Phantastische Geschichten - 7 - Berge des Wahnsinns (2 von 2)

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    • Phantastische Geschichten - 7 - Berge des Wahnsinns (2 von 2)

      Phantastische Geschichten - 7. Berge des Wahnsinns 2/2



      Mitten in den Weiten der Arktis haben William Dyer und Charlie Denforth die Überreste einer hochentwickelten Zivilisation entdeckt, halten ihr Wissen aber von den übrigen Mitgliedern der Forschungseinrichtung geheim - aus gutem Grund. Den der Schrecken, der innerhalb der hohen Türme lauert, kostet die beiden beinahe den Verstand...

      Nachdem die Grundlagen der Geschichten im ersten Teil gelegt wurden und dieser mit einem Knall endete, geht es in der Fortsetzung von "Berge des Wahnsinns" aus "Oliver Dörings Phantastische Geschichten" zunächst etwas beschaulicher weiter - allerdings kaum weniger intensiv. Denn die Entdeckungen, die Dyer und Denforth gemacht haben, werden sehr eindringlich geschildert. Dabei geht es erst einmal gar nicht um den Fortlauf der Handlung, sondern eben um die Entdeckungen der beiden und den Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden. Und dabei zeigt sich einmal mehr, dass der Transport in die heutige Zeit ein cleverer Schachzug bei der Bearbeitung der Vorlage von H.P. Lovecraft war: Viele Vergleiche und Erkenntnisse zu unserer modernen Technologie steigen den Reiz dieser Ideen deutlich. Durch die Zweiteilung der Handlung - einerseits William Dyers Verhör, andererseits seine Erlebnisse im ewigen Eis - kommt nicht nur mehr Dynamik auf, sondern erlaubt es auch, notwendige Erklärungen lebendig und in Dialogform zu präsentieren. Später kommt dann auch dir Handlung weiter in Schwung, die Erkenntisse neben dabei immer mehr an Schrecken zu und lassen die gelungene Grundidee mit vielen Details lebendig werden. Einige Szenen sind dabei sehr prägsam, aber durch die Konzentration auf die Grundlagen der Handlung werden auch in unscheinbareren Momenten Elemente präsentiert, die zu dem markanten Gesamteindruck beitragen. Sehr hörenswert!

      Hans-Georg Panczak ist als Dyer wieder hervorragend, indem er der Handlung mit seiner Stimme viel zusätzliche Atmosphäre verleiht und ehrfurchtsvolle Ankündigungen ebenso gekonnt vertont wie actionreiche oder unheimliche Momente. Eine sehr überzeugende Leistung! Als Denforth ist Rene Dawn-Claude zu hören, der ebenfalls eine überzeugende Sprechweise anbietet und den Spannungsbogen seiner Szenen nachzeichnet. Als Mondi verleiht auch Bernd Vollbrecht der Geschichte durch seine ganz eigene, ausdrucksstarke Art eine markante Stimmung, wobei er viel Energie einbringt. Weitere Sprecher sind Hans Bayer, Antje von der Ahe und Joachim Kerzel.

      Oliver Döring hat für die Geschichte mal wieder eine hervorragende Kulisse für seine Handlung erschaffen, die sehr dicht um die Dialoge gelegt wurde. Die dräuende Musik im Hintergrund ist oft präsent und sorgt für viel Atmosphäre, sie wird nur ab und an für eine passende Geräuschkulisse abgelöst. Beides ist gelungen aufeinander abgestimmt und sorgt für das typische düstere Flair einer Döring-Produktion.

      Zwei Menschen vor einer riesigen Wand voller seltsamer Linien, getaucht in dunkles, violettes Licht - das Covermotiv zu dieser Folge gefällt mir gut, wobei auch der Rahmen mit dem großen, aber schlichten Schriftzug und dem futuristischen blauen Wirbel gut dazu passt. Wie immer ist das Innere eher schlicht gestaltet und enthält keine weiteren Informationen.

      Fazit: Die im ersten Teil sorgsam aufgebaute Handlung wird hier gekonnt weitergeführt. Die Szenerie konzentriert sich dabei zunächst auf die Entdeckungen der beiden Hauptfiguren, erst später kommen durch neue Erkenntisse auch spannende Szenen hinzu. Die Atmosphäre ist aber durchgehend sehr packend und intensiv geraten, sodass die Szenerie sehr markant wirkt und die Ideen von Lovecraft gekonnt aufbereiten.

      VÖ: 10. April 2020
      Label: Imaga
      Bestellnummer: 9783946207610
      :besserwisser:

    • Und weiter geht es mit dem zweiten Teil, auf den man nach dem Hören des ersten Teils - zumindest wenn man sich auf ihn wirklich auch eingelassen hat - natürlich ganz versessen ist. Und um das Fazit gewissermaßen vorweg zu nehmen: Oliver Döring beweist in diesem Abschluss, warum er an allen Punkten der Bearbeitung die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Und warum er noch immer und nach wie vor in Sachen Hörspiel zur absoluten Königsklasse der deutschen Hörspielmacher gehört!

      Auch im zweiten Teil bleibt Döring seinem Stil, den er für den Beginn gewählt hat, treu: Auch hier gibt es ein fein komponiertes Zusammenspiel der Zeitebenen. Eine rückblickende Besprechung unter Wissenschaftlern in der Gegenwart und davon flankiert die Rettungsmission von Dyer und Danforth in der Antarktis auf der Suche nach den verschollenen Expeditionsmitgliedern. Auch hier macht Döring sich und uns die Sache nicht leicht, wenn er die Hintergründe der fremden Zivilisation durch Dyer halbwegs wissenschaftlich erörtern lässt und dabei einen weiten Reigen in Bezug auf einen alternativen Weltenlauf auffährt. Die Entwicklungsgeschichte einer Hochkultur, die zunehmend degeneriert, lässt zudem unterschwellig das eine um andere Mal an eine andere, uns sehr vertraute Spezies denken, ob absichtlich oder nicht - und dies, verbunden mit dem Transport der Handlung in die Gegenwart und die Hinzufügung von tagesaktuellen Problemstellungen wie dem Klimawandel, die wie selbstverständlich (und vor allem harmonisch) in die Handlung eingefügt wurden, befreien die Vorlage gleichzeitig von Muff und Staub der unfassbar trockenen Vorlage und lassen sie dadurch lebendig und auch heute noch berührend erscheinen. Insofern erweist Döring seinem Lovecraft einen großen Dienst, indem er sich seines Werks jenseits des reinen Fanboy-Daseins annimmt, nämlich künstlerisch auf Augenhöhe, und es in gewissem Sinne neuinterpretiert, ohne den Kern der Geschichte zu verändern. Dadurch "rettet" er den Stoff in die Gegenwart. Das ist meines Erachtens sehr gut gelungen.

      Und Döring macht dies auf wieder einmal geschickte und meisterhafte Weise. Von der wohlüberlegten Komposition von Erzählebene und Rückschau-Szenen habe ich ja schon ausreichend geschrieben. Hinzu tritt vor allem im zweiten Teil eine unglaublich intensive Inszenierung, die einem, um eine beliebte Sinclair-Floskel zu bemühen, geradezu das Blut in den Adern gefrieren lässt. Für mich weist dieses Hörspiel eine unfassbar starke Highlight-Szene auf, mit der Döring ein weiteres Mal beweist, zu was er imstande ist - und mit der er die meisten anderen Hörspielmacher weit hinter sich zurücklässt: Die Szene, in der Dyer und Danforth durch die Finsternis der Höhlengänge tasten, nachdem sie den blinden Pinguinen begegnet sind, ist an Spannung kaum zu überbieten. Danforth greift nach seinem Nachtsichtgerät und schaltet es ein... Und was darauf folgt, ist ein derart intensiver Spannungsmoment, wie ich ihn schon sehr, sehr lange so nicht mehr erleben durfte. Es hat mir beweisen, dass es nicht an mir liegt, wenn mich heute die meisten Hörspiele kalt lassen oder höchstens müde schmunzeln. Es ist also doch noch möglich, zu verstören, zu schocken, zu gruseln. Hier ist es in Bezug auf mich wenigstens hervorragend gelungen.
      Und das ist natürlich nicht die einzige Szene dieser Art. Es gibt noch mehr davon, sowohl zu Beginn dieser Folge als auch am Ende.

      Selbst für Menschen, die das Original gelesen haben, bleibt diese Hörspielumsetzung stets überraschend und mitreißend. Besser geht es nicht.

      Die Sprecherinnen und Sprecher, die ich ja bereits in der Rezension zum ersten Teil gelobt habe, machen auch hier einen exzellenten Job, allen voran natürlich wieder einmal Hans-Georg Panczak, der beinahe über sich hinauswächst. Hinzu kommt hier René Dawn-Claude als Danforth, der es schafft - das allein eine enorme Leistung - neben dem grandiosen Panczak nicht unterzugehen, sondern allzeit sichtbar/hörbar und nahezu ebenbürtig zu erscheinen.

      Das Sounddesign bleibt auf höchstem Niveau. Wobei man hier ergänzen muss, dass es nicht so sehr um die Mittel selbst geht, die Döring nutzt, sondern um die Art und Weise, WIE er sie einsetzt. Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Und hier beweist Döring ein weiteres Mal seine Klasse. Auch hier sei noch einmal auf die oben erwähnte Szene mit Dyer und Danforth in der Höhle verwiesen, um dies zu illustrieren. Hier stimmt wirklich alles.

      Döring schafft es also mit diesem zweiten Teil, die Erwartungen aus dem ersten Teil noch einmal zu übertreffen. Und es gelingt ihm, ein paar derart intensive Szenen zu kreieren, dass diese nach dem Hören noch eine ganze Weile nachwirken. Er erreicht damit nicht bloß, einem klassischen Stoff neues Leben einzuhauchen - er verleiht Lovecrafts Originalgeschichte überhaupt erst den Grad an Intensität und Lebendigkeit, um darüber aufzuzeigen, welche Klasse in ihr verborgen lag. Eine erstaunliche Leistung.

      Für mich zeigt sich mit diesem Hörspiel-Zweiteiler ein weiteres Mal, warum Oliver Döring nach wie als der einzige echte und konstante Meisterregisseur im Bereich des kommerziellen Hörspiels gelten darf und warum er viel mehr ist als bloß ein Hörspieldienstleister wie so viele andere in der Branche, sondern ein veritabler und zu recht anerkannter Hörspiel-Künstler. Ich bin froh und glücklich, dass Oliver Döring den Groschengrusel nur noch als Liebhaberei betrachtet und mittlerweile immer wieder zeigt, zu wie viel mehr als das er eben auch noch imstande ist. Chapeau!

      Oliver Döring setzt nach wie vor Maßstäbe. Unbedingte Hör-Empfehlung!

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