Mark Brandis, Raumkadett - 11 - Das Jupiter-Risiko
Zum Inhalt:
Fähnrich Mark Brandis steht kurz vor seiner Abschlussprüfung und soll nun auch praktische Erfahrungen sammeln. Zu diesem Zweck wird er auf dem Schiff "Anat" eingesetzt, das unter dem Kommando von Commander Michael Brandt steht. Kurz vor dem Start wird dieser jedoch wegen Verrat verhaftet, und Captain Patricia Simmons übernimmt seinen Posten. Nach dem Start erfährt die Mannschaft das Reise- und Missionsziel: Es geht zum Jupiter, und die "Anat" soll Beweise erbringen, daß der Mars während der Rebellion von dort aus beschossen wurde.
Zur Produktion:
Nach der wohlverdienten Winterpause meldet sich das Label Interplanar mit einer neuen Folge seiner Reihe "Mark Brandis Raumkadett" zurück. Einer der Gründe, warum mir diese Serie so sehr gefällt, sind die Geschichten an sich und wie Interplanar bzw. der Skriptautor Balthasar v. Weymarn sie erzählt. Statt alles im "Pulpmodus" abzuspulen, also eine Actionszene an die nächste zu reihen und den Protagonisten als strahlenden Helden zu zeigen, geht er den Weg der anspruchsvollen SF. Die Handlung wird langsam aufgebaut, um die Dramatik nach und nach zu steigern. In der ersten halben Stunde des knapp 63minütigen Hörspiels passiert, abgesehen von der Verhaftung des Commanders, nichts Weltbewegendes. Stattdessen wird der Hörer, so wie Mark Brandis selbst, mit dem Raumschiff, seiner Besatzung und der Mission vertraut gemacht. Das mag jetzt vielleicht für den einen oder anderen etwas ereignislos klingen, doch diese Zeit ist keinesfalls verschwendet. Ganz im Gegenteil! Einerseits nutzt von Weymarn die Gelegenheit für eine differenzierte Charakterdarstellung der unterschiedlichen Mannschaftsmitglieder, andererseits dient die erläuternde Führung durch das Raumschiff der Schaffung eines möglichst realistischen Umfeldes. Solchermaßen vorbereitet, fallen die folgenden Ereignisse dann umso dramatischer aus.
Trotz meines Lobes für die Geschichte insgesamt, muss ich doch auch zwei Punkte anbringen, die ich nicht so gelungen fand. Da wäre zunächst das "Manteufelprotokoll". Etwas weiter oben habe ich ja positiv herausgestellt, daß von Weymarn eben nicht den "Pulpregeln" folgt. Durch dieses "Notfallprotokoll" bricht er jedoch mit seinem Erzählstil und löst das Problem auf eine meines Erachtens sehr plumpe Weise, indem er, konträr zu den vorher etablierten Fakten, das Raumschiff mit bislang unbekannten Fähigkeiten ausstattet, welche noch nicht einmal die Besatzung kannte.
Das wirkt irgendwie einfallslos, zumal es auch gar nicht nötig gewesen wäre und man die Situation anders hätte "retten" können.
Der zweite Kritikpunkt sind die Rangbezeichnungen, die sich teilweise doch erheblich von dem unerscheiden, was im Booklet steht. Grund dafür ist ein Gemisch aus deutschen, englischen oder französischen Titulierungen. So ist beispielsweise der Rang des 'Colonel' (West) mit dem eines 'Oberst' gleichzusetzen, und es verwirrt mich, wenn der Sprecher mit diesem Titel angesprochen wird, statt als Col., wie im Booklet angegeben. Natürlich kann man jetzt argumentieren, daß dies eben die Vielfältigkeit bzw. Internationalität der Besatzung unterstreicht. Eine solche Begründung fällt aber reichlich dünn aus, wenn man bedenkt, daß es im Mark Brandis-Universum ja eh nur noch zwei "Parteien" (Republiken und Union) gibt und ein Festhalten an nationalen Titeln daher mehr als antiquiert erscheint.
Interessanterweise gelingt es Interplanar, trotz der Tatsache, daß die Reihe in drei verschiedenen Studios produziert wird, alles wie aus einem Guß klingen zu lassen, und man hat nie das Gefühl, die Stimmen seien nicht zusammen aufgenommen worden. Das liegt natürlich an der Professionalität der Sprecher, vor allem aber an der durchgängigen Regie von Balthasar v. Weymarn, der ganz genau weiß, wie sich jede Figur anhören muss. Ebenso professionell agiert auch Jochim-C. Redeker, der für Ton, Musik und Produktion verantwortlich ist. Sein unverwechselbares Sounddesign lässt den Hörer sofort in die Welt von übermorgen eintauchen. Ganz egal, ob es dabei um den durchdringenden Alarmton, die dröhnenden Triebwerke der Raumschiffe, oder den Sound der Jupiterstrahlung geht, alles wirkt natürlich.
