgezeichent zu dem überraschten Geistlichen, der sich zwar ein wenig vor seinem neuen Gemeindemitglied zu fürchten scheint, aber andererseits wenig Skrupel hat und sogar leicht gierig klingt, als er dessen gespendeten Schmuck entgegennimmt. Das Spiel von Horst Naumann(Alter Gärtner), dessen unterwürfige Loyalität schließlich an ihre Grenzen stößt, ist ebenso perfekt wie die Darbietung von Dirk Petrick(Gärtnergehilfe) und Tom Raczko(Gärtnergehilfe) als seine entsetzten, vom Anliegen ihres Herrn abgestoßenen Mitarbeiter.

      Fazit:
      Tragische Liebesgeschichte mit verstörendem Ausgang.

      Das Hörspiel Gruselkabinett - 163 - Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp
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      OTR-Fan
    • Gruselkabinett – 163. Der letzte Wille der Stanislawa d‘Asp



      Bereits seit zwei Jahren verehrt Graf Vincenz d’Ault-Onival die Sängerin und Dirne Stanislawa d’Asp, die in heruntergekommenen Etablissements ihren Lebensunterhalt verdient. Doch diese erfreut sich zwar an den zahlreichen und wertvollen Geschenken, hält den Grafen aber ansonsten auf Abstand und demütigt ihn immer wieder schamlos. Erst als sie an der Schwindsucht erkrankt und ihr nahender Tod droht, willigt sie einer Hochzeit mit dem Grafen ein…

      Hanns Heinz Ewers gehört mittlerweile fast schon zu den Stammautoren des „Gruselkabinetts“ von Titania Medien, mit Nummer 163 der Reihe ist bereits der vierte Titel des deutschen Autors umgesetzt worden – und weitere sollen regelmäßig folgen. „Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp“ benötigt dabei ein wenig Zeit, um wirklich unheimliche Momente zu entwickeln, das geschieht erst etwa ab der Hälfte der Handlung. Doch das macht gar nichts, da das gesellschaftliche Drama um die Titelfigur, ihren Verehrer und später ihren Besucher Jan Olieslagers atmosphärisch bereits sehr dicht umgesetzt ist. Wie sie den Grafen demütigt, hinterher aus finanziellen und gesellschaftlichen Gründen dennoch heiratet und ein dubioses Spiel mit ihm treibt, ist sehr gelungen umgesetzt und mit vielen hörenswerten Details ausgeschmückt. Die Bearbeitung des Textes ist dabei auch sehr gelungen, da aus verschiedenen Blickwinkeln berichtet wird, auch auf einen allwissenden Erzähler zurückgegriffen wird, die titelgebende Hauptfigur aber in vielen Aspekten mit ihren Vorhaben im Nebulösen bleibt. Als sich die Geschichte dann mehr und mehr ihrem letzten Willen zuwendet und beschrieben wird, wie dieser zustande gekommen ist, natürlich auch wie dieser lautet und umgesetzt wird, ist die gruselige Atmosphäre schließlich vollkommen greifbar und wird sehr intensiv umgesetzt. Die Ideen, die der Autor dabei vereint hat, können durchgehend faszinieren und schwingen sich am Ende noch einmal zu einem unglaublichen Akt auf, der den Hörer sprachlos zurücklässt. Eine weitere herausragende Episode, die erneut die Qualität von Serie und Autor unterstreicht.

      Die Rückkehr von Daniela Hoffmann ins Gruselkabinett nach ihrem fantastischen Auftritt als Carmilla in der ersten Episode erfolgt hier mit einem Knall und unterscheidet sich dank der deutlichen härteren und kühleren Figur deutlich davon. Die Leidenschaft der Hauptfigur wird in vielen verschiedenen Facetten durch sie heraufbeschworen – eine fantastische Leistung. Patrick Bach spricht ihren Verehrer Vincenz d’Ault-Onival auf die ihm eigene spontan wirkende Art, wobei er ihr an den richtigen Stellen den nötigen Tiefgang verleiht, aber auch am Rande der Handlung bestens besteht. Auch Dietmar Wunder hat mir als Flame Jan Olieslagers sehr gut gefallen, seine tragende Stimme und der markante Ausdruck sorgen für einen überzeugenden Auftritt mit vielen gelungenen Facetten. Weitere Sprecher sind Elga Schütz, Patrick Stanke und Erzähler Peter Weis.

