Die Welt der AGATHA CHRISTIE

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    • Die Welt der AGATHA CHRISTIE

      Immer wieder ist auch Agatha Christie in diesem Forum ein Thema. Wenn, wie jüngst, einer ihrer Romane neu vertont wird, dann ist das eigentlich immer ein Hörspiel-Highlight, ganz gleich, wie gut die jeweilige Produktion dann letzten Endes ausfällt.

      Wie es den Anschein hat, gibt es hier im Hörgrusel viele, die die Queen of Crime zu schätzen wissen.

      Für mich Anlass, ihr endlich mal einen eigenen Thread zu widmen, in dem es allein um ihr Leben und ihr Schaffen gehen soll.

      Was verbindet ihr mit Agatha Christie, wie ist Eure Lese-Erfahrung - und welche Romane oder Geschichten haben Euch besondere Freude gemacht. (Und warum?)
      Gibt es Ermittler, die ihr besonders mögt? Und Bücher, die ihr für exemplarisch für ihr Werk haltet?

      Sind ihre Bücher noch heute etwas Besonderes, vielleicht sogar Unerreichtes?
      Oder verblassen sie im Lauf der Jahre, und es gibt viel Ebenbürtiges, das ebenso gut ist?

      Und welches sollte uuuuubedingt mal kongenial vertont werden? Vorschläge?

      Wie steht Ihr dazu?

      Eine kleine Bitte:
      SPOILER zu einzelnen Romanen oder Geschichten bitte verbergen. Nichts ist schlimmer, als bei einem guten Christie-Buch die Lösung vor den Kopf geknallt zu bekommen, und es mag ja noch einige Leute geben, die die Bücher nicht kennen. :)

      Edit:

      Und wie wäre es mit Eurer Top 5 der Romane und/oder Geschichten aus der Feder von Agatha Christie. Aber da es hier in erster Linie um die BÜCHER gehen soll, bitte auch nur bezogen auf diese und nicht auf Hörspielumsetzungen.
    • Ich mag Christie und hab alle Marple´s und Poirot´s gelesen. Den Rest nur zum Teil. Was ich aber immer wieder schade, schade, schade finde: Das "Queen of Crime" Attribut.
      Ich würde mir ja viel lieber Hörspiele von "meiner" Queen of Crime wünschen: Ngaio Marsh!

      Ansonsten freu ich mich über jede neue Verfilmung und Vertonung von "Mord im Orientexpress" und "Karibische Affäre".
    • Sehr schöner Thread, danke @Hardenberg für die Idee!

      Ich versuche deine Fragen mal nacheinander zu beantworten.


      Was verbindet ihr mit Agatha Christie, wie ist Eure Lese-Erfahrung?
      Ich habe schon sehr früh angefangen Christies Romane zu lesen. Als Kind hatte ich immer einen großen Stapel Bücher mit im Sommerurlaub. Jedoch war ich durch meine Kinderbücher immer recht schnell durch. Dann hatte ich nach der Hälfte des (Strand-)Urlaubs nichts mehr zu lesen. Deshalb habe ich früh damit begonnen (ich denke vielleicht in der dritten oder vierten Klasse) auch noch die Bücher zu lesen, die sich meine Eltern mitgenommen hatte. Darunter waren von meiner Mutter neben den Sherlock-Holmes-Bänden, die sie damals las auch Bücher von Agatha Christie. Der erste Christie war meiner Erinnerung nach "Der Mann im braunen Anzug", den ich unglaublich spannend fand. Allerdings ist der ja nicht sonderlich typisch für Christie. Später kamen dann natürlich auch klassischere Bände dazu, schon bald habe ich mir auch selbst Christie-Bücher aus der Bibliothek geliehen, die Mama schon gelesen hatte.
      Das heißt ich bin schon seit einigen Jahren Fan von Agatha Christie und freue mich immer noch, wenn ich mal ein Buch von ihr zum ersten Mal lese. Leider wird es da langsam enger, da spare ich mir manches Buch auch noch auf. (Ich finde, man kann Christies Bücher gut auch ein zweites, drittes oder viertes Mal lesen, aber das erste Mal ist natürlich etwas besonderes, da man die Lösung noch nicht kennt.

      Gibt es Ermittler, die ihr besonders mögt?

      Das ist schwierig. Zu meinen Favoriten zählen viele Poirot-Romane, jedoch würde ich nicht sagen, dass ich ihn als Charakter besonders gern mag. Er ist für mich nur ein Element, das die Handlung vorantreibt und am Ende die Auflösung präsentiert, ohne, dass ich ihn als Person besonders faszinierend finde. Andersherum ist es mit Miss Marple, die ich sehr gern mag und eine interessante Frau ist, allerdings funktioniert sie als Charakter für den Fortgang der Handlung längst nicht so gut wie Poirot (es braucht ja hier immer noch Ermittlungen der Polizei, die die meisten Fakten herausfindet) und es gibt auch mehrere schwächere Marple-Romane.

      Ich finde allgemein, dass die Zeichnung von Figuren nicht Christies größte Stärke war, aber das ist auch nicht der Grund, warum ich ihre Bücher lese.

      (Es kommen - gerade in den Nebenrollen - ja auch immer dieselben Figurentypen vor. Ich denke, man könnte als Gag in einer Hörspielreihe denselben Typ Charakter auch immer mit demselbem Schauspieler besetzen.)

      Welche Romane oder Geschichten haben Euch besondere Freude gemacht.
      (Und warum?)

      Und Bücher, die ihr für exemplarisch für ihr Werk haltet?
      Und wie wäre es mit Eurer Top 5 der Romane und/oder Geschichten aus der Feder von Agatha Christie?

      Ich fasse diese Fragen mal zusammen und präsentiere fünf Romane, die mir Freude gemacht haben und exemplarisch für ihr Werk sind, ohne, dass diese jedoch in einer Rangfolge zu sortieren.

      Alibi

      Dieses Buch ist aus zwei Gründen exemplarisch für Christies Werk. Einerseits ist es das typische Setting: Eine begrenzte Anzahl von Figuren (Familien- bzw. Freundeskreis), das Setting eines Landhauses, klassische Ermittlungen durch Poirot als Ermittler, unterstützt durch den Ich-Erzähler als Assistent und auch einige der oben erwähnten bekannten Figuren, die mitspielen. Das ganze ist so klassisch, dass ich beim Lesen nach etwa zwei Dritteln fast schon etwas gelangweilt war, weil ich etwas Besonderes vermisste und ich glaubte, mir sei egal, wer der Täter ist. Zum Glück habe ich fertiggelesen, denn das ganze nahm eine so überraschende Wendung, dass ich jedem, der die Geschichte noch nicht kennen sollte, dringend raten möchte, sich auf keinen Fall spoilern zu lassen. Jedenfalls war mir die Lösung nicht egal - ganz im Gegenteil! - und ich habe tatsächlich sofort nach dem Beenden des Buches wieder von vorn begonnen, um all die versteckten Hinweise auf die Lösung nachvollziehen zu können. Das zeigt gut, wie Christie es in ihren besten Romanen geschafft hat, aus einem total klassischen Setting eine unerwartete Lösung zu zaubern.

      Mord im Orient-Express

      Zu diesem Roman braucht man wohl nicht viel zu schreiben. Zurecht ein großer Klassiker, obwohl auch hier vor allem - neben der Zugatmosphäre - die Auflösung den Reiz ausmacht.

      Das unvollendete Bildnis

      Hier ist es tatsächlich das Konzept des Romans, das ihn für mich zu den Top 5 zählen lässt. Poirot soll einen Mordfall aufklären, der Jahre zurückliegt. Es gibt fünf mögliche Täter:innen, die gleichzeitig die fünf einzigen Zeugen sind. Nach einigen Vorgesprächen lässt Poirot von jedem der fünf einen Bericht der Ereignisse anfertigen. Durch den Abgleich der Erinnerungen (und besonders durch die Widersprüche in den Erzählungen), die den größten Teil des Buches ausmachen, gelingt es ihm, den Fall zu lösen.

      Und dann gab es keines mehr

      Agatha Christie hat häufiger einen Kindervers als Grundlage für ihre Bücher verwendet, wie wir neulich auch im Chat festgestellt haben. Hier hat es aber besonders gut funktioniert. Nach dem Prinzip "Zehn kleine Negerlein" wird auf einer von der Außenwelt abgeschnittenen Insel ein Besucher nach dem anderen ermordet. Die übrigen begeben sich auf die Suche nach dem Täter, wobei sie und auch der Leser keinem trauen können.
      Dieses Buch muss natürlich in einer solchen Liste erwähnt werden, da es wohl der untypischste Christie-Roman ist, gleichzeitig auch einer ihrer besten. Ich habe den Roman tatsächlich erst vor kurzem gelesen, auch weil ich dachte, ich kenne das Prinzip dahinter ja schon und deshalb gar nicht so große Lust hatte es zu lesen. Tatsächlich gelingt es Christie am Schluss aber dennoch, den Leser nochmal an der Nase herumzuführen und eine andere Lösung zu präsentieren als die offensichtliche. Das ist von vorne bis hinten so clever konstruiert, dass ich sehr positiv überrascht war.

      Vorhang - Poirots letzter Fall

      Hier weiß ich gar nicht, was ich verraten darf und will, daher verweise ich nur auf den Untertitel, den man wörtlich verstehen darf. Eines der intensivsten, düstersten und interessantesten Christie-Bücher, das ich kenne und das zu Unrecht ziemlich unbekannt ist. Ganz klare Leseempfehlung, allerdings sollte man zuvor schon einige Poirot-Romane gelesen haben, um den klassischen Poirot miterlebt zu haben. Den trifft man hier nämlich nicht an...


      Sind ihre Bücher noch heute etwas Besonderes, vielleicht sogar Unerreichtes?

      Oder verblassen sie im Lauf der Jahre, und es gibt viel Ebenbürtiges, das ebenso gut ist?

      Ganz klar sind Christies Werke etwas Besonderes. Sie war eine Meisterin, darin Plots zu konstruieren, falsche Fährten zu legen, Hinweise auf die Lösung so zu verstecken, dass man sie nicht findet und das ganze gleichzeitig noch unterhaltsam zu gestalten. Natürlich gab/gibt es auch andere gute Krimiautoren, aber auf ihrem Gebiet ist Christie nicht zu schlagen.

      Und welches sollte uuuuubedingt mal kongenial vertont werden? Vorschläge?

      Mein Traum wäre eine chronologische Komplettvertonung aller Romane (evtl. auch noch der Kurzgeschichten). Das wäre allerdings ein solches Megaprojekt, dass ich es abseits der Rechtefrage, für leider sehr unwahrscheinlich halte, dass es dazu je kommen wird. (Am ehesten traue ich das @David Holy zu, der ja gern mal solche Großprojekte angeht. Wie wäre es?)

      Wenn es um einzelne Vertonungen geht, böte sich besonders "Und dann gabs keines mehr" an, das für mich eine perfekte Vorlage für ein Hörspiel wäre.
    • Wow, das war aber eine ebenso ausführliche wie interessant zu lesende Antwort. @BjoernErik Vielen Dank dafür. Ich sehe da einige Parallelen zu meinem eigenen Empfinden. :)

      Ich werde versuchen, morgen auch meinen eigenen Eindruck zu schildern.
    • BjoernErik schrieb:

      Mein Traum wäre eine chronologische Komplettvertonung aller Romane (evtl. auch noch der Kurzgeschichten). Das wäre allerdings ein solches Megaprojekt, dass ich es abseits der Rechtefrage, für leider sehr unwahrscheinlich halte, dass es dazu je kommen wird. (Am ehesten traue ich das @David Holy zu, der ja gern mal solche Großprojekte angeht. Wie wäre es?)
      ;) Wer weiß...
    • David schrieb:

      Wer weiß...
      :sabber2: :sabber: :zustimm: :thumbsup: =)


      Hardenberg schrieb:

      Was verbindet ihr mit Agatha Christie, wie ist Eure Lese-Erfahrung - und welche Romane oder Geschichten haben Euch besondere Freude gemacht. (Und warum?)
      Gibt es Ermittler, die ihr besonders mögt? Und Bücher, die ihr für exemplarisch für ihr Werk haltet?
      Hm, was ich mit Agatha Christie verbinde...

      Zunächst muss ich mal voranschicken, dass ich meinen Nick nicht gewählt habe, weil ich ein Superfan der "Queen of Crime" bin, das war damals eher ein Zufall im Zusammenhang mit einem ganz anderen Forum, wo er mir passend erschien.
      Natürlich schätze ich ihre Werke sehr, kenne aber nicht alles, was sie geschrieben hat, wenn auch sehr vieles!

      Begleitete haben mich ihre Bücher oder deren Verfilmungen sicher schon die letzten 40 Jahre.
      Zunächst die Filme mit der unvergleichlichen Margaret Rutherford, die ich bis heute immer wieder ansehen kann, dann die doch sehr aufwendigen Produktionen mit Peter Ustinov, der Zweiteiler "Die 7 Zifferblätter", von dem am nächsten Tag quasi jeder auf dem Schulhof redete und spekulierte, wer die Täter seien.
      Das war ein richtiger Straßenfeger! =)
      Es folgte die "Miss Marple"-Serie mit Joan Hickson, die ich auch nach Möglichkeit nie verpasste (kriege heute noch eine Gänsehaut, wenn ich nur an die Titelmelodie denke...), oder die "Detektei Blunt". Aber okay, das war dann beides etwas später.
      Viele der Stories sind ja im Laufe der Jahre etliche Male über den Bildschirm geflimmert :thumbup: , andere kamen einmal und dann leider nie wieder...

      Selbst gelesen habe ich relativ wenige Christies. Mein erstes Buch war, Anfang der 80er, "Der ballspielende Hund" mit Hercule Poirot als Ermittler, den ich aber jetzt nicht so sonderlich beeindruckend fand.
      Es folgten im Laufe der Jahre noch diverse Fälle, einiges auch direkt auf Englisch.
      Aber den Löwenanteil machen hier meine sehr zahlreichen Hörbücher aus, die ich in diesem Fall tatsächlich dem Selbst-Lesen vorziehe.

      Meine Lieblingsromane sind bis heute:
      "Der letzte Joker" (eben die besagten "Sieben Zifferblätter" aus der Verfilmung) mit "Bundle Brent" als Ermittlerin.
      "Ein Schritt ins Leere" mit "Bobby Jones" und "Frankie Dewent"
      "Ein Mord wird angekündigt" mit "Miss Marple"
      "Sie kamen nach Bagdad" mit "Victoria Jones"
      "Lauter reizende, alte Damen" mit "Tommy und Tuppence"
      "Das Haus an der Düne" und "Tod auf dem Nil" mit "Hercule Poirot"

      Dabei kann ich nicht sagen, ob gerade diese Geschichten irgendwie exemplarisch für ihr Werk stehen, sie gefallen mir einfach von den Charakteren und den Plots her ganz besonders gut.
      Ich mag einige wegen der exotischen Kulisse, die A.C. gern mal heranzog, andere gerade wegen des nur scheinbar so ländlich-sittlichen Lebens in "rural Britain", die alten Landhäuser, Five o'Clock-Tea, Krocket - und dann ein kleiner, boshafter Mord, so clever ausgeführt, so perfekt den Leser und die unbeteiligten Charaktere hinters Licht führend, dass man fast immer bis zum Schluss über den Täter und sein Motiv rätseln muss bzw. darf. :thumbup:
      Dabei sind es ja nicht nur "Profis", sondern oft ganz "normale" (wenn auch eigentlich immer etwas ungewöhnliche, um nicht zu sagen spleenige :zwinker: Figuren), die in die Fälle verwickelt werden und sich dann als "Detektiv/In" (teilweise wider Willen) betätigen müssen.
      Diese Bandbreite gefällt mir besonders gut, ebenso wie das sich nie Sicher-Sein-Können, ob nicht der eigentlich so harmlos-freundlich daherkommende, oft sogar bei den Ermittlungen helfende Charakter XY, am Ende gerade der Mörder bzw. die Mörderin gewesen ist.
      Es gibt Täter jeder Altersstufe, um es mal so zu nennen, keiner wird ausgenommen! Wie im "richtigen" Leben. :zwinker:
      Bei vielen Fällen spielen außerdem Spionage und die Jagd nach verschwundenen Dokumenten etc. mit hinein, so etwas macht die Sache dann natürlich noch spannender!

      Am meisten würde ich persönlich mich über ein Hörspiel zu den "Sieben Zifferblättern", dem "Schritt ins Leere" oder den "Reizenden, alten Damen" freuen, aber wie schon häufiger hier mal geschrieben, am besten wäre es natürlich, wenn es irgendwann alle Fälle als deutsche Hörspiele gäbe und man diesbezüglich nicht nur auf die BBC-Sachen zurückgreifen müsste.
      Denn dass, was bei uns bisher erschienen ist, deckt ja nur einen Bruchteil ab - und man kennt/ hat es außerdem längst. :)
    • Ich bin auch in jungen Jahren zu Agatha Christie gelangt, allerdings war ich da schon Teen.

      Was mir bei Agatha Christie immer ganz besonders gefallen hat und was für mich auch das Alleinstellungsmerkmal ausmacht, das ist die ganz spezielle Atmosphäre, das ganz besondere Flair, das die meisten ihrer Romane durchzieht. Das ist schon eine ganz bestimmte Art von Gesellschaft, eine ganz bestimmte Art von Kultur, von der die Geschichten geprägt sind, ein ganz besonderer Menschenschlag, um den es bei ihren Geschichten geht. Das macht für mich ganz wesentlich den Genuss ihrer Werke aus, selbst jener, bei denen die Plots nicht überzeugen, und davon gibt es ebenfalls einige.

      Gerade ihre frühen Ausflüge in die Agentengeschichte fand ich damals fast allesamt misslungen. Das Handlungsgerüst war meist sehr wacklig und die Auflösung oft nicht überzeugend.
      Und auch bei einigen ihrer Krimis wäre hin und wieder weniger mehr gewesen. Gerade bei ihren früheren Werken operierte sie oft mit parallelen Handlungssträngen, die in ihrer Zufälligkeit nicht überzeugten.

      Aber das alles trübt nicht ihre Klasse, die sie so oft in vielen ihrer anderen Werke gezeigt hat.
      Ihr großes Talent war die Konstruktion der Plots, und dabei hatte sie eines wirklich genial drauf: Sie konnte eine Handlung so erzählen, dass man nie darauf kommen würde, dass das Naheliegende auch zutrifft. Das trennt die Meisterschaft Christies von vielen Plots der Neuzeit, bei denen versucht wird, es ihr gleichzutun: Hier ist es nämlich so, dass am Ende eine ziemlich abstruse Auflösung dazu herhalten muss, eine mysteriöse Geschichte aufzulösen. Bei Agatha Christie waren es aber am Ende nicht selten die NAHELIEGENDEN Verdächtigen, von denen sie uns im Verlauf der Handlung geschickt weiszumachen verstand, dass die es nicht getan haben können - und die es dann aber DOCH irgendwie bewerkstelligt bekommen haben. Das macht Agatha Christie so leicht keiner nach, und für diese genialen Konstruktionen voller falscher Fährten und roter Heringe liebe ich sie noch heute. Das, gepaart mit der einzigartigen Atmosphäre, lässt mich immer wieder mal zwischendurch zu ihren Büchern zurückkehren. Für mich ist das immer ein bisschen wie Nachhausekommen, ein bisschen wie eingekuschelt im Bett liegen und eine DDF-Klassikerfolge hören. :zwinker:

      Was die Ermittler angeht, so mocht ich meist am wenigsten die ohne eine der drei bekannten Parteien.
      Tommy und Tuppence Beresford fand ich immer supersympathisch, aber ihre Fälle waren meist der Versuch von Agententhrillern, die mich aber nie wirklich zu überzeugen vermochten. Christie versuchte es oft ganz Hitchcock-typisch mit einem beliebigen MacGuffin, aber im Gegensatz zum Meister der Suspense waren die Storys, die sie darum sponn, bei ihr nicht abwechslungsreich und aufregend genug, um über diese inhaltliche Schwäche völlig hinwegzutäuschen. Insofern sind das für mich nicht die Meisterwerke ihres Schaffens, aber da die beiden selbst sympathisch und unterhaltsam sind, sind die Bücher zumindest vergnüglich.

      Miss Marple ist in ihren eigenen Büchern ja meist eher Randfigur. Und sie hat natürlich nicht die Präsenz und Prägnanz der Filme mit margaret Rutherford. Sie ist ja eher ein stilles, unscheinbares, neugieriges altes Dämchen, das im Hintergrund wirkt, während im Vordergrund andere agieren. Ich mochte viele der Bücher mit ihr sehr gern, aber Miss Marple selbst hat mich nie so wirklich angefixt. Jedenfalls nicht im Vergleich zu...

      Hercule Poirot. Den mochte ich sehr. Die Romane mit ihm habe ich regelrecht verschlungen. Witzig fand ich, dass Agatha Christie sich mitder Einführung der Figur Ariadne Oliver selbst ein Alter ego geschaffen hat, das sie wortreich darüber klagen ließ, wie sehr der von ihr erschaffene Meisterdetektiv Sven Hjerson sie nervt, und wie gern sie sich seiner endlich entledigen würde, aber die Leser verlangten nun mal nach ihm, so sei sie an ihn gekettet, ob sie wolle oder nicht.
      Agatha Christie muss ganz ähnlich empfunden haben,. aber ich liebe den Humor, der vor allem die Bücher mit Poirot auszeichnet.
      Für mich sind unter den Romanen mit ihm auch die meisten Highlignhts zu finden, @BjoernErik hat ja schon einige genannt.
      Ich habe mich sehr gefreut, als ich kürzlich endlich mal die TV-Serie mit David Suchet schauen konnte. Ich finde, er schafft es grandios, diese Figur zu verkörpern, ihn in seiner äußerlichen Lächerlichkeit darzustellen, ohne dass die Person dahinter lächerlich ist. Das ist große Kunst.

      Bei meiner Top 5 tauchen einige der von BjoernErik genannten Titel auch auf. Aber es gibt auch Abweichungen.

      1. Das Haus an der Düne
      Ich liebe die Atmosphäre dieses Romans, und da ich bekanntlich starke Frauenfiguren liebe, komme ich hier mit Nick Buckley voll auf meine Kosten. Der Fall ist wieder einmal großartig konstuiert, die Auflösung stringent und nachvollziehbar - und es fehlt auch nicht an der nötigen Portion Tragik, die einen am Ende mit Rumoren im Magen zurücklässt.

      2. Der Tod auf dem Nil
      Auch hier liebe ich die Atmosphäre. Zudem ist die Handlung viel plausibler als im Film, wo alle Reisenden offensichtliche Tatmotive für den geschilderten Mord haben, was natürlich sehr unrealistisch ist. Diesen Fehler begeht Christie nicht. Eine geniale Auflösung!

      3. Mord in Mesopotamien
      Auch dieses Buch liebe ich wegen der Atmosphäre besonders. Der abgelegene Ort, die begrenzte Anzahl von Verdächtigen - und die augenscheinliche Unmöglichkeit, dieses Verbrechen überhaupt geschehen zu lassen - wieder einmal Agatha Christie in Hochform! Auch hier ist die Auflösung der Hammer!

      4. Der Tod wartet
      Man merkt wohl, dass ich eine Schwäche für die Krimis mit Orient-Setting habe. =) Atmosphärisch gehören die für mich zu den stärksten. Hier finde ich den Verlauf der Handlung und den Kriminalfall mal wieder herrlich gestrickt. Am Ende ist alles ganz anders, als man zuerst dachte. Großartig.

      5. Das unvollendete Bildnis
      Da kann ich mich inhaltlich nur BjoernErik anschließen. Mehr gibt es dazu fast nicht zu sagen. Lange war das mein absolutes Lieblingsbuch von Agatha Christie. Die Erzählweise ist originell und trotz der vielen "Rückblenden" wird es nie langweilig. Die Auflösung ist sensationell!


      Jetzt haben sich doch einige andere Geschichten dazwischen gedrängelt; erst dachte ich, meine Liste würde fast komplett der von BjoernErik entsprechen. Aber die Abstände sind gering. Hinter meiner Top5 folgen dichtauf Alibi, Mord im Orient-Express, Und dann gab es keines mehr, die ich ebenfalls großartig finde.
    • Agatha Christie ist für mich immer auch so etwas wie Nach-Hause-Kommen - und zwar im besten Sinne. Es gibt wohl kein Jahr, in dem ich mir nicht mal wieder eines der alten Meisterwerke greife, um darin zu schmökern.

      Manchmal möchte ich einfach gar nicht intellektuell herausgefordert werden, sondern Literatur zum Wohlfühlen, und da ist es schön, wenn man vorher weiß, dass man auch das bekommt, was man sucht.

      Und dass ich so schrecklich vergesslich bin, macht die Sache noch besser: Bei so manchem Buch durfte ich schon mehrfach miträtseln; meist fällt mir jedoch beim Lesen wieder ein, wer es war. :zwinker:

      Gerade bin ich wieder in einer solchen Phase: Da werden schnell die acht Poirot-Hörspielkrimis rausgekramt, die mir, als ich hier noch ganz frisch war, von @MonsterAsyl ans Herz gelegt wurden und so etwas wie Wohlfühl-Hörspiele für mich geworden sind, und gern auch das ein oder andere Buch oder auch mal eine Kurzgeschichte.

      Hach! :)

      Geht es sonst noch jemandem so?


      David schrieb:

      BjoernErik schrieb:

      Mein Traum wäre eine chronologische Komplettvertonung aller Romane (evtl. auch noch der Kurzgeschichten). Das wäre allerdings ein solches Megaprojekt, dass ich es abseits der Rechtefrage, für leider sehr unwahrscheinlich halte, dass es dazu je kommen wird. (Am ehesten traue ich das @David Holy zu, der ja gern mal solche Großprojekte angeht. Wie wäre es?)
      ;) Wer weiß...

      Das habe ich ja völlig überlesen damals. Ja, das wäre doch mal ein Coup. Ach, was rede ich: das wäre der Coup!

      Ja, das wäre auch mein Traum: eine Komplettvertonung. Die Kombi Ptok/von Manteuffel aus der Poirot-Krimis wäre da optimal.

      Aber das wird wohl nichts. Leider.

      Dabei wäre der ÖRR ja eigentlich der hoffnungsvollste Kandidat; immerhin haben die ja vor noch gar nicht so langer Zeit auch Das krumme Haus vertont.
    • Na, zum Glück darf man ja wenigstens noch träumen... :)

      Hardenberg schrieb:

      Dabei wäre der ÖRR ja eigentlich der hoffnungsvollste Kandidat; immerhin haben die ja vor noch gar nicht so langer Zeit auch Das krumme Haus vertont.
      Ja, aber selbst die scheinen wenig Ambition zu haben, sich derzeit an das Gesamtwerk - oder auch nur einen Teil davon - "heranzuwagen".
      Wobei ich sagen muss, dass ich die "Das krumme Haus"-Vertonung auch nicht sonderlich gelungen fand.
      Wahrscheinlich hat der DLF die ja auch nur wegen des Films von 2017 produziert, so nach dem Motto: "Da schieben wir noch eine Hörversion hinterher, die kommt dann möglicherweise auch an und "amortisiert" sich besser als Story YX von A. Christie."?

      Dabei dürften deren Krimis doch nach wie vor "ziehen", oder sind wir tatsächlich schon die letzte Generation, die sich für ihre Sachen noch interessiert, mal von einigen jüngeren Leuten, wie z.B. @BjoernErik, abgesehen?
      Aber die "Boomer-Basis" und alles 15, 20 Jahre davor und dahinter sollte doch als Publikum eigentlich ausreichen. :denk:
      Oder kuckt (geschweige denn hört...) sowas heute auch die 40+ Generation kaum noch, und wir sind diesbezüglich die totalen "Nerds", ohne dass es uns bewusst wäre. ^^
    • Das Problem sind schlicht und ergreifend die Erben. Der "Berufsenkel" Mathew Pritchard wollte sich jeden Rechteverkauf nicht nur vergolden, sondern auch noch mit Diamanten besetzen lassen. Inzwischen läßt er wohl vieles von seinem Sohn regeln, der zwar etwas freigiebiger ist, aber den Machern immer dreinquatschen will - das Resultat sind dann so Machwerke wie Branaghs "Orient-Express", "ABC-Murders" mit John Malkovich(!) als Poirot, die grauenvolle französische Serie "Kleine Morde" oder auch die schrecklichen Romane von Sophie Hannah.

      Solange Agatha Christie so eine unschlagbare Gelddruckmaschine ist (und das wird bis zum Jahre 2046 auch so bleiben), wird sich da kaum ein Radiosender oder Hörspiellabel im großen Stil ranwagen (außer der BBC natürlich).
    • Ja, das wäre in der Tat schade, wenn es so ist, wie Du es darstellst. Hach, so eine Poirot-Reihe hätte mir schon sehr gut gefallen. Vor allem auch mit dem Gespann von manteuffel/Ptok wie bei den Hörspielen nach Kurzgeschichten, die es mal gab. Aber allmählich wäre das kaum noch umsetzbar, denn die beiden Herren sind ja nun auch nicht mehr die jüngsten und werden früher oder später in ihren wohlverdienten Ruhestand wechseln. Eine komplette Poirot-Umsetzung würde sicherlich viele Jahre dauern.

      Ich habe mir mal wieder eines der Christie-Bücher gegriffen und darin geschmökert: Blausäure.
      Bin gerade bei der Hälfte, und es zieht sich doch etwas. Nicht gerade ihr stärkstes Buch, was die Hinleitung zum Verbrechen angeht. Auch hat sie manchmal die Neigung zu doch eher plakativ-romantischen Dialogen, die mir dann hin und wieder doch zu platt sind.

      Egal, ich lese weiter. Vielleicht erreicht mich die Auflösung mehr. Ich meine mich zu erinnern. Mal sehen, ob es stimmt. :zwinker:

      Noch jemand hier, der in letzter Zeit einen Christie-Roman gelesen hat oder vorhat, es mal wieder zu tun?
    • Hardenberg schrieb:

      Noch jemand hier, der in letzter Zeit einen Christie-Roman gelesen hat oder vorhat, es mal wieder zu tun?
      Oh, wo Du gerade "Blausäure" erwähnst, genau den Band hatte ich kürzlich noch in einem "Bücherschrank" vor Augen, habe dann aber doch nicht danach gegriffen, weil ich gerade erst den Siegfried Lenz-Wälzer "Deutschstunde" angefangen hatte. :lesen:
      Zuletzt habe ich die Tommy und Tuppence-Krimis gelesen, aber das sind ja, bis auf eine, alles nur Kurzgeschichten.

      Aber ich könnte mal wieder eins meiner zahlreichen Hörbücher...
      Nur ist das "Blausäure" leider nicht bei, eben deswegen hätte es mich ja auch als Buch interessiert.


      Milo schrieb:

      die grauenvolle französische Serie "Kleine Morde"
      Und die wäre nach Meinung des Urenkels im Sinne von A.Christie?
      Ich finde die Geschichten dermaßen gewöhnungsbedürtig, dass ich nach der ersten Staffel aufgehört habe, sie mir anzusehen. Wurde ja alles immer hanebüchener und verdrehter! :wirr2: :S

      Obwohl...scheinbar winkt der ja alles durch, Hauptsache, es gibt ordentlich Kohle dafür. Wenn ich sehe, was Du da so aufzählst...
      Egal, wie das zu den Originalgeschichten passt.

      Gibt doch auch eine japanische Animeserie aus den späten 90er oder den 2000ern, in der ein junges Mädchen Hercule Poirot unterstützt und die beiden in etlichen A.Christie-Fällen agieren.
      Da bin ich schon immer erstaunt drüber gewesen, dass die gemacht wurde, allein wegen der Rechte-Kosten.
    • Agatha schrieb:

      Oh, wo Du gerade "Blausäure" erwähnst, genau den Band hatte ich kürzlich noch in einem "Bücherschrank" vor Augen, habe dann aber doch nicht danach gegriffen, weil ich gerade erst den Siegfried Lenz-Wälzer "Deutschstunde" angefangen hatte. :lesen:Zuletzt habe ich die Tommy und Tuppence-Krimis gelesen, aber das sind ja, bis auf eine, alles nur Kurzgeschichten.

      Aber ich könnte mal wieder eins meiner zahlreichen Hörbücher...
      Nur ist das "Blausäure" leider nicht bei, eben deswegen hätte es mich ja auch als Buch interessiert.

      Vielleicht liest Du es ja dann einfach mal wieder. Mich würde Deine Meinung interessieren. :)

      Tommy und Tuppence mag ich als Figuren sehe, aber ihre Plots sind gar nicht meins: recht einfach gestrickte Spionagegeschichten.
      Aber gab es mit ihnen nicht vier Romane?

      • Ein gefährlicher Gegner
      • Rotkäppchen und der böse Wolf
      • Lauter reizende, alte Damen
      • Alter schützt vor Scharfsinn nicht


      Oder waren darunter auch Kurzgeschichtenbände? :gruebel:

      MonsterAsyl schrieb:

      Jau, ich habe vor, demnächst Sleeping Murder zu lesen.

      Oh, eines dieser kuriosen Bücher, die, obwohl offiziell zu den beiden letzten gehörend, doch tatsächlich schon in den 40'ern geschrieben wurden, wie auch Vorhang.

      Viel Spaß damit. :)
    • Von Tommy und Tuppence gibt es die 4 genannten Romane sowie eine Kurzgeschichtensammlung (Partners in Crime/Die Büchse der Pandora), die größtenteils für die alte TV-Serie "Detektei Blunt" herhalten mußte. Aber ich gebe Dir recht, @Hardenberg - als Charaktere mag ich die beiden, aber die Romane sind nicht so das Wahre - abgesehen von den "Lauter reizenden alten Damen".

      Sleeping Murder/Ruhe unsanft ist ein sehr guter Roman, den kann ich eigentlich jedes Jahr. Man merkt auch kaum, daß AC ihn - gemeinsam mit Curtain/Vorhang - schon in den 40ern schrieb und "auf Eis" legte, um ihre Tochter abzusichern, falls ihr selbst etwas zustoßen sollte.
    • Hardenberg schrieb:

      Tommy und Tuppence mag ich als Figuren sehe, aber ihre Plots sind gar nicht meins: recht einfach gestrickte Spionagegeschichten.
      Aber gab es mit ihnen nicht vier Romane?
      Stimmt, natürlich sind auch nur die "Detektei Blunt"-Stories Kurzgeschichten :hirni: , das andere alles Romane!

      Aber ich bin nun auch keine ausgewiesene A.Christie-"Fachfrau", nur weil mein Nick "Agatha" ist.
      Ich mag ihre Sachen, kenne/ habe vieles von ihr, ob nun als Buch, Hörbuch oder Filme, aber eben auch nicht komplett alles. :zwinker:
    • Ist ja auch nicht wild. Ich hab mich nur gewundert, ob ich die Titel fälschlicherweise als Romane abgespeichert habe, obwohl einige davon Kurzgeschichtensammlungen sind. :)
    • MonsterAsyl schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Noch jemand hier, der in letzter Zeit einen Christie-Roman gelesen hat oder vorhat, es mal wieder zu tun?
      Jau, ich habe vor, demnächst Sleeping Murder zu lesen.

      So, ich habe mich jetzt von Euch inspirieren lassen und mir im Urlaub auch mal wieder Ruhe unsanft/Sleeping Murder (blödsinniger deutscher Titel, finde ich, und ein genialer im Original) zu Gemüte geführt.

      Hat Spaß gemacht. Viel Atmosphäre. Einnehmende Charaktere. Spannend umgesetzter Plot, der allerdings im letzten Drittel ein paar Längen aufweist. Und eine schöne Auflösung, obwohl...

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      ...die im einzelnen, vor allem auch im Hinblick auf die drei übrigen Tatverdächtigen, an einigen Stellen schon etwas konstruiert und letztlich auch arg umständlich wirkt.



      Aber das trübt den Lesegenuss kaum.

      Sicher keines ihrer Meisterwerke, aber bei weitem kein schlechtes Buch.

      Mit einer Miss Marple, der man, im Gegensatz zu Poirot in Vorhang, nicht anmerkt, dass dies ihr letzter Auftritt ist.

      Ich könnte jetzt glatt noch eins lesen...
      Nur welches? :gruebel: