"Wenn ich bis 50 nicht erwachsen bin, muss ich auch nicht mehr" -- die fehlenden erwachsenen Themen im Hörspiel

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    • Hardenberg schrieb:

      Aber weit gefehlt: Döring hat alle überrascht mit einer sehr "erwachsenen" Herangehensweise an das Thema.
      Hat er das?
      Für Folgenreich hat es aber anscheinend nicht gereicht. Denn sonst wäre die Wells Reihe da ja weiter gegangen.




      Hardenberg schrieb:

      Und gibt es typische Vertreter einer eher "erwachsenen" Art von Hörspiel, was auch immer man jeweils darunter versteht?
      Roch ist da für mich an vorderster Front.
      Alleine schon weil Politik eben kein Thema ist das viele Kids und Jugendliche begeistert (vor dem Greta-Phänomen).
      Überhaupt ist Christian Gailus da wohl in Deutschland "Spitzenreiter" auch mit Glashaus.

      Und natürlich dann Hörspiele der ÖR. Wobei das Zielpublikum gerade von 1Live ja eigentlich eher die Jugend ist, fallen Die Infektion und The Cruise für mich gesehen eher ins "gehobene Alter".
      "Great men are forged in fire. It is the privilege of lesser men to light the flame"
    • Naja, es kann ja gerade darum nicht gereicht haben, weil es zu erwachsen für die Folgenreich-Hörerschaft gewesen ist... :zwinker:

      Das eine hat ja nicht zwingend mit dem anderen zu tun.

      +++

      Und ohne Zweifel, Die Infektion und The Cruise mögen kurzweilig und unterhaltsam sein, aber für eine "erwachsenere" Herangehensweise an das Thema Hörspiel stehen sie für mich nun so überhaupt nicht.
    • Hardenberg schrieb:

      Seht Ihr am Markt exemplarische Vertreter eines Typs Hörspiel, das eher weniger "erwachsen" rüberkommt, sich also in Machart, inhaltlicher Ausarbeitung oder Dramaturgie eher an das Kind im Hörer richtet bzw. auf die reine Nostalgie des Kassettenkindes fokussiert? (Obwohl sich das Hörspiel vordergründig an Erwachsene richtet.)

      Das wäre für mich ganz klar "Die Ferienbande" - viel Nostalgie und augenzwinkernde Annäherung an die Hörspiele der Kindheit, aber ganz klare Ansprache an die nunmehr erwachsene Hörerschaft, dabei toll produziert (zumindest die ersten, die nicht live waren) und mit köstlichen Seitenhieben versehen


      Hardenberg schrieb:

      Und gibt es typische Vertreter einer eher "erwachsenen" Art von Hörspiel, was auch immer man jeweils darunter versteht?

      Und hier haben dann ganz klar die ÖR-Produktionen die Nase vorn:

      Dieses Jahr gibt es viele, die irgendwie rund um Nazi-Deutschland spielen,
      z.B.
      Wenn Martha tanzt (Tom Saller) NDR 2019
      oder
      Michaela Karl - Ich blätterte gerade in der Vogue, da sprach mich der Führer an NDR 2019
      oder
      Hans Schweikart - Es wird schon nicht so schlimm RBB 2019

      (Dazu gehört dann auch "Der nasse Fisch", der sich zeitlich an die Nazizeit ranschiebt)


      oder Hörspiele, die sich mit Verlust und Tod beschäftigen
      Töchter (Lucy Fricke) NDR 2019


      oder politische wie
      Neunuernberg oder Glashaus.


      oder - auch ganz ganz stark:
      Tote WInkel von Hermann Bohlen, WDR 2019
      Hier geht es um die Eskalationen im Straßenverkehr
      Kann ich nur wärmstens empfehlen.
      Eins und eins ist zwei -- von London bis Shanghai!

    • Das ist ja mal eine richtige Empfehlingsliste. @gruenspatz Danke dafür.

      Und wie sieht es im kommerziellen Bereich? Gibt es da auch "typische" Vertreter einer eher erwachseneren Herangehensweisean das Thema Hörspiel?

      Vielleicht mag ja auch @Fader seine Sicht kundtun. Würde mich sehr interessieren.

      Mir selbst fiele da vielleicht Anja Herrendorf ein, die in beiden Hörspielen, die ich von ihr kenne, Der Abgrund und Die juten Sitten, versucht, soziale Dynamiken aufzuzeigen, dabei im Ansatz eine Art "Sittenbild" erstehen lässt, das über die einfache Geschichte durchaus ein Stück weit hinausreicht.

      Und @Interplanar fordert den Hörer mit der Herangehensweise an das jeweilige Hörspiel sehr. Auch da ist, für mein Empfinden, die Zielsetzung eine ganz andere als das übliche Easy Listening mit Nostalgiebezug.
    • "Der Abgrund" ist ja nicht wirklich kommerziell, da gratis zu hören.

      Bei "Mark Brandis" gibt es auf jeden Fall "erwachsene" Teile, wie die Gewissenskonflikte und die Selbstgespräche von M.B.

      Dann fällt mir noch "übernacht" von Johanna Steiner ein, bei der Lauscherlounge produziert. Das geht aber schon sehr in Richtung Radiohörspiel vom Wesen her.
      Eins und eins ist zwei -- von London bis Shanghai!

    • Hardenberg schrieb:

      Und wie sieht es im kommerziellen Bereich? Gibt es da auch "typische" Vertreter einer eher erwachseneren Herangehensweise an das Thema Hörspiel?

      Vielleicht mag ja auch @Fader seine Sicht kundtun. Würde mich sehr interessieren.
      Naja, "typisch" ist schwer zu definieren. Um im kommerziellen Hörspiel zu überleben, kann man sich reines Arthaus nicht leisten, also muss in einer ansprechenden Geschichte mehr als nur ein Hauch "tiefere Bedeutung" drin sein, um sich in meinen Augen zu qualifizieren.

      Hardenberg schrieb:

      Und @Interplanar fordert den Hörer mit der Herangehensweise an das jeweilige Hörspiel sehr. Auch da ist, für mein Empfinden, die Zielsetzung eine ganz andere als das übliche Easy Listening mit Nostalgiebezug.
      Das würde ich unterschreiben (aber das überrascht hier auch keinen). Das von @gruenspatz genannte "übernacht" gehört durchaus auch in die "Zone" erwachsenerer kommerzieller Hörspiele (es ist ein kommerzielles Hörspiel, bevor es dann auch mal im Radio lief/läuft), aber von Johanna Steiner kam bei der LL jetzt nichts weiter mehr in der Richtung, so dass die LL da für mich kein präzises Labelprofil hat. Auch sie nicht als Regisseurin, denn die ganzen Fitzeksachen für audible, die sie gemacht hat, sind zwar erwachsen im Sinne von Thrill/Horror, aber das war's auch.
      Versuchen Sie es. Manche Menschen sind in der Lage, es zu vermeiden, dass man sie wahrnimmt.
    • Ist natürlich auch immer die Frage, inwieweit man U und E überhaupt voneinander trennen darf. Meiner Meinung nach muss jede Kunst in gewissem Sinne eingängig sein, auf die eine oder andere Weise. Sie muss es nur halt nicht auf platteste Weise.

      Kunst, die dagegen bloß eitle Selbstbespiegelung ist, sich dabei hochfahrend in pseudointellektuellen Andeutungen ergeht und darum im Grunde kaum konsumierbar ist, ist für mich dagegen kein gelungenes Beispiel für 'erwachsene' Kunst.

      Für mich sind U und E kein Widerspruch. Das E sollte vielmehr Ergänzung sein.
    • Hier passt das wohl besser:

      Sylphida schrieb:

      Eine große Rolle spielen natürlich die Vorlieben der Hörerschaft. Was nicht interessiert, wird nicht gekauft.
      Das ist die banale Erklärung für die Bandbreite des kommerziellen Hörspiels. Erfolgreich sind (a) Serien, die (b) Erwartungen erfüllen. Das ist einfach so und genauso wenig Grund zur Klage wie das Gesetz der Schwerkraft.

      Die Hörer haben die Macht, aber wenn sie sie benutzen, um das zu belohnen, was sie schon kennen, wird auch weiter genau das produziert, was erwartet wird. Und das ist die nächste Gruselserie und die nächste Krimiserie.
      Die o.e. "erwachsenen Themen" sind das eine, aber die Erwartungen an das, was ein Hörspiel genrebezogen liefern sollte und was überhaupt "angemessene Themen" für's kommerzielle Hörspiel sind, sind nun mal nicht sehr umfassend. Da spielt sicher die "Flucht aus dem Alltag" eine Rolle; jede/r weiß, dass die Bedrohungen, die einem in einem JS-Hörspiel entgegenkommen, in der "realen Welt" nicht geschehen. Deswegen ist dort Horror akzeptabel. Realer Horror -- wie das, was im Libanon mit syrischen Flüchtlingen passiert, oder unser Galoppieren in die Klimakatastrophe -- wollen nicht genug Menschen hören.
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    • Das Thema ist natürlich nicht neu, aber immer wieder interessant.

      Erst mal ganz grundsätzlich: Ich möchte und muss mir nicht vorschreiben lassen, wie ich meine Freizeit zu gestalten habe. Wenn mir abends danach ist, mir eine drei-???-Folge reinzutun, ist das mein Bier. Gerade heutzutage, in der besonders diese Reihe Kultstatus erreicht hat, muss mir das ja auch nicht peinlich sein. Wenn jemand meint, das sei keine "erwachsene" Tätigkeit, ist das bedauerlich, aber nicht mein Problem. Ich denke, die allermeisten hier gehen mit dieser Auffassung d'accord.

      Und ja, ich höre Hörspiele für nahezu alle Altersklassen - d.h. bei mir kommt also z.B. auch mal der Radio-Tatort dran, welcher bekanntermaßen so ziemlich alle gesellschaftlichen Abgründe in dieser oder jener Form beleuchtet werden; es ist also nicht so, als wollte ich von der harten Realität da draußen grundsätzlich "nichts wissen". Und selbst jemandem, der NUR Kinderhörspiele hört, würde ich nicht grundsätzlich attestieren, die Augen vor der Realität zu verschließen. Meiner Erfahrung nach hat manch einer, der laut eigener Aussage praktisch nur Kinderbücher liest, zu diversen "erwachsenen" Themen vernünftigere Ansichten als so manche Leute, die von sich selbst behaupten "erwachsen" zu sein. Anhand von freizeitmäßig konsumierten Medien auf Charakter und geistige Reife eines Menschen zu schließen, halte ich für einen fatalen Trugschluss ("Don't judge people by the books they read").

      Natürlich will ich nicht abstreiten, dass mein Hobby, mich mit Hörspielen wie DDF, TKKG etc. auseinanderzusetzen, gewisse Auswüchse angenommen hat, was sich u.a. darin abzeichnet, dass ich mich in Foren wie diesem herumtreibe. :D Doch mit fortschreitendem Alter (ich bin Ende 20, womit ich erfahrungsgemäß aber immer noch deutlich unter dem Altersdurchschnitt diverser Hörspielforen liege :D) ergeben sich daraus eben auch Erkenntnisgewinne. Ich kenne Leute, die die DDF-Bücher und deren Autoren auf dem Niveau eines Marcel Reich-Ranicki analysieren, was zu durchaus nicht uninteressanten Ergebnissen führen kann, und eine Diskussion darüber ist der eigenen Horizonterweiterung durchaus zuträglich. Im Laufe der Jahre bin ich selbst zu einigen Erkenntnissen gelangt, die rückblickend eigentlich total offensichtlich sein sollten, doch häufig immer noch falsch oder gar nicht verstanden werden. Man nehme TKKG als Beispiel: Wenn man sich ein wenig mit der Zeitgeschichte der vergangenen paar Jahrzehnte auseinandergesetzt hat, erkennt man, dass die Reihe mehr ist als einfach nur Krimi-Unterhaltung für Kinder. Sie ist ein zeithistorisches Dokument. Das in diesem Thread angesprochene Werk "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" fand seinerzeit seinen Weg in die Reihe, nämlich durch Folge 4, "Das Paket mit dem Totenkopf". Egal was man sucht, man wird es finden. Die terroristischen Aktivitäten der RAF? "Das Geiseldrama". Grenzkriminalität in Zeiten vor dem Schengener Abkommen? "Todesfracht im Jaguar". Konflikte zwischen Deutschen und Gastarbeitern bzw. deren Familien? "Angst in der 9a". "Hinterhalt im Eulenforst". Die deutsche Wiedervereinigung und deren unmittelbare Folgen für alte wie neue Bundesländer? "Weißes Gift im Nachtexpress". Der Golfkrieg? "Ein Toter braucht Hilfe". Dessen Folgen für die Außenpolitik der USA? "Spuk aus dem Jenseits". Der Bosnienkrieg? "Der Goldschatz, der vom Himmel fiel". Kriminalität im Wandel nach der EU-Osterweiterung? Diverse Ü100-Folgen, z.B. "Bankräuber mit Supertrick". Das verstärkte Aufkommen von Rechtsextremismus in den 90er Jahren? "Die Gehilfen des Terrors". Es gäbe noch deutlich mehr Beispiele. Wolfs TKKG-Reihe ist eine einzige Chronik der Zeitgeschichte und der Tagespolitik in der BRD von 1979 bis 2007 - in stark überzeichneter, stellenweise satirischer Form, und durchaus nicht ohne zeittypische Klischees, als Kinderkrimi verpackt. Man kann mir doch nicht ernsthaft unterstellen, ich sei "nicht erwachsen geworden" oder hätte gar "den Bezug zur Realität verloren", wenn ich mich anhand dieser Betrachtungsweise mit der Reihe auseinandersetze. (Ich bin mir sogar absolut sicher, die Reihe hätte einen wesentlich besseren Ruf, wenn sich mehr Menschen unter diesem Aspekt mit ihr befassten. Entsprechenden Mini-Rant bitte selbst hier einfügen. ;))

      Übrigens habe ich bereits als Jugendlicher diverse Bücher zu u.a. weltpolitischen Themen gelesen. Auch politisches Kabarett (u.a. Volker Pispers und Georg Schramm) habe ich mit Freude konsumiert. Und parallel dazu DDF, TKKG etc. gehört. Jetzt, im fortgeschrittenen Alter, mach ich das immer noch genauso. Würde mir da ernsthaft noch jemand unterstellen wollen, ich hätte mich geistig nicht weiterentwickelt, nur weil ich mir immer noch die Schätze meiner Kindheit gebe?

      Dass sich viele Menschen eher "berieseln lassen" wollen, liegt in der Natur der Sache. Wie schon jemand hier erwähnte, die Menschen wollen seit Anbeginn der Menschheit gute Geschichten erzählt bekommen. Hin und wieder den Sorgen und Nöten der Welt entfliehen zu wollen, ist ebenfalls etwas völlig Natürliches. Ich will doch nicht meinen eigenen Alltag vertont bekommen; den erlebe ich selber zur Genüge. Dass das derzeit in gehäufter Form über Kinderhörspiele geschieht, scheint in diesem Thread den einen oder anderen besorgt zu stimmen. Ich persönlich glaube auch, das Ganze ist ein Resultat von medialer Reizüberflutung in der heutigen Zeit. Ja, wir haben national wie global gesehen eine ganze Reihe von Problemen, die dringender Lösung bedürfen. Doch wenn man den ganzen Tag nichts anderes hört, greift irgendwann der intellektuelle Fluchtinstinkt, und anstatt sich zum 1000. Mal anzuhören, dass es fünf vor zwölf ist und die Welt vor dem Abgrund steht, hört man sich lieber zum 1001. Mal den "Phantomsee" an. Das hat nichts mit irgendeiner Art von Infantilisierung zu tun. Da mache ich mir um den Zustand der Leute, die mit den Helden ihrer Kindheit "ins Gericht gehen" wollen und einen großen Teil ihrer Freizeit dafür opfern, anderen erzählen zu wollen, warum diese "böse", "schlecht" und "nicht mehr konsumierbar" sein sollen, erheblich mehr Sorgen.

      (Puh, das ist jetzt zum Glück gar nicht ausufernd geworden ... :D)
    • Cobra Libre schrieb:

      Ich denke, die allermeisten hier gehen mit dieser Auffassung d'accord.
      Ich zumindest absolut, denn ich verfahre ja selbst genauso. :zustimm:

      Cobra Libre schrieb:

      Ich persönlich glaube auch, das Ganze ist ein Resultat von medialer Reizüberflutung in der heutigen Zeit. Ja, wir haben national wie global gesehen eine ganze Reihe von Problemen, die dringender Lösung bedürfen. Doch wenn man den ganzen Tag nichts anderes hört, greift irgendwann der intellektuelle Fluchtinstinkt, und anstatt sich zum 1000. Mal anzuhören, dass es fünf vor zwölf ist und die Welt vor dem Abgrund steht, hört man sich lieber zum 1001. Mal den "Phantomsee" an. Das hat nichts mit irgendeiner Art von Infantilisierung zu tun.
      Da sprichst du mir auch sehr aus der Seele!

      Ich habe mir zu diesem Zweck kürzlich im DAB+-Küchenradio, neben diversen ganz "normalen" Sendern, auch "Die Sendung mit der Maus zum Hören" einprogrammiert. ;)
      Reicht mir dann das meist doch sehr angespannte, problembeladene Tagesgeschehen bzw. habe ich selbiges in aller Ausführlichkeit gehört, dann erfolgt der "intellektuelle Fluchtinstinkt", so ich noch Zeit habe, auch des öfteren mal über "Programmplatz 4"... :pfeifen: :maus:
      Und es ist mir auch gar nicht peinlich, das hier zu schreiben.
      Als Erwachsener "mitten im Leben" muss man sich ja ganz automatisch auch allen "großen" Schwierigkeiten stellen.
      Ich mache mir deshalb nicht die geringsten Gedanken darüber, möglicherweise zu "infantilisieren".
      Im Gegenteil - ein bisschen "Ausgleich" muss einfach hin und wieder mal sein! ;)

      Gleiches gilt für Hörspiele, bei denen ich gerne (fast) die ganze Genre-Bandbreite nutze, so mich die Themen irgendwie interessieren. :)
    • Agatha schrieb:

      Ich zumindest absolut, denn ich verfahre ja selbst genauso. :zustimm: Da sprichst du mir auch sehr aus der Seele!
      Ich habe mir zu diesem Zweck kürzlich im DAB+-Küchenradio, neben diversen ganz "normalen" Sendern, auch "Die Sendung mit der Maus zum Hören" einprogrammiert. ;)
      Reicht mir dann das meist doch sehr angespannte, problembeladene Tagesgeschehen bzw. habe ich selbiges in aller Ausführlichkeit gehört, dann erfolgt der "intellektuelle Fluchtinstinkt", so ich noch Zeit habe, auch des öfteren mal über "Programmplatz 4"... :pfeifen: :maus:
      Und es ist mir auch gar nicht peinlich, das hier zu schreiben.
      Als Erwachsener "mitten im Leben" muss man sich ja ganz automatisch auch allen "großen" Schwierigkeiten stellen.
      Ich mache mir deshalb nicht die geringsten Gedanken darüber, möglicherweise zu "infantilisieren".
      Im Gegenteil - ein bisschen "Ausgleich" muss einfach hin und wieder mal sein! ;)

      Gleiches gilt für Hörspiele, bei denen ich gerne (fast) die ganze Genre-Bandbreite nutze, so mich die Themen irgendwie interessieren. :)
      Die Sendung mit der Maus ist nicht nur für Kinder unterhaltsam und lehrreich, sondern kann genauso auch für Erwachsene gleichermaßen unterhaltsam und lehrreich sein. So funktioniert gutes Kinderprogramm, genauso wie Kinderliteratur à la Die drei ??? am besten funktioniert, wenn auch Erwachsene daran Spaß haben können. Ich bin gewiss der Letzte, der irgendwen für dessen Konsum verurteilt. :)

      Und ja, du beschreibst mit jedem Wort das, worauf ich hinauswill. Irgendwann ist man einfach gewisser, praktisch 24/7 behandelter Themen überdrüssig und sucht einen alternativen Weg, um sich von etwas unterhalten zu lassen und zu fühlen, was eben nichts mit dem zu tun hat, womit man ohnehin zugeballert wird. Dass Hörspiele jedweder Art (wohl je nach Serie, aber ich spreche allein vom Medium an sich) als ein solcher Weg gesellschaftlich mehr und mehr akzeptiert werden, betrachte ich als ein rundum positives Zeichen. Die Behauptung, wir würden uns damit einer "Infantilisierung" hingeben, erscheint mir doch sehr weit hergeholt. Vielmehr ist es meines Erachtens so, dass das, was unterschwellig immer schon vonstatten gegangen ist, nämlich der Rückgriff auf Schätze der eigenen Kindheit als kleine Pause von dem, was einen ohnehin ständig umgibt, inzwischen salonfähiger ist als früher, was durchaus mit der heutigen Omnipräsenz der Medien nach meiner Wahrnehmung nicht nur korreliert, sondern auch zumindest teilweise kausal zusammenhängt.
    • Ich bemerke bei diesem Thema oft eine fast reflexhafte Abwehr derer, die gern auch mal reine Entspannungshörspiele hören, dabei ist doch gar nicht der Punkt, dass das verwerflich wäre. Aber dass es Leute gibt, die bedauern, wenn es zu wenig Hörspiele gibt, die sich mit zeitgemäßen Themen auf erwachsene Weise auseinsndersetzen, ist doch auch legitim.

      Es geht um die Bandbreite, und wenn die nicht gegeben ist (wie bei anderen Medien, wo das sehr wohl der Fall ist), weil das Gros bestimmte Themen nicht nachfragt, dann ist das insgesamt eine Armut an Vielfalt, die dem Medium an sich schadet, denn dann ist und bleibt es in der Außenwahrnehmung ein Nischenmedium, und über die Zeit springen dann womöglich immer mehr grundsätzlich Interessierte ab, weil es an eben jener Vielfalt mangelt. Und das wiederum verfestigte den Nischenstatus weiter.

      Dabei geht es nicht um richtig oder falsch und gut oder schlecht, sondern zunächst einmal um eine Zustandsbeschreibung, ganz sachlich. Dass dann Menschen, die in Hörspielgeschichten vielleicht mehr suchen als reinen Eskapismus, diesen Zudtand bedauern oder gar beklagen, steht dann auf einem anderen Blatt und ist halt eine Frage des persönlichen Empfindens.

      Ich teile jedenfalls das Bedauern.
    • Hardenberg schrieb:

      Ich bemerke bei diesem Thema oft eine fast reflexhafte Abwehr derer, die gern auch mal reine Entspannungshörspiele hören, dabei ist doch gar nicht der Punkt, dass das verwerflich wäre. Aber dass es Leute gibt, die bedauern, wenn es zu wenig Hörspiele gibt, die sich mit zeitgemäßen Themen auf erwachsene Weise auseinsndersetzen, ist doch auch legitim.

      Es geht um die Bandbreite, und wenn die nicht gegeben ist (wie bei anderen Medien, wo das sehr wohl der Fall ist), weil das Gros bestimmte Themen nicht nachfragt, dann ist das insgesamt eine Armut an Vielfalt, die dem Medium an sich schadet, denn dann ist und bleibt es in der Außenwahrnehmung ein Nischenmedium, und über die Zeit springen dann womöglich immer mehr grundsätzlich Interessierte ab, weil es an eben jener Vielfalt mangelt. Und das wiederum verfestigte den Nischenstatus weiter.

      Dabei geht es nicht um richtig oder falsch und gut oder schlecht, sondern zunächst einmal um eine Zustandsbeschreibung, ganz sachlich. Dass dann Menschen, die in Hörspielgeschichten vielleicht mehr suchen als reinen Eskapismus, diesen Zudtand bedauern oder gar beklagen, steht dann auf einem anderen Blatt und ist halt eine Frage des persönlichen Empfindens.

      Ich teile jedenfalls das Bedauern.
      So formuliert, stimme ich dir natürlich zu. Gerade weil es vergleichsweise wenig Stoff für Erwachsene in Hörspielen gibt, wird das Medium als solches eher als etwas für Kinder empfunden. Man kann so ziemlich jeden auf der Straße bitten eine bekannte Hörspielreihe zu nennen, und wird in den allermeisten Fällen etwas in Richtung Benjamin Blümchen, Bibi Blocksberg, die drei ???, TKKG etc. als Antwort bekommen. Vergleichbar Bekanntes für Erwachsene existiert praktisch nicht. Das hat Auswirkungen auf den Ruf des Mediums.

      Ist halt alles wieder eine Sache von Angebot und Nachfrage. Es ist auch auffällig, dass es nur sehr wenige "Brücken" vom Kinder- zum Erwachsenenhörspiel gibt (die erste Folge von Point Whitmark geht m.E. in die Richtung), sodass viele den Sprung nicht schaffen und dem Medium entweder den Rücken kehren, oder auf das zurückgreifen, was sie aus ihrer Kindheit kennen. Deswegen werden von den privaten Labels weiterhin Stoffe für Kinder rausgehauen, als wenn's kein Morgen mehr gäbe, während die auditive Erwachsenenunterhaltung den Öffentlich-Rechtlichen, die ja nicht profitorientiert arbeiten, überlassen bleibt. Es wird das produziert, was nachgefragt wird, und der Rest bleibt auf der Strecke. Das Bedauern darüber teile ich ohne Frage.
    • Ufoo schrieb:

      Hallo zusammen,

      ein interessanter Beitrag zu diesem Thema:
      Die Deutsche Hörspielszene
      Interessant ist hier wieder einmal, dass die kommerzielle Hörspielszene mit nicht einem Wort erwähnt wird. Das erinnert mich an ähnliche Ausblendungen in den Jurybegründungen des Kurd-Lasswitz-Preises, deren Hörspieljury pauschal argumentierte, aus dem privaten Sektor käme eben nichts Preiswürdiges. In diesem strikten Lagerdenken kann ich nichts Gutes finden.
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    • Ufoo schrieb:

      Hallo zusammen,

      ein interessanter Beitrag zu diesem Thema:
      Die Deutsche Hörspielszene
      Nun ja. Die Dame stellt das Hörspiel als eine ausschließlich vom Steuerzahler finanzierte Nischenkunstform hin, die so vielen Menschen die Möglichkeit beschert, "damit ihr Geld zu verdienen".
      "The period of the Daddschals dominion is generally set at forty days, the first day being like a year, the second like a month, the third like a week, and the remainder “like your days,” that is, days of normal duration (Kašmīrī, p. 112)"
    • Gerade deshalb finde ich den Beitrag sehr interessant!

      Wenn man diesen Thread und den Gastbeitrag nimmt, könnte man vereinfacht sagen:

      - E-Hörspiele sind eine steuerbasierte Nischenkunstform, welche in Deutschland aber noch deutlich verbreiteter ist als in anderen Ländern.
      - U-Hörspiele sind privatwirtschaftliche Unterhaltungsmedien, welche eher im Jugendbereich angesiedelt sind (oder von Hörer gehört werden, die diesem Medium aus Jugendtagen treu geblieben sind).

      Interessant ist doch, dass die Dame (und da bin ich bei Interplanar) das Hörspiel als eigentliche Kunstform praktisch nur im öffentlichen Bereich sieht. Wenn man sich den Markt so ansieht muss man schon sagen, dass die Qualitätsunterschiede zwischen privat und öffentlich produzierten Hörspielen manchmal sehr massiv sind (soll heißen Radiohörspiele sind meist besser produziert).

      Ganz platt gesagt ergibt sich ja daraus: Mit gut produzierten E-Hörspielen verdient man kein Geld (deswegen öffentliche Finanzierung), privatwirtschaftlich produzierte Hörspiele sind zu seicht um qualitativ mitzuhalten (aber man verdient Geld damit). Das ist ja so nichts neues... aber diese Diskrepanz-Ansicht scheint ja in der Branche auch sehr stark verbreitet zu sein.

      Diese breite Kluft ist aus meiner Sicht auf jeden Fall schädlich für das Medium!
    • Ja, aber das heißt auch, dass kommerziell produzierte Sachen, die darauf abzielen, inhaltlich etwas Mehrwert mitzuliefern, diese Kluft nicht schließen, weil sie von den Fans der ö/r-Hörspielkunst nicht wahrgenommen werden, und bei den Hörern kommerzieller Hörspiele nicht genug Marktanteil haben, um die Wahrnehmung zu ändern.
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    • Ufoo schrieb:

      Interessant ist doch, dass die Dame (und da bin ich bei Interplanar) das Hörspiel als eigentliche Kunstform praktisch nur im öffentlichen Bereich sieht.
      Mir hat sich beim Lesen die Frage gestellt, ob die Gute überhaupt andere Hörspielproduktionen kennt bzw sich je mit dem beschäftigt hat, was so kommerziell angeboten wird und über "Gängiges" wie DDF oder "Kinderhörspiele" hinausgeht. :pfeifen: ;)
      Für mich rollt sie mit ihrem Beitrag das Feld quasi von der anderen Seite auf.
      Viele hier hören ja wenig bis gar keine Radiosachen, denn gerade in dem Bereich gibt es für mein Empfinden wirklich oft "erwachsene" Themen.
      Wen es verstärkt danach "verlangt", der sollte vielleicht einfach mal häufiger bei den ÖRn auf die Suche gehen. ;)