Frauen in der Hörspielwelt - Bloß eine Randnotiz?

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    • Hardenberg schrieb:

      Es geht um das Problem, das dahintersteckt. Und das finde ich sehr treffend benannt.
      Und dass auch Männer sich in Frauen einfühlen können, dürfte unbestritten sein. Sie müssen halt nur dazu befähigt sein - und es auch wollen. :)

      Wo es gerade um solche scheinbaren "Kleinigkeiten" geht...
      Ich war in diesem Zusammenhang mal von dem Siggi-Baumeister-Eifel-Krimi "Eifelwasser" ziemlich beeindruckt, weil ich dachte: 'Hey, das, was er da anspricht, würden die allermeisten männlichen Autoren selten oder nie thematisieren, weil für sie eher uninteressant.'
      Teenagerin haut von zuhause ab, weil sie etwas Furchtbares erleben musste (will hier nicht spoilern was, denn es geht ja um einen Krimi, und Winterzeit ist nach wie vor dran, die "Eifel-Krimis" zu verhörspielen.)
      Siggi findet sie schließlich irgendwo im Wald - und die Arme hat zu allem Überfluss auch noch ihre Periode und weder Tampons, Binden noch zumindest genügend Taschentücher mit dabei! :pinch:
      Nur eine Frau kann wirklich ermessen, wie saublöd und unangenehm das ist!
      Siggi hilft ihr dann mit Letzteren aus...
      Wie sehr hier die Probleme aus der Sicht des Mädchens geschildert und durch diese "Unannehmlichkeit" nochmals verstärkt wurden, fand ich damals schon bemerkenswert.

      Wir haben uns auch mal im Chat ein Hörspiel von @Tolkien angehört, ich weiß leider nicht mehr den Titel, meine, es war eine der "Scary Stories", wo die Protagonistin feststellt, dass sie blöderweise einen schwarzen BH unter ein helles Shirt gezogen hat und sich darüber ein bisschen ärgert, weil man das halt sieht. =)
      Grmpf...welcher Frau ist das noch nicht so gegangen. :pfeifen:
      Gut beobachtet!

      Klar sind alles nur kleine Beispiele, aber es gibt eben auch Autoren, die sich bemühen, die weibliche Perspektive genauer zu zeigen.
    • Natürlich können sich auch Männer in Frauen hineinfühlen und anders herum. Sonst müsste ja an jedem künstlerischen Werk immer eine Frau und ein Mann mitarbeiten. Und klar, dass Beispiel mit den Haaren ist sicherlich nicht direkt geschlechtstypisch. Da finde ich die Beispiele von @Agatha noch besser.
      Trotzdem schreibt jeder Autor/jede Autorin ja immer aus der eigenen Perspektive, aus dem, was man selbst erlebt hat, im eigenen Umfeld mitbekommen hat oder aus dem Konsum von anderen Werken "mitbekommen" hat.
      Da ist die Analyse, dass wenn in einer über viele Jahrzehnte männlich geprägten Filmbranche, weiterhin vor allem Männer verantwortlich sind, die sich zudem vielleicht nicht in eine weibliche Perspektive hineinversetzen können oder wollen, sich viele Stereotype fortsetzen, sehr plausibel.

      Sicherlich würden sich andersherum auch die Arbeiten von Männern verbessern, wenn mehr Frauen mitmischen würden, die eine neue Sichtweise und frische Ideen einbringen.
    • Agatha schrieb:

      Ich war in diesem Zusammenhang mal von dem Siggi-Baumeister-Eifel-Krimi "Eifelwasser" ziemlich beeindruckt, weil ich dachte: "Hey, das, was er da anspricht, würden die allermeisten männlichen Autoren selten oder nie thematisieren, weil für sie eher uninteressant.

      Auch hier mal ein kleiner kritischer Einwurf von mir. :zwinker:

      Ist das wirklich ebenfalls eine Mann-Frau-Frage? Im zweiten Schritt sicher schon (eigene Erfahrungen etc.). Aber im ersten Schritt gehört das doch zu einem Themenbereich, der viele Jahre lang mehr oder weniger komplett ausgespart wurde (wie auch Toilettengänge u. ä.). Da gibt es doch generell viele potentiell unangenehme Situation im Bereich der Körperlichkeit, die man mehr oder weniger komplett ausgespart hat. So zumindest mein Eindruck. Bei den ganzen Klassikern sowieso.

      Erst muss man in diesen Bereich vorstoßen wollen, um überhaupt an die Regelblutung denken zu können. Das sollte dann allerdings auch ein aufgeklärter Mann schaffen.
      "Was sagt man darüber, wie man Bücher schreibt? Man denkt sich etwas aus und zwingt sich, es aufzuschreiben."

      Ariadne Oliver, Poirot: Wiedersehen mit Mrs. Oliver
    • Milo schrieb:

      Zählen auch englischsprachige Serien?

      en.wikipedia.org/wiki/Candy_Matson

      Gerade für die Entstehungszeit revolutionär, leider sind nur 14 Folgen davon erhalten geblieben, kann man bei YouTube und Konsorten nachhören.

      Ein paar Folgen habe ich übersetzt und als Fanhörspiel selbst produziert...
      Danke für den Tipp.

      Gibts Deine eigenen Produktionen noch irgendwo?
      Eins und eins ist zwei -- von London bis Shanghai!

    • Thorsten B schrieb:

      Agatha schrieb:

      Ich war in diesem Zusammenhang mal von dem Siggi-Baumeister-Eifel-Krimi "Eifelwasser" ziemlich beeindruckt, weil ich dachte: "Hey, das, was er da anspricht, würden die allermeisten männlichen Autoren selten oder nie thematisieren, weil für sie eher uninteressant.
      Auch hier mal ein kleiner kritischer Einwurf von mir. :zwinker:

      Ist das wirklich ebenfalls eine Mann-Frau-Frage? Im zweiten Schritt sicher schon (eigene Erfahrungen etc.). Aber im ersten Schritt gehört das doch zu einem Themenbereich, der viele Jahre lang mehr oder weniger komplett ausgespart wurde (wie auch Toilettengänge u. ä.). Da gibt es doch generell viele potentiell unangenehme Situation im Bereich der Körperlichkeit, die man mehr oder weniger komplett ausgespart hat. So zumindest mein Eindruck. Bei den ganzen Klassikern sowieso.

      Erst muss man in diesen Bereich vorstoßen wollen, um überhaupt an die Regelblutung denken zu können. Das sollte dann allerdings auch ein aufgeklärter Mann schaffen.

      Ich finde, wir sollten es jetzt nicht auf solche Details reduzieren und uns daran festklammern. Diese Beispiele stehen eher für etwas. Und darum geht es ja in erster Linie. :zwinker:
      Natürlich kann man auch auch ein völlig unrealistisches Frauenmotiv verwenden und so etwas wie Mestruation thematisieren. Man kann es also nicht allein an solchen Details festmachen. Nicht jede Verwendung solcher Details beweist Einfühlungsvermögen, aber, umgekehrt, besonderes Einfühlungsvermögen führt wohl dazu, diese Realitäten zumindest mit im Blick zu haben (selbst wenn sie dann keine Verwendung im Plot finden).

      Und klar, bestimmte Dinge des alltäglichen Lebens sind eigentlich generell in Plots nicht zu finden - ganz einfach weil sie die Handlung aufhalten würden. Das weiß ja auch jeder: Darum weiß der Leser/Hörer/Zuschauer ja auch sofort, dass es etwas zu bedeuten hat, wenn eine Figur auf die Toilette geht, ganz einfach weil so etwas eben nur Verwendung findet, wenn es für die Handlung notwendig ist.

      Der Autor sollte eine Geschichte so schreiben, dass dem Leser plausibel erscheint, dass die Figur im Raum des Unerwähnten diesen alltäglichen Bedürfnissen Genüge tun kann. Er muss sie also im Blick halten, auch wenn er sie nicht explizit erwähnt. Wenn ich also einen Mann in einer Geschichte 48 Stunden in einen Schrank sperre und wenn er befreit wird, ist er bloß ein wenig erschöpft und durstig, dann ist das natürlich eine schlechte Arbeit. Denn es ist ja nicht wahrscheinlich, dass gewisse körperliche Funktionen in dieser Zeit ausgeschaltet waren. Da machen es sich Autoren sicherlich manchmal zu einfach.

      Aber hier geht es eher um die Perspektive der Figuren - und auch ihre Funktion. Frauen sind mir in den üblichen Geschichten einfach zu oft nur auf die Rolle reduziert, die sich für den Protagionisten (der eben meistens männlich ist) einnehmen. Sie sind Bremsklotz oder Motivation, Sidekick oder Ziel des Begehrens... aber eben ganz oft nicht mehr. Sie bleiben Oberfläche, definieren sich innerhalb der Geschichte einzig über die Funktion, die sie für den Protagonisten einnehmen, sind aber für sich allein genommen im Grunde in der Geschichte nicht tragfähig. Oder sie sind eben bloß reines Klischee: Heilige, Hure oder Mutter/Jungfer, um es mal zuzuspitzen und gleichzeitig zu verkürzen.

      Es fällt auch auf, dass Frauen als Protagonistinnen selten autonom agieren dürfen. Es ist ja nicht so, dass es Frauenfiguren gar nicht gibt, aber sie sind halt fast grundsätzlich in der Unterzahl, außer etwa bei Heliosphere 2265, und oft sind sie nur Bestandteil eines Duos, es ist ihnen also gewöhnlich ein Mann zur Seite gestellt. Es gibt viele Männerbünde, die gemeinsam Fälle lösen und Abenteuer erleben, zu zweit oder sogar in Team unter männlicher Führung, aber wo ist mal ein frauendominiertes Team oder ein weibliches Ermittlerduo, das auf Verbrecherjagd geht - und zwar nicht als wandelnde Klischees, als exzentrische Alte oder so was, sondern als starke Charaktere, die zeitgemäß sind und authentisch wirken. Die gibt es schlicht so gut wie gar nicht.
    • Mir ist übrigens heute noch ein weiterer Aspekt eingefallen, unter dem man diese Thematik betrachten kann: der Einsatz von Sprecherinnen.

      Ich finde es sehr auffällig, dass es relativ viele Männer gibt, denen man auch im fortgeschritteneren Alter zutraut, junge, dynamische Helden zu spielen, während andererseits die Sprecherinnen, die junge, dynamische Protagonistinnen sprechen, nach meinem Eindruck über die Jahre ausgetauscht wurden. So spielten beim Captain Future-Hörspiel-Revival alle Originalsprecher in ihren angestammten Rollen, nur die Rolle der Joan wurde neu besetzt, um mal ein prägnantes Beispiel zu nennen. Nun könnte man sich hier noch drauf rausreden, dass es vielleicht Anita Kupsch war, die nicht mehr wollte, aber es geht mir um den Eindruck, der mit diesem Beispiel offenbar wird. In den meisten Fällen geht es ja nicht um feste Rollen, sondern um Rollenkategorien. So ist mir etwa aufgefallen, dass eine Arianne Borbach, die einige Zeit lang auf einen bestimmten Frauentypus (jung, attraktiv, selbstbewusst) geradezu abonniert war, heute kaum noch für Figuren wie diese besetzt wird, sondern nur noch in Nebenrollen und/oder solchen Rollen, in denen das Rollenprofil ein ganz anderes ist. Selbst beim letzten, erwähnenswerten Einsatz im Gruselkabinett, "Ewige Jugend", wo sie in der Rolle der Gräfin Bathory eine spitzenmäßige Leistung hinlegt, ist deutlich, dass die Rolle im fortgeschritteneren Alter ist und insofern ein wenig aus dem üblichen Rahmen fällt.

      Bei Männern, scheint mir, gibt es diese Betonung des fortgeschrittenen Alters gewöhnlich nicht. Es wird als "normal" vorausgesetzt, wenn ein Hans Jürgen Dittberner mit damals 67 Jahren als jugendlicher Captain Future so klingt, wie er klingt. Auch ein David Nathan (49) darf noch immer relativ junge Rollen verkörpern. Oder ein Dietmar Wunder (55). Oder ein Asad Schwarz (57). Wir haben Hans Georg Paczak in seiner Rolle in Dörings Zeitmaschine bewundert: Er war bei Erscheinen 65 Jahre alt.
      Der Sprecher des als noch jung beschriebenen Protagonisten in Gabriel Burns zählte zum Zeitpunkt der VÖ von Folge 1 satte 50 Lenze.
      Der Hauptsprecher in Edgar Allan Poe, Ulrich Pleitgen, war bei Folge 1 sogar schon über 60. (Hier war allerdings wenigstens konsequenterweise auch die weibliche Hautsprecherin mit über 50 älter besetzt, als es die Figur hätte vermuten lassen. Allerdings ist sie eben auch nicht die zentrale Figur des Hörspiels.)
      "Foster" Thomas Nero Wolff geht ebenfalls bereits auf die 60 zu.

      Werfen wir doch mal einen Blick auf eine Auswahl an Hauptsprechern in deutschen Hörspielserien und ihr Alter und richten das Hauptaugenmerk dabei auf Figuren, bei denen wir annehmen dürfen, dass das Alter zwischen Sprecher und Figur teils deutlich auseinanderklafft.:

      John Sinclair - Dietmar Wunder (55)
      Foster - Thomas Nero Wolff (58)
      Oscar Wilde & Mycroft Holmes - Sascha Rothermund (46) und Reent Reins (78)
      Phileas Fogg - Sascha Draeger (53)
      Piefke - Oliver Stritzel (63)
      Edgar Allan Poe & Auguste Dupin: Manfred Lehmann (75) und Uve Teschner (47)
      Dr. Morbius - Udo Schenk (67)
      Tony Ballard - Torsten Sense (58)
      Dorian Hunter - Thomas Schmuckert (55)
      Jay Jublonski ("Fraktal") - Johannes Steck (54)

      Es gibt also eine ganze Reihe von aktiven Berufsjugendlichen, deren Sprecher nicht ganz so jung sind wie ihre Figuren. Manche, wie beschrieben, sind bereits im fortgeschrittenen Alter in die Jugendlichkeit ihrer Figuren gestartet.

      Eine Yvonne Greitzke dagegen, die jüngst mehrfach als neue weibliche Heldin (Ghostbox, Irene Adler) in Serie ging, ist gerade mal 32 Jahre alt.
      Nana Spier war beim Start von Faith 34 Jahre alt.
      Bianca Krahl war beim Start von Gabriel Burns (obwohl nicht Titelfigur) 30 Jahre alt (Vollbrecht war bereits 50).
      Luise Helm bei Monster 1983 32 Jahre alt. (David Nathan 44.)
      Franziska Pigulla war beim Start von Sinclair 36 Jahre alt (Frank Glaubrecht dagegen bereits 57!).
      Annina Braunmiller-Jest war bei Erscheinen von Phileas Fogg 30 Jahre alt. (Sascha Draeger 48.)

      Es ist also auffällig, dass in neuen Paarungen Männer sehr oft bereits in deutlich fortgeschrittenem Alter den noch recht jugendlichen Helden verkörpern dürfen, während Sprecherinnen altersmäßig deutlich, deutlich näher an ihren gesprochenen Figuren zu sein haben. Es wird also Männern ganz offensichtlich eine größere Glaubwürdigkeit zugesprochen, auch in fortgeschrittenem Alter jung oder zumindest alterslos zu klingen.

      Um mich nicht misszuverstehen: Mich stört nicht der Einsatz von älteren Sprechern. Viele Stimmen sind nun mal alterslos. Aber es fällt einfach die ungleiche Handhabung der Besetzung bei der Verteilung unter den Geschlechtern auf. Und das dürfte dann wohl auch erklären, warum einige Sprecherinnen, wie etwa Arianne Borbach, heute nicht mehr so oft in Protagonistinnenrollen besetzt wird wie noch vor einigen Jahren, wo man sie gefühlt in jedem dritten Hörspiel hörte. Es wird ihr wohl nicht mehr zugetraut, diese Rollen (die der jungen, aber ERWACHSENEN Frauen) glaubwürdig auszufüllen. Einem Dietmar Wunder oder Frank Glaubrecht oder Bernd Vollbrecht traut(e) man so etwas aber zu, obwohl auch sie im fortgeschrittenen Alter sind.

      Und komme mir niemand mit Reinhilt Schneider als Gegenbeweis. :zwinker: Erstens ist sie ein Phänomen, was die Stimme angeht, und außerdem ist es bei ihr ganz klar der Nostalgiefaktor, der Hörspielmacher dazu veranlasst, sie zu besetzten (und ich bin ausdrücklich froh darum).

      Wir haben es hier also gleich mit einer mehrfach verschwurbelten Problematik bei der Rolle der Frau im deutschen Hörspiel zu tun:

      Frauen sind nicht nur viel weniger präsent in der Funktion von Kreativen und Produzenten, die Hörspiele hervorbringen - die weiblichen Figuren in den Hörspielen sind noch dazu recht häufig geprägt durch den männlichen Blick, den männlichen Standpunkt. Weibliche Figuren sind sehr oft ausschließlich Zuträgerinnen bzw. Stützen der männlichen Helden, indem sie diese flankieren, ihnen die Möglichkeit verleihen, Kontur zu gewinnen, sie zu beschützen oder Grund für eine übergeordnete Motivation aufzuzeigen; sehr oft aber mangelt es ihnen an plotinterner Autonomie und Vielschichtigkeit. Weibliche Hörspielfiguren sind nicht nur sehr deutlich in der Minderheit in den allermeisten Hörspielgeschichten, sie sind noch dazu häufig klischeebehaftet und folgen althergebrachten Rollenkategorien (Heilige, Hure, Mutter, schrullige Alte, Hexe). Weibliche Figuren mit größeren Anteilen an den Plots sind häufig jung und werden in diesen Fällen zum Zeitpunkt des Erscheinens der ersten Folge fast durchweg von Sprecherinnen gesprochen, deren Alter viel näher an dem der von ihnen gesprochenen Figur liegt, als es bei den ihnen zugeordneten männlichen Protagonisten der Fall ist. Insgesamt ist zu beobachten, dass es deutlich mehr männliche Sprecher gibt, die bei Erscheinen der ersten Folge deutlich über dem Alter der von ihnen gesprochenen Figur liegen, als dies bei Frauen der Fall ist. Frauen in fortgeschrittenem Alter finden als Sprecherinnen in eigenständigen Hauptrollen so gut wie gar nicht statt, es sei denn, ein Nostalgiebezug macht die Wahl einer bestimmten Sprecherin notwendig oder die Figur entspricht einem der üblichen Klischees (schrullige Alte, Mutter).

      Ich finde, man kann also schon ein "Problem" feststellen, das der kommerzielle Hörspielmarkt mit Frauen im allgemeinen hat.
    • Wusste ich's doch, dass ich schon mal etwas zum Thema Alter von Frauen (Sprecherinnen/Figuren) in Hörspielen geschrieben habe:

      Hardenberg schrieb:

      Mir ist übrigens heute noch ein weiterer Aspekt eingefallen, unter dem man diese Thematik betrachten kann: der Einsatz von Sprecherinnen.

      Ich finde es sehr auffällig, dass es relativ viele Männer gibt, denen man auch im fortgeschritteneren Alter zutraut, junge, dynamische Helden zu spielen, während andererseits die Sprecherinnen, die junge, dynamische Protagonistinnen sprechen, nach meinem Eindruck über die Jahre ausgetauscht wurden. So spielten beim Captain Future-Hörspiel-Revival alle Originalsprecher in ihren angestammten Rollen, nur die Rolle der Joan wurde neu besetzt, um mal ein prägnantes Beispiel zu nennen. Nun könnte man sich hier noch drauf rausreden, dass es vielleicht Anita Kupsch war, die nicht mehr wollte, aber es geht mir um den Eindruck, der mit diesem Beispiel offenbar wird. In den meisten Fällen geht es ja nicht um feste Rollen, sondern um Rollenkategorien. So ist mir etwa aufgefallen, dass eine Arianne Borbach, die einige Zeit lang auf einen bestimmten Frauentypus (jung, attraktiv, selbstbewusst) geradezu abonniert war, heute kaum noch für Figuren wie diese besetzt wird, sondern nur noch in Nebenrollen und/oder solchen Rollen, in denen das Rollenprofil ein ganz anderes ist. Selbst beim letzten, erwähnenswerten Einsatz im Gruselkabinett, "Ewige Jugend", wo sie in der Rolle der Gräfin Bathory eine spitzenmäßige Leistung hinlegt, ist deutlich, dass die Rolle im fortgeschritteneren Alter ist und insofern ein wenig aus dem üblichen Rahmen fällt.

      Das fiel mir gerade wieder ein, als ich in anderem Zusammenhang über Sprecherinnen nachdachte. Ich mag ja Arianne Borbachs Stimme unheimlich gern, bemerke aber, dass sie zunehmend als schrullige Alte besetzt wird. Sie kann ja ihre Stimme recht gut anpassen, klingt dann kratziger, obwohl sie bei Ewige Jugend, wie erwähnt, durchaus auch bewiesen hat, dass es anders geht.

      Ist ein interessantes Phänomen, dass man Männern deutlich öfters Rollen gibt, die jünger sind als die jeweiligen Sprecher, während man bei Frauen bei der Besetzung auf eine größere, altersmäßige Nähe zur Figur achtet.

      Eine absolute Ausnahme ist hier natürlich Reinhilt Schneider, aber das hat ja eher damit zu tun, dass sie aus Nostalgiergründen besetzt wird. Und zudem ist ihre Stimme wirklich ein Phänomen.

      Aber was denkt Ihr: Wird hier bei Männern und Frauen mit unterschiedlichem Maß gemessen?
    • Hardenberg schrieb:

      Aber was denkt Ihr: Wird hier bei Männern und Frauen mit unterschiedlichem Maß gemessen?
      Ich denke schon, dass da bis zu einem gewissen Grad so ist.
      Die Frau "darf" alles, nur nicht alt und verbraucht :zwinker: klingen - es sei denn, die hat ohnehin die "Oma-Rolle". :pfeifen:
      Sie muss nach Möglichkeit Jugend, Frische, Energie implizieren - und wo das nicht über den visuellen Aspekt geht, da eben stimmlich!
      Braucht mir jetzt keiner zu erzählen, dass das ja gar nicht stimmt und dass nie ein Unterschied gemacht wird - ich denke mir meinen Teil dazu. :zwinker:
      Wir hatten hier doch schon mal einen User, der schrieb, Frauen nach den Wechseljahren bekämen ja irgendwie komische Stimmen :wacko: :vogel: - und falls das andere auch so sehen, "klar", dass man dann, wenn man junge Frauen zur Verfügung hat, als Label eher auf die zurückgreift.
      Männer sind, wie wir alle wissen, doch viel länger fit, dynamisch und machen "was her", natürlich auch stimmlich. :kicher:
      Getreu dem dämlichen Spruch "Männer reifen, Frauen verblühen".

      In diesem Zusammenhang habe ich mich mal richtig gefreut, als bei Hermann Media Audiobooks in der Folge "Holmes & Watson Mysterys 12 - Vampire über England" die Rollen der beiden weiblichen Hauptcharaktere, Mina und Lucy, von Sabine Kaack und Tina Eschmann gesprochen wurden - obwohl die beide altersmäßig weit über den Rollen liegen! ^^

      Ein Negativbeispiel, das mir kürzlich im aktuellen "Geister-Schocker 94 - Henkersfrist bis Mitternacht" begegnet ist: Warum lässt man Tanja Dohse, eine Frau von Mitte 50, hier eine explizit als "alt" bezeichnete Figur sprechen?
      So klingt sie doch nicht mal annähernd!
      Oder sollte uns das dann als Beispiel für eine "junge" Oma präsentiert werden? :wirr2:

      Ich glaube, wie man besetzt, kann auch hin und wieder einfach ein Problem der zur Verfügung stehenden Sprecherinnen sein. :)
    • Mal ein Gegenbeispiel:

      Karin Eckhold war 64, als 2002 die erste Folge vom "Sternentor" bei Maritim erschien - obwohl sie die junge, attraktive Cindy Common sprach. Und ja, zumindest eine Mittdreißigerin (Cindys Alter bleibt ungenannt) habe ich ihr noch abgekauft. Die Rolle behielt sie auch bis 2006, erst nach einer längeren Unterbrechung der Serie wurde sie 2008 für die letzten 3 Folgen durch die damals 38jährige Melanie Manstein ersetzt.

      In der 2004 erschienen Folge "Im Land der grünen Sonne" hatte darüber hinaus Ursula Vogel (damals 86!) eine Gastrolle - ebenfalls als durchaus noch junge und attraktive Frau gecastet (die hätte ich ihr allerdings auch 50 Jahre früher nicht abgekauft, dafür war ihre Stimme schon immer zu speziell).

      Fairerweise sei noch erwähnt, daß die komplette Besatzung deutlich unter ihrem realen Alter gecastet wurde (so sprach der bei Serienstart 42jährige Wolfgang Bahro den 12jährigen Ralph Common). Andererseits wurde der bei Serienstart 60jährige Ernst Meincke 2008 für die letzte Folge durch den noch mal 5 Jahre älteren Christian Mey ersetzt.

      Möglicherweise war diese Serie ja ein spezieller Härtefall (auch Rolf Jülich als Professor Common, der 2005 verstarb, wurde ab Folge 5 von Helmut Krauss ersetzt), aber durchaus ein Beispiel, daß auch reifere Damen mal jüngere Rollen sprechen.
    • Da ich hier ja genannt wurde, was Holmes & Watson Mysterys Folge 12 betrifft, sowie die Serie Das Sternentor, wo ich damals ja die Sprecher besetzte, sei anzumerken, dass es auch Möglichkeiten gibt, auch eine Reihe nur mit Frauen zu besetzten. Das ist aktuell bei mir Kaffeesatz, Tarot und Tod. Hier sind nur Frauen und kein einziger Mann!
    • Carsten_HM schrieb:

      Da ich hier ja genannt wurde, was Holmes & Watson Mysterys Folge 12 betrifft, sowie die Serie Das Sternentor, wo ich damals ja die Sprecher besetzte, sei anzumerken, dass es auch Möglichkeiten gibt, auch eine Reihe nur mit Frauen zu besetzten. Das ist aktuell bei mir Kaffeesatz, Tarot und Tod. Hier sind nur Frauen und kein einziger Mann!

      Das finde ich ja mal spannend und originell. Das hat es so meines Wissens noch nie gegeben (oder doch zumindest so gut wie nie), während es doch sehr viele Hörspiele gibt, in denen es ausschließlich männliche Figuren und Sprecher gibt und Frauen allerhöchstens Randfiguren bleiben.

      Gehört das denn zum Konzept der ganzen Serie oder ergab sich das zunächst nur mal für die erste/n Folge/n?
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