Kommerz vs. Qualität? - Wann ist ein Hörspiel wirklich erfolgreich?

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    • Kommerz vs. Qualität? - Wann ist ein Hörspiel wirklich erfolgreich?

      Sicherlich sind wir uns alle einig, dass kommerzieller Erfolg und gute Qualität nicht immer Hand in Hand gehen müssen. Es gibt weniger gute Produktionen, denen großer Erfolg beschieden ist - viele nennen hier mittlerweile die drei Fragezeichen -, und es gibt ambitionierte und qualitativ hochwertige Produktionen, die offensichtlich nicht genügend finanziellen Erfolg generieren, um fortgesetzt zu werden (man denkt an Edgar Allan Poe, vielleicht auch an Gabriel Burns, möglicherweise kommen in Zukunft noch andere Namen hinzu).

      Nun stellt sich die Frage, wonach Erfolg eigentlich bemessen werden sollte - und ob die Bedingungen immer fair oder korrekt sein müssen.

      Eine breite Sparte von Hörspielen entzieht sich gleich beinahe ganz dieser kommerziellen Betrachtungsweise: das Radio-Hörspiel, das nach ganz anderen Kriterien bewertet werden dürfte.

      Klar, ein kommerzielles Hörspiel muss sich in allererster Linie finanziell tragen, will es als erfolgreich gelten: die Produktionskosten müssen wieder eingespielt werden, und fürs Überleben der Produktionsbeteiligten muss es auch langen.

      Dies galt gestern wie heute.

      Durch das Internet ist jedoch eine zusätzliche Dimension hinzugetreten, die einige Schwierigkeiten aufkommen lassen.

      Durch die Möglichkeit der (unerlaubten) vielfachen Vervielfältigung und Weitergabe ist ein Zustand denkbar, in dem breites Hörer-Interesse nicht mehr gleichbedeutend sein muss mit einem auch entsprechenden finanziellen Erfolg.

      Und nun ergeben sich mit dem gegenwärtigen Trend zum Streaming Abrechnungsmodelle, die dazu führen, dass ein kommerzieller Erfolg, so er denn in Summe auch tatsächlich dem eines Verkaufs entspräche, erst in einem viel größeren Zeitraum zustande käme, da ja pro Track abgerechnet wird und die Einzelbeträge minimal sind.

      Was zu der abstrusen Situation führen könnte, dass der finanzielle Erfolg sich erst zu einem Zeitpunkt einstellt, an dem einer Produktion längst die Luft ausgegangen ist, um weiterproduzieren zu können - obwohl letztlich unterm Strich vielleicht am Ende ein Erfolg zu verbuchen gewesen wäre/ist - nur eben über einen viel zu langen Zeitraum hinweg angesammelt.

      Der reine Kauf scheint, glaubt man den Unkenrufen, mittlerweile ein Stück weit ins Hintertreffen zu geraten.

      Aber was bedeutet das eigentlich für den kommerziellen Erfolg eines Hörspiels, wenn sich zwar an den Kosten für die Produktion grundsätzlich nicht viel ändert, die Konsum- und damit auch die Abrechnungspraktiken sich jedoch so verändern, dass es entweder einen sehr langen Atem braucht, bis die Produktionskosten eingespielt sind oder sich das tatsächliche Interesse an einer Produktion gleich gar nicht mehr in einem angemessenen auch ökonomischen Erfolg widerspiegelt?

      Ist es etwa auch denkbar, dass Serien aus finanziellen Gründen eingestellt werden müssen, obwohl das reine Hörerinteresse früher für einen Erfolg ausreichend gewesen wäre?

      Oder anders gefragt: Ist es heute schwieriger als vor fünf, zehn, zwanzig, vierzig Jahren, ein am Ende auch kommerziell erfolgreiches Hörspiel zu produzieren?

      Und wann ist ein Hörspiel überhaupt erfolgreich zu nennen?

      Wer bestimmt die Bedingungen, unter denen eine solche Einordnung zu erfolgen hat? Das reine Hörer-Interesse? Der Markt mit den jeweiligen Abrechnungspraktiken, die sich letztlich durchsetzen? Eine Mischung aus beidem?

