Gabriel Burns - Die Serien-Besprechung

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    • Hardenberg schrieb:

      An das mit der Verbindung zwischen Nebelsee und Meer kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Wo ist denn die Rede davon?
      (...)
      Ich muss gestehen, ich bin nicht mehr sicher, ob das explizit im Hörspiel erwähnt wird oder wir das damals argumentativ hergeleitet haben... :gruebel:
      Der frühe Vogel fängt den Wurm.
      Aber die zweite Maus bekommt den Käse.
    • @Marco: ich müßte wirklich noch mal das Buch lesen, um zu erfahren, ob Niles wirklich
      Spoiler anzeigen
      tot ist. Also der Echte. Ich meine aber das mindestens einer seiner bösen Klone überlebte....
      . Es ist aber soo lange her, dass ichs genau nicht mehr sagen kann....
      Menschlichkeit ist nur noch eine dunkle Erinnerung...
    • Ich habe die Serie nun beendet, und es ist trotz aller seelischer & moralischer Vorbereitung natürlich so, dass ich jetzt gerade wieder mega-enttäuscht bin. Dieses Gefühl kenne ich noch von vor 4 Jahren und hatte es zwischenzeitlich erfolgreich ad acta gelegt, indem ich mich überhaupt nicht mehr mit Gabriel Burns beschäftigt habe, auch nur sehr selten an den entsprechenden Threads oder Spekulationen teilgenommen habe.

      Tja, was soll ich sagen? GB ist für mich die mit Abstand beste Hörspielserie, die ich kenne. Sicherlich gibt es einige Kritikpunkte, die man anführen könnte, aber im Großen und Ganzen ist das für mich die hochwertigste Mystery-Unterhaltung schlechthin, wobei ich ja scheinbar nicht allein mit diesem Empfinden bin.

      Umso unverständlicher, dass Herr Sassenberg mitten im gewaltigen Finale eines größeren Erzählstranges aufhört und nicht mal die Abschlussfolge des Leviathan-Mehrteilers bringt. Aber genau hier will ich auch aufhören, darüber weiter nachzudenken - ich habe die Reise genossen, war am Ende erneut enttäuscht und werde die Serie bzw. Gedanken darüber erneut auf Eis legen. Kommt noch was nach, bin ich der Erste, der sich freut.... kommt nix mehr: so what? Aber verstehen werd' ich's wohl nie.

      An dieser Stelle demnächst noch ein Erlebnis, welches ich mit "Der Tod ist eine Lektion" hatte; sehr intensiv, daher würd' ich euch noch gerne davon berichten, auch wenn es sich weniger um inhaltliche Dinge handelt.

      Schönen (Wahl)sonntag erstmal (so ihr Hessen seid) :winke:
      :hammer: ... mit so *nem kleinen Richterhämmerchen allen auf die Birne kloppen und dabei jedes Mal "ABGELEHNT!" schreien - das wär's :hammer:
    • @*dot*

      Da bin ich ja mal gespannt auf Deine Eindrücke.

      Ja, kann ich mir vorstellen, dass da eine ganze Portion Enttäuschung zurückbleibt am Ende des Burns-Marathons. Das wird bei mir wohl ähnlich werden, auch wenn mein Gesamturteil wohl nicht ganz so uneingeschränkt euphorisch ausfallen wird. Atmosphärisch und was die Inszenierung betrifft, ist Gabriel Bruns für mich auch absolute Königsklasse - und dies in Serienform für mich unerreicht. Was allerdings die inhaltliche Konzeption und Stringenz angeht, habe ich da zum Teil wirklich deutliche Kritik. Das ist, neben den echten Highlights, die es ja nun wirklich auch gibt, nicht selten eben auch Mittelmaß oder sogar weniger.

      Aber ich will nicht vorgreifen. Zunächst einmal meine Besprechung zu Folge 10 - Diesseits der Kuppeln.

      ********************

      Gabriel Burns – 10 – Diesseits der Kuppeln



      (Quelle: amazon)

      Luther Niles und seine Kinder…

      SPOILER-Warnung!

      Steven Burns und Joyce Kramer sind nach ihrem Grenzübertritt in die Ukraine vom russischen Militär festgesetzt worden. Nachdem den Russen auch Luther Niles in die Hände gefallen und dieser bei der daraus folgenden Konfrontation das Leben verloren hat, tritt man nun mit nachdrücklichen Fragen an die beiden Kanadier heran, denn wie sich herausgestellt hat, verfügte Niles nicht nur über einen reduzierten Verdauungstrakt, sondern sein Körper scheint auch Tage nach seinem Tod gänzlich von Verwesung verschont zu sein. In einer brutalen Aktion wird Steven der kleine Finger amputiert, und es zeigt sich, dass auch dieser dem natürlich Verfallsprozess rätselhafterweise entgeht.
      Weitere Nachforschungen der Russen ergeben, dass die tote Züchtung, wie es scheint, zuvor an einem geheimen Biosphärenprojekt teilgenommen hat, das noch zu Sowjetzeiten auf ukrainischem Staatsgebiet und mit Unterstützung rumänischer Wissenschaftler gestartet worden ist. In diesem sind die Taiga sowie die Küstenregion des Kaspischen Meeres nachgebildet worden, und der Niles-Züchtung, die sich dort Konetka nannte, kam bei diesem Projekt eine Schlüsselstellung zu, nachdem die Rumänen ihre Wissenschaftler zurückbeordert hatten. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei dem Toten jedoch nicht um Konetka. Dieser hält sich nach wie vor in den Sphären auf – und so kommen die Russen und Steven Burns überein, ihn und Joyce zusammen mit einem Biologen und zwei Vertrauten der verantwortlichen Wissenschaftlerin Kolmajansk in die Sphären zu entlassen, in denen zwischenzeitlich nicht nur Mitarbeiter verschwunden sind, sondern sowohl Vegetation als auch Fauna einer ebenso unheimlichen wie mysteriösen Transformation unterworfen zu sein scheinen. Steven und Joyce fällt nun die Aufgabe zu, den Gründen für diese Veränderung und auch dem Verbleib von Niles/Konetka nachzugehen.
      Parallel dazu werden Larry Newman und Bakermans Mitarbeiter Stuart Blumberg von diesem nach Bukarest entsandt, nachdem der Kontakt zu Steven Burns und Joyce Kramer abgerissen ist. Sie erfahren von einem Journalisten, der Kontakt zu Überlebenden aus Nelaru hatte, und besuchen ihn, um ihn zu befragen. Es wird jedoch deutlich, dass dieser von der Securitate unter Druck gesetzt wird, und wenig später müssen Larry und Stuart mit Entsetzen erkennen, dass das Böse, das in Vancouver um sich greift, auch Bukarest bereits im Griff hat, als der Journalist vor ihren Augen von einem Grauen Engel getötet wird.

      Und wieder geht es mit atemberaubendem Tempo hinein in das nächste Abenteuer. Es wird nicht innegehalten, um erst einmal die Ereignisse in Nelaru wirken und den Zuhörer zur Ruhe kommen zu lassen – nein, ohne auch nur kurze Verschnaufpause wird der Plot weiter vorangepeitscht, und wieder ist es eine wahre Lust, Burns und seinen Mitstreitern dabei zu folgen.

      Wie so oft fällt auch hier besonders positiv auf, mit welcher Lust und Sorgfalt Sassenberg und Weber reale Hintergründe aufgreifen, um sie mit dem Seriengeschehen zu verknüpfen – und zwar nicht indem man den Fokus darauf legte, sondern fast wie nebenbei, mit beeindruckender Nonchalance. In dieser Episode wird mit wenigen Federstrichen die russische Dominanz auf die Ukraine auch nach dem Untergang des Sowjet-Imperiums dargestellt und ohne überlanges Schwadronieren auf das Biosphären-Projekt umgeleitet, bei dem ebenfalls mit nur wenigen Schilderungen ein plastisches Bild vor Augen des Hörers entsteht. Es muss an dieser Stelle ganz einfach noch einmal ausdrücklich betont werden, dass diese Pointiertheit, diese punktgenaue Fokussierung auf relevante Details, ohne diese aber zu viel Raum einnehmen und den Erzählfluss stören zu lassen, wahrlich meisterlich ist. Man findet so etwas nicht sehr oft in zeitgemäßen Hörspielproduktionen, die ja meist vielmehr daran kranken, dass sie viel zu gedehnt und erzähllastig sind und viel zu wenig dynamische Spielszenen zu bieten haben – oder eben inhaltlich völlig schlicht sind. Bei Gabriel Burns schafft man den Spagat zwischen Vermittlung de für das Verständnis notwendigen Informationen und gleichzeitig rasanter Erzählweise mit kontinuierlich ansteigendem Spannungsbogen auf wirklich beeindruckende Weise.

      Und auch das Sounddesign überzeugt hier auf ganzer Linie – was in diesem Fall aufgrund des außergewöhnlichen Settings ja von besonderer Herausforderung gewesen sein müsste. Exemplarisch sei die Anfangssequenz genannt, in der Ella Kolmajansk mit ihren Mitarbeitern nach den Verschollenen in der Biosphäre sucht und ihr Jerin Petrowska auf einen Wolf trifft, ehe er sich in einem spontanen Impuls in den Urwald schlägt: wie hier mit einer opulenten Soundkulisse das Bild einer urwüchsigen, ja wild wuchernden, jeder menschlichen Ordnung abholden Welt kreiert wird, die nichts mehr mit einem von der Wissenschaft erschaffenen Idyll gemein hat, sondern vielmehr bedrohlich wirkt und alles verschlingend, das ist wirklich hervorragend in Szene gesetzt. Und wie am Ende dieser Szene das Schrillen und Kreischen der Vögel, dieser ganze flirrende Klangteppich, dem dieses seltsame Geräusch des steten Pulsierens eines aus der Art geratenen Lebens unterlegt ist, immer weiter anschwillt und Jerin von diesem beinahe unerträglich werdenden Radau geradezu verschluckt wird, das macht den Einstieg in diese Folge zu einem ganz besonders gelungenen. Wieder einmal bleibt mir nichts anderes übrig, als zu schreiben: Besser kann man so etwas nicht machen. Hut ab!

      Sehr schön ist hier auch der Einsatz der Musik geraten, die sehr schön die jeweilige Stimmung transportiert. Hervorheben möchte ich die ruhige Variation des Burns-Themas, das oft dezent und kaum merklich im Hintergrund angeschlagen wird und der jeweiligen Szene einen irritierenden Beiklang verleiht, fühlt sich diese Melodie doch im ersten Moment so vertraut an, während sie es aufgrund der anderen Art der Präsentation doch letztlich gar nicht ist. Auch das sehr schön umgesetzt.

      Leicht störend ist allerdings nach wie vor das verzögerte Einsetzen der Musik, nachdem die Szene, die ihr vorausging, geendet hat. Oft setzt eine kurze Pause ein, und erst dann setzt die Musik ein. Das verwirrt, dieses Mal jedoch nicht im positiven Sinne, und scheint auf einem technischen Problem in den Anfängen der Serie zurückzugehen, denn im weiteren Verlauf wird sich dies glücklicherweise ändern.
      Auch in dieser Folge haben wir es übrigens, wie schon bei Am Grenzgebiet, mit einer Inkonsequenz beim Einsatz von Akzenten der Figuren zu tun, deren sprachlicher Hintergrund ein anderer ist als der der Protagonisten. So sprechen sowohl Doktor Karasyk als auch Major Morosow und Ella Kolmajask völlig akzentfrei. Oleg und Konstantin Simonow sprechen dagegen mit stark russischem Akzent. Das ist auf der inhaltlichen Ebene nicht nachvollziehbar, und die Gründe für diese unterschiedliche Handhabung erschließen sich nicht. Wie in der Besprechung zur letzten Folge dargelegt, gibt es gute Gründe für und gegen den Einsatz von Akzenten – jedoch sollte die Verwendung dann auch innerhalb eines Serienuniversums vereinheitlicht werden, sonst wirkt es irgendwie schief, auch wenn in diesem Fall diese Inkonsequenz keinerlei negative Auswirkung auf den Hörgenuss zeitigt.

      Die Sprecher sind ein weiteres Mal hervorragend ausgewählt. Boris Aljinovic gibt einen herrlich kaltschnäuzigen und kaltblütigen Militärarzt ab, während Bodo Wolf seinen Major Morosow als gleichermaßen cholerischen wie opportunistischen Karrieristen anlegt, und Kerstin Sanders-Dornseif zeichnet das Bild der gestrengen Ella Kolmajansk derart respektgebietend, das man nicht verwundert darüber ist, dass sie sich mit Leichtigkeit gegenüber ihren männlichen Gesprächspartnern durchzusetzen weiß.

      Sehr schön übrigens – dieser Einschub sei mir gestattet –, dass mit Ella Kolmajansk endlich auch mal eine Frau in entscheidender dramaturgischer Position eingesetzt wurde. Zwar haben wir mit Joyce Kramer eine toughe und durchsetzungsstarke Protagonistin im Team und mit Lil Hastings zumindest eine persönlichkeitsstarke Nebenfigur, aber ansonsten sind die Frauen in der Welt von Gabriel Burns für meinen Geschmack stark unterrepräsentiert, und tauchen sie doch in kleineren Rollen auf, dann sind sie meist schwach und schützenswert, was sicherlich nicht der Grundhaltung des Regisseurs und seines Autoren geschuldet ist, sondern der Art und Weise, wie diese Serie seinerzeit angegangen wurde. Auch war es wohl zum damaligen Zeitpunkt auch noch nicht vergleichbar gängig, Frauen in Mystery-Sujets allzu üppig Raum zu geben. Sollte es mit Gabriel Burns jedoch wirklich eines Tages weitergehen, würde ich mir wünschen, dass man diesen Punkt noch einmal überdächte und noch mehr starke Frauenfiguren in die Plots mit einarbeitet. Die Serie Heliosphere 2265 macht auf beeindruckende Weise vor, wie so etwas ganz unaufgeregt und gleichzeitig auf ganzer Linie überzeugend so etwas umzusetzen ist.

      Aber zurück zu den Sprechern:
      Als Gast ist dieses Mal Smudo von den Fantastschen Vieren mit von der Partie, und wenn sein Spiel auch nicht auf dem gleichen hohen Niveau wie das der übrigen (professionellen) Sprechern ist, so macht er seinen Job doch durchaus zufriedenstellend.
      Und auch Simon Jäger ist wieder mit von der Partie, dieses Mal als Niles-Züchtung, die sich Konetka nennt und eine Mordszene zu spielen hat, die seine Figur nicht bloß als reine Funktion, als eine Art Tötungsmaschine zeigt, sondern als Wesen, das schwach empfindungsfähig ist, auch wenn ihr jedes Gespür für Empathie völlig zu fehlen scheint.
      Im Hinblick auf den Charakter der Niles-Züchtungen ist diese Szene jedoch bemerkenswert, zumal auch noch von einer Erinnerung gesprochen wird, die Niles/Konetka wie von weiter Ferne anweht. Wie es also scheint, ist er mehr als nur eine rein organische Reproduktion des ursprünglichen Agenten Luther Niles, sondern trägt in sich zumindest in Spuren Teile von dessen Persönlichkeit und Erinnerungen. Man wünschte sich, dies würde noch einmal näher ausgelotet, doch leider – diejenigen, die die bisher erschienenen Folgen kennen, werden es wissen – endet dieser Handlungsfaden ziemlich abrupt, und der Komplex Luther Niles findet in der Hörspielreihe keine weitere Erwähnung mehr.

      Sollte es irgendwann tatsächlich zu einer Fortsetzung kommen, spricht allerdings nichts dagegen, diesen Faden noch einmal wieder aufzunehmen. Natürlich müsste man kurz erklären, warum die Züchtungen zwischenzeitlich kein Thema mehr waren, aber hier eine schlüssige Erläuterung zu finden, halte ich keineswegs für schwierig, zumal ja nie abschließend und mit objektiver Wahrhaftigkeit verkündet wurde, dass es keine weiteren Züchtungen mehr gibt. Ebenso gut hätte es auch einfach bloß ein bisschen Zeit gebraucht haben, um die Produktion dieser Züchtungen an einen anderen Ort zu verlagern und dann neu zu starten.

      Das Covermotiv von Ingo Masjoshusmann fand ich immer sehr stimmungsvoll, auch wenn ich, abgesehen von dem Fledermausflügel, im Grunde nie etwas aus der Darstellung identifizieren konnte, was mir in irgendeiner Verbindung zu der Handlung dieser Hörspielfolge stehen könnte. Sehr schön ist, abgesehen von den jeweiligen Motiven, jedoch die Entscheidung, jedes Episodencover in einen anderen Farbton zu tauchen, um sie stärker voneinander abzugrenzen.

      Überhaupt ist es in den Anfängen der Serie noch besser gelungen, die einzelnen Folgen unterscheidbarer zu gestalten, auch inhaltlich. Jenseits der Folge 20 dagegen wird es schwieriger, mit den Titeln und den Covermotiven bestimmte Handlungsabschnitte zu verbinden, die in der jeweilige Folge dargeboten werden. Es ist wohl nicht zufällig auch die Phase innerhalb des Gesamtseriengeschehens, der am häufigsten eine gewisse Beliebigkeit oder ein Verzetteln vorgeworfen wird. Aber wir wollen nicht vorgreifen.

      Vor dem Fazit noch eine kurze Anmerkung zur Stellung dieser Folge innerhalb der Serie. Bei Erscheinen wurde ihr von einigen Seite vorgeworfen, die Haupthandlung unnötig auszudehnen; manch einer betrachtete sie sogar als Füllfolge. Dem kann ich mich nicht anschließen. (Und konnte es schon damals nicht.) Zwar ist es richtig, dass hier ein Aspekt beleuchtet wird, der nicht den Kern des bisherigen Geschehens ausmacht, nämlich der Ursprung der Niles-Züchtungen, aber nebenbei gibt es durchaus noch weitere Details, die angeschnitten werden und später von Relevanz sein werden: so etwa die Verwandlung von Flora und Fauna und die besondere Stellung Jerin Petrowkas, der, das erfahren wir allerdings erst im zweiten Teil dieser Doppelfolge, aus einem ganz bestimmten Grund eine Sonderstellung innerhalb der degenerierenden Sphärenwelt innehat.

      Und mal abgesehen davon, wird die Handlung über die Maße spannend und unterhaltsam, voller Phantasie und Lust am originellen Detail dargeboten, so dass der Vorwurf, sie sei überflüssig zwar nachvollziehbar erscheinen mag, wenn man an die Anfänge zurückdenkt, in der der Hörer kaum Ansätze fand, das Geschilderte intellektuell zu durchdringen (weshalb man das anfängliche Serienkonzept kritisch hinterfragen darf), aber, wie sich vor allem auch mit dem Abstand der Jahre zeigt, vielleicht nicht ganz fair.

      Oder formulieren wir es anders: Mit einem anderen Serienkonzept, das den Hörer nicht zu lange im luftleeren Raum hätte zappeln lassen, sondern ihm wenigstens hin und wieder ein paar befriedigendere Wissens-Bröckchen hingeworfen hätte, und mit einem höheren und konstanteren Folgenausstoß wäre vielleicht noch mehr Hörern aufgefallen, um was für eine originelle und auch hochspannende Geschichte es sich bei diesem für mich weit unterschätzten Zweiteiler handelt.

      Diesseits der Kuppeln mag nicht mit den ganz großen Aha-Effekten aufwarten und letztlich wieder mehr Fragen aufwerfen, als unterm Strich beantwortet werden, doch ist dieser erste Teil eines Zweiteilers wieder einmal mit Liebe zum Detail, spannungsgeladen und rasant umgesetzt worden. Für mich gibt es wenig daran zu kritisieren, im Grunde nichts von Relevanz, weshalb ich nicht umhin komme, auch hier die Höchstwertung zu veranschlagen.

      Alte Frauen mit dreibeinigen Hunden, dazu ein grüner Moloch, in dem alles Leben verdirbt – und schockierende Einsichten über den Protagonisten der Serie. Auch diese Folge überzeugt auf ganzer Linie.

      :st: :st: :st: :st: :st:




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    • Und zum Thema Luther Niles können wir ja mal eine Rechnung aufmachen:



      Luther Niles I - Folge 04 - Angst aus Eis - Ort: Island - Status:

      Luther Niles II - Folge 04 - Angst aus Eis - Ort: Clearlight Institut - Status:

      Luther Niles III - Folge 06 - Die Totenmaschine - Ort: Mountain Whistler - Status:

      Luther Niles IV - Folge 09 - Am Grenzgebiet - Ort: Rumänien - Status:

      Luther Niles V - Folge 09 - Am Grenzgebiet - Ort: Vancouver - Status: (in #10 erwähnt)

      Luther Niles VI - Folge 10 - Diesseits der Kuppeln - Ort: Die Sphären - Status: unbekannt (von Burns wegteleportiert)

      Wir haben es also mit sechs Auftritten von Luther Niles zu tun, den echten in Die Kommission nicht mitgerechnet. Die ersten vier sind während der Handlung direkt gestorben, die fünfte stirbt außerhalb der Handlung, wird aber in Folge 10 erwähnt.

      Die letzte Niles-Züchtung mit Auftritt in den Hörspielen war die, die sich Walter Konetka nannte. Diese wurde am Ende von Episode 11 wegteleportiert, vermutlich auf die fahle Seite. Es ist fraglich, ob sie das nicht überlebt haben könnte, denn sie wollte ja ausdrücklich, dass Burns die degenerierenden Züchtungen dorthin teleportiert, weil man ihnen nur noch dort zu helfen vermöge. Warum also sollte die Züchtung selbst dort nicht auch überlebensfähig sein?

      Außerdem wurde vorher ausdrücklich erwähnt, Luther Niles habe "so viele" Brüder, deswegen könne man ihn nicht eliminieren. Es ist nicht einzusehen, warum dies auf die unfertigen Züchtungen in den Sphären bezogen gewesen sein sollte. Denn die werden ja nicht als Brüder gesehen, sondern, wie Konetka ausdrücklich sagt, als seine Kinder. Sie sind also quasi als zweite Generation von Züchtungen zu sehen.

      Insofern hat es für mich nie Sinn gemacht, dass keine weiteren Niles-Züchtungen mehr auftauchen, nur weil die unfertige Brut zerstört worden ist. So, wie Niles eingeführt wurde, war immer davon auszugehen, dass es bereits sehr viele der Züchtungen gibt, zumindest aber wohl deutlich mehr als gerade mal sechs.

      Einer Rückkehr steht also rein rechnerisch nichts im Wege.
      Man müsste natürlich erklären, wo er die übrige Zeit geblieben ist. Aber auch das wäre ja nicht unmöglich, da Niles ja in Diensten des Maggiore stand - und der ist irgendwann ja nicht mehr...
    • Ein Luther Niles wurde noch in Folge 24 erwähnt. Dieser erschießt in einer Tonaufzeichnung Gacek, also ist diese chronologisch nach Folge 9 anzusiedeln.
      Ich weiß aber nicht mehr, was von diesem Klon noch weiter erwähnt wird.
      Der frühe Vogel fängt den Wurm.
      Aber die zweite Maus bekommt den Käse.
    • Ach, den hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm. Muss ich mal genau hinhören, wenn ich bei dieser Folge angekommen bin. Könnte natürlich rein theoretisch auch der Niles sein, der in Folge 10 auf Dr. Karasyks Tisch liegt. Ich habe da die Chronologie nicht so im Kopf...
    • Gabriel Burns – 11 – Welt der Dämmerung




      (Quelle: amazon)


      Der – vorläufige? – Abgang der Niles-Züchtungen

      SPOILER-Warnung!

