"Wenn ich bis 50 nicht erwachsen bin, muss ich auch nicht mehr" -- die fehlenden erwachsenen Themen im Hörspiel

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    • Ahtan schrieb:

      Ich kann Mr. Wortvogels Ausführungen zu den muskelbepackten Weltrettern die uns schöne ferne Welten schmackhaft machen, nicht teilen. Wir flüchten nicht vor der Realität.

      Falls Du mich damit meinen solltest, solltest Du auch alles lesen, was ich in diesem Thread dazu geschrieben habe. Ich habe nirgends geschrieben, dass wir vor der Realität flüchten. Und ich habe hingegen sehr deutlich geschrieben, dass ich Hörspiele auch mit tieferem Inhalt sehr zu schätzen weiß.
      Eins und eins ist zwei -- von London bis Shanghai!

    • Fader schrieb:

      Erwachsene Themen sind Fragen von Verantwortung für andere, Schuld, Fehlentscheidungen, Liebe in komplizierten Schattierungen, Lebenslinien und -wege -- solche Sachen.
      Und genau diese Themen kommen eben auch in "Kinderserien" vor.
      Hör die mal eine Folge "Winx-Club" was da teilweise abgeht, dagegen sind manche Liebesschnulzen oder Psychothriller echt Kindergarten.

      Und wenn man sich dann mal das frühere "Kinderprogramm" ansieht mit Schweinchen Dick und Tom und Jerry als Beispiel, da müssten wir nach heutiger Definition eigentlich alle als mordende Psychopathen durch die Gegend rennen. Denn gegen machen alte Folgen Tom und Jerry sind heutige Ego-Shooter doch eine Entspannungstherapie.




      Cherusker schrieb:

      Ich denke, dass vor allem das Radiohoerspiel oft Themen anspricht, die es im kommerziellen Hoerspiel nicht gibt. Da nehmen die Radiosender schon ihren Lehrauftrag war.
      Auch nicht wirklich. Auch hier sehe ich es oft in der "Erzählweise". Ob eine Krankheit wie in die "Infektion" nun Menschen betrifft oder in Benjamin Blümchen eben die Zootiere. Das ist Thematisch kein Unterschied, nur eben die Verpackung der Geschichte ist eben für die Zielgruppe aufbereitet.

      Prinzipiell ist ja quasi jede Geschichte irgendwie eine "Heldenreise" sei es nun z.B. Aschenputtel oder Pretty Woman.
      Gleiche Geschichte, andere Verpackung. Ob nun ungeliebte Stieftochter oder Prostituierte, bei werden nachher quasi die Helden der Geschichte.


      Sheriff Cody schrieb:

      Aber auch im TV gibt es ernste Themen in Filmen.
      Ist es das Thema oder ist es die Geschichte?
      Auch Rassismus kommt in "Kindergeschichten" vor. Und muss Rotkäppchen nicht auch zur Oma weil eben "Pflegenotstand" herrscht. Nicht umsonst heisst ein Pflegedienst in Hannover so und bedient sich quasi der Geschichte.




      gruenspatz schrieb:

      Verglichen mit den vielen vielen Ballerspielern - da kommt doch ein Benjamin-Blümchen-Hörer (nein, da gehöre ich nicht zu ) sehr viel sympathischer rüber, meinst Du nicht?
      Siehst du das bei "Tom und Jerry" Fans auch so ;)

      Jede Geschichte die man hört, liest oder sich ansieht ist doch quasi eine "Flucht" aus dem eigenen Leben. Das machen wir von Kindesbeinen an bis auf Totenbett. Geschichten können Motivation, Ablenkung und Beruhigung zugleich sein. Egal für welches Alter. Und mit Themen die unterschiedlicher und zugleich ähnlicher nicht sein können.

      Ich denke jeder Mensch hat noch das Kind in sich, nur manche sind halt zu ängstlich es vor Anderen zu zeigen.
      Das geht dann nur wenn es alle Anderen auch machen z.B. Halloween oder Karneval. Da wird dann die Sau rausgelassen.

      Da bin ich lieber 365 Tage im Jahr so wie ich bin und lasse manchmal das Kind "raushängen", denn man lebt nur einmal. Und leider begreifen es Viele erst wenn es zu spät ist.

      Einfach mal das nächste Mal wenn ihr z.B. nach eurer Religion gefragt werdet mit "Jedi" antworten. Es kann echt lustig sein ;)


      Nachtrag:
      Aufgrund der Nachfragen ;)

      Nein ich habe weder den Lego Falcon noch den Star Wars Füller gekauft, bei dem Lichtschwert kann ich auf mein Profilbild verweisen ;)
      "Great men are forged in fire. It is the privilege of lesser men to light the flame"
    • Das sehe ich etwas anders. Der Mensch hört, seit er vor tausenden Jahren am Feuer saß, nunmal gerne Geschichten. Wir haben Phantasie, und gute Geschichten holen uns einfach ab. Wir brauchen das, das öffnet uns die Augen und Ohren und spricht unser kreatives Potenzial an.
      Das muss nichts mit Flucht zu tun haben (kann es aber natürlich).
      Nur reicht es meiner Meinung nach viel weiter.
      Eins und eins ist zwei -- von London bis Shanghai!

    • Ich muss ganz ehrlich sagen, ich höre / lese / sehe was mir gefällt bzw. mich interessiert.
      Und das tue ich zur Entspannung, wobei sich für mich Entspannung und Anspruch nicht gegenseitig ausschließen.

      Wo ich jetzt aber darüber nachdenke fällt mir auf, dass es im Hörspielbereich erst irgendwo bei "jugendlich" anfängt.
      Das ist aber keine bewusste Entscheidung; das hat sich einfach so ergeben.

      Wobei ich aber eh kein Freund irgendwelcher "Schubladen" bin.
      Bin mir auch überhaupt nicht sicher, wo man beispielsweise Tom Sawyer oder Die Schatzinsel einordnen soll. :schulter:
      Ist mir letztendlich aber auch völlig egal. :zwinker:
      Und natürlich gibt es auch die berühmten Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
      Wenn mir also mal eine alte MC mit Benjamin Blümchen der Kinder in die Hände fällt kann es gut sein,
      dass sie kurze Zeit später bei mir im Kassettenrekorder liegt. :thumbsup:

      Generell bin ich der Meinung, dass man sich so viel "Kindlichkeit" wie nur möglich erhalten sollte.
      Schließlich ist man so alt wie man sich fühlt.

      Ich reihe mich gerne in die Riege der fünfzigjährigen Spielkinder ein und stehe dennoch mit beiden Beinen fest im Leben.

      Gruß, Frank
      Wo Leidenschaft ist, da ist auch Hoffnung.
    • Dito! Ich mir auch! :]

      Ist es nicht schön, dass wir die Möglichkeit haben uns sowohl die knallharte Realität als auch den kindlichen Vergnügungen „geben“ zu können und dürfen? Unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern hatten mit Ersten, zweiten Weltkrieg, Zwischenkriegszeit und Nachkriegszeit zu kämpfen. Da blieb nur wenig Zeit sich den lustigen Themen des Lebens zu widmen. Diese hatten rund um die Uhr solche „anspruchsvollen“ und „erwachsenen“ Themen zu erleben. Ich sehe es als großes Privileg an mich in meiner Freizeit ernsten, aber auch kindlichen und seichten Themen widmen zu können. Das haben uns unsere Eltern und Großeltern ermöglicht.
    • Markus G. schrieb:

      Ich sehe es als großes Privileg an mich in meiner Freizeit ernsten, aber auch kindlichen und seichten Themen widmen zu können. Das haben uns unsere Eltern und Großeltern ermöglicht.
      Ich gehe mal davon aus, dass (auch deswegen) unsere Kinder dieses Privileg nicht mehr haben werden.

      Versuchen Sie es. Manche Menschen sind in der Lage, es zu vermeiden, dass man sie wahrnimmt.
    • gruenspatz schrieb:

      Das muss nichts mit Flucht zu tun haben (kann es aber natürlich).
      Darum steht "Flucht" ja auch in Ausrufungszeichen. Man kann es auch Ablenkung oder Unterhaltung nennen, denn im Gegensatz zu den Geschichten gibt es ja auch noch die Nachrichten die weiter erzählt werden und natürlich auch Mischformen von beidem.





      Frank schrieb:

      Ich reihe mich gerne in die Riege der fünfzigjährigen Spielkinder ein und stehe dennoch mit beiden Beinen fest im Leben.
      Zum grössten Teil ja, aber eben Aufgrund gesundheitlicher Umstände eben nur zum Teil. Aber genau diese Umstände haben mir eben die Augen geöffnet, das man das "Kind im Manne" eben nicht vernachlässigen sollte.



      Markus G. schrieb:

      Diese hatten rund um die Uhr solche „anspruchsvollen“ und „erwachsenen“ Themen zu erleben.
      Nenn es doch einfach beim Namen, sie hatten sich der harten Realität zu stellen. Und auch in der Zeit gab es dann Meisterwerke der Unterhaltung. Man betrachte nur "Die Feuerzangenbowle" "Münchhausen" oder "Quax, der Bruchpilot".


      Markus G. schrieb:

      Ich sehe es als großes Privileg an mich in meiner Freizeit ernsten, aber auch kindlichen und seichten Themen widmen zu können. Das haben uns unsere Eltern und Großeltern ermöglicht.
      Ja, das ist es wirklich und man darf nicht vergessen das wir es auch dem Zufall zu verdanken haben. Denn es kommt auch immer noch darauf an wo wir geboren werden, wie unser Leben verläuft.
      "Great men are forged in fire. It is the privilege of lesser men to light the flame"
    • Fader schrieb:

      Markus G. schrieb:

      Ich sehe es als großes Privileg an mich in meiner Freizeit ernsten, aber auch kindlichen und seichten Themen widmen zu können. Das haben uns unsere Eltern und Großeltern ermöglicht.
      Ich gehe mal davon aus, dass (auch deswegen) unsere Kinder dieses Privileg nicht mehr haben werden.


      Der Beweggrund, warum man sich mit Erwachsenenthemen beschäftigen sollte und nicht mit Spaß und Phantasie sind jetzt aber nicht schwarzmalerische Untergangsszenarien, hoffe ich? Bis hierhin konnte ich noch folgen. Aber ab diesem Punkt dann die Apokalypse bitte erstmal abwarten :zwinker:

      EDIT: Jetzt bitte keine Klimawandeldiskussion, wenn's geht :godzilla:
    • Stehgeiger-Josef schrieb:

      Der Beweggrund, warum man sich mit Erwachsenenthemen beschäftigen sollte und nicht mit Spaß und Phantasie sind jetzt aber nicht schwarzmalerische Untergangsszenarien, hoffe ich?
      Umwelt ist und sollte kein Thema nur für Erwachsene sein.

      Sehr schöne Beispiele das man das auch Kindern und Jugendlichen näher bringen kann sind z.B. die Hörbucher „Evolution“ von Thomas Thiemeyer oder "Die Currywurst-Lüge" von den Graslöwen.

      Meine Fresse greife ich jetzt z.T. tief in mein Archiv ;)

      Klar bringt man Kinder noch nicht die Feinheiten der durch Menschen verursachten Umweltverschmutzungen bei, aber man muss auch im Kleinen anfangen. Wie mit allem.
      Wenn Eltern einem Kind z.B. nicht beibringen, das man Bonbon Papier nicht einfach auf die Strasse schmeisst, denn muss man sich nicht wundern wenn dieses Kind als Jugendlicher evtl. seinen Müll einfach am See liegen lässt.

      Auch in vielen Hörspielserien für "Kinder" spielen Themen wie Umwelt etc. eine Rolle.
      Gerade der Primus unter diesen Hörspielen "Die drei Fragezeichen" haben doch schon fast jedes Thema irgendwo mal angerissen. Sehr gut auch der Beitrag der Bundeszentrale für politische Bildung, in dem auch Beispiele aufgezählt werden.


      Evtl. sollten sich Eltern mal die Hörspiele mit ihren Kindern zusammen anhören, da könnten Manche sicher auch noch was lernen ;)
      "Great men are forged in fire. It is the privilege of lesser men to light the flame"
    • Stehgeiger-Josef schrieb:

      Mir stellt sich bei diesem Thread nur die Frage, warum die Umwelt, die Demokratie und was weiß ich noch alles untergehen, nur weil Erwachsene mal ein Benjamin Blümchen Hörspiel hören
      Wer hat das denn behauptet?
      Vermutlich ist es weit aus schlimmer, wenn man eben nur noch Dinge im Kopf hat wie Profit, Neid und Eigennutz.
      Und es ist imho völlig egal ob man sich da als Erwachsener Benjamin Blümchen oder John Sinclair anhört. Aber vermutlich wird sogar die "Moral aus der Geschichte" bei Benjamin Blümchen wesentlich höher sein als bei John Sinclair.
      "Great men are forged in fire. It is the privilege of lesser men to light the flame"
    • Stehgeiger-Josef schrieb:

      Ben Kenobi schrieb:

      Vermutlich ist es weit aus schlimmer, wenn man eben nur noch Dinge im Kopf hat wie Profit, Neid und Eigennutz.
      Gut, dann warte ich jetzt ebenfalls auf Empfehlungen für Hörspiele, die es schaffen, Leute voller Profitgier, Neid und Eigennutz zu guten Menschen umzuerziehen, die die Welt retten :schulter:
      Irgendwie verstehe ich dich anscheinend nicht so ganz.

      Stehgeiger-Josef schrieb:

      Mir stellt sich bei diesem Thread nur die Frage, warum die Umwelt, die Demokratie und was weiß ich noch alles untergehen, nur weil Erwachsene mal ein Benjamin Blümchen Hörspiel hören
      Entweder du hast irgendwo was vergessen oder ich bin zu dumm es zu verstehen.
      "Great men are forged in fire. It is the privilege of lesser men to light the flame"
    • Der bissige, sogar latent aggressive, auf jeden Fall aber sarkastische Unterton überrascht mich nicht. Meist rührt eine solche Reaktion daher, dass im Kern ein wunder Punkt berührt wurde. Sonst könnte man sich ja auch ganz entspannt zurücklehnen, die Schultern zucken lassen und sagen: Das hat mit mir nichts zu tun.

      Hier geht es weder darum, dass Hörspiele Patentrezepte bieten sollen, um die Menschen umzuerziehen, noch wurde behauptet, dass die Demokratie untergeht, wenn jemand abends Benjamin Blümchen hört. Wenn man diskutieren möchte, gehört dazu, sich mit den Gedanken und Argumenten des jeweils anderen auch ernsthaft und redlich auseinanderzusetzen. Polemik hat darin jedoch, wie ich finde, nichts verloren.

      Es geht um eine Geisteshaltung. Und es wird die Frage aufgeworfen, ob die Konsumgewohnheiten in Bezug auf Film und Fernsehen, von Fader hier ergänzt um Hörspiele, als symptomatisch betrachtet werden könnten für eben jene Haltung, bei der die Menschen vermehrt nicht mehr gewillt sind, sich AKTIV und KONSTRUKTIV in die Belange der Welt einzumischen, sondern sich, wenn überhaupt, darauf beschränken, DESTRUKTIV zu reagieren, indem sie in sozialen Netzwerken stänkern, oder gar nichts mehr dazu zu sagen haben und sich auf das Private beschränken, auf ihren eng begrenzten Tellerrand, im Job tun, was eben anliegt, ohne die Perpektiven auszudehnen, zu Hause den Blick auf die Welt auf ihren eigenen Stadtteil zu reduzieren - und ihr Denken auf die unmittelbaren Lebensumstände zu begrenzen, um ansonsten in fiktive Welten zu flüchten, die um so begehrenswerter erschein, je weniger sie der unseren tatsächlich ähneln.

      Ich teile Dewis Ausführungen in einigen Punkten nicht. Aber ich finde zumindest die Frage, die er aufwirft, hochinteressant.

      Auf der rocky-beach.com ist derzeit ein Interview mit DDF-Autor André Marx zu finden, der recht flapsig bekennt, von aktuellen tagespolitischen Zusammenhängen nicht viel Ahnung zu haben. Er wusste nicht einmal den Namen Kevin Kühnert einzuordnen.
      Das hat mich doch sehr erstaunt.
      Gerade Kevin Kühnert war doch nun in der Zeit nach der Bundestagswahl wirklich in aller Munde, nicht zuletzt in Berlin, wo Herr Marx doch offensichtlich zu Hause ist. Da verwundert diese Ahnungslosigkeit schon.

      Natürlich will ich das jetzt nicht hochhängen. Es passt nur rein zufällig gerade ins Bild. :zwinker:

      Und SELBSTVERSTÄNDLICH gilt nicht die Schlussfolgerung: Hörspiel-Freund = realitätsfremd.
      Aber mir will erscheinen, dass unter den Realitätsfremden sehr viele Freunde von jenen fiktiven Geschichten sind, die möglichst wenig mit dem Leben im Hier und Jetzt zu tun haben.

      Und auch in Bezug auf Hörspiele habe ich in all den Jahren, die ich mich nun in Foren herumtreibe, schon sehr oft den Eindruck gewonnen, dass manch einer, der in ihnen schreibt, ein zumindest bemerkenswertes Verhältnis zu den realen Dingen des Alltags zu haben scheint. Natürlich schaut man den Leuten nicht in die Köpfe, aber es sagt ja immer auch etwas über sie aus, was sie schreiben, und man kann da doch so einige Rückschlüsse ziehen, denke ich.

      Mir erscheint es tatsächlich so, als hätte seit einer längeren Zeit, eigentlich, wie ich schon schrieb, mit dem Umbruch 80'er/90'er Jahre ein Trend eingesetzt, das Kind im Menschen künstlich am Leben zu erhalten. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden, wenn dieses Kind den Erwachsenen nicht vollständig verdrängt. Wenn diese kleinen Dinge, die das Leben erst so richtig lebenswert machen, eben auch wirklich diese kleinen Dinge bleiben - und es sich nicht ins Gegenteil verkehrt und sie zu den "eigentlichen" Dingen werden, die alles andere verdrängen.

      Dabei will ich aber auch gar nicht sagen, dass das ein völlig neues Phänomen ist. Man sollte da auch fair bleiben und nicht die Vergangenheit überhöhen, finde ich. Und ein Stück weit macht das Dewi, wie ich finde. Okay, es mag früher keine Blockbuster-Superhelden-Verfilmungen im heutigen Stil gegeben haben - und wenn es sie gab, haben sie sich eher an junge Erwachsene gerichtet und nicht wie heute an Leute, die unter Umständen schon auf die 50 oder 60 zugehen, aber es gab andere Banalitäten, auf die man die Gedanken gelenkt hat - die heute legendären Samstagabend-Shows, die nichts anderes als Eskapismus pur waren -, Volksmusik- und Schlagersendungen, auch Heimatfilme oder die Edgar Wallace-Verfilmungen waren im Grunde ziemlicher Kasperkram, und ansonsten hat man einfach die Augen verschlossen und darauf vertraut, dass der Herr Adenauer, der Herr Schmidt oder der Herr Kohl es schon irgendwie richten werden. (Obwohl wenigstens in den Siebzigern und beginnenden Achtzigern noch ein gewisser Aufbruchsimpuls erkennbar zu sein schien.)

      Also: Eskapismus gab es immer schon. (Und die Deutschen scheinen mir ein besonderes Talent zu haben, ihre Verantwortung abgeben zu wollen.)

      Das Missverhältnis heute scheint mir eher zu sein, dass keine Generation vor der unseren mehr Möglichkeiten zur politischen Teilhabe besessen hat (bei aller Skepsis, wie viel Politik heute überhaupt noch allein bewirken kann) und doch im Grunde diese Möglichkeiten mehr dazu nutzt, die eigenen kindischen Vorlieben zu zelebrieren, als damit tatsächlich etwas Sinnvolles und Nachhaltiges zu machen. Und wenn wir auf unser (theoretisch vorhandenes) Potential angesprochen werden, mit den Schultern zucken und sagen: Was soll ich allein schon ändern?, als befänden wir uns immer noch mitten in den 50'er oder 60'er Jahren und die da oben bestimmen alles, ob wir wollen oder nicht, keine Chance, daran etwas zu ändern.

      Mich stört auch weniger, dass es diese Hörspiele für das Kind im Erwachsenen gibt.
      Ich finde es eher tragisch, dass das gesamte Hörspiel-Angebot von Produktionen für dieses Segment dominiert wird.
      Und dabei geht es ja nicht darum, ob Blut fließt oder mal eine Sex-Szene auftaucht. Das ist sicher nicht das, worauf Fader hinauswollte. Es geht darum, dass es im Grunde Hörspiele, die sich komplexerer und vielleicht auch differenzierterer Themen annehmen, auf diesem Markt verdammt schwer haben und ein großes Risiko eingehen, zu scheitern. Es wäre aber schön, wenn es auch Geschichten in Hörspielform gäbe, die uns etwas erzählen über das Leben, wie es ist. Das muss gar nicht tagespolitisch geschehen, auch wenn ich auch das schön fänd, sondern könnte auch universeller geschehen in Form von Plots, die etwas über den Kern des Menschseins erzählen wollen. Aber all das kommt mir viel zu kurz. Alles wird dominiert von recht konventionellen, wenn auch hervorragend inszenierten Unterhaltungsgeschichten. (Wobei ich nichts gegen Unterhaltung habe. Auch "ernste" oder "tiefgründigere" Plots sollten unterhalten!)

      Dabei gäbe es durchaus Potential - wenn man denn wollte.

      ROCH hätte so etwas sein können. Stattdessen hat man sich das tagespolitische Klima im Grunde nur als Kulisse gewählt, um eine doch recht konventionelle Geschichte zu erzählen, die auch ohne diese Elemente funktioniert hätte.

      Auch Weltuntergangs-Szenarien böten einen guten Rahmen, um Themen des Jetzt und Hier zu behandeln und in Plots umzuformen. Nur müsste man dann halt auf die üblichen Groschenroman-Dramaturgie verzichten und versuchen, diese Thematik anders anzugehen. Es ist aber die Frage, ob die Freunde des aktuellen Hörspielmarktes in ihrer Mehrheit so etwas überhaupt hören wollten.

      (Nehmen wir doch die drei Fragezeichen: Da ist doch jede neu erscheinende Hörspielfolge im Grunde nur noch der Schatten dessen, was diese Serie einst war. Und dennoch ist es unvorstellbar, einen Neustart zu versuchen, mit Sprechern, die realistischer in ihren Rollen wären. Weil es nämlich gar nicht in erster Linie darum geht, mit DDF gute Hörspiele zu konsumieren, behaupte ich, sondern die Verlinkung in die Zeit der eigenen Sorglosigkeit (als Kind) aufrechtzuerhalten. Und dazu braucht es eben die Kontinuität durch Regie, Sprecher und Kreissägengeräusch. Gegen dieses Gefühl könnte keine noch so brillante Vertonung mit neuem Team und hervorragenden jugendlichen Sprechern anstinken.)

      Stattdessen dominieren Gut-gegen-Böse-Geschichten den Hörspielmarkt in vielfältiger Variante, meist einfach gestrickt und mit einem Happy Ending. Alles ist recht unaufgeregt, vorhersehbar - und selten mal wird man überrascht oder gar gepiesackt, indem mal der Finger in eine Wunde gelegt oder der Hörer wirklich gefordert wird. Alles ist gemächlich, wie ein alter, ausgetretener Schuh, der aber ungemein bequem ist und in den man schlüpft, um sich wohlzufühlen.

      Wie gesagt, das ist grundsätzlich nicht schlimm. Solange das gesunde Maß für die Dinge nicht verloren geht.

      Aber wünschen, was die Vielfalt der Themen angeht, würde ich mir noch etwas anderes.