      Auch diese Episode bedient eher die leisen Zwischentöne des Grusels, wobei der erste Teil mit dem gesellschaftlichen Drama mit viel klassischer Musik unterlegt ist. Diese schafft sowohl für die Dialoge als auch für die Erzähltexte einen dichten Mantel, was immer mehr von dräuenden oder unheilschwangeren Melodien abgelöst wird und den Spannungsbogen der Handlung so gekonnt unterstreicht. Die Geräusche sind dabei oft eher im Hintergrund, verfehlen ihre Wirkung aber nie und sind sehr realitätsnah eingebaut.

      Das Cover zu dieser Episode ist wieder äußerst faszinierend geraten und spielt hervorragend mit den intensiven Farben – dem dominierenden kühlen Blau werden die feuerroten Haare kontrastreich entgegengesetzt. Die Leiche der Stanislawa d’Asp, mit Blumen geschmückt und sorgsam hergerichtet, ist ebenso ungewöhnlich wie ansprechend für die Serie umgesetzt. Das Innere ist wieder übersichtlich und schlicht gestaltet, wobei natürlich wieder die komplette Folgenübersicht nicht fehlen darf.

      Fazit: Auch in dieser Episode garantiert Hanns Heinz Ewers für eine ebenso ungewöhnliche wie starke Episode der Serie, die zunächst als gesellschaftliches Drama beginnt und nur langsam, aber umso effektvoller übernatürliche Elemente einbindet. Der Verlauf ist sehr markant, sodass man trotz des eher langsamen Verlaufs durchgängig gefesselt ist – und das lohnt sich umso mehr, da das Finale so herausragend erzählt ist.

      VÖ: 30. September 2020
      Label: Titania Medien
      Bestellnummer: 9783785781906
      :besserwisser:
    • Danke für Eure Rezis!

      Ich habe die Folge bereits vorher gehört, aber gerade MoAs Rezi fand ich sehr spannend und interessant, da er sich viel Mühe mit dem Originalstoff gegeben hat, was mir meist auch Spaß macht. Vielen Dank für Eure Arbeit. Das möchte ich gerne mal gewürdigt wissen! Sowas schreibt man nicht in 20min runter. Toll!

      Ich habe die Folge beim Laufen gehört und war ebenfalls sehr von der Sprecherleistung von Daniela Hoffmann angetan. Die Folge selbst war mir etwas zu seicht - passt allerdings wieder auch gut in die eher romantischen, als "schwarzen" Folgen der Schwarzromantik. Die Geschichte ist aber toll erzählt, auch wenn sie durchaus ihre Längen und Wiederholungen hat. Definitiv aber eine spannende und sehr gut produzierte Folge des GK. Sehr positiv ist mir aufgefallen, dass wir keinen Haupterzähler haben und viele Personen die sprechen (keinen Dialog am Kamin über die Geschehnisse).
    • Hardenberg schrieb:

      Nanu, jetzt bin ich verwirrt. Hast Du Deine Rezi vordatiert, um sie vor Poldis platzieren zu können oder habe ich sie bisher übersehen? (Nur warum solltest Du?) ?(

      Das hat mich gestern auch gewundert. Du hast sie nicht übersehen sie war bis gestern nicht da und wurde nun es scheint tatsächlich so als wäre hier absichtlich etwas vordatiert worden.

      Gibt es sowas wie einen "Wer erstellt die erste Rezi" Wettkampf?
    • @Hardenberg & @3malschwarzerkater "Schön", daß eure Kommentare sich lediglich auf einen forumsbedingten Umstand beziehen. Ich bereite meine Rezis hier im Offbreich vor. Dadurch haben sie ein früheres Datum, weswegen meine Rezi dann an erster Stelle steht. :augenroll:

      @Ufoo Vielen Dank für Deine Würdigung, es freut mich, daß Dir meine Rezi Spaß gemacht hat.

      Ufoo schrieb:

      Sowas schreibt man nicht in 20min runter. Toll!
      In der Tat brauche zumindest ich 1 bis 2 Tage bevor mein Text fertig ist.


      OTR-Fan
    • @MonsterAsyl

      Ich hatte noch nichts zum Inhalt geschrieben, weil ich die Rezi zum Zeitpunkt meines Beitrags noch nicht gelesen hatte. Ich denke, über einen Mangel an Beachtung und Wertschätzung für Deine Arbeit von meiner Seite durftest Du Dich in den letzten Jahren nicht beschweren. Ich fand und finde Deine Mühen aller Ehren wert und habe das auch öfter als wohl jeder andere hier betont. :)

      Es hat mich halt nur verwundert, dass offensichtlich eine später veröffentlichte Rezi in einem Thread, der von jemand anderem eröffnet wurde, plötzlich an erster Stelle steht.

      Bei allen anderen Usern stehen die später veröffentlichten Rezis ja nun mal auch hinten. Ist völlig normal für alle. Da verwundern halt solche Sonderwege, zumal wenn sie ohne Begründung erfolgen.

      Kommt eben ein bisschen seltsam rüber. Und das würdest Du doch sicher auch so empfinden, wenn ich nun auch mit einer Rezi um die Ecke käme und sie kommentarlos in einem von Dir gestarteten Thread vor die Deine setzte.

      Da wird man doch wohl zumindest mal höflich nachfragen dürfen, warum das so ist. Und nichts anderes habe ich getan. ^^

      Da sehe ich jetzt eigentlich keinen Grund, "angefasst" darauf zu reagieren.

      Einen Kommentar zur Rezi hinterlasse ich, wenn ich sie in Ruhe gelesen habe. Aktuell höre ich das Hörspiel noch. Mit dem Lesen warte ich bis dahin, um näher am Objekt zu sein.

      Ich freue mich vor allem über die Hintergrundinfos, die es bei Dir immer gibt.
    • So, jetzt habe ich das Hörspiel endlich gehört und die Rezis von @Poldi und @MonsterAsyl in aller Ruhe durchgelesen. Respekt und Dank für Eure Mühen. :hutheb:

      Ich kann die positive Tendenz in Euren Rezis nur unterstreichen. Ja, bei diesem Hörspiel ist einiges sehr gut gelungen. Das Skript verzichtet auf übergroßen Erzähleranteil und zu viele beschreibende Dialoge, sondern reiht Spielszene an Spielszene, die dann von dem hervorragenden Sprecherensemble, allen voran Daniela Hoffmann, vortrefflich mit Leben erfüllt werden.

      Einen kleinen Wermutstropfen sehe ich aber dennoch - und der liegt bei der Geschichte selbst bzw. der Figurenzeichnung. Die ist mir einfach viel zu eindmensional und zu wenig differenziert. Die Figuren ziehen durch die Handlung, als wäre jedem nur ein Charaktermerkmal übergestülpt, an das er sich sklavisch halten muss. Stanislawa ist immer nur durchtrieben und gehässig, der Graf immer nur naiv und unterwürfig usw., aber das Skript macht sich keinerlei Mühe, mal anzudeuten, WARUM die Leute so sind, wie sie sind. Und das wäre nötig gewesen, um die Charaktere glaubwürdig und authentisch erscheinen zu lassen. Natürlich muss man nicht alles bis ins Detail psychologisch aufdröseln, aber ein wenig mehr Neigung, den Figuren auch einen Hintergrund jenseits des Plots zu geben, wäre schon wertvoll.

      So wirken die Figuren, wie nicht selten beim Gruselkbabinett, wie Gestalten aus Märchen, festgelegt auf ihre Position im Gut/Böse-Schema und allen echten menschlichen Regungen abhold. Das finde ich schade, denn wenn die Charaktere noch ein bisschen weiter ausdifferenziert worden wären, hätte dies ein echtes Highlight wie zuletzt "Ewige Jugend" werden können.

      So ist es immerhin ein sehr unterhaltsames Hörspiel mit einer sehr gut aufgelegten Daniela Hoffmann geworden und für mich mit Abstand das beste Hörspiel aus dieser Reihe seit LANGEM.
      Was ja auch nicht nichts ist. :zwinker:
    • MonsterAsyl schrieb:

      @Hardenberg & @3malschwarzerkater "Schön", daß eure Kommentare sich lediglich auf einen forumsbedingten Umstand beziehen. Ich bereite meine Rezis hier im Offbreich vor. Dadurch haben sie ein früheres Datum, weswegen meine Rezi dann an erster Stelle steht. :augenroll:

      Du wirst wohl kaum Abstreiten könne das so ein vorgehen komisch wirkt. Zumal man den Text letztlich auch anders Einfügen könnte anstatt ihn einfach voranzustellen.
    • Vielen Dank für eure Rezis, insbesondere die vertiefenden Infos, @MoAs! :)

      Was die Sprecher angeht, kann ich nur zustimmen - top! Davon ab hat mich das Hörspiel Nerven gekostet...puh, es war mir nicht möglich, mich an einer schaurigen und/oder romantischen Stimmung zu erfreuen, da mich die Charaktere so genervt haben. Eine unsympathische
      Spoiler anzeigen
      Dirne und ein verblendeter Trottel Galan :hirni:
      da war mir der Casanova ja noch am liebsten (ich mag D. Wunder aber auch gern ;) ). Die Geschichte zog sich für mich daher sehr und wurde eigentlich erst am Grab interessant. Schon ein aufwühlendes Ende, sehr plastisch beschrieben, und endlich zeigt der Graf mal "Format" :arg1: , einen zweiten Durchgang wird diese Folge bei mir aber nicht bekommen.
    • Sylphida schrieb:

      Was die Sprecher angeht, kann ich nur zustimmen - top! Davon ab hat mich das Hörspiel Nerven gekostet...puh, es war mir nicht möglich, mich an einer schaurigen und/oder romantischen Stimmung zu erfreuen, da mich die Charaktere so genervt haben.
      Oh, da sagst Du was!
      Mich hat eigentlich die Hörprobe diesbezüglich schon mehr als "bedient", ich werde mir zwar den Rest auch noch anhören, das ist klar.
      Aber irgendwie habe ich es damit gar nicht eilig, und ich gehe derzeit davon aus, dass ich hinterher eher nicht in Begeisterungsstürme ausbreche.
      Frage mich, ob vielleicht Frauen von dem unflätigen, total übertriebenen Gezicke und Geprolle dieser Tante stärker abgestoßen sind als Männer?
      Derzeit haben wir hier ja diesbezüglich ein leichtes "Gefälle". ;)
      Aber ist wahrscheinlich nur Zufall. :)
    • Agatha schrieb:

      Frage mich, ob vielleicht Frauen von dem unflätigen, total übertriebenen Gezicke und Geprolle dieser Tante stärker abgestoßen sind als Männer?
      Derzeit haben wir hier ja diesbezüglich ein leichtes "Gefälle". ;)
      Aber ist wahrscheinlich nur Zufall. :)
      Und es ist ja nicht nur die Madame, mir sind beide auf den Senkel gegangen. Im Grunde haben die sich alle verdient und keiner ist benachteiligt, nur ist diese Art der Geschichte überhaupt nicht nach meinem Gusto. :rolleyes:
    • Agatha schrieb:

      Oh, da sagst Du was!Mich hat eigentlich die Hörprobe diesbezüglich schon mehr als "bedient", ich werde mir zwar den Rest auch noch anhören, das ist klar.
      Aber irgendwie habe ich es damit gar nicht eilig, und ich gehe derzeit davon aus, dass ich hinterher eher nicht in Begeisterungsstürme ausbreche.
      Frage mich, ob vielleicht Frauen von dem unflätigen, total übertriebenen Gezicke und Geprolle dieser Tante stärker abgestoßen sind als Männer?
      Derzeit haben wir hier ja diesbezüglich ein leichtes "Gefälle". ;)
      Aber ist wahrscheinlich nur Zufall. :)

      Naja, was mich angeht, so bin ich nicht in Begeisterungsstürme ausgebrochen, falls es fälschlicherweise so rüberkam, sondern ich habe mich lediglich darüber gefreut, dass die Geschichte mal nicht so trantütig erzählt worden ist. Das ist recht gut hörbar umgesetzt. Die Protagonisten sind aber sehr flach und eindimensional; das habe ich ja auch kritisiert. Das ist aber beim Gruselkabinett eigentlich nichts Neues; da gibt es ja oft Charakterisierungen auf Märchen-Niveau mit klarem Schwarzweiß-Schema und eher geringer Ausdifferenzierung. Ich fühle mich da oft intellektuell unterfordert, was das angeht. :zwinker:

      Ich fand aber ihn noch schlimmer als sie, weil überhaupt nicht klar wird, nicht mal in Andeutungen, was er an ihr eigentlich so toll findet. Das ging mir schon sehr auf die Nerven.

      Und die Motivationen der handelnden Figuren wurden ja nicht mal im Ansatz beleuchtet. Wobei es aber auch nicht so wirkte, sls gäbe es da etwas. Dazu wirkten die Charaktere auch viel zu flach.

      Aber immerhin: szenischer und damit flotter erzählt, immerhin, somit durchaus unterhaltsam, und gute Sprecherleistungen. Damit besser als das meiste aus dieser Reihe, was ich zuletzt gehört habe. Da hat mich aber auch vieles gar nicht überzeugt.

      Ist halt immer auch eine Frage der Relation und der eigenen Erwartungshaltung. =)