Gruselkabinett - 62 - Rappaccinis Tochter

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    • Gruselkabinett - 62 - Rappaccinis Tochter



      Gruselkabinett - 62- Rappaccinis Tochter

      Zum Inhalt:
      Der junge Student Giovanni Guasconti ist nicht gerade glücklich über seine neue Unterkunft in Padua. Das düstere Haus drückt auf sein Gemüt, und erst als die Vermieterin ihn auf den kleinen Balkon aufmerksam macht, ändert sich seine Stimmung. Von dort aus hat er freien Blick in den erstaunlichen Garten des Dr. Rappaccini. Es sind aber nicht die seltsamen Pflanzen allein, die ihn interessieren, sondern vor allem Rappaccinis wunderschöne Tochter Beatrice.


      Zur Produktion:
      Ehrlich gesagt habe ich mich schon lange gefragt, wann sich Titania der Geschichten von Nathaniel Hawthorne annehmen würde, denn einige seiner Novellen passen thematisch perfekt zu diesem Label. Hierzulande sind Hawthornes Bücher, wenn überhaupt, nur aus dem Englischunterricht bekannt, während sie in den USA auch heute noch zur Standardliteratur in Highschools zählen. Berühmt wurde der Autor eigentlich eher durch seine romantischen beziehungsweise dramatischen Werke, wie "Der scharlachrote Buchstabe". Die vorliegende Erzählung dürfte allerdings vielen Filmfreunden bereits ein Begriff sein, schließlich nahm sich Hollywood 1963 dreier phantastischer Geschichten Hawthornes an: "Dr. Heideggers Experiment", "Rappaccinis Tochter" und "Das Haus mit den sieben Giebeln" und veröffentlichte sie als Episodenfilm "Gift des Bösen", unter anderem mit dem großen Vincent Price.
      Wer hier jetzt allerdings den Megagrusel erwartet, dürfte enttäuscht sein. Stattdessen wird eine gefühlvoll erzählte, tragische Liebesgeschichte präsentiert. Die Handlung wirkt auf den heutigen Hörer zeitweilig schon etwas altbacken, und entsprechend langsam baut sich auch die Spannung auf. Um das Geschehen eindringlicher gestalten zu können, hat Skriptautor Marc Gruppe die Perspetkive von objektiv in subjektiv geändert. Das kommt dem Hörer einerseits zu Gute, da man sich auf diese Weise dem Hauptcharakter stärker verbunden fühlt, bedeutet aber andererseits auch einen recht hohen Erzähleranteil. Das abrupte Ende wird möglicherweise den einen oder anderen verwirren, zumal es sich von der literarischen Vorlage unterscheidet. Dort meldet sich nämlich noch einmal Prof. Pietro Baglioni zu Wort, um Dr. Rappaccini zu verhöhnen. Ich weiß nicht, ob das Marc Gruppe zu zynisch war oder ob es ihm einfach nur nicht gefallen hat, jedenfalls endet die Geschichte im Hörspiel einen Satz früher. Wer sich selbst ein Bild über die Unterschiede machen will, kann das englische Original im Internet nachlesen (shsu.edu/~eng_wpf/authors/Hawthorne/Rappaccini.htm).
      Die eigentliche Produktion siedelt selbstverständlich wieder auf gewohnt hohem Niveau. Es gibt eine satte Soundkulisse zu hören, in der die Gartenatmosphäre perfekt eingefangen wurde. Vögel zwitschern, der Brunnen plätschert und die Grillen zirpen. Angereichert wird das Ganze mit tragender Klaviermusik, die für zur Handlung passende Stimmung sorgt und zusätzlichen geschickt gestreuten Synthieklängen, um dem düsteren Grundtenor einen noch bedrohlicheren Anstrich zu geben.


      Zu den Sprechern:
      Damit die Geschichte funktioniert, ist es natürlich unerläßlich, auch die richtigen Sprecher zur Verfügung zu haben. Da es sich hier aber um das Label Titania handelt, muss man sich über diesen Aspekt keine Sorgen machen. Bedingt durch den doch sehr begrenzten Handlungsort, kommt man mit nur fünf von ihnen aus. Max Felder, dem, bedingt durch den Perspektivenwechsel, der größte Textanteil zufällt, verkörpert treffend Giovanni Guasconti, einen Studenten, der gerade ins Erwachsenenleben tritt. Felders sympathische, junge Stimme ist in der Lage, so komplexe Gefühle wie Schüchternheit, Trauer oder Wut glaubwürdig und intensiv zu vermitteln. Sprecherisches Highlight war für mich aber Manfred Erdmann(Dr. Giacomo Rappaccini), der den betagten, eigenbrötlerischen Doktor spielt. Wie er mit tiefer Stimme mal hart und wütend, dann wieder erschöpft und beinahe sanft klingt, ist schon ein Hörerlebnis. Sein diabolisches Lachen dürfte jedem einen Schauer über den Rücken jagen. Jaqueline Belle(Beatrice Rappaccini) interpretiert ihre Rolle als liebreizende, bildhübsche Tochter mit großer Hingabe, und besonders einige der Szenen in direkter Konfrontation mit ihrem sehr dominanten Vater sind großartig gelungen, aber an manchen Stellen empfand ich sie einfach als zu jung. Reinhard Glemnitz(Prof. Pietro Baglioni) der ernsthafte, ältere Herr mit väterlichen Anwandlungen gegenüber seinem Studenten, hat mir genauso gut gefallen wie Angelika Bender(Lisbetta) als klatschhafte Vermieterin mittleren Alters, die Giovanni in ihrer praktischen Art zwar umsorgt, dabei aber immer den eigenen Vorteil im Auge behält.