      Und welche Möglichkeiten sind denkbar, bei Hörspielen das grundsätzliche Hörer-Interesse mit der Wirtschaftlichkeit für die Hörspielmacher besser in Einklang zu bringen, ohne dabei eine Variante des Konsumverhaltens (etwa Stream) per se zu verdammen? Ist vielleicht sogar ein auch ökonomisch "hörspieltauglicher" Stream denkbar? Und wie müsste er aussehen?

      Was meint Ihr?

      Kleiner Hinweis:
      (Nur-)Streaming soll hier nur ein Teilaspekt der Erörterung sein, nicht Mittelpunkt der Diskussion. Zu den grundsätzlichen Pro und Kontras bitte die etablierten Threads nutzen. :)
    • Jetzt befiel mich gerade eine Fragestellung und: siehe da, ich habe sie, jedenfalls so ähnlich, bereits schon einmal eingestellt. Und wie man sieht, war die Resonanz überwältigend! :green:

      Aber ich bleibe am Ball. Die Frage interessiert mich nämlich noch immer, wenn ich auch heute den Schwerpunkt anders setzen würde.

      Woran liegt es eigentlich, dass es da zwei unterschiedliche Wahrnehmungsebenen gibt: die Hörspiele, die vielen als die besten, hochwertigsten, im besten Sinne außergewöhnlichen gelten, haben nicht selten mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, die am Ende sogar dazu führen, dass sie eingestellt werden müssen. Die Poe-Serie von STIL gilt vielen noch heute als vorbildhaft - aber sie musste eingestellt werden. Gabriel Burns ist nach all den Jahren des Schweigens nach wie vor in aller Munde. Die Weiße Lilie wurde von vielen als absolute Top-Produktion gelobt: Es steht auf der Kippe, ob es nach der übernächsten Staffel weitergeht. Heliosphere 2265 hat viele Freunde gefunden: Aus Kostengründen wurde das Produktionsteam ausgetauscht. Dörings Intermezzo bei Folgenreich brachte nach Meinung vieler zumindest ein veritables Meisterwerk hervor: Nach drei Folgen war dennoch Schluss.

      Klar kann man das wieder mit der Blase begründen, in der sich die Forumsnutzer befinden. Der Mainstream findet nicht in Foren statt. Aber ich weiß nicht, ob man es sich so leicht machen kann. Könnte es nicht auch andere Gründe dafür geben, dass Produktionen, die als besonders hochwertig gelten, floppen? Ist es immer das Interesse des Mainstreams, das eher nach inhaltlich überschaubarer Berieselung dürstet? Oder liegt es vielmehr am Wie der Veröffentlichung? Stößt der Mainstream einfach nicht in ausreichendem Maße auf diese Produktionen?

      Oder kann es erfolgreiche Produktionen außerhalb größerer Firmen, die mehrere Serien parallel betreuen und insofern Personalkosten bündeln können, heutzutage überhaupt nicht mehr geben?

      Was meint Ihr?
    • Hierzu erstmal nur ein Zwischengedanke: Wie funktioniert das eigentlich beim Film, dass komplexere, forderndere Werke als erfolgreich gelten und produziert werden können, auch wenn sie von vergleichsweise wenigen gesehen werden?

      Und selbst ein Hörspiel eines Kalibers von Wenders DER HIMMEL ÜBER BERLIN zum Beispiel wäre doch wahrscheinlich völlig chancenlos auf dem kommerziellen Hörspielmarkt.
      Allerbesten Gewissens empfehle ich:
      DAGON von M. Winter
      Luxus-Ausstattung sowohl CD als auch LP
    • Die einfachste Antwort darauf dürfte wohl wirklich sein: wenn es sich finanziell lohnt.

      Die Frage, die du ja aber eigentlich stellst ist ja: wann lohnt es sich nicht, obwohl die Qualität nach Meinung vieler sehr hoch ist.
      Und das lässt sich vermutlich nicht so pauschal beantworten.

