Die juten Sitten

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    • @Cherusker Oh, Du hast je Recht, da ist sie doch die Erzählerin!
      Ich zumindest hatte sie vorher noch nie in einer anderen Rolle als dort gehört, zumindest könnte ich mich nicht erinnern. :gruebel:
      Für mich wirkte ihre Stimme jedenfalls sehr unverbraucht.
      Na, dann interessieren mich "Die juten Sitten" ja gleich noch ein bisschen mehr! :)
    • Agatha schrieb:

      Hardenberg schrieb:

      Hat's denn sonst noch niemand gehört?
      Na, Du bist aber wirklich begeistert davon! :thumbup:

      O ja und mehr denn je nachdem ich es nun fertig gehört habe. Man fiebert und leidet Stunde um Stunde mit den Figuren mit, mit der kleinen Hedi, ihrer resoluten Großmutter, die zugleich Puffmutter ist, mit Colette, der kühlen und beherrschten Hure, die als die schönste Berlins gilt, mit Natalia, der Domina, die ein Problem mit Nähe hat, mit Emil, dem Stricher, der von ganz unten kommt und es nicht schafft, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen - und natürlich Fritz, dem Gigolo, der kalt ist und berechnend, dabei aber nicht weniger Produkt seiner Geschichte als alle anderen - und den ebenfalls heimliche Sehnsüchte umtreiben.

      Wie all diese Figuren sich in ihrem Milieu bewegen, wie sie versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen, wie sie von einem besseren Leben träumen, wissend, dass es schier unerreichbar ist - und wie sie sich gegen das wohl nahezu unvermeidliche Scheitern zu stemmen versuchen, das berührt, das reißt mit, das begeistert.

      Und eingefasst ist diese wunderbare Erzählung voller anrührender wie auch immer wieder komischer Momente von der Geschichte eine Mordfalls, die doch scheinbar nichts mit alldem zu tun zu haben scheint, aber doch in Wahrheit so etwas wie deren Schlusspunkt setzt. Das ist großartiges Kino für die Ohren - und dabei nicht schwergängig oder bemüht, sondern locker-leicht erzählt, mit viel Humor und getragen von einer Riege wunderbarer Schauspielerinnen und Schauspieler, die ihren Figuren große Authentizität und vitale Kraft einzuflößen wissen.

      Endlich mal wieder ein Hörspiel, das mir etwas Neues erzählen möchte, was ich so noch nie gdhört habe.

      Und endlich mal ein Hörspiel, das es schafft, auch schlüpfrige, erotische oder sogar völlig versaute Szenen adäquat umzusetzen, so dass es wirkt, als wäre es aus dem Leben gegriffen, ohne dabei abgeschmackt oder wie aus einem billigen Softporno zu klingen.

      Ich kann nur jedem Hörspielmacher, der Szenen wie diese in seine Hörspiele unterbringen möchte, empfehlen, dieses Hörspiel zu hören, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie man so etwas richtig macht. So muss das klingrn - und nicht wie bei Titanias Mönch oder Dopamin aus der Reihe MindNapping!

      Für mich insgesamt eines der absoluten Hörspiel-Highlights der letzten Jahre!
    • Cherusker schrieb:

      @Hardenberg - Danke fuer den Link. Da dir Jeanette Hain so gefaellt, hoer vielleicht mal in Seide hinein (link zu meiner Besprechung - Sie ist in dem Hoerspiel, nicht der Lesung). Da ist sie auch total fantastisch.

      Sorry, völlig übersehen!
      Danke für den Tipp. :) Ich muss gestehen, ich habe das gar nicht richtig verfolgt, weil mir der Titelname zu beliebig war. Seide? Was soll das sein? Die Geschichte einer Schneider-Dynastie? :zipfel:
      =)
      Aber wenn Jeanette Hain da die Erzählerin ist, wird's interessant, denn bei Die juten Sitten ist sie wirklich überragend gut.

      Da versuche ich auf jeden Fall, diesen Tipp im Hinterkopf zu behalten.
    • Hardenberg schrieb:

      War eigentlich bekannt, wer da die Regie übernommen hat? :gruebel:
      Es ist schon auffällig, dass man bei Ankündigungen von Hörspielen bei Audible immer mit der Lupe suchen muss, um, wenn überhaupt, zu erfahren, wer da Regie geführt hat.

      Absicht, oder einfach nur Gewohnheit als Hörbuchvertrieb, weil bei Hörbüchern ja auch Sprecher und Autor/in genannt werden, nicht aber die Regie?
      Versuchen Sie es. Manche Menschen sind in der Lage, es zu vermeiden, dass man sie wahrnimmt.
    • @Fader
      Ich könnte mir vorstellen, dass das von der breiten Masse schlicht nicht nachgefragt wird, zumal von jenen Hörern, die, wie Du ja auch schreibst, erst von Hörbuch-Interessierten zu Hörspiel-Interessierten wurden. Man hat ja schon Schwierigkeiten, ausführliche Sprecherangaben zu bekommen. Bei Die juten Sitten warb man zwar mit den Sprechern der vier Protagonisten, aber wenn man die übrige Riege erfahren wollte, war man aufgeschmissen - oder musste das Ende des Hörspiels und damit den Abspann abwarten.

      Für mich hat das allerdings auch etwas mit Wertschätzung zu tun, wenn auf der Info-Seite zu einem Hörspiel auch alle (wesentlichen) Produktionsbeteiligten aufgeführt werden. Ich hoffe, da tritt zukünftig bei Audible noch eine Einsicht ein. Ansonsten machen sie ja vieles richtig.
    • Hardenberg schrieb:

      Für mich hat das allerdings auch etwas mit Wertschätzung zu tun, wenn auf der Info-Seite zu einem Hörspiel auch alle (wesentlichen) Produktionsbeteiligten aufgeführt werden. Ich hoffe, da tritt zukünftig bei Audible noch eine Einsicht ein. Ansonsten machen sie ja vieles richtig.
      Das sehe ich genauso. Aber warum sollten sie was ändern, wenn keiner/zu wenige protestieren oder Interesse zeigen?
      Versuchen Sie es. Manche Menschen sind in der Lage, es zu vermeiden, dass man sie wahrnimmt.
    • Ich bin begeistert!Ein Ausnahmehörspiel.Die Sprecher sind einfach göttlich.Habe auch selten so geniale und vor allem auf den Punkt gebrachte,teilweise spitze Dialoge gehört.Das Flair ist perfekt eingefangen und auch wenn wenig passiert lauscht man gebannt.Ein echt tolles Ding.
      FFM-ROCK.DE
    • Kürzlich habe ich zu meinem persönlichen Vergnügen an einer Audible-Umfrage zum Thema Die juten Sitten teilgenommen und wurde zu meiner Überraschung mit folgender Frage konfrontiert:

      Die juten Sitten 2: Kaiserwetter in der Gosse

      Teil II des Audible Original Hörspiels „Die juten Sitten. Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten.“ zeigt die deutsche Kaiserzeit in all ihren Facetten. Es geht um Sex und Ehre, den Prunk der noblen Oberklasse, ihre Lust und Frigidität, und um die Verlierer des Feudalismus.

      In den Dreißiger Jahren muss Puffmutter Minna die Ritze schließen, die Nazis machen ihr das Geschäft mit der Liebe unmöglich. Während sie zusammen mit Emil ihr geliebtes Etablissement „einpackt“, erzählt sie dem Stricher in Rückblenden von der Kaiserzeit. Wie sie es vom Straßenmädchen zur Kurtisane eines deutschen Fürsten geschafft hat, was der Kaiser für ein Mann war (keen besonders sinnlicher, dit kann ich dir sagen) und wie sie als alleinstehende Frau an ihr eigenes Bordell gekommen ist. Alles dreht sich um den Sexskandal im Grunewald, ein Duell mit tödlichen Folgen und um Fritz’ Vater, dessen Namen Minna nie preisgegeben hat – und der, wie Emil langsam klar wird, von sehr blauem
      Blut sein könnte … Minna erzählt in gewohnter Schnoddrigkeit und Herzenswärme, mit ein bisschen Wehmut und Angst vor der Zukunft. Sie will Deutschland zusammen mit Emil verlassen und ahnt noch nicht, dass ein weiterer Mann sie am Ende begleiten und nie wieder von ihrer Seite weichen wird.


      Nur basierend auf dieser Kurzbeschreibung:
      Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie sich diesen Titel anhören würden?

      Nun würde mich natürlich brennend interessieren, ob diese Frage nur ein Versuchsballon ist, den man mal startet, um zu sehen, ob Interesse daran bestände, oder ob dieses Projekt schon weiter gediehen ist. Ich habe den Eindruck, dass Die juten Sitten schon auch ein Erfolg gewesen zu sein scheint, insofern läge ja eine Fortsetzung (in diesem Fall: ein Prequel) nahe. Potential böte der Stoff sicherlich, und die Kaiserzeit ist sicherlich ein interessantes Setting, um darin eine Geschichte spielen zu lassen.

      Und überdies würde diese Geschichte eine der interessantesten und prägnantesten Figuren aus Die juten Sitten näher beleuchten. Das könnte schon etwas sein.

      Was mich noch ein wenig stocken lässt (als einziges), ist die Tatsache, dass offensichtlich Minna als (eingebettete) Erzählerin des Ganzen fungieren würde, wie Hedi in der ersten Staffel - und da frage ich mich, ob diese Figur, so wie wir sie kennenlernen durfte, dazu taugt? Sie war ja eher schnoddrig und berlinerte sich durch die Geschichte. Will man so auch die Erzählerin anlegen?

      Aber wie gesagt: noch ist nichts betsätigt. Nur eine Frage innerhalb einer Umfrage.

      Nichtsdestotrotz seien die Fragen gestattet:

      Was hieltet Ihr von einer solchen Fortsetzung?
      Würdet Ihr Euch darüber freuen, sie vielleicht sogar kaufen?
      Und was denkt Ihr über Minna als zentrale Figur und auch Erzählerin?

      Ich bin wie immer sehr gespannt auf Eure Antworten. :)

      PS: Für mich das Beste an einer Fortsetzung: Wir dürften Die juten Sitten dann als Serie betrachten und sie wäre darum im kommenden Jahr auch in der Rubrik Die beste Hörspielserie 2018 wählbar. :green:


      Nebenbei:

      Kennt Ihr denn nun auch alle schon dieses Highlight von Audible?


    • Naja, ob's ein Highlight nach den eigenen Maßstäben ist, kann man natürlich nur dann qualifiziert beurteilen, wenn man es auch gehört hat. :zwinker:

      Ansonsten kann man halt nur feststellen, ob das persönliche Interesse erreicht wird mit Thema und Produktionsdaten oder eben nicht.

      Aber meine Frage richtete sich sowieso mehr an die potentiell interessierte Hörerschaft und weniger an jene, die grundsätzlich keine Audible-Produktionen hören, denn bei denen braucht's die Frage ja eigentlich auch gar nicht. :schulter: =)
    • Hardenberg schrieb:

      Man fiebert und leidet Stunde um Stunde mit den Figuren mit, mit der kleinen Hedi, ihrer resoluten Großmutter, die zugleich Puffmutter ist, mit Colette, der kühlen und beherrschten Hure, die als die schönste Berlins gilt, mit Natalia, der Domina, die ein Problem mit Nähe hat, mit Emil, dem Stricher, der von ganz unten kommt und es nicht schafft, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen - und natürlich Fritz, dem Gigolo, der kalt ist und berechnend, dabei aber nicht weniger Produkt seiner Geschichte als alle anderen - und den ebenfalls heimliche Sehnsüchte umtreiben.

      Jaaaaa!
      Und jeder dieser ganz besonderen Charaktere (die man ja leicht noch um etliche ergänzen könnte, weil sie alle gemeinsam die Atmosphäre hier unglaublich dicht machen!) wird noch dazu von einem so perfekt passenden Sprecher/ einer Sprecherin verkörpert, dass man das Ergebnis nur als emotional "umwerfend" bezeichnen kann!
      Sogar die krassesten, erschütterndsten Szenen, von denen wirklich einige geboten werden, sind bestens interpretiert und rundum gelungen!

      Die Geschichte selbst ist durch die interessanten Figuren und ihre ungewöhnlichen Lebensumstände von vorne bis hinten ein Hörvergnügen, das einen gleichzeitig fesselt und erschüttert.
      Sowohl bezogen auf das, was in der "Gefängnis-Gegenwart" der 50er geschieht, als auch auf das im "Bordell-Berlin" der 20er Jahre.
      Man schluckt da schon mehrfach, und ich hatte einmal Tränen in den Augen , einfach, weil mich das Schicksal der Protagonisten sehr berührt hat, ich schwer ertragen konnte, dass das jetzt auch noch passiert oder ihnen nicht wenigstens diese Wendung erspart bleibt!
      Aber man muss alles im zeitlichen und örtlichen :zwinker: Kontext sehen!
      Das Leben war für die Menschen in diesem Milieu selten bis nie ein Spaß, wie sie es hier trotzdem zu meistern versuchen, ihre kleinen oder großen, fast durchweg unerfüllbaren Träume haben oder einfach nur "durchkommen" wollen, das wird so eindringlich und großartig geschildert, dass man sich davon nur gefangennehmen lassen kann!

      Zunächst musste ich mich zwar auch ein bisschen in die Geschichte hineinfinden und erst mal Noahs Worten anschließen, der Hedi leicht konsterniert fragt: "Warum erzählen Sie mir das alles?", denn schließlich will er ja mit ihr vordringlich über den Mord sprechen. :zwinker:
      Aber genau wie er erkennt man schnell, dass hier alles zusammengehört, weil jede dieser Etappen Hedwig zu dem gemacht hat, was sie nun ist.
      Eine Kindheit unter starken Frauen (und Jungs :zwinker: ), die sich, mal eisern und geradezu grausam, mal schnoddrig-humorvoll durchboxen und größtenteils scheitern, aber das Mädchen dadurch nur umso härter und entschlossener werden lassen!

      Trotz der doch sehr plakativen Sexszenen und der entsprechenden Sprache, der schweren, teils brutalen Lebensumstände, mit denen die Frauen - und nicht nur sie, sondern das gesamte Bordellgewerbe - sich zu arrangieren haben, hat man hier eigentlich nie das Gefühl, es werde unnötig pornographisch.
      Im Gegenteil - verschämt drumherumzureden, den Sex, der diese Welt ja regiert, auszusparen, gerade das wäre mehr als heuchlerisch und unpassend gewesen!
      Und dass das so gut gelingt und vollkommen unverkrampft geschieht, ist der absoluten Professionalität des Casts zu verdanken! Chapeau!!!

      Eins der besten und - trotz aller Heftigkeit - unterhaltsamsten Hörspiele, die ich kenne!

      :st: :st: :st: