Gruselkabinett - 145 - Das unheimliche Puppenhaus

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    • Gruselkabinett - 145 - Das unheimliche Puppenhaus



      Gruselkabinett - 145 - Das unheimliche Puppenhaus

      Zum Inhalt:
      Mr. Dillet kennt sich mit Antiquitäten aus, und als er eines Tages bei seinem Stammhändler Mr. Chittenden ein prächtiges, historisches Puppenhaus entdeckt, will er dieses umgehend für seine Sammlung erwerben. Nach kurzer Verhandlung über den Preis, kommt das Geschäft auch zustande, und Mr. Dillet verlässt hochzufrieden den Laden. Seltsamerweise ist aber auch der Händler mehr als nur erfreut, das schöne Stück losgeworden zu sein, und noch in derselben Nacht erfährt das Ehepaar Dillet den Grund dafür...

      Zur Produktion:
      Nicht nur in England sind die Geistergeschichten des britischen Autors Montague Rhodes James(01.08.1862 - 12.06.1936) nach wie vor sehr beliebt und gehören verdientermaßen zu den Klassikern des Genres. Interessanterweise ist James aber auch heute noch für seine wissenschaftlichen Arbeiten bekannt, und seine lateinische Hagiography über "Æthelberht II of East Anglia, King and Martyr" (English Historical Review 32) aus dem Jahr 1917, ist nach wie vor das Standardwerk zu diesem Thema.
      "The Haunted Doll's House" so der englischsprachige Originaltitel, erschien erstmals in "The Empire Review XXXVIII, no. 265" vom Februar 1923 und wurde zwei Jahre später in dem vierten und letzten Sammelband von M.R.James' Geistergeschichten "A Warning to the Curious" nachgedruckt. Übrigens handelt es sich hier, nach eigenen Angaben des Autors, um eine thematische Wiederverwertung seiner bereits im Jahre 1904 unter dem Titel "The Mezzotint" (Die Mezzotinto-Radierung) veröffentlichten Geschichte.
      Für das Label Titania ist es, nach Gruselkabinett 71, 92, 101, 106 & 140, bereits die sechste Vertonung einer seiner Erzählungen, und ich hoffe, daß es nicht die letzte sein wird.
      Um aus der literarischen Vorlage ein Hörspielskript zu schaffen, hat Marc Gruppe einige Veränderungen vorgenommen.
      Da wäre zunächst der Zeitpunkt der Handlung zu nennen. Während James hierzu keine Angaben macht, siedelt Gruppe das Geschehen im Jahr 1895 an. In welchem Jahr die Geschichte nun letztlich spielt, ist allerdings auch eher zweitrangig und dient dem Hörer lediglich zur zeitlichen Einordnung der Ereignisse. Apropos Zeit: bei James erwacht das Puppenhaus immer um 01:00 Uhr zum Leben, während es bei Gruppe die heutzutage übliche "Geisterstunde", also Mitternacht, ist. Doch es gibt noch weitere Unterschiede zu James' Werk. Die Verhandlung über den Preis, also das Feilschen, ist hier ein wenig ausführlicher, genau wie der Dialog mit dem Butler bei Mr. Dillets Ankunft. Um die bei James rein aus der "Ich-Perspektive" geschilderten Vorgänge rund um das Puppenhaus dynamischer und damit auch hörspielfreundlicher zu gestalten, stellte der Skriptautor dem Protagonisten eine Ehefrau an die Seite und änderte die Monologe bzw. Beschreibungen in Dialoge um. Da der Inhalt der gleiche bleibt, haben diese Unterschiede jedoch keine sonstigen Auswirkungen. Etwas anders verhält es sich dagegen mit der Szene, in der Mr. Dillet die Figur des alten Mannes im Bett findet. Während dies bei James eine ziemlich gruselige Sequenz ist, da Dillet den Eindruck hat, diese bewege sich, wird sie im Hörspiel lediglich entdeckt und zur Kenntnis genommen. Das finde ich ein wenig schade, denn hier vergibt Titania meiner Meinung nach die erste Möglichkeit, den Hörer zum Gruseln zu bringen. Etwas befremdlich wirkt auf mich die Beschreibung der unheimlichen Beleuchtung des Puppenhauses durch das Ehepaar, bei der mehrfach vom "Septembermondlicht" die Rede ist, während bei James lediglich die sehr viel nachvollziehbarere "Septemberabendluft" erwähnt wird. Daß Marc Gruppe die Beschreibung des unheimlichen Wesens, welches die Kinder heimsucht, so vage lässt, statt wie James von einer froschähnlichen Kreatur zu sprechen, ist für mich die zweite vertane Chance, den Hörer zu erschrecken. Begrüßenswert finde ich hingegen, daß Mr. Dillet hier den Händler am nächsten Tag spontan aufsucht, anstatt, wie in der literarischen Vorlage, an einem Küstenort "zufällig" auf ihn zu treffen. Gleiches gilt auch für die neu hinzugekommene Figur des Archivars, mit dessen Hilfe Mr. Dillet dem Rätsel auf die Spur kommt, statt, wie bei James, irgendwann durch Zufall selbst darauf zu stoßen. Da sich Marc Gruppe dem ursprünglichen Werk verpflichtet fühlt, überlässt er es (genau wie James), der Phantasie der Hörer bzw. Leser, sich die offenen Fragen nach der Art und Weise, wie es zu den nächtlichen "Vorstellungen" kommt und was es genau mit dem Toten auf sich hat, selbst zu beantworten. Wer möchte, kann die englischsprachige Originalfassung des Textes im Internet unter wikilivres.org/wiki/The_Haunted_Dolls%27_House nachlesen und selbst mit dem knapp 53minütigen Hörspiel vergleichen.
      Während ich die Geschichte selbst, auf Grund des offenen Endes und der fehlenden Erklärungen, eher schwach finde, gefällt mir die Produktion und Regie durch Stephan Bosenius und Marc Gruppe umso besser. Bereits zur Eröffnung wird eine düster klingende Melodie eingespielt, die den Grundton des gesamten Hörspiels setzt und für eine beklemmende Atmosphäre sorgt, welche das Geschehen nicht nur adäquat unterstreicht, sondern regelrecht durchdringt. Doch das ist nur der Auftakt, denn Bosenius und Gruppe heizen die Spannung noch zusätzlich an, indem sie auch die weitere musikalische Untermalung von Stück zu Stück in Dramatik und Eindringlichkeit steigern.
      Neben den "zeittypischen" Instrumenten, wie der Geige und dem Klavier, ist es vor allem der Synthesizer, der hier zum Einsatz kommt.
      Nicht weniger stimmungsfördernd ist auch die überaus wirkungsvolle Geräuschkulisse. Außer der fast schon obligatorischen tickenden Standuhr, überrascht das Produktionsteam mit einer Reihe von neuen Tönen. So klingen beispielsweise die quietschende Tür und auch das prasselnde Kaminfeuer anders als sonst. Besonders schön finde ich die "Erweiterung" der zu hörenden Nachtvögel, die dem "Titaniakäuzchen" zur Seite gestellt werden. Zusammen mit der leichten Briese und den im Wind rauschenden Blättern, bilden sie ein perfektes akustisches Abbild der Nacht. Gruseliges Highlight sind aber mit Sicherheit die leise eingespielten, aber dennoch überdeutlichen Angstschreie der Kinder. Eine Szene, die noch lange nachwirkt, gerade weil man nicht wirklich weiß, was mit ihnen geschehen ist. Effekte werden dezent eingesetzt, stellvertretend sei hier der leichte Hall genannt, mit dem die Stimmen innnerhalb der Ausstellungshalle unterlegt worden sind.

      Zu den Sprechern:
      Matthias Lühn(Mr. Dillet) dürfte spätestens seit seiner eindringlichen Darbietung des Reisenden (Gruselkabinett - 128 - Der Streckenwärter) den Fans dieser Reihe ein Begriff sein, und auch hier kann er wieder auf ganzer Linie überzeugen. Er agiert einfach großartig als begeisterter Antiquitätensammler, der es nicht abwarten kann, seiner Frau das neue Puppenhaus zu zeigen und, genau wie diese, von dessen nächtlichem Eigenleben alles andere als angetan ist. Mindestens ebenso gut gefallen hat mir Sigrid Burkholder(Mrs. Dillet) als seine sympathische Gattin, welche zwar einerseits etwas klischéehafte düstere Vorahnungen hat, aber andererseits, trotz der grausigen Ereignisse, eher neugierig als panisch reagiert. Ebenso tadellos wirken Bodo Primus(Mr. Chittenden) in seiner Rolle des betagten, verschmitzten Antiquitätenhändlers, der froh ist, das Puppenhaus endlich losgeworden zu sein und Sprecherlegende Dagmar von Kurmin(Mrs. Chittenden) als seine liebevolle, über den Verkauf ebenfalls erleichterte Ehefrau.
      Doch auch der Rest des Casts kann sich mehr als hören lassen. Jacques Breuer(Butler Collins) intoniert den höflichen Angestellten, der von der Neuerwerbung seines Dienstherrn schwer beeindruckt ist. Während Thomas Balou Martin(Archivar) freundlich und hilfsbereit agiert, klingt Marc Gruppe(Kutscher) als Mr. Dillets Fuhrwerklenker grummelig und ein wenig grobschlächtig, sobald er mit rauer Stimme Kommandos gibt.

      Fazit:
      Unheimliche Erzählung, die von Titania-Medien überzeugend in Szene gesetzt wird.

      Das Hörspiel Gruselkabinett - 145 - Das unheimliche Puppenhaus
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      OTR-Fan
    • Insgesamt fand ich diese Folge leider nicht so gut, weil mich extrem gestört hat, wie sich das Ehepaar alles gegenseitig erzählte, was in dem Puppenhaus so vor sich ging. Mir ist klar, daß es wahrscheinlich schwierig war, das irgendwie anders zu inszenieren, damit es "Hörspielig" blieb, aber das hat mir keinen Spaß gemacht. Der Rest war ok, aber ich würde die Folge schon ins untere Drittel setzen.
    • Agatha schrieb:

      Tolkien schrieb:

      weil mich extrem gestört hat, wie sich das Ehepaar alles gegenseitig erzählte, was in dem Puppenhaus so vor sich ging.
      Ich glaube, das dürfte den meisten nicht besonders gefallen haben.Hat auch hier bisher eigentlich so gut wie jeder kritisiert.
      Yepp, ich habe das Hörspiel gerade gehört und störe mich auch an dieser Präsentation der Geschehnisse. Dass das Ehepaar alles so
      Spoiler anzeigen
      detailliert sehen kann, kam mir auch nicht stimmig vor, zumindest entstand kein nachvollziehbares Bild in meinem Kopf.

      Mir gefiel auch nicht das teilweise offene Ende, mit dem ich nicht gerechnet hatte (deine schöne Rezi, MoAs, habe ich nämlich erst nach dem Hören gelesen :) :danke: ) - ich hatte die Tracks nicht im Blick und zack! war das Hörspiel vorbei.
      Sprecher, Geräusche, Atmosphäre - alles gewohnt gute Titania-Qualität ;) , aber wie MoAs schrieb, da hätte man mehr draus machen können, insbesondere was den Gruselfaktor angeht.
      Daher für mich nette Unterhaltung, aber erst mal kein Wunsch nach einem weiteren Durchgang.

      P.S.: Das Cover mag ich, ich liebe lila. ^^
    • Tolkien schrieb:

      Insgesamt fand ich diese Folge leider nicht so gut, weil mich extrem gestört hat, wie sich das Ehepaar alles gegenseitig erzählte, was in dem Puppenhaus so vor sich ging. Mir ist klar, daß es wahrscheinlich schwierig war, das irgendwie anders zu inszenieren, damit es "Hörspielig" blieb, aber das hat mir keinen Spaß gemacht.

      "Schwierig" ist ein Wort, dass es im Repertoire eines ambitionierten und fähigen Hörspielkünstlers nicht geben sollte. :zwinker: Finde ich jedenfalls. Entweder man besitzt das Talent und die Fähigkeit, herausfordernde Buchvorlagen (oder Szenen) als Hörspiel umzusetzen - oder man lässt es eben bleiben.

      Bei Marc Gruppe und seinen Skripten sieht man allerdings schon seit geraumer Zeit so gut wie keine Originalität mehr. Die Art der Umsetzungen ist leider zu einer Art Schema F verkommen.

      Echte Spielszenen sind bis auf ein Minimum reduziert, die Erzähltexte der Vorlagen werden bloß plump in hölzerne Dialoge umgewandelt, in denen sich die Partner nicht selten die ganze Zeit gegenseitig bestätigen, ohne dass auch nur der Funken eines Konflikts oder auch knisternder Spannung spürbar würde. Dazu sind die meisten Szenen auch noch hoffnungslos aufgebläht mit nichtigem oder floskelhaftem Geschnatter, was mir schnell unerträglich wird, während die Hprspiele selbst oft kaum inhaltliche Substanz bieten.

      Ich weiß ja nicht, ob es daran liegt, dass mit den ersten 50, 60 Folgen die Selbstläufer-Vorlagen bereits alle abgearbeitet worden sind, oder ob es der blanken Schreibroutine mit minimalem zeitlichen Aufwand geschuldet ist, aber nach meinem Empfinden sind viele der Skripte beim Gruselkabinett mittlerweile schlicht und ergreifend unzureichend.

      Und das schreibe ich als langjähriger Freund und Liebhaber dieser Reihe!

      Langeweile und Langatmigkeit sind eben nicht einfach nur schade: sie sind ein handwerklicher Mangel, denn auch ein Gefühl für Dramaturgie, Rhythmus und Dynamik sollte unbedingt ins Repertoire eines Skript-Autoren gehören.
    • @Sylphida Ja, eben dieses gegenseitige Schildern, als habe man zwei Fußball-Reporter an Start :zwinker: und auch das offene Ende mit seinen offenen Fragen, sind ja von den meisten als die großen Mankos dieser Folge angesehen worden.
      Im anderen "Puppenhaus"-Thread, wo auch ich vor einer Woche meine Meinung geschrieben habe, gibt es ja noch mehr diesbezüglich lautende Beurteilungen.

      Ich hätte hier die Ereignisse im Puppenhaus ihrerseits zu kleinen Spielszenen gewandelt und versucht, diese, sozusagen im Wechsel mit stark gekürzten! Gesprächen des Ehepaares, einzubauen.
      Wäre aufwendiger, ohne Zweifel, aber dem Hörer dieses doch relativ öde "Jetzt passiert das und jetzt das..." erspart worden.
      Oder die im Original ja gar nicht vorhandene Ehefrau hätte halt blind sein müssen, so dass ihr Mann quasi gezwungen ist, ihr alles zu beschreiben, was geschieht. So wirkt das irgendwie unbeholfen!
      Denn seien wir mal ehrlich: wenn zwei Sehende gemeinsam einen Film anschauen - und das ist mit der Szenerie hier ja durchaus vergleichbar - ruft man sich doch auch nicht ständig zu, was da gerade auf dem Bildschirm passiert. ^^
    • So, jetzt wollte ich mal mutig sein und bin noch ein paar Folgen weiter in die jüngere Vergangenheit, weil ich mir da, angefixt von der Topharbraut und Das Ding, ein weiteres kleines Hör-Vergnügen erhoffte, und bin bei Das unheimliche Puppenhaus gelandet.

      Als Fazit kann ich hier jedoch wieder nur schreiben:

      O mein Gott!

      Wenn ich die beiden oben benannten, vergnüglichen Folgen als neuen Trend sehen möchte, dann gehört Das unheimliche Puppenhaus ganz gewiss in die Zeit vor dem Aufschwung. Die Geschichte ist völlig mager, das Skript mehr als kritikwürdig - und das ganze Hörspiel so belanglos geraten, dass man den Eindruck gewinnen könnte, es wäre mal eben so nebenher wegproduziert worden, um die Staffel vollzukriegen.

      Oft ist ja die Schilderung der Ereignisse im Puppenhaus als suboptimal beschrieben worden. Aber suboptimal ist wirklich geprahlt. Für mich ist das eine Katastrophe. Ich würde gern sagen, dass man eine Szene heute so nicht mehr anlegen kann, aber das würde an der Wahrheit vorbeiführen, denn so etwas ging noch nie!

      Da sitzen Mann und Frau vor einem Puppenhaus, deren Bewohner zu Leben erwacht sind und interagieren - und dem Skriptautor fällt nichts Besseres ein, als die beiden sich gegenseitig die Ereignisse im hektischen Wechsel berichten und bestätigen zu lassen. Und das über lange, lange Minuten hinweg!

      Das klingt dann so:

      Sie: Da - die Tür geht auf und...
      Er: ...und die Dame des Hauses tritt ein.
      Sie: Mit einer Kerze in der Hand.
      Er: Sie - sie weckt die Dienerin.
      Sie: Und - ja, sie scheint sie anzuweisen, aus dem von ihr mitgebrachten, bereits entkorkten Rotwein einen warmen Trank zur Stärkung für den Kranken zu bereiten.
      Er: Ja, genau.

      Man beachte den hervorgehobenen Teil!
      Das darf doch wohl nicht wahr sein! :kopffass:

      Was sind das für sowohl sinnlose als auch überkonstruierte Dialogzeilen? - Das wirkt ja über weite Strecken wirklich nur unfreiwillig komisch. Oder eben zum Haareraufen.

      Ich verstehe nicht, warum man sich einer solchen Vorlage bedient, wenn man dann nicht gewillt ist, adäquate Mittel zu finden, dies auch akustisch angemessen umzusetzen. In diesem Fall hat Marc Gruppe wohl selbst gewusst, dass er mit seiner Neigung, alle Geschehnisse fast ausschließlich über lange Dialoge transportiert zu bekommen, hier an seine Grenzen stoßen wird und er es eigentlich als Hörbuch verkaufen müsste, wenn er dies konsequent durchzöge, also hat er das Ganze einfach statt in einen riesenhaften Monolog in einen Dialog gepresst - und herausgekommen ist eine der am wenigsten glaubhaft und nachvollziehbar klingen Szenen der Hörspielgeschichte, würde ich sagen.

      Wenn einem schon nichts anderes dazu einfällt, als die Handlung allein über Sprecherpart rüberzubringen, dann hätte man das in Form des eingebetteten Erzählers machen sollen. Man denke sich, wie ein Sprecher mit der Stimmgewalt eines Jürgen Kluckert so etwas hätte präsentieren können. So etwas ist, wenn vielleicht auch nicht besonders originell gelöst, durchaus auch über den Erzähltext angemessen lösbar. Matthias Lühn ist ein ausreichend fabelhafter Sprecher, um auch ihm ein gewisses Potential in dieser Richtung zuzutrauen, auch wenn ihm etwa das düster-grollende Timbre eines Kluckert fehlt.
      Noch schöner wäre natürlich gewesen, sich etwas Originelles einfallen zu lassen, um die Handlung - zumindest auch! - auf szenische Weise umzusetzen. Oder, wenn man zu dem Schluss kommt, dass das nicht funktioniert, es einfach sein zu lassen und nach einem anderen Stoff zu suchen.

      Wieder einmal gewinne ich den Eindruck, dass die grundsätzlich durchaus sehr talentierten Hörspielmacher von Titania Medien in gewissem Sinne Opfer ihres selbstauferlegten Fluchs der Vielproduktion geworden sind. Man greift nicht mehr nur zu den Perlen, sondern setzt auch Stoffe um, deren Vorlage bereits mittelmäßig, weil nicht sonderlich originell oder komplex, sind - oder man hat (bzw. nimmt sich) nicht ausreichend Zeit, Stoffe mit der nötigen Originalität und Raffinesse ins Medium Hörspiel zu transferieren. Wenigstens noch bis in die Phase hinein, aus der dieses Hörspiel stammt. (Bei zwei der neueren Produktionen sehe ich durchaus Grund zu Optimismus, dass sich da etwas geändert haben könnte.)

      Aber mal abgesehen von dieser fragwürdigen Umsetzung, kann man auch die Geschichte selbst nicht als Sternstunde der unheimlichen Literatur bezeichnen. Die geschilderten Ereignisse sind nicht sonderlich originell, zudem wird das Hauptmotiv der Handlung, die Folge der Schandtat des Paares, überhaupt nicht beleuchtet, nicht mal ansatzweise - und das Ende wirkt nicht wie ein klassisch offenes, das einen mit dem Gefühl der Beklemmung und mit einem faszinierenden Rätsel zurücklässt - sondern es wirkt, als wäre die Geschichte Fragment geblieben, weil sein Autor am Schreibtisch sanft entschlafen ist, noch bevor er das Ende niederschreiben konnte.

      Alles in allem eine völlig fleischlose Angelegenheit, diese Geschichte.

      Die Sprecher sind gewohnt professionell, aber bei dieser mageren Handlung kann selbst der großartige Matthias Lühn nichts mehr retten. Sabine Burkholder als seine Frau erinnert mich sehr stark an Petra Barthels Einsatz als Lucy Westenra in der Dracula-Vertonung aus derselben Reihe.

      Was das Sounddesign angeht, so erscheint mir diese Folge eher minimalistisch. Zur Erzeugung von Atmosphäre beschränkt man sich, wie so oft, hauptsächlich auf den Einsatz von Musik - ein Effekt, der sich bei inflationärem Einsatz leider recht bald verbraucht und für sich genommen viel zu wenig ist, um allein damit ein gutes Hörspiel zu zaubern, das in oberen Liga mitspielen kann.

      Für mich insgesamt, sowohl was die Geschichte als auch die Inszenierung angeht, eine saft- und kraftlose Episode.


      :st: :st: :st2: :st2: :st2:

      Brauche ich nicht nochmal.
    • Hardenberg schrieb:

      Brauche ich nicht nochmal.
      Ich denke mal, so ging es hier vielen - aus genau den Gründen, die Du schilderst.
      Denn gerade die extreme Dialoglastigkeit während des "Puppentheaters" :zwinker: wurde ja immer wieder als das große Manko der Folge angeführt. :pfeifen:

      Ich bin ja jetzt schon gespannt, was Du zu "Der Rabe" oder auch "Der gewaltige Gott Pan" schreiben wirst, wenn Du die noch hören solltest.
      Die sind ja auch beide recht "umstritten" gewesen. =)