      Du hattest ja ein paar Beispiele benannt. Ich arbeite mich einfach mal an den entsprechenden Einzelfällen etwas ab:

      Edgar Allan Poe
      - eine Serie, die ja doch sehr lange lief und scheinbar auch lange Zeit erfolgreich genug für Lübbe
      - da zeigt sich aber dann auch einfach ein gewisses Problem, das viele sehr lange laufende Serien haben, die einen großen Handlungsbogen haben: man muss am Ball bleiben, alle Folgen der Reihe nach hören, später einsteigen ist schwierig, etc.
      - die Gefahr dass man mit der Zeit immer mehr Hörer verliert ist bei diesem Konzept sehr hoch
      - die Ansprüche von Lübbe an verkaufte Einheiten dürften gewiss nochmals eine andere Hausnummer sein als vieler kleinerer Labels. Ich würde mal ins Blaue hinein, bei manchen Labels würde die Serie vielleicht sogar noch heute laufen
      - dazu kommt, dass die Serie nicht immer ganz leicht verdaulich war - macht es sicherlich auch nochmals etwas schwerer bei der breiten Masse - auch wenn andererseits natürlich der Name Poe steht, der erstmal Hörer gezogen haben dürfte
      - der VÖ-Rhythmus mit ich glaube es waren immer 4 Folgen am Stück und dann einer sehr langen Pause war sicherlich auch nicht so optimal, um die Serie bei den Hörern ständig im Gedächtnis zu halten

      Gabriel Burns

      - gleiches Problem wie Poe -> Serie mit großem Handlungsfaden
      - dazu die Probleme der Serie bzgl. VÖ-Rhythmus, Rechtsstreit, Label-Wechsel - das dürfte die Geduld neben der rein inhaltlichen Schwierigkeiten, die ja auch einige Hörer immer mehr gesehen haben, noch zusätzlich strapaziert haben
      - und nicht wissen wir hier ja gar nicht so genau, ob tatsächlich die Verkaufszahlen jetzt der tatsächliche Grund sind, dass es nicht weitergeht (auch wenn das gewiss ein nicht unwesentlicher Aspekt sein dürfte)

      Die weiße Lilie

      - hier beurteile ich mal aus meiner persönlichen Perspektive: die Reihe steht tatsächlich schon länger auf meiner Hörliste. Allerdings auch nur aufgrund der positiven Wortmeldungen in den Foren. Ansonsten wäre das Ding komplett an mir vorbeigelaufen. Recht unbekannte Produzenten, eher nichtssagende Cover, ein Titel bei dem man auch nicht unbedingt weiß, was einen hier erwartet und der zumindest mich jetzt erstmal nicht besonders neugierig gemacht hat.
      - dazu kommt, dass gerade massiv Hörspiele in den Markt gepumpt werden. Zwar vieles, das mich tatsächlich auch nicht besonders interessiert. Aber da ist es halt dann nochmals schwieriger oberhalb der Aufmerksamkeitsschwelle zu bleiben.
      - das ist dann gerade bei neuen, unbekannten Produktionen nochmals ungleich schwieriger als bei Serien, die sich bereits einen Namen gemacht haben oder die bereits im Vorfeld einen Namen haben, weil bekannte Produzenten dahinter stehen, auf einer Buchvorlage basieren, o.ä.



      Und nicht zuletzt ist es manchmal auch einfach das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein - und wie zu der Zeit gerade die Konkurrenzsituation am Markt aussieht und die Bereitschaft der Hörer.
      Und der Massenmarkt scheint zum Teil halt auch weniger bestimmten Special-Interest-Genres zugewandt zu sein, sondern gerne Krimi, Holmes, Sinclair und DDF zu hören. Aber diesen Punkt hattest du ja selbst schon angesprochen und will ich daher hier auch gar nicht mehr weiter vertiefen.
    • Hardenberg schrieb:

      Könnte es nicht auch andere Gründe dafür geben, dass Produktionen, die als besonders hochwertig gelten, floppen? Ist es immer das Interesse des Mainstreams, das eher nach inhaltlich überschaubarer Berieselung dürstet? Oder liegt es vielmehr am Wie der Veröffentlichung? Stößt der Mainstream einfach nicht in ausreichendem Maße auf diese Produktionen?
      Beides.
      Natürlich geht es erst mal nach dem Geschmack der "Masse", das ist doch nun wirklich nirgendwo anders, egal, von welchem Produkt wir reden.
      Es sei denn, Du hast so richtig fett viel Geld oder Sponsoren, die nicht wissen, wohin mit ihrem. ;)
      Sonst musst du Dich nach der Decke strecken, fertig.
      Wir haben ja für Hörspiele noch keine Funds oder sonstige Unterstützungen, die angefordert werden können.
      Zumindest in der Regel nicht.
      Und wie es @hsp3 schon so richtig schreibt. dass man sich unter den vermeintlich sicheren Schirm eines großen Labels begibt, heißt noch gar nix...
      Die wollen nämlich dafür im Endeffekt nämlich ordentlich Kohle sehen, sonst fliegst Du wieder raus.
      Hatten wir das nicht erst kürzlich hier mit Lübbe und "Ed Gate", wo es wohl auch genau so lief, obwohl man es seitens des Machers nie bestätigte und alles irgendwie seit über einem Jahr in der Schwebe hängt.
      (Um nur ein Beispiel von vielen zu nennen.)

      Und garantiert stößt der Meinstream, weil nur bei fb oder direkt den Streamingdiensten unterwegs, oft nicht genügend auf möglicherweise sehr gute, hochwertige (Nischen)Produktionen, über die man sich oft nur in Fach-Foren austauscht, das aber zu wenig anderswo geschieht.
      Darüber hatten wir es ja schon in etlichen anderen Therads zum Thema "Neue Verbreitungswege- Was muss sich da ändern, damit Hörspiele weiterhin populär bleiben u.ä.".

      Fraglich ist ja aber auch, ob sich der Mainstream für diese besonderen Sachen überhaupt groß begeistern könnte? :schulter:
      Sind die bei Spoti und Co? Nein, dann müsste man die ja extra kaufen - nöööp!
      Denn wer generell Hörspiel-affin ist und sich auch für anspruchsvollere Themen in diesem Bereich interessiert, der sucht doch automatisch auch mal auf eigene Faust und landet so an entsprechenden Stellen. :)
    • Agatha schrieb:

      Sind die bei Spoti und Co? Nein, dann müsste man die ja extra kaufen - nöööp!
      Wobei da inzwischen doch das meiste vertreten ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Aber ja, für diese Ausnahmen kommt das dann als Hürde noch zusätzlich dazu.
      Von Hardenbergs genannten Beispielen trifft das aber tatsächlich aktuell nur auf Gabriel Burns zu. Der Rest ist zumindest bei Spotify auffindbar. Ob man dann wirklich als Otto-Normalhörer auch drüber stolpert ist natürlich nochmals ne andere Frage.
    • Agatha schrieb:

      Natürlich geht es erst mal nach dem Geschmack der "Masse", das ist doch nun wirklich nirgendwo anders, egal, von welchem Produkt wir reden.

      Eben. In welchem Sektor wäre das jemals anders gewesen? Lebensmittel, Klamotten, Bücher, Filme ... und selbstverständlich auch Hörspiele - es ist überall so.
      Eins und eins ist zwei -- von London bis Shanghai!

    • Hochwertige Produktionen sind meist experimentell. Und daher "sehr speziell". Und genau DAS ist der Grund, warum sie floppen.

      Ist genauso wie beim Perfekten Dinner auf VOX: Kocht jemand mega-exotisch kann man davon ausgehen, dass die Person NICHT gewinnt. Trotz Top-Qualität. Das Rennen macht meist der durchschnittliche Sauerbraten mit Knödel und Rotkraut.

      Was ich damit sagen will: Drehen wir die Sache doch herum und beobachten die Inhalte von kommerziell erfolgreichen Serien. Warum funktionieren diese? In der Regel aus dem Grund, dass sie nicht experimentieren. Die Charaktere sind wie Du und ich. Die Schauplätze sind nachvollziehbar. Selbst wenn die Geschichten grottig sind, kann man mit Charme, Charisma und positiven Inhalten (z.B. sympathische Figuren, oder ein gelungenes Happy End) den Stoff retten.

      Hoerspielecho.de - Reden wir darüber.
    • Es soll hier ja nicht darum gehen, den Massengeschmack zu diffamieren. Es ist ja völlig in Ordnung, etwas zu hören, was auch vielen anderen gefällt.

      Mir ging es eher um einen anderen Punkt: Es gibt viele Produktionen, die laufen und laufen und laufen. Wenn wir etwa maritim ansehen, so gibt es da eine Menge Reihen und Serien mit einem nicht unbeachtlichen Output und Sebastian Pobot postet immer ganz stolz auf seiner facebook-Seite, wie hoch die Neuerscheinungen wieder in die Top 10 eingestiegen sind (was immer das dann auch in absoluten Zahlen heißen mag :zwinker: ), aber wenn man mal eine Umfrage startet, was die Leute für besonders gut gemachte, für wegweisende oder als Hörspiele für die Ewigkeit betrachten, dann fällt eigentlich nie der Name einer Serie von diesem kommerziell doch äußerst erfolgreichen Hörspiel.
      Stattdessen werden dann Hörspiele genannt, die eigentlich allesamt finanziell zu schwächeln scheinen (sowie Audible-Produktionen). @hsp3 hat zwar ein paar gute und nachvollziehbare Einwände erhoben, die ich auch für plausibel halte, aber es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass der Wert des guten Rufs ganz offensichtlich nicht viel zählt auf dem kommerziellen Hörspielsektor. Wenn ich bedenke, dass bei Heliosphere 2265 die für hochwertige und intelligente Produktionen stehenden Künstler von Interplanar so mir nichts, dir nichts ausgetauscht werden, als wäre ihr Anteil an den bisherigen Folgen und dem guten Ruf, den sich die Serie erarbeitet hat, nicht beachtenswert, dann frage ich mich einfach, welchen Anspruch Hörspielmacher heutzutage haben. Und woran es liegt, dass Produktionen, bei denen sich alle einig sind, dass sie sehr gut sind, sich offenbar eher als Kassengift herausstellen. Ein Label wie Maritim etwa hätte sich ja durchaus ein Prestigeprojekt wie Heliosphere 2265 mit Interplanar an Bord leisten können. Aber ganz offensichtlich will man es sich nicht leisten. Also wird es jetzt vermutlich so produziert wie all die anderen Serien, die kommerziell sehr erfolgreich sind, aber die eben niemand nennt, wenn es um die Besten der Besten geht.
    • Hardenberg schrieb:

      Ein Label wie Maritim etwa hätte sich ja durchaus ein Prestigeprojekt wie Heliosphere 2265 mit Interplanar an Bord leisten können. Aber ganz offensichtlich will man es sich nicht leisten. Also wird es jetzt vermutlich so produziert wie all die anderen Serien, die kommerziell sehr erfolgreich sind, aber die eben niemand nennt, wenn es um die Besten der Besten geht.
      So wie ich das sehe, würde darauf die Antwort kommen "den Luxus muss man sich leisten können" und "warum haben die vorher denn nicht so produziert und vermarktet, dass die Hörerzahlen so hoch sind, dass niemand darüber nachdenken müsste, irgendwen auszutauschen" -- und dann wäre der Ball ganz schnell wieder weg gespielt. Falls nicht, kann ich mir noch vorstellen, dass ein Satz kommt wie "wartet's mal ab, dass da Produzenten ausgetauscht werden, merken weitaus weniger, als solche Typen im Elfenbeinturm wie du sich das ausmalen."

      Zum Thema Erfolg -- was ich nicht weiß, ist, inwieweit auf lange Sicht sich eine gute Machart und Produktion gerade im Zeitalter des Streamings doch bezahlt macht; einfach indem die mündliche Weiterempfehlung anders greift. Wenn jemand um eine Empfehlung gefragt wird ("kennst du eine echt gute Serie?"), will der sich ja nicht blamieren, indem er was Mediokres vorschlägt.
      Versuchen Sie es. Manche Menschen sind in der Lage, es zu vermeiden, dass man sie wahrnimmt.
    • Hardenberg schrieb:

      Ein Label wie Maritim etwa hätte sich ja durchaus ein Prestigeprojekt wie Heliosphere 2265 mit Interplanar an Bord leisten können. Aber ganz offensichtlich will man es sich nicht leisten.
      Das ist jetzt natürlich spekulieren im Tiefgrauen, aber ich denke, das hat völlig andere Gründe, die auch nur bedingt mit Geld zu tun haben.
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • Audioromane schrieb:

      Hochwertige Produktionen sind meist experimentell. Und daher "sehr speziell". Und genau DAS ist der Grund, warum sie floppen.
      Nein, das stimmt so nicht finde ich.

      Hochwertige Produktionen sind manchmal auch inhaltlich mau (zB End of Time). Erfolg lässt sich ja auf so vielen unterschiedlichen Ebenen bewerten... Ich denke eine gewisse Korreletaion zur Qualität der Produktion und/oder der Story wird es geben. Aber eben auch nicht immer. Der ???-Kult widerspricht bspw. beidem, ist aber finanziell höchst erfolgreich. Ich tue mich daher schwer den vorangestellten Satz "Kommerz vs. Qualität" direkt mit Erfolg zu verbinden (und dann auch noch erst zu definieren, was Erfolg denn ist).

      Grundsätzlich glaube ich, dass es Einzelhörspiele durch das Massenangebot/Streaming deutlich schwerer haben als früher. Dagegen haben es Serien, die Alleinstellungsmerkmale und/oder eine gewisse Fanbase haben (zB Holmesgeschichten) deutlich einfacher als früher.

      Ich probiere es dennoch: Für mich ist ein Hörspiel erfolgreich, wenn es wirtschaftlich erfolgreich schafft, mit einem hohen Unterhaltungswert, seine Geschichte abgeschlossen an möglichst viele Hörer zu bringen.
    • Ufoo schrieb:

      Dagegen haben es Serien, die Alleinstellungsmerkmale und/oder eine gewisse Fanbase haben (zB Holmesgeschichten) deutlich einfacher als früher.
      Gutes Beispiel:

      SHERLOCK HOLMES CHRONICLES (SHC) versus
      SHERLOCK HOLMES PHANTASTIK (SHP).

      Beide Serien hochwertig produziert, aber definieren für mich das was ich meine:

      SHP war zu experimentell und kam bei den Hörern nicht so gut an.
      SHC hingegen sind salopp gesagt "Basic-Krimis" in heimeliger Umgebung und man weiß was man bekommt. Daher ein voller Erfolg.

      Solche Serien wie DODO oder CAINE waren zu abgefahren und experimentell. Daher gefloppt, jedoch sehr aufwändig produziert. Auch mit innovativem Layout und Covern.

      TKKG gibt es trotz Sprecherwechsel noch immer, ebenso erfreut sich Larry Brent von R&B Company hoher Beliebtheit. Und LADY BEDFORT könnte es auch noch locker solide geben. Einfach weil man den Geschichten / Inhalten folgen kann = weniger experimentell. Von den ganzen Kiddinx-Blockbustern ganz zu schweigen...

      Ufoo schrieb:

      Ich probiere es dennoch: Für mich ist ein Hörspiel erfolgreich, wenn es wirtschaftlich erfolgreich schafft, mit einem hohen Unterhaltungswert, seine Geschichte abgeschlossen an möglichst viele Hörer zu bringen.

      Das ist unterm Strich perfekt gesagt. So auch meine Meinung.

      Hoerspielecho.de - Reden wir darüber.
    • Ich vermute, ich weiß was du meinst mit "hochwertigen Produktionen".

      Witzigerweise hätte ich dem Satz mit Büchern völlig zugestimmt. Wirklich gute Literatur ist meist nicht wirtschaftlich erfolgreich.

      Ich verbinde mit hochwertigen Produktionen aber zunächst etwas technisches beim Hörspiel und nicht qualitativ hochwertige Storys und Geschichten. Daher mein Einwand.
    • Ich meinte das "hochwertig" durchaus in erster Linie auf den Inhalt bezogen. Man muss ja sagen: Das technische Niveau der Produktionen auf dem kommerziellen Hörspielmarkt ist ja fast durchweg hochsolide. Ich kann nun nicht finden, dass da in der Breite Produktionen herausstechen, die von besonders mieser Qualität sind. Sicher gibt es das einzelne Ausreißer, aber die sind doch im Gesamtbild eher zu vernachlässigen.

      Was hingegen die Inhalte angeht, da ist doch vieles höchstens Mittelmaß, jedenfalls nach meinem Dafürhalten, und mit Mittelmaß meine ich, dass es den Stoffen an Originalität und Tiefe fehlt. Die meisten Plots bewegen sich auf längst eingetretenen Pfaden, käuen Altbekanntes wieder und zeigen leider viel zu oft keine Scheu vor Logiklücken oder sogar kruden Wendungen. Deswegen müssen diese Hörspiele nicht verdammenswert sein, denn vielen geht es ja gerade darum: ein Hörspiel fürs Nebenbei-Hören zu finden, bei dem man nicht 60 Minuten lang hochkonzentriert zuhören muss, sondern ein leichter Stoff, unterhaltsam oder spannend aufbereitet, der mich kurz unterhält, aber keinerlei Nachhall auszulösen braucht. Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist wie die vielbesprochene Currywurst, die man sich hin und wieder gönnt (okay, ich nicht, ich bin Vegetarier, aber wir nehmen die Wurst mal als Metapher) und die man dann mit Genuss vertilgt. Da würde man dann ja auch nicht sagen, dass die der Weisheit letzter Schluss ist, was die Kochkunst angeht. Es ist halt ne Currywurst. Und als solche kann sie hervorragend sein.

      Ich glaube, die Krux auf dem kommerziellen Hörspielmarkt ist, dass es keinen Ruf zu verlieren gibt und dem Hörspiel selbst auch nicht der Schein des Erhabenen und Wertvollen anhaftet - wie etwa der Literatur im allgemeinen. Hörspiele stehen für die meisten wohl noch immer für seichte oder Kinderunterhaltung. Es gibt keine Notwendigkeit, Inhalte zu produzieren, die mehr als den flüchtigen Konsum rechtfertigen. Wer in dieser Hinsicht hochwertige Hörspiele sucht, wird beim HörVerlag und insofern beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk fündig. So teilte sich bisher die Welt des Hörspiels. Im Grunde ist es wie im TV: für leichte, oft auch seichte Unterhaltung ist das Privatfernsehen zuständig, die inhaltlich anspruchsvolleren Formate verantwortet der ÖR-Rundfunk. Über die Jahre ist es vielleicht zu Annäherungen gekommen - auch im Radio findet man plötzlich schrägen Monster-Horror oder irre Thrillerkomödien wie The Cruise, dafür kommt der kommerzielle Sektor mit Produktionen wie Die Weiße Lilie oder Dörings Zeitmaschine daher, um nur mal zwei zu nennen. Und dann ist da natürlich noch Audible, das quasi die Rolle von Netflix einnimmt und in die Nische vorstößt, die die beiden anderen Player lassen.

      Worum es mir aber eigentlich mit dem Vergleich zur Literatur ging: Es fehlt im kommerziellen Hörspielbereich völlig der Anspruch, aufwändigere, inhaltlich anspruchsvollere Produktionen durch kommerziell erfolgreiche, "einfachere" Produktionen querzufinanzieren, weil es bei den Verantwortlichen offenbar gänzlich an dem Willen fehlt, eine gewisse Qualität als Wert an sich zu betrachten. Verfolgt man etwa die einschlägigen facebook-Seiten, so sieht man ständig Screenshots von irgendwelchen Charts, in denen die eigenen Produktionen hoch rangieren - obwohl mir als Leser gar nicht klar wird, welchen Aussagewert dieses Bild überhaupt hat. Die Verkaufszahlen können ja auch bloß relativ hoch sein im gemessenen Zeitraum, aber in absoluten Zahlen mickrig.
      Ich finde diesen Blick auf den Hörspielmarkt sehr verengend. Da offenbart sich für mein Empfinden ein Geist, der die Kunstform Hörspiel zu einer Art reinem Gebrauchsgut degradiert - und eben nicht mehr als Kunstform, und das erklärt mir dann auch, warum ich mit vielen Hörspielen und Hörspielmachern vielleicht so mein Problem habe, während mir andere als besonders interessant und beachtenswert erscheinen.

      Bei etablierten Literaturverlagen ist es etwa gang und gäbe, dass Verlagsleitung und Lektoren Herzensprojekte umsetzen, von denen vorher schon klar ist, dass sie ökonomisch nicht rentabel sind. Man macht sie dennoch. Denn man ist eben mehr als eine rein ökonomisch fixierte Produktionsstätte. Und man will auch mehr sein. Um dies finanzieren zu können, haut man eben auch Stoffe raus, die kommerziell erfolgreich, aber vielleicht literarisch eher weniger von Wert erscheinen. Verkürzt könnte man sagen: Der neue Fitzek finanziert die neue Rilke-Gesamtausgabe quer, und wenn man Hirschhausens Schmu unter die Leute gebracht hat, kann man sich wieder Schopenhauer zuwenden. (Ich spitze jetzt natürlich zu. :zwinker: )

      Aber dieser Geist fehlt mir ein wenig auf dem kommerziellen Hörspielsektor. Man hätte sich von Seiten maritims Interplanar als Produktionsteam für Heliosphere 2265 wahrscheinlich ohne weiteres leisten können, und man hätte bei diesem Label dann, das ja eher für schnell konsumierbare Unterhaltung steht (was, wie gesagt, grundsätzlich ja nicht Schlechtes sein muss), damit eine weitere Facette hinzufügen können; es wäre prestigeträchtig gewesen. Man hätte auch aus der Kooperation mit Döring mehr machen können, indem man diese Reihe auflegt, wie man es bei Folgenreich getan hat, und sich damit dann auch schmückt. Stattdessen läuft die Serie eher unter "ferner liefen", und die Cover sehen aus, als wäre das eine neue 08/15-Reihe, die die Welt nicht braucht. (Während die Optik bei Folgenreich phantastisch war!)

      Folgenreich wiederum hätte sich durchaus eine Fortsetzuung mit Döring wohl ebenfalls leisten können. Oder wenigstens eine Fortführung von Die Weiße Lilie (die ja auch noch nicht völlig ausgeschlossen ist). Ehe man Produktionen wieder einstellt, kann man sich ja auch mal Gedanken machen, wie man die Reihen besser am Markt platziert. Da scheint mir doch noch deutlich Luft nach oben. Stoffe, die vom Mainstream abweichen, müssen eben auch anders beworben werden. Wenn die Masse von der Weißen Lilie nichts weiß, hört sie sie eben nicht. Da kann die Serie noch so gut sein. Und da scheint mir doch noch eine Menge Potential ungenutzt zu bleiben.

      Ob dann am Ende die vorgeblich "experimentellen" Stoffe daran scheitern, dass sie zu experimentell sind - oder daran, dass sie vielleicht nicht gut genug, nicht interessant genug oder nicht optimal beworben worden sind, das müsste man im Einzelfall dikutieren. Generalisieren kann man das sicher nicht, denn nur weil etwas neu ist, muss es ja nicht gut sein.

      Ausgemachter Stuss kann schließlich auch vom Mainstream abweichen. Und bleibt dennoch Stuss. :zwinker:
    • Vermutlich liegt der mangelnde Anspruch im Hörspielsektor hauptsächlich darin, dass die Masse es nicht als eigentliche Kunstform ansieht, sondern halt als Form literarische Stoffe zu adaptieren und "aufzuführen". Ich kann mir vorstellen, das eine Menge Leute auch überrascht wären, wen man ihnen zeigt, wie viele Hörspielproduktionen es gibt, die keine Vertonung eines Buchs/Films sind. Aber bei den Absatzzahlen ziehen halt große Namen, Kult und Nostalgie am stärksten. Dieses nostalgische Kinderimage macht es dem Hörspiel extrem schwer sich als eigene Kunst/Unterhaltungsform zu behaupten.

      Außerdem ist es wohl zwar ein Geschenk, dass viele DDF-Hörer Zugang zu anderen Hörspielen finden (und insbesondere gefunden haben) aber die Serie belastet glaube ich auch sehr den Markt mit seiner massiven Macht und den kleineren Ablegern, die ja auch hohe Absatzzahlen haben (zB TKKG). Hier sehe ich tatsächlich einen positiven Faktor des Streamings. Wer sich schon eni, zwei Hörspiele im Monat von den DDF und TKKG geholt hat, kauft vllt kein drittes. Aber was neues im Stream ausprobieren, macht man eher.
    • Ja, das mag so sein. Und da sehe ich eben die Chance, die Audible bietet, denn da ist die Klientel ja eine ganz andere: Man kann hier versuchen, HörBUCHkonsumenten zum HörSPIEL rüberzuziehen, und natürlich muss man für diese Leute andere Stoffe anbieten als den hundertsten DDF-, Holmes- oder Sinclair-Klon. Und wenn erstmal eine Reihe Leute auf diese Weise für das Hörspiel interessiert worden ist, schauen sie vielleicht weiter - und suchen nach weiteren Stoffen, die etwas für sie sein können. (Vielleicht auch in Foren wie dem Hörgrusel.) Aber die werden eher nicht nachträglich auf den DDF-Zug springen, und man wird sie sicher auch nicht mit plumpen Horrorplots locken können. Aber so etwas wie Heliosphere 2265 oder Die Weiße Lilie oder Goldagengarden oder Dörings Klassiker-Vertonungen und das Gruselkabinett, da sehe ich durchaus Überschneidungen.