Milch und Honig oder Wasser und Brot? - Wer verdient am Hörspiel?

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    • Hardenberg schrieb:

      Wer weiß, wie viele das Hörspiel damals illegal gehört haben? Sehe ich jetzt nicht als schlagenden Gegenbeweis. Vielleicht ist es ja auch an der mangelnden finanziellen Wertschätzung derer gescheitert, die es hören wollten, aber nichts bezahlen? Ebenso Gabriel Burns?
      Die Rechnung würde aber nur aufgehen, wenn gerade diese Hörspiele besonders viele Schwarzkopien zu verzeichnen gehabt hätten. Dafür sehe ich nicht wirklich Ansatzpunkte.

      Hardenberg schrieb:

      Und natürlich werden Rundfunkhörspiele gewertschätzt - vor allem auch finanziell: durch den GEZ-finanzierten ÖR-Rundfunk. Den Du natürlich auch mitfinanzieren würdest, lebtest Du in Deutschland - näch?
      Das ist aber was ganz was anderes. Im Prinzip muss ein Autor da nur die Wertschätzung eines einzelnen Hörers gewinnen, die des zuständigen Redakteurs. Ob dann drei Leute oder 300.000 vor Freude im Dreieck springen, ob des genialen Hörspiels, das ist in der Regel egal.

      Hardenberg schrieb:

      Aber ich glaube halt auf der anderen Seite auch nicht daran, dass sich die Dinge irgendwie von allein zum Besten entwickeln.
      Nicht von alleine, aber grundsätzlich sehe ich weit mehr Chancen.
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • GrimReaper schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Wer weiß, wie viele das Hörspiel damals illegal gehört haben? Sehe ich jetzt nicht als schlagenden Gegenbeweis. Vielleicht ist es ja auch an der mangelnden finanziellen Wertschätzung derer gescheitert, die es hören wollten, aber nichts bezahlen? Ebenso Gabriel Burns?
      Die Rechnung würde aber nur aufgehen, wenn gerade diese Hörspiele besonders viele Schwarzkopien zu verzeichnen gehabt hätten. Dafür sehe ich nicht wirklich Ansatzpunkte.

      Wie ich schon sagte: Wir wissen es nicht. Natürlich könnte es auch mit fehlender Bekanntheit zusammenhängen - ich selbst habe überhaupt erst hier im Hörgrusel von dieser Serie erfahren, das muss ca. 2017 gewesen sein -, aber der eigentliche Punkt ist ja ein anderer: Was ist Wertschätzung angesichts von Kunst und Künstler? Kann eine Werschätzung "echt" sein, die das Werk bejubelt, aber seinen Schöpfer vor die Hunde gehen lässt? Ich finde: nein. Das kann natürlich jeder anders sehen, aber mir ist unbegreiflich, wie man etwas bejubeln kann, ohne es auch finanziell zu wertschätzen, wenn man doch gleichzeitig weiß oder wissen müsste (und wir hier in den Foren müssten das wissen), dass es für den Hörspielmacher finanziell Spitz auf Knopf steht. @Carsten_HM und andere haben doch in der Vergangenheit deutliche Worte dafür gefunden. Für uns alle sichtbar.

      Diese einseitige Anspruchshaltung, die man oft wahrnehmen kann, entsetzt mich oft aufgrund der massiven Empathielosigkeit, die daraus spricht.

      Aber das muss natürlich nicht jeder so sehen. :)

      Und ich meine damit jetzt natürlich auch nicht Dich, denn ich kenne Dein Hörspielkonsumverhalten ja gar nicht.


      GrimReaper schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Und natürlich werden Rundfunkhörspiele gewertschätzt - vor allem auch finanziell: durch den GEZ-finanzierten ÖR-Rundfunk. Den Du natürlich auch mitfinanzieren würdest, lebtest Du in Deutschland - näch?
      Das ist aber was ganz was anderes. Im Prinzip muss ein Autor da nur die Wertschätzung eines einzelnen Hörers gewinnen, die des zuständigen Redakteurs. Ob dann drei Leute oder 300.000 vor Freude im Dreieck springen, ob des genialen Hörspiels, das ist in der Regel egal.

      Na, das glaube ich nun nicht. Natürlich gibt es da auch oft Produktionen, bei denen man sich nur an den Kopf greift und fragt, wer das genehmigt hat, aber der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat ja gerade den Vorteil, dass eben nicht ausschließlich nach irgendwelchen Quoten geschielt werden muss. Und das ist auch gut so. Er kann und darf auch anderen Interessen genügen. Und er bietet den Raum für Experimente. Und die gehen halt oft auch mal schief - aber am Ende entsteht dann doch auch mal ein kleines Meisterwerk, das alles Scheitern wert war.

      Natürlich kann man darüber streiten, ob von den Entscheidungsträgern immer die richtigen Kriterien angewendet werden, aber zu behaupten, dass da einer bloß nach persönlichem Gutdünken waltet und schaltet, halte ich für eine doch sehr verkürzende und auch unzulässige These. Dafür sind die Produktionen in der Breite doch auch zu unterschiedlich.

      Und wenn bestimmte Hörspiele gar nicht angeklickt und gehört werden, andere aber in hoher Zahl, dann wird das auch dort etwas bewirken. Man produziert die Hörspiele ja nicht bloß fürs Archiv (auch wenn manches so klingen mag), sondern weil man will, dass sie gehört werden. Davon würde ich nun doch grundsätzlich erst mal ausgehen. :zwinker:

      Aber vielleicht kann uns ja @Leonhard Koppelmann mal schreiben, wie er das sieht. Er ist ja ein Insider.

      Und das Bild, das er hier kürzlich vom kollegialen Umfeld beim Radio zeichnete, war ja durch und durch positiv.


      GrimReaper schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Aber ich glaube halt auf der anderen Seite auch nicht daran, dass sich die Dinge irgendwie von allein zum Besten entwickeln.
      Nicht von alleine, aber grundsätzlich sehe ich weit mehr Chancen.

      Ich denke, das ist der Punkt, bei dem wir grundsätzlich am weitesten auseinanderliegen. Das ist wohl einfach so. :)

      Wenn man den Menschen das Bewusstsein nimmt - oder besser: die Menschen nicht mehr das Bewusstsein dafür entwickeln -, dass das eigene Verhalten auch persönliche Verantwortung bedeutet, dann ist das der erste Schritt auf dem Weg zu Unmündigkeit und Fremdbestimmung. Nur merkt man das eben meist erst, wenn es zu spät ist. :zwinker:
    • Hardenberg schrieb:

      Kann eine Werschätzung "echt" sein, die das Werk bejubelt, aber seinen Schöpfer vor die Hunde gehen lässt? I
      Ich hab kein Problem, auch mal nen Hunderter aus der Brieftasche zu kramen, wenn ich das für richtig halte. Oder dieses Patreon mitzumachen. Problem, es gibt praktisch keine Produktionen, die mich mit Tränen in den Augen jubeln lassen und zugleich nicht ohnehin durch den ÖRR mehr als ausfinanziert sind. Kommerzielle Hörspiele sind nun mal in der ganz überwiegenden Zahl nicht gerade superoriginelle Krimiunterhaltung. Die mir aber oft gute Unterhaltung bereitet. Und "vor die Hunde" geht da sicherlich gar keiner, ganz im Gegenteil, die meiner Meinung nach gelungendsten Produktionen verdienen mit Sicherheit auch gutes Geld. Ich sehe da überhaupt keinen Grund, als Financier oder Mäzen aufzutreten.

      Auch den Begriff der Empathie finde ich hier unangebracht. Viele Kleinunternehmer treffen falsche Entscheidungen und erleiden Schiffbruch, wieso soll das in der Hörspielbranche anders sein als überall sonst? Klar, immer ein persönliches Schicksal, welches da dranhängt.

      Gejammert wird immer, viel spannender finde ich aber die positiven Geschichten. Wenn Du schon @Carsten_HM nennst, der hat - nachdem er viele Jahre vieles richtig gemacht hat - vermutlich in 2015 nicht die richtigen Entscheidungen getroffen und dann die Folgen aushalten müssen. Und legt jetzt so ein Comeback hin, damit haben wohl die wenigsten gerechnet. Das verdient großes Respekt, so wieder aufzustehen.

      Hardenberg schrieb:

      Natürlich kann man darüber streiten, ob von den Entscheidungsträgern immer die richtigen Kriterien angewendet werden, aber zu behaupten, dass da einer bloß nach persönlichem Gutdünken waltet und schaltet, halte ich für eine doch sehr verkürzende und auch unzulässige These. Dafür sind die Produktionen in der Breite doch auch zu unterschiedlich.
      Natürlich ist das verkürzt und etwas zu simpel. Aber wir haben doch in den letzten Jahrzehnten genug miterlebt in dieser Hinsicht. Was war denn los als Erwin Weigel nicht mehr Hörspielchef beim BR war? Der Nachfolger hat alles auf links gedreht, alles abgesetzt, was die Leute geliebt haben, die Autoren beleidigt und sein Ding gedreht und sicherlich auch "seine" Leute gefördert. Und der BR war hier keine Ausnahme, vermutlich können die Hörspielschaffenden von jedem Sender solche Geschichten erzählen. Heutzutage ist es dank der Messbarkeit der Downloadzahlen aber sicherlich ein wenig besser geworden. Bzw. hoffentlich ist es das.

      Hardenberg schrieb:

      Ich denke, das ist der Punkt, bei dem wir grundsätzlich am weitesten auseinanderliegen. Das ist wohl einfach so.
      Ja, wir würden defintiv nie bei einer politischen, wirtschaftlichen oder soziologischen Diskussion irgendwelche Gemeinsamkeiten finden. Das ist wohl nur bei der Bewertung von Hörspielen möglich.

      Hardenberg schrieb:

      Wenn man den Menschen das Bewusstsein nimmt - oder besser: die Menschen nicht mehr das Bewusstsein dafür entwickeln -, dass das eigene Verhalten auch persönliche Verantwortung bedeutet, dann ist das der erste Schritt auf dem Weg zu Unmündigkeit und Fremdbestimmung. Nur merkt man das eben meist erst, wenn es zu spät ist.
      Das ist für mich aber pure Hybris. Abgesehen von Banalitäten, wie dass man seinen Müll nicht in den Wald schmeißt.
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • GrimReaper schrieb:

      Ja, wir würden defintiv nie bei einer politischen, wirtschaftlichen oder soziologischen Diskussion irgendwelche Gemeinsamkeiten finden. Das ist wohl nur bei der Bewertung von Hörspielen möglich.

      Das liest sich so, als wär's was Schlechtes. Ich für meinen Teil finde konträre Positionen, so sie sachlich formuliert sind und darauf schließen lassen, dass das Gegenüber auch weiß, was es da schreibt, immer spannend zu lesen. Mich interessiert, wie man die Welt anders sehen kann - und warum.

      Nichts ist doch langweiliger, als sich bloß in seinem Standpunkt bestätigt zu sehen.

      Im Aushalten des Widerspruchs beweist sich doch erst die Festigkeit der eigenen Meinung. (Und damit meine ich, dass man die Gegenposition auch ernstnehmen sollte; ich rede nicht der Betonköpfigkeit das Wort. :zwinker: )

      Ich habe dieses Schwarzweiß- bzw. Freund-Feind-Denken in Foren noch nie verstanden. :schulter:

      Niemand darf mir widersprechen, sonst fühle ich mich toootal abgewertet!

      Aber das führt jetzt zu weit ins Offtopic.


      GrimReaper schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Wenn man den Menschen das Bewusstsein nimmt - oder besser: die Menschen nicht mehr das Bewusstsein dafür entwickeln -, dass das eigene Verhalten auch persönliche Verantwortung bedeutet, dann ist das der erste Schritt auf dem Weg zu Unmündigkeit und Fremdbestimmung. Nur merkt man das eben meist erst, wenn es zu spät ist.
      Das ist für mich aber pure Hybris. Abgesehen von Banalitäten, wie dass man seinen Müll nicht in den Wald schmeißt.

      Was soll daran Hybris sein, wenn man sich wünscht, dass die Menschen nicht ins Phlegma wegdämmern, sondern sich ihrer selbst und Welt um sie herum bewusst bleiben? :zwinker:
    • Hardenberg schrieb:

      Das liest sich so, als wär's was Schlechtes. Ich für meinen Teil finde konträre Positionen, so sie sachlich formuliert sind und darauf schließen lassen, dass das Gegenüber auch weiß, was es da schreibt, immer spannend zu lesen. Mich interessiert, wie man die Welt anders sehen kann - und warum.

      Nichts ist doch langweiliger, als sich bloß in seinem Standpunkt bestätigt zu sehen.

      Im Aushalten des Widerspruchs beweist sich doch erst die Festigkeit der eigenen Meinung. (Und damit meine ich, dass man die Gegenposition auch ernstnehmen sollte; ich rede nicht der Betonköpfigkeit das Wort. )
      Ja, das seh ich genauso und das las sich dann falsch. Dass ich dennoch gerne dies und jenes diskutiere, unabhängig von der Grundeinstellung des Gegenübers, unterstreicht das ja auch.


      Hardenberg schrieb:

      Was soll daran Hybris sein, wenn man sich wünscht, dass die Menschen nicht ins Phlegma wegdämmern, sondern sich ihrer selbst und Welt um sie herum bewusst bleiben?
      Daran natürlich nicht. Aber es ist nun mal der Zeitgeist, dass jeder glaubt, alles zu wissen, überall mitreden zu können, weiß, was Gut und Böse ist. Und dank Social Media ja auch verbreiten kann. Verbrenner böse, Elektro gut ;) In den seltensten Fällen ist es aber so eindeutig. Das ist die Hybris und die Anmaßung, glauben zu wissen, was richtig und was falsch ist. Und vor allem zu wissen, was die Zukunft bringt. Ich wiederhole mich, aber 1971 hatte der klügste Mensch der Welt genauso viel Ahnung von der Welt in 2021 wie wir beide von der in 2071. Was nicht in Fatalismus enden soll, lediglich in weniger Anmaßung.

      Auch wenn wir ins OT abgeglitten sind, wobei die Frage "Wer verdient an ..." allerdings ohnehin nicht im Geringsten hörspielspezifisch ist, aber weil es gerade so gut passt, muss ich diese Wortmeldung empfehlen: focus.de/finanzen/wirtschaftsl…lechthin_id_13311170.html
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • GrimReaper schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Was soll daran Hybris sein, wenn man sich wünscht, dass die Menschen nicht ins Phlegma wegdämmern, sondern sich ihrer selbst und Welt um sie herum bewusst bleiben?
      Daran natürlich nicht. Aber es ist nun mal der Zeitgeist, dass jeder glaubt, alles zu wissen, überall mitreden zu können, weiß, was Gut und Böse ist. Und dank Social Media ja auch verbreiten kann. Verbrenner böse, Elektro gut ;) In den seltensten Fällen ist es aber so eindeutig. Das ist die Hybris und die Anmaßung, glauben zu wissen, was richtig und was falsch ist. Und vor allem zu wissen, was die Zukunft bringt. Ich wiederhole mich, aber 1971 hatte der klügste Mensch der Welt genauso viel Ahnung von der Welt in 2021 wie wir beide von der in 2071. Was nicht in Fatalismus enden soll, lediglich in weniger Anmaßung.
      Auch wenn wir ins OT abgeglitten sind, wobei die Frage "Wer verdient an ..." allerdings ohnehin nicht im Geringsten hörspielspezifisch ist, aber weil es gerade so gut passt, muss ich diese Wortmeldung empfehlen: focus.de/finanzen/wirtschaftsl…lechthin_id_13311170.html

      Wobei diese Überheblichkeit ja in allen Lagern des politischen Denkens zu finden ist, nur wird sie unterschiedlich gelebt. :zwinker:

      Aber natürlich hast Du recht, was das Unwissen über die Zukunft angeht. Ich finde es etwa eine schöne Vorstellung, dass es vielleicht eines Tages Erfindungen geben wird, von denen wir heute noch nichts ahnen, die zentrale Probleme der Menschheit eventuell im Handstreich auslöschen. Nur verlassen kann man sich darauf eben nicht. Die können kommen - oder auch nicht. Insofern ist es richtig, die Zukunft zunächst einmal aus der Perspektive von heute zu denken. Bleibt uns ja nichts anderes übrig, als zu sagen: Wenn alles so weitergeht, wie es jetzt läuft, dann wird voraussichtlich dies und das eintreten. Man sollte sich nur halt immer dessen bewusst sein, dass dies nur so etwas wie die Prämisse für derzeitige Forschung sein kann und eben nicht der Weisheit letzter Schluss, weil natürlich Faktoren eintreten können, die heute noch nicht ersichtlich sind, wie eben etwa bahnbrechende Erfindungen. Die aber ja meist auch nicht zufällig geschehen, sondern im Bewusstsein bestimmter Problemlagen. :)

      Und ausgerechnet jetzt da wir gerade tatsächlich annähernd so etwas wie einen Konsens hinbekommen haben, willst Du mich zu einem FOCUS-Artikel leiten. Puh, Du verlangst mir viel ab. :zwinker: =)
    • Hardenberg schrieb:

      Na, das glaube ich nun nicht. Natürlich gibt es da auch oft Produktionen, bei denen man sich nur an den Kopf greift und fragt, wer das genehmigt hat, aber der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat ja gerade den Vorteil, dass eben nicht ausschließlich nach irgendwelchen Quoten geschielt werden muss. Und das ist auch gut so. Er kann und darf auch anderen Interessen genügen. Und er bietet den Raum für Experimente. Und die gehen halt oft auch mal schief - aber am Ende entsteht dann doch auch mal ein kleines Meisterwerk, das alles Scheitern wert war.

      Natürlich kann man darüber streiten, ob von den Entscheidungsträgern immer die richtigen Kriterien angewendet werden, aber zu behaupten, dass da einer bloß nach persönlichem Gutdünken waltet und schaltet, halte ich für eine doch sehr verkürzende und auch unzulässige These. Dafür sind die Produktionen in der Breite doch auch zu unterschiedlich.

      Und wenn bestimmte Hörspiele gar nicht angeklickt und gehört werden, andere aber in hoher Zahl, dann wird das auch dort etwas bewirken. Man produziert die Hörspiele ja nicht bloß fürs Archiv (auch wenn manches so klingen mag), sondern weil man will, dass sie gehört werden. Davon würde ich nun doch grundsätzlich erst mal ausgehen.

      Leider befürchte ich, dass bei den Dramaturg_innen und Redakteur_innen doch viel nach Gutdünken entschieden wird und dabei die Fachkritik (Jochen Meissner und andere) und die ÖR-Konkurrenzen ("Hörspiel des Monats", "ARD-Hörspielpreis" und andere) einen erheblichen und nicht immer förderlichen Effekt haben. So sehe ich das "unterhaltende", "literarische" und auch nur einfach klassisch "illustrative" Hörspiel deutlich im Hintertreffen zu "gut gemeintem".

      Dazu kommen aber auch interne gewachsene Strukturen – Autor_innen, Regiseur_innen, mit denen man kontinuierlich zusammenarbeiten möchte, weshalb bei denen auch der ein oder andere Freischuss erlaubt ist.

      Ich genieße es allerdings als Regisseur und Autor auch sehr, dass icheigentlich nicht festgelegt bin und von Elfriede Jelinek bis zum hr3-Weihnachtshörspiel so ziemlich jedes Genre bedienen darf. Und ich darf für mich behaupten, dass ich jedes Stück mit dem gleichen Anspruch und der selben Energie mache. Mein Ziel ist immer ein möglichst großes Publikum für das zu begeistern, was mich in dem jeweiligen Stoff interessiert hat.

      ich denke, dass wir in der Zukunft eine noch stärkere Verschiebung der Produktionsgeichte sehen werden, dank der Online-Vermarktung erreichen Hörspiele eine immer größer werdende Hörergruppe und während der ÖR seine Angebote zurückfährt oder immer Spezialistischer wird, entstehen neue Lücken für die privaten Produzenten.
    • Danke für den Einblick. :) Ja, dass es gewisse Eigenheiten bei lang gewachsenen und letztlich nicht sehr stark einer Rechenschaftspflicht unterliegenden Strukturen gibt, war nicht anders zu erwarten.

      Dennoch agieren die Beteiligten wohl dennoch nicht völlig im luftleeren Raum, denke ich, vor allem in Zeiten, wo die Öffentlich-Rechtlichen unter starkem Druck stehen, ihr Budget zu verteidigen.

      Dauerhaft gegen die Interessen von Hörerinnen und Hörern wird man wohl nicht produzieren können, zumal wenn man nicht andere "gute" Gründe ins Feld führen kann. Und da gibt es ja Spielräume, da der ÖR ja eben nicht nur den Quoten verpflichtet ist. Aber genau das mag dann immer wieder auch Einfallstor für persönliche Profilierungen oder eigentümliche Entscheidungen sein. :zwinker:


      Leonhard Koppelmann schrieb:

      ich denke, dass wir in der Zukunft eine noch stärkere Verschiebung der Produktionsgeichte sehen werden, dank der Online-Vermarktung erreichen Hörspiele eine immer größer werdende Hörergruppe und während der ÖR seine Angebote zurückfährt oder immer Spezialistischer wird, entstehen neue Lücken für die privaten Produzenten.

      Hm, ich hätte jetzt eigentlich gedacht, dass die Öffentlich-Rechtlichen eher in der letzten Zeit mainstreamtauglicher geworden und aus ihrem Elfenbeinturm herausgekommen sind. Mit der Infektion oder The Cruise ist man ja bei Machart und Inhalt schon sehr ins Terrain der Kommerziellen vorgedrungen, finde ich, und so etwas wie Caiman Club oder Der nasse Fisch schielen ja auch eher auf das breitere Publikum und nicht so sehr auf eine erlesene Nische in der Nische.

      Aber die Grenzen scheinen zunehmend zu verschwimmen. Die Radiohörspiele werden in Teilen "poppiger", dafür haut Audible mit Hörspielen wie Macbeth und Die juten Sitten Produktionen heraus, die früher wohl klassische Radiohörspiel-Sujets waren, und ein Oliver Döring, der das kommerzielle Hörspiel mit Krachbumm-Ohrenkino um das Jahr 2000 erst wieder richtig zum Leben erweckt hat, versucht sich heute bei seinen Klassikervertonungen nach Wells und Lovecraft an einer Versöhnung von U und E (besonders gelungen bei der Zeitmaschine).

      Insofern sind es schon spannende Zeiten. :)
    • Hardenberg schrieb:

      Hm, ich hätte jetzt eigentlich gedacht, dass die Öffentlich-Rechtlichen eher in der letzten Zeit mainstreamtauglicher geworden und aus ihrem Elfenbeinturm herausgekommen sind. Mit der Infektion oder The Cruise ist man ja bei Machart und Inhalt schon sehr ins Terrain der Kommerziellen vorgedrungen, finde ich, und so etwas wie Caiman Club oder Der nasse Fisch schielen ja auch eher auf das breitere Publikum und nicht so sehr auf eine erlesene Nische in der Nische.

      Aber die Grenzen scheinen zunehmend zu verschwimmen. Die Radiohörspiele werden in Teilen "poppiger"
      Ich sehe da bei Dir jetzt einen Effekt, den ich oft sehe. Und da muss ich dann entgegnen, dass diese "modernen" Beispiele praktisch ausschließlich den WDR (mit und vor allem 1LIVE) und den SWR betreffen. Während das Gros der anderen Hörspielredaktionen meinem Empfinden nach den Weg in das 21. Jahrhundert auch nach 20 Jahren noch vergeblich suchen. Oder eben auch gar nicht suchen.
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • Ja, da mag allerdings etwas dran sein. Der WDR scheint ja sowieso eine ganz eigene Marke zu sein, selbst unter den Öffentlich-Rechtlichen.

      Woran das wohl liegt, dass dort das Thema Hörspiel noch irgendwie ganz anders gedacht wird?
      Gibt es dazu Thesen?
    • Hardenberg schrieb:

      Woran das wohl liegt, dass dort das Thema Hörspiel noch irgendwie ganz anders gedacht wird?
      Gibt es dazu Thesen?
      Da müssen wir jetzt wohl auf eine Wortspende von @Leonhard Koppelmann hoffen, das weiß wohl keiner besser als er.

      Grundsätzlich liegt es sicherlich an den Menschen.

      Frau Natalie Szallies muss man zumindest in meiner Ferndiagnose fast schon eine revolutionäre Schaffenskraft in dieser Hinsicht unterstellen. Wobei es da sicherlich auch andere Wegbereiter im WDR und SWR gibt, aber da bin ich nicht nahe genug dran, um diese alle zu lobpreisen zu können.

      Wie auch ein Erwin Weigel vom BR das Hörspiel der 1980er Jahre sicherlich unglaublich geprägt hat. Das ist halt der Punkt, den ich meinte, wir als Hörer sind gänzlich darauf angewiesen, dass die richtigen Leute auf die richtigen Positionen kommen, haben dabei aber eigentlich keinen Funken Einfluss. Anders als beim kommerziellen Hörspiel, bei dem (nahezu) einzig der Markt entscheidet, was läuft, also wir.
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • GrimReaper schrieb:

      Das ist halt der Punkt, den ich meinte, wir als Hörer sind gänzlich darauf angewiesen, dass die richtigen Leute auf die richtigen Positionen kommen, haben dabei aber eigentlich keinen Funken Einfluss. Anders als beim kommerziellen Hörspiel, bei dem (nahezu) einzig der Markt entscheidet, was läuft, also wir.
      Meinst Du, wer es bei den ÖR mal "aufs Stühlchen" geschafft hat, der bleibt dort automatisch sitzen, anders als auf dem kommerziellen Hörspielmarkt, wo sich die Produzenten immer wieder neu dem Hörer/ Käufer gegenüber beweisen müssen?
      Wäre das denn nicht im Fall der Hörspielmacher bei den Sendern - jetzt ganz egal, welche - auch früher oder später so, sollte die DL- oder Direkthör-Quote für deren neue Sachen unter eine bestimmte Marke sinken bzw. die Resonanz im Netz negativ aussehen?
      Die haben doch dann bestimmt nicht weiter für alles freie Hand?
      Obwohl länger eine gewisse Rückendeckung, auch klar. :)
    • Ich weiß auch nicht, ob ich diese Abgrenzung so gelten lassen würde, auch wenn ich natürlich weiß, was @GrimReaper meint. Natürlich entscheidet beim (rein) kommerziellen Hörspiel allein die Verkaufsquote, aber ist das so gut? Man sieht ja an maritim, dass das auch dazu führen kann, immer nur dem Massengeschmack ein wenig hinterherzuhechten. Wirkliche Innovation ist bei einem solchen Modell ja nicht zu erwarten, oder?

      Den Markt bereichern tun dagegen die "Mutigen", die entweder so verrückt sind, gegen den Massengeschmack zu produzieren (wie etwa Döring oder die Ohrenkneifer) oder einfach einen ganz anderen Kundenstamm vor Augen haben und zudem viel Geld im Rücken wie AUDIBLE.

      Andererseits glaube ich, dass gerade heute, unter dem Druck, den es gibt angesichts doch von vielen als sehr hoch empfundenen Gebühren, dass das öffentlich-rechtliche Hörspiel sich auch rechtfertigen lassen muss. Vielleicht nicht jedes einzelne, aber doch wohl in Produktionsgruppen. Da wird sicherlich auch mal die Frage gestellt, warum bestimmte Produktionen nicht gut nachgefragt wurden und ob sich das rechnet. Ich denke aber, dass die Aufgabenstellung beim ÖR eine andere ist und bestimmte, als hochwertig und relevant angesehene Produktionen gern und ohne Murren mal mitfinanziert werden, obwohl man weiß, dass es nicht massenkompatibel ist. Aber die einfachen Unterhaltungshörspiele, die es eben auch in großer Zahl gibt, die werden sich sicher auch nicht auf Dauer gegen das Interesse des Publikums produzieren lassen.

      Und im Grunde kann ich damit leben, solange die Experimentierfreudigkeit in großer Regelmäßigkeit dann doch wieder zu tollen Hörspielen wie Caiman Club etc. führt.
      Würde man da jetzt harten Quotendruck reinbringen, hätten wir über kurz oder lang nur noch Radio-Tatorte usw. Was ja durchaus seine Berechtigung in all der Vielfalt haben mag, aber als das Nonplusultra des ÖRR sehe ich die nun nicht.

      Und nicht umsonst sind ja auch viele der Hörspiele, die angeführt werden, wenn es um die ganz Großen geht, ambitionierte Projekte des ÖRR gewesen.
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