Neben der Vielzahl an Geräuschen, sind es aber vor allem die Effekte, die zur Glaubwürdigkeit des Geschehens beitragen. Stellvertretend seien hier die langgezogenen Stimmen der Sprecher im Magnetfeld des Jupiters genannt.
Obwohl mir die von Redker komponierte Musik sehr gut gefällt, begrüße ich es doch, daß sie, vor allem in den Zwischensequenzen, eher kurz ertönt. Auf diese Weise wird die Handlung nicht unnötig lange unterbrochen, und die eingesetzten Musikstücke tun nur das, was sie auch sollen: das Geschehen adäquat unterstreichen, bzw. einen flüssigen Übergang zur nächsten Szene schaffen.
Zu den Sprechern:
Wer die Serie von Anfang an verfolgt hat, der wird feststellen, daß der von Daniel Claus verkörperte Fähnrich Mark Brandis inzwischen ein junger Mann geworden ist. Zwar agiert er noch immer mit einer gewissen bescheidenen Zurückhaltung, doch innerhalb dieser Folge muss er über sich selbst hinauswachsen und mehr Verantwortung übernehmen, als man ihm eigentlich nach seinem "Rang" zumuten sollte. Ein weiteres Indiz für die Reife der Figur sind ihre moralischen Grundsätze und Prioritäten, die konträr zu den Befehlen des Militärs stehen. Sebastian Kluckert(Alec Delaney) tritt weiterhin als Marks Ratgeber und Freund auf, und ich finde es ein wenig bedauerlich, daß ihre geistige "Verbundenheit" mit dieser Folge endet. Sascha Funke(Maitre D') ist toll als blasierter Leiter des Restaurants, und Tilmar Kuhn(Col. Leonard R. West) verhält sich gewohnt distanziert gegenüber seinem Stiefsohn Mark. Michael-Che Koch(Boris Baklanow) spielt Marks freundlichen Mitschüler aus der Raumschule, der zunächst zögert, dessen Fragen zu beantworten, und Thomas Schmuckert(Cmdr. Michael Brandt) ist großartig als etwas bärbeißig daherkommender Commander, der eine gehörige Portion Sarkasmus an den Tag legt.
Zu meiner großen Freude hat Michael Lott(Mark Brandis/Erzähler) diesmal einen etwas umfangreicheren Auftritt als Erzähler. Normalerweise begrüße ich es ja, wenn ein Hörspiel ganz ohne auskommt, aber Lotts ausdruckstarker Vortrag lässt ihn mehr wie eine Figur als wie ein Erzähler wirken und rechtfertigt meiner Meinung nach auch längere Passagen. Das Sprecherische Highlight bildet für mich diesmal aber eindeutig seine Frau Dorothea Lott(Cpt. Patricia Simmons) als erster Offizier der "Anat". Es ist zunächst schon ein wenig ungewohnt, ihre Stimme in dieser Rolle zu hören (normalerweise spricht sie ja Ruth, die Ehefrau von Brandis), aber da es ihr irgendwie gelingt, hier jünger zu klingen, fällt das kaum auf. Jedenfalls macht es ungeheuren Spaß, sie als alle drangsalierende Vorgesetzte zu erleben, die es noch dazu besonders auf Mark abgesehen hat. Zur Höchstform läuft sie auf, als es darum geht, die Auswirkungen der Jupiterstrahlung akustisch darzustellen. Die Art und Weise, wie sie dann ihren Text spricht, ist äquivalent zu der von Nach-Koma- bzw. Schlaganfallpatienten, deren Ausdrucksweise ebenfalls extrem langsam und ein wenig nuschelig ausfällt. Diese Darstellung gelingt ihr beängstigend realistisch. In weiteren Nebenrollen treten Olaf Reichmann(Lt. Andrew Sims) als leicht besorgter Ingenieur mit Sinn für Humor und Ozan Ünal(Lt. Finlay MacUallas) als schottischer Navigator, der Mark Brandis unter seine freundschaftlichen Fittiche nimmt, auf. Werner Möhring(Corp. Michael Horstmann) liefert das perfekte Portrait eines kompromisslosen, strengen Beamten, und Constance Kappler(System Anat) leiht ihre melodische Stimme dem Bordcomputer. Die Rollen von Anja Jaramillo und Jochim-C. Redeker werden nicht zugeordnet, sie intonieren vermutlich die verschiedenen Durchsagen bzw. den Funkverkehr.
Fazit:
Ein weiteres überaus spannendes Weltraumabenteuer des jungen Raumkadetten und seiner Freunde.
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