Heliosphere 2265 - 04 - Das Gesicht des Verrats

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    • Heliosphere 2265 - 04 - Das Gesicht des Verrats

      Heliosphere - 04 - Das Gesicht des Verrats


      (Quelle: amazon)


      Endlich fallen die Masken: Nicht nur offenbart sich endlich einer der großen Strippenzieher im Hintergrund - auch auf der Hyperion wird ein Verräter ausgemacht. Und mit einem Mal sind die Karten in diesem oft undurchsichtigen Spiel neu verteilt.

      Mit der vierten Folge der Serie Heliosphere 2265 lassen wir die Exposition spürbar hinter uns, und die Handlung stürzt recht geradlinig in eine Richtung, die sich bereits in den ersten Episoden angedeutet hat. Der Umsturz wird gewagt, doch er verläuft nicht planmäßig. Wieder einmal zeigt sich, dass in der Welt von Heliosphere 2265 viele verschiedene Fraktionen miteinander ringen und man nie genau wissen kann, wer letztlich die Oberhand behalten wird.

      An dieser Stelle unbedingt eine SPOILER-Warnung. Eine Rezension zur vierten Folge kann leider nicht ohne Spoiler auskommen. Wer sich also die Überraschung nicht verderben lassen möchte, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen.

      Nachdem nun also zum Ende der letzten Folge klar wurde, dass nicht Admiral Michalew der Oberschurke in diesem Spiel ist, sondern der als gemäßigter Menschenfreund bekannte Björn Sjöberg, erhält die Handlung natürlich wieder einmal einen starken Sog. In einem langen und eindringlichen Dialog zwischen diesen beiden Rivalen wird deutlich, von welch langer Hand Sjöberg sein Komplott geplant hat - und wie überaus skrupellos und grausam, vor allem auch im Hinblick auf Michalew, er dabei vorging. Es wird deutlich, dass der Michalew, wie wir ihn kennengelernt haben, nichts weniger als das Geschöpf Sjöbergs ist - Produkt seiner jahrelangen Machenschaften.

      Es ist dies eine großartige Szene, mitreißend und schockierend, und sie gipfelt in einem weiteren völlig irren Twist: wenn nämlich Sjöberg, selbstgewiss und am Ziel seiner langjährigen Bemühungen, plötzlich feststellen muss, dass er seinen Kontrahenten unterschätzt hat. Auf einmal wendet sich das Blatt, und es ist Michalew, der triumphierend vor Sjöberg steht. Ohne dass es diesem aufgefallen ist, hat er ihm nämlich Gift eingegeben. Sjöberg sinkt nieder, und Michalew gewinnt dieses Duell der Erzschurken.

      Und an dieser Stelle muss ich zum ersten Mal den Plotverlauf kritisieren.
      Denn wie die Handlung nach dieser Szene weitergeht, ist völlig inkosequent. Denn was geschieht? Sjöberg erwacht, wir erfahren, dass er von Dr. Rosen ins Leben zurückgebracht und Michalew überwältigt wurde. Nun gibt es eine kurze Anweisung, Michalew ins All zu pusten - und die Ordnung der Dinge (wie der Autor sie gern hätte) ist wiederhergestellt.

      Das überzeugt mich nicht. Mir scheint, hier wurde Autor Suchanek Opfer seiner Angewohnheit, eine Folge mit einem möglichst großen Twist enden lassen zu wollen. Denn natürlich hätte die Szene zwischen Sjöberg und Michalew bei gleichbleibendem Ergebnis nur dann wirklich Sinn ergeben, wenn die Verteilung der Rollen umgekehrt ausgefallen wäre: Selbstverständlich hätte es Michalew sein müssen, der sich selbstgewiss über den für den Hörer noch völlig integren Admiral Sjöberg erhebt - um dann die Wahrheit zu offenbaren und Michalew krampfend zu Boden gehen zu lassen.

      Das konnte man aber natürlich nicht mehr machen, weil man sich ja dazu entschlossen hatte, die Wahrheit hinter Admiral Sjöberg bereits am Ende des vorangegangenen Teils zu verraten. So war dieses Überraschungsmoment zu diesem Zeitpunkt bereits verpufft. Eine solche Szene dann aber auf diese Weise, wie es dann geschehen ist, ins Hörspiel zu schreiben, wirkt völlig inkonsequent und demontiert leider auch ein wenig den neuen Bösewicht, den man doch eigentlich gerade erst als Michalew überlegen installieren wollte. Für mich ein grober Schnitzer, auch wenn die Handlung im Ganzen so rasant und mitreißend in Szene gesetzt ist, dass dies dem Unterhaltungswert kaum schadet.

      Dennoch bleibt es sehr bedauerlich, denn die betreffende Szene zwischen den Admirälen ist ansonsten großartig ausgefallen. Sie wird nur leider wegen dieses inkonsequenten Vorgehens im Skript im Nachhinein beschädigt. In der oben beschriebenen Konstellation wäre es dagegen sehr stark auch in der Nachwirkung ausgefallen und hätte den neuen Erzschurken Sjöberg noch viel stärker eingeführt.

      Überhaupt darf man hinterfragen, ob die Genialität der gestrickten Intrigen und falschen Fährten tatsächlich in dem Maße gegeben ist, wie es uns die Handlung weismachen will, denn immerhin fällt es den verschiedenen Fraktionen in diesem Hörspiel im Grunde überhaupt nicht schwer, Sjöberg zu durchschauen (nicht nur Prendergast auf der Torch gelingt das recht mühelos, sondern unabhängig von ihr auf der Hyperion auch Alpha 365 - bei Letzterem wird Sjöbergs Tarnung ein schon in der Vergangenheit gedrehtes Video zum Verhängnis, in dem er auf Ereignisse anspielt, die erst in der Gegenwart eingetreten sind - womit bewiesen ist, dass er all das von langer Hand plante. Doch auch wenn Alphas Deduktion natürlich spitzfindig und klug in die Handlung eingewoben ist, stellt man sich natürlich die Frage, wozu es ein Monate vorher gedrehtes Statement für Sjöberg überhaupt brauchte, in dem er schon damals die Ereignisse um Präsidentin Kartess thematisierte. Mal abgesehen davon, dass ein solches Video immer auch ein hohes Risiko bedeutet hätte, besteht ja eine solche Notwendigkeit überhaupt nicht, denn wenn Sjöbergs Plan aufgeht, dann braucht er keine Charade mehr zu spielen: dann kann er direkt an Ort und Stelle Statements abgeben. Es ist nicht ganz einzusehen, wozu es also diese verräterische Aufzeichnung überhaupt brauchte. (Denn selbst wenn man mit ihr einer speziellen Eventualität vorbeugen wollte, die dann aber nicht eingetreten ist, hätte man sie nun ja nicht einsetzen müssen, sondern ein Statement tagesaktuell neu präsentieren.)

      Und auch bei der zweiten großen Offenbarung dürfen wir die Stirn runzeln bei der Frage, ob der Weg, der unternommen wird, um sie herbeizuführen, wirklich nachvollziehbar erscheint. Der Verräter auf der Hyperion ist ein Mensch, der als ziemlich durchtrieben, berechnend und mit allen Wassern gewaschen dargestellt wird. Und gerade dieser Person sollen solch gravierende Schnitzer unterlaufen sein, die nun einer Crew-Kollegin helfen, sie einwandfrei zu enttarnen? Hätte es ihm nicht klar sein müssen, dass eben dies geschehen kann? Auch das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar und lässt mich doch ein wenig unbefriedigt zurück.

      Um dies an dieser Stelle jedoch klarzumachen:
      Die letzten Punkte sind Dissonanzen, die mich stocken lassen. Doch sie sind keine Mängel, die mich das große Ganze in Frage stellen lassen oder meinen Hörgenuss trüben. Aber in einer Auseinandersetzung mit den Einzelfolgen gehören sie erwähnt.

      Die inkonsequente Behandlung der Figuren Michalew und Sjöberg sehe ich dagegen durchaus als einen Mangel an, doch es handelt sich um einen, der keinen großen Schaden und letztlich kaum Wirkung auf das Folgende hat. Dennoch würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass für einen kurzen Twist am Ende einer Folge nicht die Glaubwürdigkeit der Figuren und Konsequenz bei ihrer Ausgestaltung preisgegeben würden.

      Zu den Sprechern und der Soundkulisse ist, wie bei den bisherigen Folgen, nicht mehr viel zu sagen, ohne sich ständig zu wiederholen. Hier wird auf die ganz eigene Weise nach wie vor auf höchstem Niveau gearbeitet, was die Geräusche und Effekte angeht, und was die Sprecherinnen und Sprecher anbelangt, so sind diese in den tragenden Rollen unverändert erstklassig. Da gibt es nichts zu meckern. Allerdings merkt man, dass hin und wieder bei Kleinstrollen zu Amateuren gegriffen wird. Das mag gängige Praxis sein, vor allem bei kleineren Labeln, aber ich muss gestehen, dass ich kein Freund davon bin. Der Schaden mag gering sein, aber es trübt doch den Gesamteindruck, wenn auch nur für einen Hauch. Mir fällt so etwas auf.

      Was die Musik anbelangt, so muss ich diese noch einmal gesondert erwähnen. Ich finde sie einfach großartig. Allein das Opening nimmt mich immer sofort gefangen. Es ist mittlerweile wie ein Schlüsselreiz: Ich höre die Anfangsklänge, und sofort sinke ich in die Handlung ein und befinde mich auf der Hyperion. Gleiches gilt für das Hauptthema, das ja auch zum Abschluss noch einmal in voller Länge ausgespielt wird. Es ist eingängig, für mich sogar ein kleiner Ohrwurm, und ich habe mich schon mehrmals dabei ertappt, dass ich es leise vor mich hinpfeife. Großartig! Hoffentlich kommt niemand auf die Idee, an beidem etwas zu ändern!

      Verzichten könnte ich dagegen auf das Intro mit Joachim Kerzel.
      Nach meinem Empfinden passt er nicht zu dieser Serie. Kerzels Art der Performance ist mir zu reißerisch, zu sehr auf den Effekt aus. Mit seiner Art war er der perfekte Erzähler für Groschengrusel Marke Sinclair, aber zu einer so komplexen und cleveren Serie wie Heliosphere 2265 passt er nicht. Da hätte ich mir an seiner Stelle jemanden gewünscht, der weniger vorgeprägt ist.

      Alles in allem also eine Episode, die wieder einmal rasant und mitreißend erzählt ist, bei genauerer Betrachtung jedoch die eine oder andere Skriptschwäche erkennen lässt. Diese bleiben in ihrer Wirkung jedoch überschaubar und sind nicht relevant genug, um den Hörgenuss zu trüben oder gar das Serienuniversum zu beschädigen. Die Exposition darf mit dieser Folge als endgültig abgeschlossen betrachtet werden, und die Hyperion befindet sich nun auf striktem Kurs in die Haupthandlung. Mit ein paar atemberaubenden Twists sind die Karten nun wieder völlig neu gemischt worden - es steht also einiges in Erwartung, was die kommenden Folgen angeht.

      Ein packendes Duell der Erzschurken, ein Verräter in den eigenen Reihen - und sehr viel Bosheit. Eine Folge, die so mitreißend inszeniert ist, dass ein paar Holperer im Skript kaum ins Gewicht fallen.



      :st: :st: :st: :st: :st3:




      .

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Audiophilius ()

    • Danke für diese ausführliche Besprechung!

      Hardenberg schrieb:

      Die inkonsequente Behandlung der Figuren Michalew und Sjöberg sehe ich dagegen durchaus als einen Mangel an, doch es handelt sich um einen, der keinen großen Schaden und letztlich kaum Wirkung auf das Folgende hat. Dennoch würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass für einen kurzen Twist am Ende einer Folge nicht die Glaubwürdigkeit der Figuren und Konsequenz bei ihrer Ausgestaltung preisgegeben würden.
      Diese Kritik ist durchaus nachvollziehbar. Allerdings ergibt der Gedanke dahinter erst Sinn, wenn man berücksichtigt, dass sich die Gestalten der Geschichte in einem

      (Achtung SPOILER)
      Spoiler anzeigen
      Temporalkrieg

      (Ende Spoiler)

      befinden. Das färbt die eine oder andere kausale Inkonsequenz neu ein.
      Offizielle Website / Instagram
      Billionäre bauen Festungen -- die Klimakatastrophe ist Realität!
    • @Interplanar

      So, jetzt musste ich als SciFi-Unkundiger mal kurz recherchieren, was mit diesem Begriff gemeint sein könnte. :zwinker:

      Okay, interessant!
      Wenn sich die von mir kritisierten Punkte damit im Nachhinein nachvollziehbar auflösen, dann ziehe ich die Bekundung meines leichten Unmuts hiermit zurück. Das war und ist zu diesem Zeitpunkt der Geschichte so noch nicht zu überblicken. Und auf den ersten Blick scheint es eher eine gewisse Inkonsequenz zu sein. Dann bin ich um so gespannter, was die Zukunft in dieser Hinsicht bringt!

      Meine Kritik hat ja aber eh das durch und durch positive Fazit kaum beeinflusst.

      Und PS: Eine ganz tolle Serie habt Ihr da auf die Beine gestellt - definitiv absolute Top-Liga, die keinen Vergleich scheuen muss!
      Hut ab! :hutheb:

      (Da fällt es selbst einem bekennenden und ewig nörgelnden Korinthenkacker wie mir schwer, das Haar in der Suppe zu finden. :zwinker: )
    • Ich habe die Folge (und zwei weitere) in meinem Urlaub gehört und möchte kurz meinen Senf dazu geben :)

      Die Folge habe ich vor ca.3 Wochen gehört, aber durch deine wieder einmal tolle Folgenbeschreibung, hatte ich die Folge sofort wieder vor Augen/Ohren.
      Vielen Dank dafür! :hutheb:

      Auch diese Folge hat wieder ein richtig hohes Niveau und nimmt einen schnell gefangen.
      Schade, das man schon wusste das Sjöberg keiner der "Guten" ist.
      Der Schockmoment wäre unfassbar riesig gewesen, wenn er nach dem Gespräch mit der Präsidentin den brutalen Tötungsbefehl (sie vor ihrem Tod noch möglichst schmerzhaft leiden lassen) gegeben hätte.


      Ich finde auch das die Auflösung der Michalew und Sjöberg - Szene etwas unglaubwürdig wirkt.
      Michalew hätte ich gerne weiterhin in der Serie gehabt und habe gehofft das er sich noch irgendwie retten kann.
      Aber wer weiß, in der Welt von Heliosphere ist einiges möglich wahrscheinlich.

      Das gedrehte Video von Sjöberg hat mir ziemliches Stirnrunzeln bereitet und einen solchen Fehler bzw.überhaupt die Existenz eines solchen Beweismaterials, traue ich Sjöberg nicht zu. :schulter:


      Aber das ist natürlich jaulen auf hohem Niveau und macht der tollen Qualität keinen Abbruch.


      Ich freue mich auf weitere Abenteuer mit der Crew und bedanke mich für diese tolle Produktion!
      Besser Illusionen die uns entzuecken als zehntausend Wahrheiten