Sherlock Holmes - 33 - Das graue Haus

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    • Sherlock Holmes - 33 - Das graue Haus



      Sherlock Holmes - 33 - Das graue Haus

      Zum Inhalt:
      Da sich sein Freund Sherlock Holmes schwer erkältet hat und seine Lunge angegriffen ist, verordnet ihm Dr. Watson im Sommer des Jahres 1893 einen mehrwöchigen Kuraufenthalt an der Küste von Devon. Die ländliche Abgeschiedenheit und die damit verbunden Ruhe sorgen dafür, daß sich der Meisterdetektiv schnell wieder erholt. Bereits nach einer Woche möchte er zurück in die Baker Street, aber Dr. Watson besteht darauf, noch ein paar Tage in der idyllischen Umgebung zu verbringen. Holmes ist davon wenig begeistert, doch eine Spazierfahrt mit dem dort ansässigen Landarzt Dr. Fremantle, die sie an einem verwilderten, grauen Haus vorbeiführt, ändert seine Meinung. Fremantle erzählt ihnen, daß darin bereits mehre Menschen auf mysteriöse Weise zu Tode gekommen sind. Alle Opfer wurden offensichtlich erhängt, doch bei keinem konnte ein Strick oder ähnliches gefunden werden. Fasziniert beschließt der Meisterdetektiv, das Rätsel zu lösen, ohne zu ahnen, daß er sich damit in tödliche Gefahr begibt...

      Zur Produktion:
      Als Titania Medien die Sherlock Holmes-Reihe im Jahre 2011 startete, vertonte man in den ersten neun Folgen völlig neue, von Marc Gruppe erdachte Geschichten, bevor man mit Folge zehn (die Wiederveröffentlichung von "Der Vampir von Sussex" aus dem Jahr 2005) begann, den Original-Kanon von Sir Arthur Conan Doyle (22.05.1859 - 07.07.1930) für das Medium Hörspiel zu adaptieren. Mit der vorliegenden Folge betritt Titania Medien insofern Neuland, als daß Skriptautor Marc Gruppe hier erstmals die Erzählung eines anderen Autoren zu einem Sherlock Holmes-Abenteuer umgearbeitet hat. Die zugrundeliegende Kurzgeschichte "The Story of the Grey House" stammt von E. & H. Heron, ein Pseudonym von Major Hesketh Vernon Prichard (17.11.1876 - 14.06.1922) und seiner Mutter Kate O'Brien Ryall Prichard, mit der er im Auftrag des "Pearson's Magazine" mehrere Geschichten rund um "Flaxman Low", den ersten parapsycholgischen Ermittler in der Literaturgeschichte, verfasste.
      Üblicherweise vergleiche ich in meinen Rezensionen ja die literarische Vorlage mit dem Hörspielskript, aber das ist mir diesmal leider nicht möglich, da ich selbige nicht besitze und sie sich auch nicht im "Public Domain" befindet. Für den 1899 erschienenen Sammelband "The Experiences of Flaxman Low" werden im Internet Preise von mehreren tausend US-Dollar aufgerufen. Wer aber selbst einen Vergleich anstellen will, kann inzwischen einen sehr viel preisgünstigeren Nachdruck im Handel erwerben.
      Skriptautor Marc Gruppe eröffnet das Hörspiel mit einem Monolog Dr. Watsons, in dem dieser auf Holmes' Weigerung, an etwas Übernatürliches zu glauben, eingeht. Ein Fakt, welcher den Lesern der Doyle-Erzählungen bereits hinlänglich bekannt sein dürfte und auf den Gruppe wohl nur deshalb erneut hinweist, um damit eine, wie ich finde, geschickte Überleitung bzw. Erklärung für die nachfolgende Geschichte zu liefern. Er deklariert das Abenteuer kurzerhand als bisher unveröffentlichten Fall mit mystischem, nicht immer erklärbarem Hintergrund.
      Entsprechend dieser Prämisse verläuft auch die Handlung. Wie in solchen Fällen üblich, beginnt der Autor damit, eine passende Atmosphäre aufzubauen.
      So erfolgt eine ungefähr zwanzigminütige Beschreibung des geheimnisvollen Anwesens und dessen düsterer Vergangenheit, bevor in das aktuelle Geschehen übergeleitet wird und der Meisterdetektiv mit seinen Ermittlungen beginnt. Viel zu tun hat er in den verbleibenden dreißig Minuten allerdings nicht, da sich die Morde bereits vor längerer Zeit ereignet haben und er deshalb weder die Körper der Opfer noch den Tatort zeitnah untersuchen kann.
      Es bleibt ihm nur, aus den geschilderten Fakten seine Schlüsse zu ziehen, dies geschieht aber, wie üblich, ohne Beteiligung des Hörers bzw. Watsons. Erschwerend kommt hinzu, daß es sich hier um einen überaus ungewöhnlichen "Täter" handelt, der selbst einen Sherlock Holmes vor Rätsel stellt.
      Highlight des Hörspiels ist ohne Zweifel die sehr dramatische Konfrontation zwischen Holmes und dem "Mörder", bei dem Ersterer beinahe sein Leben lässt.
      Ich persönlich mag es ja ganz gern, wenn der Meisterdetektiv auch mal im Bereich des Phantastischen agiert, aber der eine oder andere Fan wird wohl die sonst übliche Ermittlungsarbeit, aus der sich schließlich die Lösung ergibt, vermissen und diese zudem, um es mit einem Zitat aus dem Hörspiel zu sagen, als "äußerst abwegig" bezeichnen. Der ganze Aufbau, Inhalt und vor allem Watsons Schlussdialog respektive Nachbearbeitung des Falles, ähneln eher einer Folge aus der Reihe "Gruselkabinett", als einem Sherlock Holmes-typischen Krimi.
      Es hat mich zunächst überrascht, daß hier nur insgesamt vier Sprecher (inklusive der von Holmes und Watson) zum Einsatz kommen, aber nachdem ich das Ganze gehört habe, ist mir natürlich klar, wie man mit einer so kleinen Cast auskommen konnte.
      Anstatt, wie sonst üblich, die Ereignisse der Vergangenheit in Form von Spielszenen zu präsentieren, beschränken sich Stephan Bosenius und Marc Gruppe, die Produzenten und Regisseure des Hörspiels, hier darauf, sie einfach nur erzählen zu lassen. Da diese Passagen recht lang ausfallen, wirkt das fertige Werk dann auch, trotz der zahlreichen Hintergrundsounds und der eingespielten Musik, mehr wie eine inszenierte Lesung. Warum man diesen Weg eingeschlagen hat, ist mir vollkommen schleierhaft, denn so verlieren die einzelnen Szenen leider oft an Dynamik.
      Die Geräusche an sich entsprechen selbsverständlich dem gewohnten Niveau, und der Sommertag bzw. auch die -Nacht werden eindrucksvoll zum Leben erweckt, unter anderem mit Vogelgezwitscher, einer leichten Brise, im Wind rauschenden Blättern und zirpenden Grillen.
      Die Auswahl der Muskstücke entspricht den vorangegangenen Folgen, und die bekannte Titelmelodie eröffnet wie immer das Hörspiel. Besonders schön finde ich, daß diese nochmals zum Ende, während Watsons Monolog, in einer längeren Version eingespielt wird. Neben dem Synthesizer für die düsteren Töne, kommen vor allem die klassischen Instrumente Klavier und Oboe zum Einsatz und sorgen für eine adäquate Untermalung des Geschehens.

      Zu den Sprechern:
      Schon der erste Auftritt von Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) hat mich prächtig amüsiert. Er agiert wie ein kleiner, gelangweilter Junge, der seine Mutter bzw. Watson anjammert, weil er nichts mit sich anzufangen weiß. Im weiteren Verlauf des Hörspiels hat er nur wenig Text und beschränkt sich auf kurze Anmerkungen, doch am Schluß, während des "Endkampfes", bekommt er noch einmal Gelegenheit zu zeigen, daß er auch solche Szenen hervorragend umsetzen kann. Ähnlich verhält es sich mit Detlef Bierstedt(Dr. John H. Watson), der gleichzeitig als Erzähler fungiert. Seine Darstellung des treuen Freundes und Chronisten ist wie immer warmherzig und voller Emotion. Als Beispiel sei sein Seufzer genannt, nachdem Holmes beschließt, die Ermittlungen aufzunehmen, obwohl er ihm doch Ruhe ausdrücklich verordnet hatte. Am beeindruckendsten ist er jedoch in der Szene, als das Licht ausgeht und der unheimliche Mörder zuschlägt. Die Angst, die er in diesem Moment in seine Stimme legt, wird für den Hörer beinahe körperlich spürbar.
      Ebenfalls gut gefallen hat mir Michael-Che Koch(Dr. Fremantle) als Doktor und Hobbybotaniker, der zunächst zögert, sein Wissen um die Ereignisse im grauen Haus preiszugeben. Seine Rolle hat den umfangreichsten Text, da er es ist, der schließlich doch die Geschichte des Hauses und der Erhängten erzählt.
      Auch der Part von Bruno Winzen(Mr. Montesson) als junger, nervöser Erbe des grauen Hauses, ist nicht gerade klein, denn er erweitert den Bericht des Doktors noch mit zusätzlichen Informationen. Seine Stimme passt zwar gut zu der Rolle, aber seine Darstellung konnte mich trotzdem nicht ganz überzeugen. Das liegt vor allem an seinem insgesamt eher gefühlsarmen, irgendwie oberflächlich wirkenden Spiel. Besonders deutlich wird das in der Szene gegen Ende, als er nach einer Ohnmacht etwas sehr "gefasst" wieder zu Bewusstsein kommt.

      Fazit:
      Interessante Verschmelzung der beiden Serien "Sherlock Holmes" und "Gruselkabinett".

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      OTR-Fan
    • Danke für die Rezi und Deine Eindrücke!

      Auf diese Folge hatte ich mich eigentlich besonders gefreut, weil es ja eine ganz neue Geschichte und nicht der x-te Aufguss einer Originalvorlage ist.
      Aber das klingt ja nicht so wirklich prickelnd. :S
      Na, mal sehen...oder besser hören.
    • Danke @MonsterAsyl. Sehr informative Rezi. Ich freue mich auf die Folge. Ich finde es im Prinzip gut, wenn man Holmes und Watson auch mal in andere Geschichten versetzt, die nicht typisch Doyle sind. Auch wenn hier die Nachforschung eher indirekt ist, da die Taten schon lange her sind.

      Ich kann mir schon richtig den kindlich, gelangweilten Holmes auf dem Ausflug auf dem Land vorstellen. "Watson, Watson .... wie weit ists noch? sind wir bald da?" :lach2: :roll:
    • Cherusker schrieb:

      Ich finde es im Prinzip gut, wenn man Holmes und Watson auch mal in andere Geschichten versetzt, die nicht typisch Doyle sind. Auch wenn hier die Nachforschung eher indirekt ist, da die Taten schon lange her sind.
      Das stört mich auch weniger, eher dass MoAs schreibt, es sei alles etwas undynamisch "zerredet" und erinnere eher an eine inszenierte Lesung. :S
    • So, auch gehört. :)
      Hm, gar nicht verkehrt, die Geschichte.
      Gut, hier wird eher wenig ermittelt und vieles nur erzählt, aber Letzteres ist auch in den Originalstories von Conan Doyle immer wieder mal der Fall gewesen.
      Ich habe in dem Zusammenhang gleich an den "Teufelsfuß" denken müssen.
      Dort wird Holmes und Watson der Tatort ebenfalls erst präsentiert, nachdem man die Opfer weggebracht hat (auch wenn nicht schon Jahre vergangen sind :) ), und alles, was danach geschieht, bis hin zur Auflösung des Falles, setzt sich quasi aus Schilderungen anderer bzw. Kognition und anschließendem "Selbst-Versuch" des Meisterdetektivs zusammen.
      Den eher ungewöhnlichen "Gegner" fand ich sogar recht originell und gar nicht mal Conan Doyle-untypisch.
      Immerhin gibt es doch einige Merkwürdigkeiten zwischen Himmel und Erde ;) , und selbst wenn er nie eine Geschichte wie diese hier verfasst hat, könnte ich mir vorstellen, dass er sie gar nicht als so abwegig empfunden hätte.
      Vor allem, wenn man seinen Elfen-Glauben bedenkt, der ihm in späteren Jahren so manchen höhnischen Lacher eingebracht hat :pinch: - oder auch eine regelrecht phantastische Geschichte wie "Der Mann mit dem geduckten Gang", in der sich ein liebestoller alter Herr, um seiner blutjungen Verlobten zu imponieren, mittels eine aus dem Ausland importierten Wunderelixiers, auf erschreckende Weise "verjüngt".
      Bin mit dem "umgebauten" Holmes also ganz zufrieden und gespannt auf den nächsten dieser Art. :)