"Wenn ich bis 50 nicht erwachsen bin, muss ich auch nicht mehr" -- die fehlenden erwachsenen Themen im Hörspiel

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    • Das kann man ja finden, wie man möchte. Ich bin aber wirklich erstaunt davon, dass ja anscheinend selbst Kenner der Szene das Thema Hörspiel sehr abgegrenzt sehen in ÖRe und kommerziell (leichte Unterhaltung nach dem Wortlaut). Auch ÖRes machen ja zb Mal ordentlich Unterhaltung wie the Cruise zb. Klingt für mich nach einer starken Spaltung des Mediums Hörspiel auch bei den Autoren/Produzenten etc. Klingt ja fast wie eine Parallelwelt.

      Das kann überhaupt nicht positiv sein für das Medium. Für mich ist das neu in dieser Art und Weise.
    • Ufoo schrieb:

      Klingt ja fast wie eine Parallelwelt.
      Ist es aber doch irgendwie auch, oder? Ich meine, ich kenne Menschen, die hören bevorzugt und ausschliesslich übers Radio, denen fehlt irgendwie die Zeit, um ne LP, MC, CD, aufzulegen, oder nen Stream anzumachen. :biggrin: Und dann gibts diejenigen, die Hörspiele lieben und vor allem unterhalten werden möchten. Generell muss man ja bei Radiohörspielen auf alles gefasst sein, gerade weil sie eben keine Kohle einspielen müssen. Dementsprechend empfinde ich das "Dargebotene" teilweise auch als absolute Kacke und frage mich in solchen Momenten, warum ich dafür Gebühren zahle? Vor allem der WDR, den ich eigentlich sehr schätze, kommt da immer wieder mit Dingern um die Ecke, die total daneben sind, obwohl die eigentliche Geschichte schon gut war. Aber alles muss diesem, vollkommen übertriebenen, "Kulturanspruch" untergeordnet werden. :vogel:
      Aber ich schweife ab, `Tschuldigung. :hutheb:
      Diejenigen, die wirklich noch das Hörspiel als Beruf ausüben, werden doch immer weniger. Da fallen mir nur eine Handvoll ein, die noch aktiv sind.
      Alle anderen sind doch schon von den "Kraken" geschluckt worden. :schulter:
      Das, was heutzutage auf den Markt kommt, ist dann so ein Mist wie "Fünf Freunde finden ein Loch in der Wand", oder "Die drei Fragezeichen und der zahnlose Unhold" :gaehn:
      Derartige Hörspiel fallen nicht mal mehr unter die Kategorie, "Pflichthören" , nach dem Motto: Sonst kann ich nicht mitreden. :aufgeregt:
      Aber die Hörer solcher Produktionen hören eben (meistens) nicht Radiohörspiele und wollen schon gar kein "anspruchsvolles" Hörspiel. Kann ich auch gut nachvollziehen, das Leben ist schon anstrengend genug. :] Deshalb ist ja auch so bezeichnend, das "Das Nachtleben der Götter" von Interplanar sich schlechter als erwartet verkauft. Wenn man/ein Label mal ein Hörspiel herausbringt, welches nicht so ganz auf der üblichen/erwartbaren Schiene läuft, ist es fast wie früher mit den Malern: erst wenn sie tot sind, weiß man die Leistung/ das Genie zu würdigen.
      Ich meine, hier hat man wirklich ein ganz besonderes Hörspiel abgeliefert, das im Radio bestimmt gepriesen worden wäre, aber als kommerzielle Produktion einfach nicht wahrgenommen wird. Nach dem Motto: Kann ja gar nicht sein.

      Ufoo schrieb:

      Das kann überhaupt nicht positiv sein für das Medium.
      Ist es ja auch nicht, aber wirtschaftliche Realität. Die Preise sind verfallen, die meisten Sprecher arbeiten ihren Lohn nur noch ab, und die Label kämpfen verzweifelt um ihr Überleben. Mal ehrlich, wer im Forum gibt noch wirklich Geld aus fürs Hörspiel? Klar, mir fallen da noch ein paar wenige User hier ein :thumbup: , aber die meisten streamen doch nur . :schulter: Ich hab nach wie vor keine Ahnung, wie ein Label damit überleben soll?
      Daß kann heutzutage einzig und allein nur über Masse statt Klasse gehen, und das ist wohl leider eine Ausrichtung, die uns im "digitalen" Zeitalter immer mehr bevorsteht.
      Deshalb ist es ja auch so wichtig, kleine aber feine Labels wie zB, Imaga, Ohrenkneifer, etc. durch den KAUF von CD, oder Download zu unterstützen. Wenn die aufgeben, wird es düster, und ich fürchte um den Fortbestand des Mediums Hörspiel. Denn dann gibts wirklich nur noch "Kunst" oder "Kommerz"


      OTR-Fan
    • Natürlich sollte man dabei auch nicht außer Acht lassen, das dies ein Gastbeitrag für das Programmagazin eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders (DLR) ist. Dass darin nicht das kommerziell produzierte Hörspiel gefeiert wird, sollte jetzt niemanden wirklich überraschen.
    • Ich finde ja vor allem auch, dass es noch eine dritte Kategorie von Hörspielen gibt/geben sollte neben den reinen (meist kommerziellen) Unterhaltungshörspielen und den Radio-Hörspielen, die meist einen etwas verstaubten, oft leider pseudo-Künstlerischen Ansatz verfolgen: das inhaltlich anspruchsvollere, dabei aber modern inszenierte Event-Hörspiel.

      Herausragende Produktionen, die flott und einnehmend inszeniert sind, sich aber nicht darin erschöpfen, kurzweilige Fast Food-Unterhaltung für den Stream zu bieten. Und in diese Nische ist ja zeitweise AUDIBLE gestoßen. Produktionen wie MACBETH oder DIE JUTEN SITTEN, um mal nur zwei zu nennen, sind Ausdruck dessen.

      Die Versuche, die im kommerziellen Bereich in dieser Hinsicht versucht wurden, waren mir persönlich ein wenig zu halbherzig. Sowohl ROCH als auch UAES blieben am Ende doch viel zu nah an der Oberfläche angesichts der Thematik, die jedes für sich angegangen war. Es reicht für mein Empfinden nicht, den ausbleibenden Erfolg solcher Produktionen mit einer ignoranten Hörerschaft zu begründen (das mag ein Teil der Wahrheit sein), sondern man muss auch sehen, ob Thema und Umsetzung wirklich zu überzeugen vermochten. Und so liegt es doch auch beim Nachtleben der Götter. Zunächst einmal muss und darf man fragen, ob das Sujet angemessen ist für eine Vertonung in heutiger Zeit. Was soll es heutigen Hörern geben? Inwiefern wirkt es nach? Hat der Stoff heute noch seine Berechtigung? Nur weil der Autor ein riesiger Fan dieses Stoffes ist, heißt das ja nicht, dass auch alle anderen Menschen sofort Feuer fangen müssen. Kann ja auch sein, dass man mit seiner Leidenschaft eine Ausnahme bildet und alle anderen den Stoff nicht mehr als reizvoll empfinden.

      Es muss also einiges zusammenkommen, um auch kommerziell erfolgreich sein zu wollen: Man muss einen Stoff finden, der Neugier weckt, und einen Weg, diesen Stoff umzusetzen, der heutigen Hörgewohnheiten entspricht: also flott inszeniert, mit satten Wendungen und fetten Twists, am besten mit einer Schar von Figuren, deren Überleben tatsächlich stets auf dem Spiel steht und jederzeit auch wirklich verwirkt sein kann usw.

      Vieles im Bereich Hörspiel speist sich aber nach meinem Empfinden aus Nostalgie, ist ein Rückgriff auf Altes, liebgewonnene Kindheitserinnerungen usw. Auch von Macherseite, wie mir scheint. Da wird auch nicht ein völlig neuer Plot entwickelt und konsequent und mit neuzeitlichen Mitteln vorangetrieben, sondern wieder mal ein alter Klassiker bemüht und so umgesetzt, dass er gestrigen Hör-Erwartungen entspricht.

      Dass es auch anders geht haben unter anderem die oben erwähnten Hörspiele MACBETH und DIE JUTEN SITTEN bewiesen.
      Wenn man sich jetzt auch mal mehr an neuzeitliche Themen wagte, wäre das sicher eine spannende Sache.
    • @Hardenberg: um jenseits bereits etablierter Marken erfolgreich mit einem Hörspiel zu sein, bedarf es vor allem eines gezielt eingesetzten angemessenen Promotionbudgets. Das komplexe Werk "Der Name der Rose" und dessen Erfolg ist ein Beispiel:

      Die ungewöhnlich starke Rezeption wurde auch selbst zum Gegenstand von Studien; so befragte das italienische Magazin Panorama 900 Probanden mit höherer Schulbildung und kam zu dem Ergebnis, dass nur 16 % der Leser des Romans zu Ecos Stammlesern gehörten, 40 % hingegen durch das Marketing und die mediale Berichterstattung aufmerksam geworden waren (aus dem Eintrag zum Buch in der Wikipedia)
      Wenn diese fehlt, ist es schwer, ein größeres Publikum zu erreichen, jedenfalls kurzfristig.

      Und nicht jeder Stoff muss mit der „Eskalation von Stakes“ vorangetrieben werden, um Erfolg zu haben.

      Was "das Nachtleben der Götter" angeht -- das Label Folgenreich ist kein mildtätiger Verein, der aussichtslosen Projekten Heimat gibt. Ein Erfolg ohne große Promotion kann sich inzwischen nur noch langfristig einstellen. Eine entsprechende Analyse ist vielleicht in zwei Jahren sinnvoll.
      Offizielle Website / Instagram
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    • Das will ich nicht in Abrede stellen, dass Promotion ein wesentlicher Aspekt ist. Aber eben auch nicht der einzige. Das greift mir persönlich zu kurz.

      Und ich habe jetzt nur ganz knapp angerissen, was ich mit modernen Mitteln der Inszenierung meine. Das wäre ein weites Feld und ist sicherlich nicht auf zwei, drei Punkte begrenzt. Was ich in der Hörspielwelt jedoch größtenteils zu hören bekomme, hat mit moderner Inszenierung meist wenig zu tun. Vor allem wenn man mal schaut, was herausragende TV-Serien heutzutage bewerkstelligt bekommen. Da liegen einfach noch immer Welten dazwischen, und man hat den Eindruck, sowohl Macher als auch Hörer sind größtenteils im letzten Jahrtausend hängengeblieben, während das Erzählen sich in anderen Bereichen mit großen Schritten weiterentwickelt hat. Nicht mal die von mir erwähnten AUDIBLE-Produktionen kommen da mit. Auch die wirken da im Vergleich noch sehr behäbig. Das moderne Erzählen ist aber im Hörspiel des Jahres 2022 größtenteils noch nicht angekommen, wie mir scheint. Da sehe ich auch nur ganz wenige Kreative, die das überhaupt versuchen.
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