      Sowohl Steven Burns mit dem Biologen Zargan Bat als auch Joyce und Oleg schaffen es einigermaßen unbeschadet, in den Sphären zu landen. Später stoßen Letztere noch auf Konstantin Simonow, dessen Begleiter, ein Vertrauter Major Morosows, jedoch, wie er berichtet, bei der Landung verstorben sei. Getrennt schlagen sie sich durch eine bedrohlich mutierte Sphärenwelt, in der längst nichts mehr so ist, wie es gemäß der russischen Wissenschaftler hätte sein sollen, und was sich nun auf der Suche nach der Niles-Züchtung, die sich Walter Konetka nennt, entspinnt, ist ein reiner Kampf ums Überleben, dem nach und nach die meisten Mitglieder der Gruppe zum Opfer fallen: Zargan Bat wird von mutierten Wölfen zerfleischt, Oleg stirbt im Würgegriff einer Liane, und Konstantin Simonow, der sich als Verbündeter der Niles-Züchtung herausstellt und den Auftrag hatte, die Mitstreiter auf seiner Expedition ebenso zu eliminieren, wie er es kurz nach der Landung in der Sphäre schon mit Morosows Vertrauten gemacht hat, wird von Parasiten befallen, die seinen Schädel zum Platzen bringen.

      In einer verlassenen Kommandozentrale kommt es zur Konfrontation zwischen Burns und seinen verbliebenen Mitstreitern Joyce sowie dem wieder aufgetauchten, aber offenbar geistesverwirrten Verhaltensforscher Jerin Petrowski auf der einen und Luther Niles auf der anderen Seite. Niles präsentiert den anderen eine große Anlage, in der viele weitere Züchtungen im Endstadium in Becken voller Nährlösung schwimmen, bereit, sich schon bald zu erheben, um ihrer Bestimmung zu folgen. Allerdings sind sie in ihrer Entwicklung gestört. Etwas hat sie befallen, was sie degenerieren und letztlich sterben lässt – wie dieses unbekannte Etwas auch Fauna und Flora innerhalb der Sphären dem Verfall anheimfallen lässt.

      Wie sich herausstellt, ist hierfür Jerin Petrowski verantwortlich, der von Krebs befallen und voller Metastasen ist, was auf mysteriöse Weise auf die Ergebnisse fahler Manipulationen überzugreifen und sie zu zerstören vermag. Niles entledigt sich dieses Problems mit einem Schuss aus seiner Waffe. Dann will er Burns dazu nötigen, die unfertigen Züchtungen, die er als seine Kinder bezeichnet, mittels seiner Gabe auf die fahle Seite zu teleportieren, damit ihnen dort geholfen werden könne. Doch Burns, der weiß, dass er nur verlieren kann, wenn er Niles‘ Bitte nachkommt, teleportiert nicht die Brut, sondern die Niles-Züchtung selbst auf die andere Seite, so dass er und Joyce befreit sind.

      Wieder in Freiheit werden die beiden von Larry Newman und Stuart Blumberg in Empfang genommen, denen es gelungen ist, die beiden russischen Gefangenen auszulösen.


      Auf atemberaubende Weise geht es weiter mit diesem wunderbaren Sphären-Zweiteiler, in dem sich alles um die Jagd nach Luther Niles und die Hintergründe seiner Züchtung dreht. Wir erfahren, dass die rumänischen Wissenschaftler, die beim Aufbau des Biosphären-Projekts mitgeholfen haben, diese so manipuliert haben, dass sich in ihr optimale Bedingungen finden, um menschliche Züchtungen herzustellen, und dass im Zuge dessen die Balance dieses geschlossenen Ökosystems so verändert wurde, dass diese Welt auf unkontrollierbare Weise mutierte. Vermutlich wurde also in dem Ammoniten in Nelaru eine Technologie gefunden, mit der es möglich wurde, Menschen zu züchten, und diese Technologie wurde in den Sphären installiert. Ob dieser Ort der einzige ist, an der solche Züchtungen möglich sind und waren, wird uns nicht dargelegt, auch nicht ob die Niles-Züchtungen, denen wir bisher begegnet sind, ebenfalls ihren Ursprung in den Sphären hatten. Man möchte meinen: nein, denn diese scheinen ja allesamt noch unfertig zu sein; es sei denn, es handelt sich bei ihnen um eine zweite Produktionsstufe. Dann ergäbe sich jedoch wiederum die Frage, warum in der ersten Stufe offenbar nur sechs Züchtungen hergestellt wurden, denn nach diesem Zweiteiler verschwindet ja die Figur des Luther Niles (als Züchtung) auf Nimmerwiedersehen aus der Handlung der Serie, was ja mehr als bemerkenswert ist angesichts der Tatsache, dass dieser Charakter eingeführt wurde als nicht zu eliminierender Gegenspieler, der über „so viele“ Brüder verfügt – was ja nahelegt, dass schon zum Zeitpunkt des Ausspruchs eine Vielzahl an Niles-Züchtungen auf ihren Einsatz warteten und nicht zukünftige Exemplare, die jetzt noch in Nährlösung weilen, damit gemeint waren.

      Die Handlung selbst bietet für Burns-Verhältnisse wenig Handlungsfortschritt, und seinerzeit, als sie erschien, mag man ihr dies zum Vorwurf gemacht haben, denn gerade in den Anfängen war diese Serie geprägt von lose baumelnden roten Fäden und vielen, vielen offenen Fragen, auf die es keine Antworten zu geben schien. Es war sehr schwierig, der Handlung zu folgen, weil man über viele Episoden gar nicht begriff, womit man es eigentlich zu tun hatte. Das hat sicherlich viele Hörer überfordert, und ich würde heute, im Nachhinein, zur Diskussion stellen, ob man sich nicht einen Bärendienst mit einer solchen Serienkonzeption geleistet hat. Um nicht missverstanden zu werden: Wir bewegen uns hier im Mystery-Genre – und das lebt nun einmal von der diffusen Art des Storytellings und von vielerlei Mysterien und Rätseln, deren Lösung sich zunächst nicht erschließt. Doch im Gegenteil zu Romanen, Filmen oder Fernsehserien mit dieser Art Sujet haben wir es bei einer Hörspielserie wie Gabriel Burns mit einer Darreichungsform zu tun, die über viele Monaten und Jahre währt, während bei den anderen Medien ein ganzer Bogen in relativ überschaubarer Zeit geboten wird. Bei Gabriel Burns brauchte man also ungleich mehr Geduld, wollte man den diffusen Handlungswegen folgen – und dass da nicht jeder bei der Stange bleibt, wenn so vieles über viele Folgen im Dunkeln bleibt, verwundert mich nicht

      Mag sein, dass das zum damaligen Zeitpunkt nicht abzusehen war, aber heute ist es das auf jeden Fall, und wir müssen feststellen: Eine Serie wie Gabriel Burns kann wohl nur dann funktionieren, wenn man sie für den Hörer überschaubar konzipiert – in verlässlichem Veröffentlichungsrhythmus und am besten auch in Staffeln konzipiert, innerhalb derer gewisse Handlungsabschnitte abgearbeitet werden (was jedoch gleichzeitig viel Raum lässt für neue Mysterien).

      Betrachtet man nun also diesen zweiten Teil des Zweiteilers mit der Erwartungshaltung des Hörers bei Erscheinen dieser Folge, so sind Frust und Enttäuschung durchaus nachvollziehbar. Und dennoch tut man dieser Folge großes Unrecht, wenn man sie nur unter diesem Aspekt betrachtet.

      Sieht man sie im Verbund mit dem ersten Teil, haben wir hier nämlich nach Die Fänge des Windes und Der Nebelsee, ein weiteres Hörspiel, das ein wenig der Hauptserienhandlung enthoben ist, obwohl auch sie einen Teilaspekt thematisiert, und sie macht das ebenso wie die Vorgenannten auf höchst unterhaltsame und spannende Weise.

      Die Art, wie der Plot vorangetrieben wird, kommt dieses Mal sogar recht konventionell daher – eine Anzahl von Expeditionsmitgliedern begibt sich auf eine gefährliche Mission, bei der einer nach dem anderen sein Leben lässt –, doch abgesehen vom Was überzeugt, wie nicht selten bei Volker Sassenberg, vor allem das Wie der Handlung und der Inszenierung.

      Es ist dem Regisseur nämlich auf hervorragende und eindringliche Weise gelungen, diesem völlig außer Kontrolle geratenen Ort, den Sphären, ein treffendes und unverwechselbares Klangbild zu verleihen, das in jeder einzelnen Sekunde auf ganzer Linie überzeugt. Dieser Urwald, durch den sich die Protagonisten der Handlung schlagen müssen, klingt zu jeder Zeit so abstoßend und bedrohlich mit seinem irren Summen und Brummen, Zischen und Rascheln, dem schrecklichen Grollen und Knurren unbekannter Herkunft, verborgen im Gehölz, die Dezimierung der Gruppe ist bei jedem einzelnen so mitreißend und verstörend gelungen, so brutal und gleichzeitig plötzlich und erschreckend, dass, wenn man dieses Hörspiel mal losgelöst betrachtet von der Frage, inwieweit es uns inhaltlich weiterbringt bei der Beantwortung der drängendsten Fragen, man durchaus zu dem Schluss kommen kann, es mit außergewöhnlich guter Hörspielunterhaltung zu tun zu haben.

      Besonders beeindruckend ist auch die Ausarbeitung der parallelen Handlungsstränge gelungen, die niemals auch nur einen Hauch von Langeweile aufkommen lassen, und am Ende dann geschickt zusammengeführt werden. Mein Kompliment also nicht nur an Herrn Sassenberg für eine wieder einmal überragende Regie, sondern ebenso an Herrn Weber für die ausgefeilte Dramaturgie dieses Zweiteilers.

      Die Sprecher schaffen es gekonnt, ihre doch im Grunde nur sehr oberflächlich angelegten Figuren mit Prägnanz und Unverwechselbarkeit zu versehen, so dass man zu keiner Zeit Schwierigkeiten dabei hat, zu ergründen, wer von den männlichen Nebenfiguren gerade spricht. War Smudo mit seiner Perfomance als Biologe Zargan Bat im ersten Teil durchaus noch als einziger Nicht-Profi unter den Sprechern erkennbar, steigert er in dieser Episode seine Leistung noch, und gerade seine Todesszene ist an Eindringlichkeit kaum zu überbieten. Für einen Sprecher, der dies nicht hauptberuflich macht: hervorragend.

      Gerrit Schmidt-Foß als Oleg, Jan-David Rönfeld als Konstantin Simonow und Erich Räuker als Jerin Petrowski verleihen den von ihnen dargestellten Figuren mit Leichtigkeit einen individuellen Anstrich, lassen sie lebendig und plastisch und authentisch erscheinen, machen insofern diesen zweiten Teil des Hörspiels besonders eindringlich, weil ihre Charaktere eben nicht bloß wie reine Zählkandidaten wirken, die bloß Kanonenfutter im Dienste der Dramaturgie sind, sondern echte Menschen, mit denen man mitfühlen darf und deren Schicksal durchaus berührt. Das ist und war nicht immer so bei Gabriel Burns. In dieser Folge ist die Figurenentwicklung und –führung jedoch großartig gelungen.

      Zum Sounddesign habe ich mich ja bereits geäußert – ich kann darüber gerade in dieser Folge nur in Lobeshymnen verfallen. Wie es Sassenberg gelingt, diesen unwirtlichen Ort klanglich in eine pervertierte Hölle zu verwandeln, mit Leichtigkeit, wie es scheint, fein akzentuiert, mal mit leisen Tönen, dann wieder anschwellend mit aller Macht und Bedrohlichkeit, etwa wenn der Biologe Zargan Bat das Gleichgewicht verliert und in die Tiefe stürzt, und sofort die Klangkulisse des Urwalds anschwillt zu einem gierigen Tosen, so dass man ahnt, wie es wohl ausgehen wird mit dem bedauernswerten Mann – das ist einfach wieder einmal ganz großes Ohrkino, das so, vor allem auch in Serie, im kommerziellen Hörspiel, zumal zur damaligen Zeit, weit heraussticht und auch heute noch, nach fast fünfzehn Jahren, unglaublich modern und frisch und stilprägend wirkt.

      Welt der Dämmerung ist also die zwar recht konventionell erzählte, aber grandios inszenierte Fortsetzung des ersten Teil dieses Zweiteilers, Diesseits der Kuppeln. Die Dramaturgie dieser Folge ist hervorragend, die Sprecher zum Niederknien, und Regisseur Volker Sassenberg zeigte schon mit dieser Folge aus dem Jahre 2005, dass er, was seine Regiekunst anbelangt, definitiv zur schmalen Riege der außergewöhnlichen Talente gehörte. Seiner Inszenierung merkt man ihr Alter überhaupt nicht an – im Gegenteil, sie wirkt frischer und moderner als manches Hörspiel, das aktuell auf den Markt geworfen wird.
      So ist dieser Abschluss des Zweiteilers für den nach Antworten gierenden Burns-Hörer vielleicht ein wenig enttäuschend – abgesehen davon jedoch handelt es sich bei Welt der Dämmerung um ein außergewöhnlich starkes Stück Hörspielunterhaltung, das einfach nur Spaß macht.

      Eine eher konventionelle Geschichte, jedoch göttlich in Szene gesetzt. Volker Sassenberg zeigt sein ganzes Potential – und schöpft es voll aus. Was die Inszenierung angeht, eine Meisterleistung!


      :st: :st: :st: :st: :st:




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    • Gabriel Burns – 12 – Die erste Erinnerung



      (Quelle: amazon)


      Der Mann, der niemals geboren wurde...

      SPOILER-Warnung in Bezug auf die Gesamtserienhandlung!

      Nach den Ereignissen in den Sphären betreibt Bakerman Nachforschungen und stellt fest, dass an jenem 27. März vor dreißig Jahren nicht nur ein Ammonit am Dranga-Gletscher auftauchte und ebenso um diese Zeit im Donau-Delta, sondern mysteriöse Vorkommnisse ein Steinkohlebergwerk in Carmingay erschütterten, im Zuge dessen mehrere Stollen einstürzten und 42 Arbeiter ihr Leben verloren. Bakerman reist also mit Joyce Kramer vor Ort, um herauszufinden, ob nicht vielleicht auch dort damals ein Ammonit aufgetaucht sein könnte.
      Vor Ort werden sie mit einer Bergungsmannschaft konfrontiert, die in dem stillgelegten Bergwerk nach zwei vermissten Ingenieuren suchen soll, welche nach einer Absenkung von Erdschichten das Bergwerk auf seine Sicherheit kontrollieren hatten.

      Bakerman und Joyce sehen nicht nur ihre Vermutungen bestätigt, sie treffen darüber hinaus auf ein angriffslustiges Methanwesen, das offensichtlich vor dreißig Jahren dem Ammoniten entstiegen ist, Fahrstühle und Belüftung manipuliert hat, um die Luft mit so viel Methan anzureichern, dass es in den Schächten überleben kann und gleichzeitig Eindringlinge ferngehalten werden.

      Doch auch die Gegenseite ist alarmiert: Maggiore Fink hat einen Mitarbeiter eingeschleust, der den Ammoniten zerstören und alle Zeugen umbringen soll, doch ehe dieser sein Werk vollenden kann, wird er selbst Opfer des Methanwesens, das, nachdem die Belüftung innerhalb des Stollen wieder halbwegs funktioniert, binnen weniger Minuten zugrunde geht und in einer elektrochemischen Reaktion vergeht. Durch diese entzünden sich jedoch die Reste des Grubengases, und das Bergwerk mit allem, was sich darin befindet, fällt einer hereinbrechenden Flammenhölle zum Opfer.

      Zur gleichen Zeit wird Steven Burns von Lin Zisheng, einem Vertrauten des chinesischen Mediums Yellow Ma, nach Chinatown geführt, wo die fettleibige Frau Steven zu einer Rückführung einlädt, mit deren Hilfe dieser Aufschluss über die Vergangenheit und die Hintergründe seiner außergewöhnlichen Existenz erlangen soll. Yellow Ma bietet sich Steven dabei als Anker an, der ihn davor schützen soll, sich in den Weiten dieser Reise zu verlieren. Die erste Rückführung führt Steven in seine Kindheit, und er muss mit Erschrecken feststellen, dass schon damals Aaron Cutter auf ihn lauerte. Aus irgendeinem Grund hat er bei Steven zu sein, gleichzeitig jedoch fürchtet er ihn – und die kurze Begegnung am Kinderbett wird jäh unterbrochen, als etwas Cutter zwingt, sich von Steven zu lösen. Was das ist und ob Steven mit seiner Gabe dahintersteckt, was ja zunächst anzunehmen ist, erfahren wir nicht.

      Die zweite Rückführung geht noch weiter in die Vergangenheit: Steven erwacht als Kleinkind, gerade einmal im lauffähigen Alter. Er fühlt sich fremd in seinem Körper, als wäre er gerade erst in ihn gefahren, und findet sich in einer fremden Umgebung wieder: auf einem kalten Boden in einem leeren Raum. Plötzlich öffnet sich die Tür und Daniel tritt ein. Doch nicht seine Stimme stößt aus dem kleinen Körper hervor, sondern die des Flüsterers, die Steven eindringlich ermahnt, nicht weiterzugehen – niemals.
      Steven erwacht aus seiner Vision und ist verwirrt. Yellow Ma erklärt ihm, was er gerade erlebt hat: den Zeitpunkt seiner Menschwerdung. Was zu der erschreckenden Einsicht führt, dass Steven Burns niemals geboren wurde.


      Nun geht es also endlich so richtig in die Materie, könnte man sagen. Steven Burns hat genügend Fragen gesammelt, die ihn beinahe um den Verstand bringen, und hat endlich eine Verbündete gefunden, die bereit ist, mit ihm die Antworten zu ergründen.
      Es ist ein großer Vorzug dieser Serie, dass sie ein reiches Tableau an schillernden Figuren aufweist, die allesamt mit eigenen, manchmal gegenläufigen Motivationen ausgestattet sind und ganz plötzlich aus ihrem Dasein als Randfigur treten, um entscheidend in die Handlung einzugreifen. Hier fällt diese Rolle nun Yellow Ma zu, die Steven unter ihre fleischigen Fittiche nimmt, um ihm bei der Suche nach Daniel und der Frage nach seiner eigenen Abkunft zu helfen.

      Da dies sehr düster und bedächtig geschieht, wird, um dies nicht zu schwer konsumierbar zu machen, dieser Handlungsstrang flankiert von der Untersuchung des Carmingay-Bergwerks durch Bakerman und Joyce, was wieder sehr rasant und voller gut funktionierendem Thrill geraten ist und darum ein wunderbarer Ausgleich ist.

      Die Wendung, dass Steven niemals geboren wurde, kommt für den noch unwissenden Hörer wie aus heiterem Himmel und sorgt an dieser Stelle des Seriengeschehens für einen wahren Paukenschlag. Nach den schwer zu verortenden Folgen Im Nebelsee und Am Grenzgebiet und dem aus dem roten Faden ein wenig losgelösten Zweiteiler, Diesseits der Kuppeln und Welt der Dämmerung, wird die Geschichte nun also mit einem Mal wieder mit aller Macht vorangetrieben, und endlich gerät Steven Burns mit seiner Geschichte in den Fokus.

      Dramaturgie und Umsetzung dieser Folge sind wieder einmal unübertrefflich. Zu keiner Sekunde wird es langweilig, nicht einen Moment mag man sich von den prägnanten Schilderungen lösen, und Jürgen Kluckert als Erzähler schafft es ein weiteres Mal famos, auf seine unnachahmliche Weise Teil der Spielhandlung zu werden und uns die Informationen darzureichen, derer wir bedürfen, um alles zu verstehen, ohne uns aus der Unmittelbarkeit der Inszenierung zu reißen. Wie so oft bei Gabriel Burns verschmelzen hier Erzählertext und szenische Darstellung zu einer festen Einheit, miteinander und ineinander verwoben, so dass am Ende ein so bisher noch nicht dagewesenes Gesamtwerk entsteht, das in seiner Wirkung wirklich einzigartig ist.

      Wie zudem Volker Sassenberg die einzelnen Fortschritte innerhalb des Plots umsetzt, wie er jederzeit den richtigen Ton, den richtigen Klang trifft, um die phantasievollen Bilderwelten, die er und Raimon Weber sich erdacht haben, in ein mitreißendes Audiodrama zu transferieren, beeindruckt mal wieder auf ganzer Linie. Exemplarisch sei die Rückführung Steven Burns‘ genannt, im Zuge dessen er in sein Kinderzimmer im elterlichen Haus zurückkehrt und dargestellt wird, wie kurz seine Mutter ins Zimmer blickt. Die sanften Töne, die leise, wehmütige Musik, die ertönt, wenn der kleine Steven seine Mutter erblickt und der erwachsene gleichzeitig weiß, dass nach dem Verschwinden Daniels zwischen ihnen nichts mehr war wie zuvor, sie es einfach nicht mehr ertrug, ihn mehr als nur flüchtig zu berühren, das lässt den Schmerz des Protagonisten mit voller Wucht nachempfinden – viel mehr als jeder ausführliche und selbstdecouvrierende Dialog es hätte tun können. Das ist wieder einmal große Regiekunst, zumal sie hier ein weiteres Mal sehr dezent und zurückhaltend dargebracht wird und gerade deshalb so intensiv ist. Sassenberg mag gern aus dem Vollen schöpfen, Bombast und Protzerei feilbieten, doch dass er auch anders kann, dass er auch Meister der leisen und unaufdringlichen Töne ist, das beweist er auf unnachahmliche Weise ebenfalls immer wieder. Und das ist es, was ich meine, wenn ich bei Hörspielen anderer Reihen und Serien so oft bemängele, dass sie statisch sind und sich bei der Umsetzung der Inhalte allein auf Dialoge verlassen: Volker Sassenberg macht es sich bei Gabriel Burns niemals so leicht. Man spürt jederzeit den unbedingten Willen, den Plot mit den Mitteln des Hörspiels zu transportieren – und dabei ist der Dialog für einen kreativen und ehrgeizigen Regisseur wie Sassenberg immer nur eines von mehreren geeigneten Mitteln – und durchaus nicht immer sein absoluter Favorit, wie man merkt. Das ist nicht hoch genug zu wertschätzen!

      Die Sprecherinnen und Sprecher bieten auch in dieser Folge eine tadellose Leistung. Herausstreichen muss man natürlich unbedingt Regine Albrecht als ächzende und asthmatisch krächzende Chinesin Yellow Ma. Leider erkrankte Frau Albrecht später, zog sich aus dem Arbeitsleben zurück und starb schließlich im Jahre 2013, so dass eine Rückkehr ins Burns-Universum nicht machbar war und, im Falle einer Fortsetzung, auch nicht mehr machbar wäre, höchstens zum Preis eines Sprechertauschs. Sassenberg hat sich gegen diese Alternative entschieden, und mir ist es ein Anliegen, an dieser Stelle zu betonen, wie sehr ich das bedaure. Natürlich bin ich wie die meisten kein Freund eines Sprecherwechsels, denn nur allzuoft gelingen diese nicht sonderlich gut, und die porträtierte Figur klingt mit einem Mal ganz anders als zuvor. In diesem Fall jedoch ist das Sprechorgan der Chinesin so sehr durch ihre eigentümliche Sprechweise geprägt, dass dies durchaus eine Frau mit ähnlicher Klangfarbe hätte bewältigen können. Es wäre es wert gewesen, dies zu erwägen, denn Yellow Ma wird nicht bloß als schillernde Nebenfigur eingeführt, sondern auch als Steven Burns‘ Anker, als Vertraute abseits von Bakerman, die sich des jungen Mannes annimmt und ihn durch die Widrigkeiten seines Schicksals zu leiten versucht. Dieser Ansatz wurde jäh unterbrochen durch Frau Albrechts Krankheit, und es ehrt Sassenberg, dass er abgewartet hat, ob es ihr vielleicht möglich sein wird, in diese Rolle zurückzukehren. Als sich aber herausstellte, dass dies nicht der Fall sein wird, hat er die Rolle der Yellow Ma preisgegeben, anstatt sie neu zu besetzen. Noch dazu ist dies auf eine Weise geschehen, die dieser Rolle, wie ich finde, nicht gerecht wird. (Dazu bei einer spätereren Besprechung mehr.) Ich hätte mir gewünscht, er hätte anders entschieden, denn diese Figur ist und war noch lange nicht auserzählt, und der Reichtum an Nebenfiguren schrumpfte mit der Zeit durch solche Entscheidungen deutlich zusammen.

      Schaurig kommt übrigens dieses Mal das Cover von Ingo Masjoshusmann daher, und man merkt ihm an, dass spätestens jetzt ein Bezug steht zwischen den Geschichten, die erzählt werden, und den dargestellten Motiven, auch wenn das Wesen, das einem da entgegenblickt, erst in der Fortsetzung seinen Auftritt haben wird.

      Wir haben es also bei Die erste Erinnerung im Grunde mit dem Auftakt eines weiteren Mehrteilers, zumindest eines Zweiteilers zu tun, der fabelhaft unterhält und überdies auch noch das Geheimnis um Steven Burns‘ Vergangenheit zu ergründen beginnt. Der Wechsel aus düster-schaurigen Rückführungsszenen und aktionsgeladenen Sequenzen im Bergwerk von Carmingay fügen sich zu einem fesselnden Gesamtplot und machen diese Episode ein weiteres Mal zu einem echten Highlight dieser Serie.

      Rätselhafte Methanwesen und eine Rückkehr in Steven Burns‘ Vergangenheit. Mit dieser Folge nähern wir uns dem Kern der Geschichte. Es ist an der Zeit, dass Sie die Wahrheit erfahren… Spektakulär!

      :st: :st: :st: :st: :st:


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    • Hardenberg schrieb:

      Gabriel Burns - 07 - Die Fänge des Windes



      (Quelle: amazon)


      Es ist an der Zeit, dass Sie die Wahrheit erfahren...

      SPOILER-Warnung!

      Nachdem die letzte Folge mit einem Paukenschlag endete - Steven Burns entdeckte Bakerman auf einer Fotografie aus seiner Kindheit und stellte fest, dass dieser in all den Jahren, die seitdem vergangen sind, um keinen Tag gealtert ist -, knüpft diese Folge nahtlos daran an und gibt uns einen Einblick in die Vergangenheit des mysteriösen Strippenziehers, der Burns in den letzten Folgen unter seine Fittiche genommen hat.

      Die Geschichte nimmt uns mit ins libysche Bengasi in den 30'er Jahren. Bakerman, damals noch Archäologe und spezialisiert auf Sprachen, wird dazu genötigt, sich als Ersatz für einen ermordeten Kollegen auf eine Expedition im Auftrag Mussolinis zu begeben, die weit ins Hinterland der Kufra-Oasen führt. Dort stoßen die Beteiligten unter der Leitung Colonel Amatos auf einen unterirdischen See von gigantischen Ausmaßen, auf ein riesenhaftes Skelett unbekannten Ursprungs und auf Horden gieriger Wascos, die der Gruppe mächtig zusetzen. Am Ende jedoch wartet die Belohnung all der Strapazen: Sie finden einen kristallenen Flakon, in dem sich das sagenhafte Ila Al Khalf befindet, eine Flüssigkeit, deren Duft das Leben erheblich zu verlängern vermag. Es entspinnt sich eine Auseinandersetzung um die Kostbarkeit, an deren Ende beinahe Bakermans Tod steht. Doch das Senussi-Oberhaupt Abdul Ash Badri schenkt dem Schwerverletzten eine Gabe des Wunderwassers zum Dank für den Schutz, den der Archäologe seiner Tochter zukommen ließ, als diese sich in Amatos Gewalt befunden hat. Ash Badri macht deutlich, dass mit dem Konsum Ila Al Khalfs auch eine große Verantwortung einhergeht, der man sich würdig zu erweisen hat, doch es bleibt im Dunkeln, was genau das zu bedeuten hat.

      So also ist Bakerman zu seinem "ewigen" Leben gekommen, von dem wir jedoch erfahren, dass es eben nicht ewig, sondern nur drastisch verlängert währt, und wie immer bei Gabriel Burns tut sich für jede Frage, die beantwortet wird, ein ganzer Reigen von neuen Fragen auf, der sich dem Hörer stellt. So erfahren wir, dass Bakerman einst aus Edinburgh fliehen musste, weil durch ihn ein Mann namens Osgood zu Tode gekommen war, der ihn des Falschspiels beschuldigt hatte. Was hat es damit auf sich? Wir erfahren, dass schon die Zugänge zu dem unterirdischen Meer mit geflügelten Wesen verziert sind und also das, was wir allmählich als die fahle Macht kennenlernen, offensichtlich schon sehr, sehr lange im Verborgenen wirkt. Was genau steckt dahinter? Wir begegnen ein weiteres Mal den unheimlichen Wascos und einem ihrer gigantischen Muttertiere, deren Skelett aus den Fluten ragt und fragen uns, ob und wie aus ihnen Ila Al Khalf gewonnen werden konnte. Einiges mehr wäre zu nennen.

      Aber bei dieser Folge können wir, was die Beantwortung der bisher aufgetürmten Mysterien angeht, nun wahrlich nicht klagen. Es wird für Burns-Verhältnisse recht viel offenbart. Und noch dazu wird dies eingekleidet in eine sehr spannende und unterhaltsame Folge.

      Besonders hoch anzurechnen ist hier mal wieder das Bemühen der Macher, die Plots in außergewöhnliche und faszinierende Rahmenbedingungen einzuweben. Das unruhige Nordafrika der dreißiger Jahre, Gefolgsleute Mussolinis, die Kufra-Oasen und der Senussi-Orden - es wird so beiläufig der Episodenhandlung ein reichhaltiges Umfeld verliehen, dass man von Anfang an in die Handlung quasi eigesogen wird und es kaum möglich erscheint, sich dieser Sogwirkung zu entziehen.

      Noch dazu wird all das so wunderbar verstärkt durch die Musik, die es auf hervorragende Weise versteht, das Setting zu transportieren. Gabriel Burns' große Stärke ist ja sowieso die unglaublich dichte Atmosphäre - aber hier wird das alles noch einmal getoppt durch das einzigartige Nordafrika-Feeling, das dieser Folge unterlegt ist.

      Das Sounddesign ist über den größten Teil der Strecke ausgezeichnet, in einigen wenigen Momenten aber auch sehr reduziert. So hätte man das Geräusch des Wassers, durch das die Expeditionsteilnehmer waten müssen, durchaus noch ein wenig deutlicher herausarbeiten können, und wenn dem Arzt der Arm wegfault, wäre es überzeugender gewesen, ihn im Hintergrund noch wimmern und stöhnen zu lassen, während Amato im Vordergrund die anderen dazu antreibt, weiterzumachen. Auch dass bei der abschließenden Auseinandersetzung der Folkus auf Bakermans Stichverletzung gelegt wird, man aber den Schuss, der Amato tötet, überhaupt nicht zu hören bekommt, finde ich ein wenig bedauerlich, da hier noch mehr Thrill möglich gewesen wäre. Aber dies sind nur Kleinigkeiten im Vergleich zu den vielen Highlights, die diese Folge zu bieten hat - den grausamen Mord zu Beginn etwa oder die Prüfungen, denen sich die Expeditionsteilnehmer zu stellen haben, nicht zu vergessen die Folgen des Sandsturms oder eben die Überwindung des unterirdischen Sees, in dem der Tod lauert.

      Eine Besonderheit, die diese Folge aufweist, ist die Wahl eines anderen Sprechers, der uns durch die Ereignisse in Libyen führt: Statt Jürgen Kluckert, der in dieser Folge nur die Ereignisse der Gegenart beschreibt, begleitet uns die Stimme Thomas Dannebergs durch die Ereignisse aus der Vergangenheit, und er macht das zwar auf eine andere Art als Kluckert, weniger düster, weniger bedächtig, aber er verleiht dieser Folge mit seinem klaren und pointierten Vortrag einen ganz besonderen und eigenen Klang - was sehr gut funktioniert.

      Ich habe mir seinerzeit, als ich die Folge zum ersten Mal gehört habe, immer die Frage gestellt, warum hier nicht Jürgen Kluckert die Rolle des Erzählers einnimmt. Mein Schluss war damals, dass sich hinter diesem Erzähler, der ja die ersten Folgen nicht selten mit einem Statement aus der ersten Person Singular eröffnete, in Wahrheit eine der handelnden Personen steckt, die aus der Rückschau von den Ereignissen berichtet, deren Zeuge er vor vielen Jahren geworden war - Daniel etwa oder jemand, dem wir noch gar nicht begegnet waren. Dann hätte es natürlich Sinn gemacht, ihn als Erzähler nicht zum Zuge kommen zu lassen, denn er wäre zum Zeitpunkt der Libyen-Handlung ja noch gar nicht am Leben gewesen.
      Mittlerweile, in Kenntnis der Serie bis Folge 45, wissen wir aber, dass es sich nicht so verhält (oder man nachträglich einen anderen Weg eingeschlagen hat). So stellt sich also nun in der Rückschau diese Frage erneut: Warum begleitet nicht Kluckert die Ereignisse in Nordafrika? Betrachtet man, wer er laut späteren Folgen ist, wäre das nämlich durchaus möglich und auch naheliegend gewesen, denn zum Zeitpunkt jener Ereignisse war auch er schon da, wie wir in der Folge Haus der Seele offenbart bekommen.

      Aber auch wenn diese Frage nicht abschließend befriedigend geklärt werden kann: Dieser Kniff, dieser Wechsel funktioniert wunderbar und gibt dieser Folge eine ganz eigene Dynamik.

      Die Sprecher machen allesamt einen hervorragenden Job. Das betrifft vor allem auch das TV-Sternchen, das dieses Mal eine Rolle übernimmt: Der ehemalige MTV-Moderator Patrice spricht seinen Colonel Amato so überzeugend, dass er unter den übrigen erstklassigen Profi-Sprechern überhaupt nicht auffällt. Helmut Gauß spricht in dieser Folge zum ersten Mal seinen Armintore Fink und macht dies auf eine so unauffällige und zurückgenomme Art, dass der Twist am Ende, bei dem er aus der Deckung bricht und sich den Flakon mit dem Ila Al Khalf unter den Nagel reißt, wirklich überraschend kommt. In Zukunft wird noch von ihm zu hören sein, und ich freue mich schon auf seine weiteren Einsätze.
      Der wunderbare Hans Teuscher spricht den getreuen Doktor Barucci, der die Verwandte des Duce umsorgt und am Ende den Wascos geopfert wird. Er sorgt mit seinem eindringlichen Spiel für einige besondere Momente in diesem Hörspiel. Ebenso Andrea Aust als von Lepra gezeichnete Patientin, die dem Flehen des Doktors, er habe doch alles für sie getan, nur eiskalt mit der Erwiderung begegnet: Ich bewundere Ihre Opferbereitschaft!, ehe sie ihn in den grausigen Tod schickt. Weitere Sprecher sind Christian Tasche, den viele als Staatsanwalt aus dem Tatort kennen dürften, des weiteren Helmut Krauss sowie in der Rolle des Abdul Ash Badri, demOberhaupt der Senussi, der die titelgebenden Fänge des Windes befehligt, Wolfgang Kühne.

      Im Fazit haben wir es also bei Die Fänge des Windes mit einer außergewöhnlichen und hervorragenden Folge zu tun, in der eine unfassbar dichte und faszinierende Atmosphäre geschaffen wird, die über den gesamten Handlungsbogen hinweg gehalten und noch bis zum äußersten getrieben wird. Langeweile kommt zu keiner Sekunde auf, denn was uns hier von Sassenberg und Weber geboten wird, ist nichts weniger als ein Feuerwerk der Spannung und der Phantasie, eingewoben in ein sehr gut recherchiertes Setting, das die wenigen Kritikpunkte, die man vielleicht anbringen könnte, spielend wieder ausgleicht.

      Ein atmosphärisches Meisterwerk - spannend und mitreißend!


      :st: :st: :st: :st: :st:



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      vielen Dank für deine tolle Idee, die GB Folgen zu rezensieren und zu analysieren. Ich finde es gut, dass es trotz der ganzen Enttäuschungen seitens des Produzenten eine Community gibt, die sich um das Thema kümmert. Ich selbst habe noch kein anderes Hörbuch gefunden, dass an die Atmosphäre von GB herankommt. Ich finde es super auch mal andere, detaillierte Meinungen zu den Folgen zu lesen, da man ja sonst nur seine eigene Fantasie zur Beantwortung der ganzen Fragen heranziehen kann.
      Die Fänge des Windes sind auch nach dem 5. Mal "alle durchhören" meine absolute Lieblingsfolge. Wie du schon angesprochen hast, werden wohl nie alle Fragen beantwortet werden, aber nachdem ich diese Folge gehört habe, habe ich die ganzen Fragen erst einmal ausgeblendet und wollte mich stundenlang in diese einzigartige Atmosphäre hineinversetzen.
      Ich bin auf die Fortsetzung deiner Rezensionsreihe gespannt, insbesondere deine Einschätzung der Folgen 36/37 kann ich kaum erwarten.

      Ich würde mir fast wünschen, dass durch Crowd-Intelligence die Community einfach das Hörbuch zu Ende schreibt, verdient hätte es die Serie allemal.

      lieben gruß, ich werde diesen Thread auf jeden Fall weiterverfolgen :)
    • @oc777

      Ganz lieben Dank für Deine Resonanz. Darüber habe ich mich wirklich sehr gefreut.
      Ja, es ist etwas schade, dass es eine nur überschaubare Bereitschaft gibt, über die Inhalte solch komplexer Geschichten wie der von Gabriel Burns ausgiebig zu spekulieren und diskutieren. Die Zeiten der lebhaft sich austauschenden Hörspiel-Communities scheinen vorbei zu sein. Und das betrifft ja durchaus nicht nur Serien wie Gabriel Burns, bei der man ja anführen könnte, dass die letzte VÖ eben schon so lange her ist und darum das Interesse abgeflacht ist, sondern ebenso Heliosphere 2265 und vergleichbare Serien. Potential für ausgiebigen Austausch böte sich sicher. Na, mal sehen, was die Zukunft bringt. :zwinker:

      Leider habe ich gerade einiges um die Ohren, aber ich hoffe, ich komme spätestens nächste Woche wieder dazu, voll einzusteigen in meine Serienbesprechung. Die macht mir nämlich viel Spaß. Und wenn ich hier bemerke, dass meine Gedanken dazu auch noch positiv aufgenommen werden, freut mich das natürlich um so mehr.
      Ich hoffe nur, das Interesse bleibt auch dann bestehen, wenn meine Ansichten zu einzelnen Folgen nicht mehr ganz so überschwänglich sind. Denn auch diese Folge wird es geben.
      Die von Dir genannten #36 und #37 gehören aber definitiv nicht dazu. :)

      Deinen Wünschen schließe ich mich an. Aber mir wäre ein kompetentes Team um den begnadeten Hörspiel-Regisseur Volker Sassenberg mit
      verlässlicher VÖ, guter Kommunikation und keinen weiteren Pausen deutlich lieber.

      Einen lieben Gruß zurück. :winke:
    • Hardenberg schrieb:

      .... sondern ebenso Heliosphere 2265 ...


      ----
      Ich hoffe nur, das Interesse bleibt auch dann bestehen, wenn meine Ansichten zu einzelnen Folgen nicht mehr ganz so überschwänglich sind.
      Etwas OT, aber eine kurze Frage zu Heliosphere, weil ich vorgestern die Folge 10 gehört habe.
      Hast du dazu eigentlich auch eine Besprechung gemacht??
      Ich habe danach gesucht, aber leider über die Suche nicht gefunden.

      Und wieder zurück zu Gabriel Burns.
      Ja, ich freue mich besonders auf die Folgen die du kritisieren wirst. :tengel2:
      Besser Illusionen die uns entzuecken als zehntausend Wahrheiten
    • @Smeralda

      Ja, Du hast recht. Zur Besprechung der #10 war ich damals nicht gekommen und hatte dieses Vorhaben dann aus den Augen verloren.

      Aber die folgt noch irgendwann. :)
      Spätestens wenn die 11 erscheint und ich im Zuge dessen die Serie nochmal durchhöre.
    • Kleine Anmerkung noch:

      Nach dem Hören von MindNapping 12 kam mir der Gedanke, dass, wenn Ernst Meincke im Falle einer Fortsetzung mal irgendwann nicht mehr zu Verfügung stände, auch Till Hagen einen guten undurchsichtigen Strippenzieher nach Art Bakermans abgeben würde. Allerdings müsste eine solche Figur natürlich anders angelegt werden. Wenn also nach dem Tod Bakermans ein anderer uns noch Unbekannter, etwa aus der Kommission, an seine Stelle treten sollte: Hagen wäre für eine solche Figur sicher ein guter Sprecher. Finde ich. :zustimm: