[BR2] Draußen vor der Tür

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    • [BR2] Draußen vor der Tür

      Am 26.01.2019 um 15:05 Uhr sendet der Bayrische Rundfunk diesen Klassiker.

      Inhalt:
      Die Stationen der versuchten Heimkehr des Unteroffiziers Beckmann aus dem zweiten Weltkrieg demonstrieren Leiden und Sinnlosigkeit dieses Krieges - von Kriegen überhaupt. Beckmann sucht einen neuen Anfang, geleitet, immer wieder angetrieben und ermutigt von der Figur des "Anderen", der als sein aktiveres, lebensbejahendes Alter Ego gelten kann. Doch überall bleibt Beckmann "draußen vor der Tür". Als ihn ein Mädchen mitleidig zu sich nach Hause nehmen will, erscheint unerwartet deren zum Krüppel gewordener Mann aus dem Krieg. Die Elbe nimmt Beckmanns Selbstmord nicht an, eine zivilbürgerliche Existenz scheint ausgeschlossen, der Oberst nimmt die Verantwortung für Kriegsverbrechen nicht zurück und "der alte Mann, der sich Gott nennt" schweigt. "Gibt denn keiner, keiner Antwort?" - der Verzweiflungsschrei Beckmanns, die Schlussworte des Hörspiels, spiegeln die Bedingungen der unmittelbaren Nachkriegszeit.

      Hintergrund:
      Bereits am 13. Februar 1947 strahlte der Nordwestdeutsche Rundfunk eine Hörspielfassung des Dramas aus und verlieh der desillusionierten Generation der Kriegsheimkehrer eine eindringliche Stimme, die in ihrer Wahrheit viele Hörer ergriff und befreite, aber in ihrer unmissverständlichen Direktheit auch abschreckte. Ein Schrei ging durch die Reihen der Verzweifelten, Verlassenen und Verstümmelten, die aus ihrer aufgezwungenen Apathie aufschreckten und sich plötzlich mit ihrer Situation konfrontiert sahen. Der Protagonist Beckmann fungiert in "Draußen vor der Tür" als Stellvertreter der Kriegsheimkehrer, die nach Antwort verlangen, Antwort auf Fragen nach dem Sinn ihres Lebens, "Wozu? Für wen? Für was?". So steht denn auch Borcherts Schlusssatz als anklagender Hilfeschrei im Raum: "Gibt denn keiner, keiner Antwort???"


      Kriegsheimkehrer – Die Generation der Desillusionierten
      Borchert, der kriegsverletzt am Ende seiner Kräfte Vegetierende, wagte diese Anklage, denn der Stoff seines Lebens war der Stoff vieler vom Krieg gebeutelter Soldaten – er war jahrelang an der Front gefangen und schließlich schwerstverwundet nach Hause geschickt worden. Die Tragik seines Lebens und der Wille, dieser Gehör zu verschaffen, befähigten ihn, an das Krankenbett gefesselt, in nur acht Tagen die Geschichte Beckmanns zu verfassen, der nach einem gescheiterten Selbstmordversuch einem Mann, genannt "der Andere", die Hölle seiner vorangegangenen dreijährigen Kriegsgefangenschaft in Russland schildert.
      Die Hoffnungen auf ein "heiles Zuhause" werden auf grausamste Art und Weise zerschlagen, denn heil ist in der ehemaligen Heimat nahezu Nichts geblieben: überall zerstörte Städte, Trümmerfelder. Die nach Geborgenheit Lechzenden finden sich aber nicht nur äußerlich ihrer Behausung beraubt, auch innerlich fühlen sie sich wie einer "Draußen vor der Tür". Auch der einzige Hoffnungsschimmer, an den man sich geklammert hat, die liebende Ehefrau, hat sich nicht selten einem Anderen zugewandt. Beckmann muss diese schmerzliche Erfahrung ebenfalls machen: "Als ich jetzt nach Hause kam, da war mein Bett besetzt."

      Kollektive Verarbeitung des Krieges
      Rasend und gehetzt erfolgte die Niederschrift seines Dramas, dessen Uraufführung in den Hamburger Kammerspielen am 21. November 1947 er nicht mehr miterlebte. Einen Tag zuvor erlag er 26-jährig seinen im Krieg erlittenen Verletzungen. Die Frage nach der Schuld und die Schuldverteilung charakterisiert die Figuren des Stückes und spaltet sie in diejenigen "draußen vor der Tür", in die junge Generation, die durch ihr Schuldbewusstsein von ihrer Mitschuld entlastet wird und in diejenigen der älteren Generation, drinnen, satt und aufgehoben, ohne Schuldbewusstsein. Die außerordentliche Resonanz auf Borcherts Drama resultiert nicht zuletzt daraus, dass es dem betroffenem Publikum durch die Identifikation mit Beckmann die Verarbeitung ihrer eigenen Kriegserfahrungen ermöglichte.

      Sprecher:
      Hans Stein, Marianne Kehlau, Ernst Schlott, Klaus W. Krause, Gertrud Spalke, u.a.

      Produktion:
      Von Wolfgang Borchert
      Bearbeitung - Arnold Weiß-Rüthel
      Regie - Walter Ohm
      Komposition - Mark Lothar
      BR 1948

      Der bayrische Rundfunk hat das Hörspiel bereits jetzt in der Mediathek zum :download: bereit gestellt.


      OTR-Fan
    • Das Drama kenne ich zur Genüge aber diese Funkfassung ist sicherlich ein interessantes Zeitzeugnis. Ausserdem freue ich mich natürlich auf eine junge Marianne Kehlau. :]
      Ein Vogel sitzt auf meinem Bein, dem schlag ich gleich die Fresse ein.
      Knarf Rellöm
    • MonsterAsyl schrieb:

      Der bayrische Rundfunk hat das Hörspiel bereits jetzt in der Mediathek zum bereit gestellt.
      Hehe, 1948, das kann ich auch zum Download bereitstellen. Oder besser als Kaufdownload, gibt bestimmt paar die zahlen 8)
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • GrimReaper schrieb:

      Hehe, 1948, das kann ich auch zum Download bereitstellen.
      Dann mach doch :biggrin: :zwinker:


      gruenspatz schrieb:

      Erinnert mich zwar irgendwie gruselig an die Schule =)
      Ja, ich denke auch, das ist den meisten von uns mal in diesem Zusammenhang begegnet, aber bei mir mittlerweile schon so lange her, dass ich meine Erinnerung gut wieder auffrisch kann.
      Außerdem geht es mir ähnlich wie @marc50 ich bin auch gespannt auf die junge Marianne Kehlau, kenne sie, wie wohl die meisten, nur als Sprecherin im schon etwas reiferen Alter. :)