Die Geschichte des Hörspiels

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    • Die Geschichte des Hörspiels

      :sera: :ipod:

      Hallo liebe Grusler und sonstige Hörspielfans! :huhu1:

      Zu unserem heutigen ersten
      "Tag des Hörspiels"
      habe ich mal einen groben Abriss der Geschichte des Hörspiels zusammengestellt, von seinen Anfängen als Radiohörspiel bis zur Gegenwart.


      Viel Spaß beim Lesen. :)

      Als das erste jemals im Radio gesendete Hörspiel gilt die Adaption des amerikanischen Theaterstücks "The Wolf" von Eugene Walter, das am
      03.August 1922 live aufgenommen und von dem New Yorker Sender WGY direkt ausgestrahlt wurde. (Leider, ohne dass uns bis heute ein Mitschnitt erhalten geblieben wäre.)

      Ihm folgte dann etwa anderthalb Jahre später, genauer am am 15. Januar 1924, das Hörspiel "A Comedy of Danger" von Richard Hughes, das in London von der BBC uraufgeführt wurde und als das erste Hörspiel in Europa gilt.
      Von ihm gibt es zumindest eine in den 1950ern und eine 2013 entstandene Fassung der BBC.

      Im Jahr 1923 inszenierte F. A. Tiburtius in den Experimentalstudios von Telefunken dann das erste deutsche Hörspiel nach unseren heutigen Maßstäben. „Anke“ lief allerdings nie, so dass das erste am 24. Oktober 1924 tatsächlich im Radio übertragene Hörspiel „Zauberei auf dem Sender“ von Hans Flesch war.
      Leider existiert dazu auch kein Mitschnitt mehr, die heute noch gelegentlich gesendete Neuinszenierung wurde 1962 vom HR produziert.

      Die ersten Hörspiele nannte man bei uns übrigens "Spiele" oder auch "Sende- bzw. Funkspiele", bevor sich schließlich der heute gebräuchliche Name etablierte.

      Während das Medium in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts noch hauptsächlich bekannten Autoren als Ausdrucksform diente und Radiohörspiele nach Vorlagen von Georg Büchner, Ernst Barlach, Curt Goetz oder Erich Kästner u.v.a. übertragen wurden, nutzen die Nazis diese Möglichkeit schon bald nach ihrer Machtergreifung zu Propaganda-Zwecken, verhafteten den größten Teil der bisherigen Rundfunkschaffenden und ließen entsprechend ideologisierte, "erzieherische" Stücke mit so markigen Titeln wie "Weg zum Reich" oder "Fahne der Jugend, Fahne des Sieges" verfassen.
      Hörspiele von z. B. Bertold Brecht oder Anna Seghers konnten in dieser Zeit nur noch im Exil entstehen.

      Nicht vergessen darf man, dass natürlich zu dieser Zeit auch die Radiohörspiel-Produktion in anderen Ländern blühte.
      Insbesondere, weil am 30. Oktober 1939 das wohl berühmteste (und berüchtigtste :zwinker: ) Hörspiel der Geschichte in New York gesendet wurde und eine Massenpanik auslöste: "The War of the Worlds" nach dem gleichnamigen Roman von H.G. Wells, das der Schauspieler und Regisseur Orson Welles in seiner 60minütigen Fassung so erschreckend realistisch inszenierte, dass Zehntausende glaubten, die Invasion der Außerirdischen finde tatsächlich gerade statt. :panic:
      Verängstigt strömten Menschenmassen in Luftschutzkeller oder flüchteten aus der Stadt. Sogar als Orson Welles am Ende der Sendung erklärte, es sei doch alles nur fiktiv und eine Geschichte zu Halloween gewesen, dauerte die Hysterie noch stundenlang an.

      Nach dem Krieg erlebte das Radiohörspiel bei uns dann eine regelrechte Hoch-Zeit, allein schon deswegen, weil viele Kinos noch nicht wieder eröffnet worden waren.
      Man produzierte zusätzlich auch für die vielen Kriegsblinden.
      Besonders erfolgreich war dabei z.B. "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert, das am 13. Februar 1947 erstmals als Hörspiel vom NWDR gesendet wurde und bis heute als eines der wichtigsten Nachkriegsdramen gilt.

      In den 50er Jahren erfreute sich das Radioprogramm immer größerer Beliebtheit, ebenso wie das Hörspielhören mit der gesamten Familie oft den Höhepunkt des Tages bildete.
      So entstanden zwischen 1945 und 1960 jährlich ca. 500 Hörspiele!
      "Straßenfeger"-Serien, wie die 1956-64 immer wieder beim SR ausgestrahlten "Die Dame"-Krimis von Lester Powell, die zahlreichen "Paul Temple"- Detektivgeschichten von Francis Durbridge, die der NWDR Köln bzw. der WDR von 1949 bis in die 1960er-Jahre produzierte, oder auch die "Dickie Dick Dickens"-Stories von Rolf Becker beim BR (1957–61), um nur mal drei zu nennen, waren äußerst populär.
      Das Programm sollte zwar gehaltvoll und gelegentlich auch anspruchsvoll sein, den Hörer diesbezüglich aber nie überfordern, sondern ihn vor allem unterhalten und zu seiner Entspannung beitragen.
      Ähnlich erfolgreiche Hörspiele gab es aber natürlich auch für Kinder, so z.B. Astrid Lindgrens "Meisterdetektiv Kalle Blomquist", den der NWDR 1954 sendete und der quasi zum "Straßenfeger" für die jüngere Generation wurde.

      In der Mitte der 1960er Jahre sorgte die weiter entwickelte Technik, hier vor allem die sog. "Stereophonie", dafür, dass Räume besser hör- und vorstellbar gemacht werden konnten, was sehr zur klanglichen Qualität der Hörspiele beitrug.
      Außerdem begann zu dieser Zeit langsam ein Medium in den Vordergrund zu treten, das es ermöglichte, Hörspiele auch unabhängig von einem speziellen Sendetag zu genießen, zumindest, sofern man einen Plattenspieler besaß: die Vinyl-LP.
      So reichen beispielsweise auch die Wurzeln des uns allen bestens bekannten Labels "Europa" schon bis ins Jahr 1965 zurück.
      Damals startete man mit ersten musikalisch untermalten Lesungen (z.B. "Struwwelpeter" oder "Grimms Märchen"), bereits gesprochen von der heutigen Erzähler-Legende Hans Paetsch. :knie:
      In recht schneller Folge erblickten dann dort weitere Erfolgsserien das Licht der Hör-Welt, wie "Winnetou" (1967), „Hui Buh" (ab 1970), "Hanni und Nanni" (ab 1972), "Fünf Freunde" (ab 1978), „Die drei ???" (ab 1979) und „TKKG" (ab 1981) usw..
      Letztere drei gehören bis heute zu den erfolgreichsten und vor allem langlebigsten deutschen Kinder- und Jugendhörspielserien, DDF ist außerdem die wohl populärste der Welt.

      Doch nicht nur "Europa" brachte in den 1960ern erste Produktionen auf den Markt, weitere frühe Labels waren beispielsweise "Telefunken", wo man Ende der 1950er/Anfang der 1960er mit Märchenplatten startete, "Triga Ton", das größtenteils Krimis und Western für Erwachsene produzierte, es aber bezüglich des Outputs nicht einmal annähernd mit den großen Konkurrenten aufnehmen konnte , "Fass" mit seinen "Karl May" Hörspielen, die ebenfalls Mitte der 1960er in die Läden kamen, "Ariola", wo man es 1962 z.B. mit Fernsehhund "Lassie" versuchte, während "Teldec" u.a. auf "Fix und Foxi" oder "Micky Maus" setzte, oder auch "Philips", hier begann man ebenfalls schon Anfang/ Mitte der 1960er mit "Winnetou" und Co..

      Weitere Labels formierten sich, in den 1970ern z.B. auch "Maritim", lange neben "Europa" marktführend.
      Außerdem gab es z.B. "BASF", hier begann man Ende der 1960er, aber vor allem in den 70ern, mit "Karl May"-Geschichten, denen aber rasch diverse Märchen- und Abenteuerstoffe folgten, Delta, Fontana, Für Dich, Peg, Zebra, wie sie auch hießen, die Liste der Labels und Sub-Labels ist lang...

      Viele dieser Namen verschwanden allerdings im Laufe der Zeit durch Fusion untereinander oder durch Übernahme in große (häufig gerade Musik-)Firmen.

      In den 1970ern begann sich dann auch die Musikkassette, neben der LP, als Träger für Hörspiele zu etablieren.
      Immer mehr Serie erschienen jetzt auch auf MC, immer mehr Recorder tauchten in den Wohn- oder Kinderzimmern auf, und "Bandsalat" wurde bald zu einem festen Begriff in Zusammenhang mit dem Hörspielhören. :zwinker:
      In den 1980ern war die MC dann, zumindest auf dem sehr dominanten Kinder- und Jugendhörspiel-Sektor, das am häufigsten vertretene Medium und ist bis heute bei vielen Sammlern alter Produktionen beliebt.

      Heute liegt Deutschland weltweit an der Spitze, was die Herstellung und Rezeption von Hörspielen angeht.
      Dabei haben sich die technischen Möglichkeiten natürlich von Jahr(zehnt) zu Jahr(zehnt) immer weiter verbessert und die Hörspiele sind heute, zumindest was viele (und nicht nur die führenden) Labels angeht, produktions- und soundtechnisch auf sehr hohem Niveau.
      Alle derzeit existenten Groß- Klein- und Non-Com-Labels aufzuzählen, würde meinen Rahmen bei weitem sprengen, außerdem dürften die meisten von uns gerade über akuelle Produktionen und deren Macher schon recht gut bescheid wissen, da sie ja immer wieder hier Thema sind.

      Seien es nun Radiohörspiele und -Features, kommerzielle Werke verschiedenster Art, O-Ton, Experimentelles, Werke nach Roman- oder Erzählungsvorlagen, solche die auf eigens geschriebenen Skripten basieren, Kurzhörspiele, Live-Hörspiele und ähnliche Events, Hobbyproduktionen, die über das Internet verbreitet werden - der Markt boomt nach wie vor, trotzdem bereits mehrfach sein Niedergang prophezeit wurde. :zwinker:
      Und ob nun Kind oder Erwachsener, Krimi- , Sci-Fi-, Grusel- , Comedyfan, es ist eigentlich für jeden etwas dabei!
      Dass heute vermehrt Hörspiele im Stream gehört oder nur noch als Download im MP3-Format gekauft werden und die CD eher den Hintergrund gerät, ist ein Zeichen der Zeit.
      Man mag es betrüblich finden, nicht ohne weiteres akzeptieren wollen, es bleibt allerdings Fakt!
      Aber Hörspiele - und mit ihnen die Hörspielfans ^^ - haben, wie man sieht, eine lange Geschichte und lassen sich so leicht nicht unterkriegen!
      Dafür sind nicht zuletzt auch jährliche Hörspielmessen und -Treffen oder diesbezügliche Internetforen und Blogs der beste Beweis! :thumbup:

      Auf ganz, ganz viele weitere Jahre, liebes Hörspiel! :blume:

      Happy Birthday!



      Den besonderen Tag hast Du Dir nach fast 100 Jahren wirklich endlich verdient!

      :laola: :sera: :laola:


      Kein Text ohne Quellenangaben dessen, was ich nicht selbst wusste ;) :
      Benutzt habe ich:
      de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rspiel
      www1.wdr.de/stichtag/stichtag-erstes-hoerspiel-usa-100.html
      de.wikipedia.org/wiki/Liste_deutschsprachiger_H%C3%B6rspiele
      hoerspiel.com/geschichte-zeitl…spiel/zeitlauf/1933-1945/
      europa-kinderwelt.de/ueber-europa/geschichte/
      kinderundjugendmedien.de/index…mini/1491-kinderhoerspiel
      clh-board.net/index.php?page=Thread&postID=313191#post313191
    • Auch zum heutigen TAG DES HÖRSPIELS hole ich mal diesen wunderbar lesenswerten Artikel von @Agatha mal wieder hoch und empfehle ihn der Allgemeinheit zur unterhaltsamen Lektüre. Da wir hier ja immer wieder auch neue Mitgrusler begrüßen, dürfte es noch so einige geben, die diesen historischen Abriss noch nicht kennen.