Hörspielmacher und ihre ganz persönliche Handschrift

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    • Hörspielmacher und ihre ganz persönliche Handschrift

      Als ich heute Oliver Dörings Der Unsichtbare hörte, fiel sie mir wieder auf, die ganz persönliche Handschrift, die bei seinen Hörspielen deutlich wird.

      Exemplarisch sei etwa die sehr filmische Umsetzung von Dialogen via Telefon genannt, bei der dann quasi ein (unsichtbarer) Schnitt erfolgt, und wir vom einen Gesprächsteilnehmer zu anderen switchen: erst sprach A im Vordergrund und B durchs Telefon und auf einmal ist es umgekehrt. Manchmal erfolgt so etwas mitten im Satz. Das finde ich typisch Döring. Und es gibt Szenen eine besondere Dynamik.

      Und da kam mir der Gedanke, dass es das gewiss bei vielen Hörspielmachern gibt, gerade bei denen, die hoch im Ruf stehen, denn die besonders erfolgreichen Künstler zeichnen sich ja sehr oft durch Unverwechselbarkeit aus.

      Wie seht Ihr das?

      Was zeichnet die Handschrift eines Döring, eines Sassenberg, eines Göllner aus? Oder eines Traber? Einer Körting? ...

      Und gibt es auch Macher OHNE eigene Handschrift?
      Und wenn ja, woran könnte das liegen?

      Und wie wichtig ist es Euch, dass ein Hörspielmacher eine ganz eigene Handschrift trägt? Steigert so etwas den Reiz? Oder ist Euch das völlig gleich?

      Ich bin gespannt auf Eure Antworten. :)
    • Ob das jetzt Handschrift ist, sei dahin gestellt. Ich nenne es mal Stilmittel aus dem Studio Körting:

      Wenn eine Dialogszene mit Musik endet, überblendet eine völlig andere Musik den Start der neuen Szene. Da dies schon seit Jahrzehnten so gemacht wird und ich sehr gut finde, ist es für mich ein typisches Merkmal des Studios.

      Meist ist es ja so, dass eine Dialogszene durch ein kurzes, musikalisches Zwischenspiel endet, dann eine Sekunde Stille folgt und dann der Dialog der neuen Szene einfach so startet.

      Hoerspielecho.de - Reden wir darüber.
    • Das scheint mit aber eine vergleichsweise neue Verfahrensweise zu sein, wenngleich sie bereits seit wohl knapp zwanzig Jahren zu beobachten ist, stimmt schon. @Audioromane

      Bei den Klassikern aus dem Hause Körting, DDF 1-40, Larry Brent, Neon-Grusel etc., gab's das doch noch nicht, oder?
    • Hardenberg schrieb:

      Das scheint mit aber eine vergleichsweise neue Verfahrensweise zu sein, wenngleich sie bereits seit wohl knapp zwanzig Jahren zu beobachten ist, stimmt schon. @Audioromane

      Bei den Klassikern aus dem Hause Körting, DDF 1-40, Larry Brent, Neon-Grusel etc., gab's das doch noch nicht, oder?
      Die Musiküberblendungen gibt es bereits seit den ersten TKKGs usw. Das ist nichts neues.

      Hoerspielecho.de - Reden wir darüber.
    • Ist das so? :gruebel: Habe ich gar nicht so in Erinnerung. Ich verbinde dieses Stilmittel immer mit der Minninger-Ära (also in verantwortlicher Position).

      Aber da kann ich mich natürlich irren. :)
    • Ich habe so meine Probleme damit, die "Handschriften" bestimmter Regisseure bzw. eine Wiederholung selbiger über (möglicherweise) verschiedene "Schaffensperioden" hinweg, auszumachen.
      Das muss ich ganz ehrlich sagen. :S
      Denn nur wenn ein Charakteristikum mehrfach bzw. länger auftritt, kann man, mMn., überhaupt von etwas wie einer eigenen "Handschrift" sprechen.

      Klar benutzt der eine oder andere besondere Stilmittel, so zeichneten sich z.B. die unter Göllner entstandenen "Dorian Hunter"-Folgen damals schon sehr durch innovative (Sound-)Effekte aus, die - zumindest ich - vorher so nicht kannte!
      Da gab es vermehrt Sprechpausen, in denen allein die Geräuschkulisse anzeigte, was gerade geschah, man eben "mitdenken" musste, kein Erzähler irgendwelche Erklärungen abgab. Gespräche, die hinter verschlossenen Türen geführt wurden, die man quasi "belauschte" und bei denen man z.T. regelrecht Mühe hatte, alles mitzubekommen etc.pp..
      Das war konzentriertes Hören "pur", kein Nebenher-Wegkonsumieren, wie bei so mancher anderen Serie. :zwinker:

      Studio Körting begann so etwa im letzten Produktions-Drittel der DDF-Hörspiele, die Charaktere tatsächlich miteinander telefonieren zu lassen, wenn ein solches Gespräch auch im Skript stand.
      Das merkte man in ein oder zwei Fällen sogar ziemlich deutlich, weil der Adressat am anderen Ende offenbar nicht richtig verstanden hatte, was die Fragezeichen sagten und sie das wiederholen mussten. :zwinker:
      Fand ich immer ganz originell, weil authentischer als vorher.

      Carsten Hermann nimmt für sein derzeitiges Label "Hermann Media Audiobooks" die Sprecher eines Hörspiels jeweils gemeinsam auf und lässt sie dabei auch interagieren, d.h., sich im Raum bewegen.
      Das ist ebenfalls eine heutzutage wieder neue und mittlerweile für ihn typische Technik.

      Manchmal sind auch einzelne Sounds schon ein kleines Erkennungszeichen :zwinker: für einen Hörspielmacher, ich sage jetzt mal nur das "Käuzchen" bei Titania. :zwinker:

      Einen dichten, sehr atmosphärischen Geräuscheteppich haben ja heute schon viele, den kann man nicht mehr wirklich als "typisch" für X oder Y ansehen, da er eigentlich vorausgesetzt wird, wenn man "ganz vorn" mit dabei sein möchte. :)

      Ist der Produzent gleichzeitg noch Autor des Skriptes, was ja längst nicht immer der Fall ist, kann man hin und wieder auch gewisse "Regelmäßigkeiten" feststellen.
      So war Konrad Halver jemand, der seine Charaktere immer gern reden, erklären, (über das Leben) philosophieren ließ, was schon mal zu einer gewissen Weitschweifigkeit führen konnte, die mich aber eigentlich nie groß gestört hat.
      Das war eben seine Art. Punkt. :)

      Ähnlich sieht es für mich auch bei den Jungs von Titania aus.
      Freundlicher "Plauderton" in Form vieler Dialoge und Erzählpassagen ist auch hier mittlerweile zu einem Merkmal der Geschichten geworden - naja zumindest bis zu dem Punkt, an dem es darin dann "zur Sache" geht. :zwinker:
      Ob einem das nun gefällt oder nicht, sei dahingestellt, darum geht es in diesem Thread ja nicht.

      Und wenn man ein bisschen weiter in die "Vergangenheit" schaut, dann waren für den guten Herrn Vethake damals in den 70ern und frühen 80ern markige Ohrwurm-Knittelvers-Titelsongs und ausschweifende Inhaltstexte auf der Rückseite der LPs absolut typisch für seine Kinderhörspiele! =)

      Für mich sind das aber alles mehr oder weniger "Streiflichter" der Thematik, eben das, was mir so dazu einfällt. :)

      Hardenberg schrieb:

      Und gibt es auch Macher OHNE eigene Handschrift?

      Hm, wie gesagt, ich tue mich eh schwer, da allzu oft eine zu erkennen. :schulter:
      Kommt ja auch immer darauf an, wie viel man von dem jeweiligen Label überhaupt gehört hat und wie inhaltlich verschieden die Produktionen möglicherweise ausfallen.
      Wie häufig unterschiedliche Autoren beschäftigt werden, mag auch eine Rolle spielen.
      Denn dann kann sich die eigene Handschrift ja in erster Linie "nur" über Musik, Sound, Effekte oder eine Vorliebe für bestimmte Stoffe ausbilden.
    • Also dafür dass Du mit dem Begriff fremdelst, hast Du aber eine ganz Reihe toller Beispiele genannt. @Agatha ^^

      Ich denke auch, Göllners Handschrift ist die Suche nach immer neuen Wegen, eine Geschichte ohne Zuhilfenahme von beschreibenden Dialogen und oft auch ohne Erzähler zu inszenieren. Man merkt ihm an, dass er die Herausforderung sucht, dass ihn das Immergleiche schnell langweilt. Jedes Hörspiel soll anders klingen als das zuvor, und alle eint diese Suche nach originellen Erzählmustern.

      Studio Körting oder Titania Medien verfahren im Vergleich dazu total gegensätzlich. Da scheint das Altbackene bei der Produktion ja geradezu raison d'etre zu sein. Wenn ich allein an das Gemeinsame Hören und Folge 6 der neuen Gruselserie denke, wo sinngemäß solche Dialoge zu bestaunen sind wie:

      - Hier, Dracula, nimm diese Eisenstange!

      - Wie, Du willst mich damit schlagen? Sieh, ich entwinde sie Deinen Händen.

      - Nein, Hilfe, er stößt sie mir in die Brust - urg!

      :augenroll:

      Ähnliches bzw. ein regelrechtes Überfrachten eigentlich spannend angelegter Szenen mit überflüssigen Dialogen praktiziert auch Titania seit sechzig, siebzig Folgen gewihnheitsmäßig, und im Grunde killt das, jedenfalls bei mir, jede Atmosphäre. Das ist leider nicht mehr als Schema F und dabei so unoriginell und altbacken. So etwas würde man bei einem Göllner nie finden. Und dennoch ist es eine Art Handschrift dieser beiden Labels geworden, die auch nichts zu tun hat mit den Glanzzeiten beider Hör-Schmieden. Da herrschte bei beiden durchaus mal ein anderes Niveau.

      Man würde so etwas auch nicht bei Döring finden.
      Dessen Handschrift ist klar der Synchro-Sound. Wenn etwa eine neue Szene am Flughafen spielt, wir das das oft eingeleitet mit dem Geräusch eines Flugzeugs, das sich in die Luft erhebt - als wäre das ein Film, wo ein kurzer Blick auf die abhebende Maschine die Szene einleitet. Oder der Perspektivwechsel bei Telefonaten, den ich oben ansprach und der ebenfalls eine aus dem Visuellen bekannte Herangehensweise ist. Ich mag solche Einfälle. Sie haben inhaltlich keinen Nutzen, aber gerade bei Szenen, die recht statisch sind, weil es einen (wichtigen) längeren Dialog ohne eigenen größeren Spannungsbogen gibt, sorgen solche Kniffe für eine gewisse Dynamik, die mir als Hörer dabei helfen, mental bei der Sache zu bleiben.

      Und auch Döring, wie Göllner, umgeht nach Möglichkeit einen Erzähler oder versagt sich zumindest beschreibende Dialoganteile. Das hat den Vorteil, dass ein Skriptschreiber herausgefordert ist und es sich nie zu leicht machen kann (wie eben oft bei Europa und Titania): Er muss stets schauen, wie er Storyelemente AKUSTISCH transportiert bekommt. Und das ist sicher nicht immer ganz leicht.

      Aber man hört es den Ergebnissen, wie ich finde, deutlich an. Ein neuer (echter) Göllner und ein neuer (echter) Döring sind auf die eine oder andere Weise eigentlich immer ein Highlight. So sehe ich es jedenfalls.

      Aber wie sieht es sonst aus?

      Gibt es eine bestimmte Ohrenkneifer-Handschrift?

      Oder eine von Interplanar? ( @Fader ?)

      Hagitte und Bertling?

      Hört man ihren Hörspielen an, dass sie von ihnen sind? (Denn das zeichnet ja die persönliche Handschrift aus.)
    • Hardenberg schrieb:

      Wenn ich allein an das Gemeinsame Hören und Folge 6 der neuen Gruselserie denke, wo sinngemäß solche Dialoge zu bestaunen sind wie:

      - Hier, Dracula, nimm diese Eisenstange!

      - Wie, Du willst mich damit schlagen? Sieh, ich entwinde sie Deinen Händen.

      - Nein, Hilfe, er stößt sie mir in die Brust - urg!
      Wobei ich mir nicht sicher bin, ob man hier nicht gerade "retro" oder sogar trashig klingen wollte.
      Denn ansonsten sind solche Dialoge auch für mich 2019 nicht mehr wirklich erklärbar.

      Hardenberg schrieb:

      Er muss stets schauen, wie er Storyelemente AKUSTISCH transportiert bekommt. Und das ist sicher nicht immer ganz leicht.
      Ich finde, das bekommen aber die Produzenten der "Weissen Lilie" ebenfalls schon seit Folge 1 erstaunlich gut hin, dafür dass es sich bei den Jungs von "Lily Sound" damals ja eigentlich um absolute Branchen-Neulinge handelte!
      Ich konnte darüber immer nur staunen.
      So einen Soundteppich muss man erst mal finden. :thumbup:
      Selbiges gilt für Interplanar.
      Wer es schafft, dass sich die Hörer tatsächlich an einer Kampffront, in einem exotischen Land oder in einem Raumschiff glauben, der hat schon extrem viel! richtig gemacht!


      Hardenberg schrieb:

      Hagitte und Bertling?
      Bei den beiden denke ich immer zuerst: besonders tolle, orchestrale Musikuntermalung und in der Hinsicht ein Fest für die Ohren! :hoer:
      Ansonsten wüsste ich bei den beiden keine eigene oder besondere Handschrift auszumachen.
      Aber vielleicht ja sonst wer. :)
    • Ich bin mir da bei Herrn Minninger nicht so sicher, ob das tatsächlich als Retro-Stil so gemeint war.
      Diese Art der Inszenierung ist ja auch heute noch keine Seltenheit. Das Gruselkabinett operiert ja auch oft mit diesen erklärenden und beschreibenden Pseudo-Dialogen (oder Monologen). Natürlich nicht ganz so plump wie hier, aber doch sehr oft und sehr deutlich.

      Was Du über die DWL-Macher schreibst, trifft es genau. Darum finde ich es ja auch so tragisch, dass da die Produktion stockt und das Team auseinandergebrochen ist.
      Da war so viel Potential.
      Ich bin gespannt, ob das nun gehalten werden kann.