      Fazit:
      Schön erzählte, ungewöhnliche Liebesgeschichte mit einer Prise unterschwelligem Grauen.

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      OTR-Fan
    • Letzte Woche auf einer Rückfahrt gehört. Tjoa...hm...was soll ich sagen. Für ein "gut" war es mir zu wenig Grauen, Grusel, Spannung - aber grundsätzlich geht das schon in Ordnung. Ist keine Folge die oft mein Regal verlassen wird. Technisch brauchen wir nicht drüber reden, Titania halt. :)

      Wobei ich mir manchmal wünschen würde, die Sprecher wären ein klein wenig weniger perfekt. Gerade die Hauptprotagonisten klingen eigentlich immer gleich. Das ist perfekt, fehlerfrei, aber ebenso steril und antiseptisch. Wirklich auffällige Stimmen baut man doch eigentlich nur mal für Nebenrollen ein. Manchmal habe ich das Gefühl, in jeder Folge spricht den Part der Hauptakteure (m/w) immer die gleiche Person, so ähnlich klingt das alles. Es passt irgendwie zu Titania, die ja generell recht schnörkellos perfekt sein wollen/sind - es geht mir aber ein wenig das Realistische und Sympathische bei den Sprechern ab. Ruhig mal Mut zu eher unkonventionellen Hauptsprechern. Gibt es evtl. Folgen die mich Lügen strafen? (bestimmt)
    • @Jonny

      Ja, ich weiß, was Du meinst. Dieser Eindruck ergibt sich für mein Empfinden, weil Titania eine Neigung haben, immer nach einem ähnlichen Schema umzusetzen. Da gibt es ja noch mehr "Traditionen", die sich durch die Reihe ziehen, von immer denselben Erzählern über Floskeln in Dialogen zu elend langen deskriptiven Textpassagen, gern gepresst in völlig gestelzte Wortwechsel. Oder auch diese scharfe Abgrenzung von Gut und Böse: Auf der einen Seite das Gute und Reine, das höchstens mal verführt ist, letztlich aber guten Willens bleibt, auf der anderen Seite das abgrundtief Böse, das stets märchenhaft selbsterklärend bleiben muss und seine Finsterkeit gern mit einem teuflischen Lachen garniert.

      In diese Kategorie fallen nicht selten auch die Sprecher. Auch ihre Auswahl scheint oft der Logik einer Dramaturgie von Kinder- oder Märchenhörspielen zu folgen, so dass sowohl die jugendlichen Helden des männlichen als auch die des weiblichen Geschlechts manchmal naiv bis an die Grenze der Zurechnungsfähigkeit durch eine konstruiert erscheinende Handlung tapern.

      Mir scheint das über die Jahre und dem hohen Ausstoß an Folgen immer stärker ins Gewicht zu fallen. Rappaccinis Tochter mochte ich bei Erscheinen sehr, damals war das zugrundeliegende Schema auch noch nicht zu Tode geritten, aber wenn ich es heute zum ersten Mal hörte, würde mich der Eindruck wohl auch ermüden, denn vieles wurde in der Zwischenzeit wirklich beinahe in Dauerschleife wiederholt. Nicht im Gesamten, aber eben die einzelnen Ingredienzen. Das Gruselkabinett überrascht nicht mehr wirklich. Es ist wohl eine Reihe für die, die die stete Wiederholung einer ganz speziellen Hör-Atmosphäre suchen - und dann finden wollen. :schulter:
      Darin unterscheidet sich die Reihe halt für mein Empfinden sehr von einer Wundertüte wie den Midnight Tales, bei der man vorher nie weiß, was kommt.

      Das Gruselkabinett klingt mittlerweile oft so betulich wie ein 50'er-Jahre-Film von Ernst Marischka. Wer's mag! :zwinker:

      Angenehme Abweichungen davon gibt es in der Tat nicht so oft. Spontan fällt mit Matti Klemm in der Gespenster-Rikscha ein. Der ist stimmlich, aber auch charakterlich, eine ganz andere Art "Held".
    • Bin ich ja froh dass es mir nicht allein so geht. Man könnte ja sagen: "Hey, ist doch klasse. Perfekt vorgetragen, angenehme Stimme, was will man mehr?" Aber genau dass finde ich ein wenig abtörnend: Dass die Hauptsprecher stets diese Saubermann Stimmen haben, egal ob männlich oder weiblich.

      An der Leistung dieser gibt es nie etwas auszusetzen, aber Frauen klingen alle "nett, vornehm, manchmal ein wenig keck und man hat immer das Bild einer lachenden hübschen Dame die über eine Blumenwiese läuft" vor Augen.

      Die Männer sind immer intelligent, höflich und wirken so, als gäbe es kaum ein Haar in der Suppe zu finden...