Gruselkabinett - 114 & 115 - Der Ruf des Cthulhu

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    • Gruselkabinett - 114 & 115 - Der Ruf des Cthulhu



      Gruselkabinett - 114 & 115 - Der Ruf des Cthulhu

      Zum Inhalt:
      Im November 1926 wird Francis Wayland Thurston davon in Kenntnis gesetzt, daß sein Onkel Professor Angell verstorben ist. Da Angell kinderlos und bereits verwitwet war, ist Thurston somit dessen Alleinerbe. Beim Sichten des Nachlasses entdeckt er eine Schatulle, in der sich verschiedene Zeitungsausschnitte und Dokumente sowie eine abstoßend hässliche Figur befinden. Je mehr sich Thurston mit den Sachen beschäftigt, umso mehr erkennt er, daß alles mit einem uralten Kult zusammenhängt: dem Kult des CTHULHU!

      Zur Produktion:
      "The Call of Cthulhu", so der englische Originaltitel, gehört zu den wichtigsten Erzählungen des Autors H.P.Lovecraft (20.08.1890 – 15.03.1937) rund um den von ihm erfundenen "Cthulhu"-Mythos. Erstaunlicherweise hielten weder Lovecraft selbst ("ziemlich mittelmäßig - nicht so misslungen wie meine Schlechtesten, aber voll billiger und sperriger Elemente") noch Farnsworth Wright, der damalige Herausgeber des Magazins "Weird Tales", die 1926 verfasste Kurzgeschichte für gelungen. Wright weigerte sich zunächst auch, sie überhaupt zu veröffentlichen und tat dies erst 1928, als ein Freund Lovecrafts ihm mitteilte, dieser gedenke, sie sonst anderswo einzureichen.
      Zum illustren Freundeskreis des Autors zählte auch der britische Schriftsteller Algernon Blackwood (14.03.1869 – 10.12.1951), dessen Arbeiten er sehr bewunderte. Blackwood war selbst Verfasser von Geister- bzw. Gruselstories, und ich bin ein wenig überrascht, daß Titania bisher noch keine davon vertont hat. Mitte der 1920er Jahre pflegten beide Männer einen regen Briefwechsel, in dessen Folge auch Blackwoods "Introtext" Eingang in die Geschichte von Cthulhu fand. Diese Bezugnahme ist einerseits als Verbeugung Lovecrafts zu sehen, andererseits verleiht die Erwähnung einer realen Person der Handlung mehr Glaubwürdigkeit. Obwohl der kurze Prolog allenfalls als stimmungsgebend gelten kann, ließ es sich Skriptautor Marc Gruppe nicht nehmen, den Realismus noch etwas zu steigern, indem er Algernon Blackwood "selbst" auftreten und seinen Text vorlesen lässt.
      Überhaupt findet sich in der Besetzungsliste mancher "Insider"-Gag. So trägt der Butler den Namen Carter, den Lovecraft-Fans sofort mit Randolph Carter (H.P.Lovecrafts alter Ego) und unter anderem mit der Geschichte "Der Fall des Charles Dexter Ward (Gruselkabinett - 24 & 25) in Verbindung bringen werden. Auch der Name "Wilcox" steht in direktem Zusammenhang mit dem berühmten Schriftsteller, da ein Zweig seiner Familie so hieß.
      Wie gewohnt bleibt Marc Gruppe respektvoll dicht an der literarischen Vorlage, ohne dabei aber komplett auf Änderungen zu verzichten. So wurde beispielsweise Thurstons Bericht darüber, wie er vom Tode seines Onkels erfuhr, in Dialogform gesetzt (ein Telephonat zwischen ihm und dem Anwalt), und es kamen neue Figuren, z.B. die des Butlers, hinzu. Außerdem hat Gruppe einige Textteile umgestellt und damit der Handlung etwas mehr Spannung verliehen als ursprünglich der Fall. Kleinere Passagen, unter anderem die Erwähnung des verrückten Arab Abdul Alhazred und des "Necronomicons" sowie die Besuche Thurstons bei Wilcox, der Polizei und den überlebenden Kultisten, wurden weggelassen, da sie nicht zu weiteren Erkenntnissen führen und daher irrelevant für den Ablauf sind.
      Daß der Name der australischen Zeitung (Sydney Bulletin) unerwähnt bleibt oder Gustaf bei Gruppe Gustav geschrieben wird, sind kleinere, im Endeffekt ebenfalls unerhebliche Eingriffe.
      Eine Änderung hat mich allerdings schon gewundert: Im Original verfasst Gustaf sein Tagebuch in englischer Sprache, um zu verhindern, daß seine Frau den Inhalt versteht, während er sie bei Gruppe auf die Bibel schwören lässt, seine Eintragungen nicht zu lesen.
      Bei diesem Hörspiel handelt es sich ja um einen Zweiteiler, dessen Folgen auch einzeln verkauft werden. Interessanterweise hat Marc Gruppe den Kunstgriff fertiggebracht, die Geschichte so aufzuteilen, daß auch jeder Teil für sich bestehen kann. Allerdings gibt es dabei nicht nur deutliche Laufzeitunterschiede. Folge 114 umfasst die ersten zwei großen Abschnitte (I. The Horror in Clay & II. The Tale of Inspector Legrasse) und hat eine Spielzeit von knapp 72 Minuten, während Folge 115 nur das letzte Drittel der Geschichte (III. The Madness from the Sea) beinhaltet und auch deswegen mit lediglich knapp 40 Minuten zu Buche schlägt. Anders gesagt: Teil 1 stellt den langsamen Aufbau des Grauens dar und Teil 2 den fulminanten Abschluss. So sehr mir diese Adaption auch gefallen hat, so sehr hätte ich mir doch noch mehr "Action" und damit auch eine längere Laufzeit für Folge 115 gewünscht. Meiner Meinung nach hätte es z.B. nicht geschadet, auch den Kampf der Yacht mit dem Schiff der Eingeborenen als Spielszene zu integrieren, statt sie mehr oder weniger als erzählenden Monolog ablaufen zu lassen. Apropos Monolog: Trotz Gruppes häufigem Dialoge-Einbau, gibt es doch immer wieder längere Passagen, die quasi nur von einem Sprecher getragen werden und damit schon fast Hörbuchcharakter aufweisen. Aber das liegt größtenteils an Lovecrafts etwas umständlichem, stellenweise auch langatmigem Erzählstil. Wer sich nun selbst einen Eindruck von der Vorlage machen will, findet die Geschichte unter en.wikisource.org/wiki/The_Call_of_Cthulhu/full im Internet.
      Um Cthulhu passend in Szene zu setzen, lassen es Stephan Bosenius und Marc Gruppe in den Bereichen Produktion und Regie wieder mal so richtig krachen. Entsprechend dem Sujet, sind die Melodien alle düster und unheimlich gehalten, nur einmal erklingt eine ruhige Geigen- Weise. Abgesehen von den Streichinstrumenten, kommen aber auch Blasinstrumente, eine Harfe und Trommeln zum Einsatz. Neben langgezogenen Synthesizersounds, sind es vor allem die bombastischen Musikstücke (wenn Cthulhu kommt) sowie die bedrückenden Sprechgesänge der Kulstisten, die dem Hörer im Gedächtnis bleiben. Besonders gelungen finde ich in diesem Zusammenhang die episch angelegte Abschlussmelodie, bei der Gruppe und Bosenius auch die Laute des Cthulhu nochmals einspielen. Auf diese Weise macht das Titania-Team deutlich, daß die Bedrohung noch lange nicht vorüber ist.

      Anargenargh! :mauer: Ich muss die Rezi in zwei Teile schneiden, da sie zu lang ist (mehr als 10.000 Zeichen) um sie in einem Post unterzubringen!


      OTR-Fan
    • Und die "Fortsetzung": :augenroll:

      Zu einem guten Gruselhörspiel gehört natürlich auch eine entsprechende Geräuschuntermalung der einzelnen Szenen. So kommt der Hörer in den Genuss lauter Töne, wie kreischende Möwen, heulender Wind oder ein stampfender Schiffsmotor, aber auch die leisen Klänge, wie das prasselnde Kaminfeuer und das raschelnde Papier, werden nicht vergessen. Das Highlight ist aber für mich Cthulhu selbst. Ich denke, die akustische Gestaltung dieses Wesens war für Bosenius und Gruppe eine große Herausforderung. Da es sich ja bei der titelgebenden Kreatur um eine außerirdische Lebensform handelt, scheidet die Verwendung irdischer Tierlaute automatisch aus. Die beiden waren also gezwungen, ganz neue, eigene "Brülllaute" zu schaffen, und ich finde, das Ergebnis kann sich mehr als hören lassen! Obwohl es eigentlich verführerisch wäre, ein solches Hörspiel mit Effekten vollzupacken, widerstehen die Produzenten der Verlockung und setzen diese, ganz im Einklang mit Lovecrafts Erzählstil, nur sehr sparsam ein. So werden beispielsweise die Stimmen beim Museumsbesuch mit leichtem Hall unterlegt, um einen großen Raum zu simulieren, und die Rufe der Matrosen etwas leiser eingespielt, um deren räumliche Distanz zum Hörer darzustellen. Besonders gut hat mir die Art und Weise gefallen, mit der die Stimme des Chronisten langsam in die des Erzählers übergeht.

      Zu den Sprechern:
      Die Besetzung des Hörspiels ist mindestens genauso opulent ausgefallen, wie die gerade angesprochene Soundkulisse.
      Die Stimme von Detlef Bierstedt(Chronist) eignet sich zwar gut für diesen Part, aber im Endeffekt hat er zu wenig zu tun, (in der zweiten Folge gibt er lediglich einen Zeitungsartikel wieder), als daß sein Auftritt größer im Gedächtnis bleiben würde. Zumal seine Aufgabe auch problemlos vom eigentlichen Erzähler Christian Stark(Francis Wayland Thurston) hätte erledigt werden können. Stark macht seinem Namen alle Ehre, denn er ist Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte. Analog zum Leser, taucht er nach und nach immer tiefer in den Cthulhu-Mythos ein, und seine anfängliche Neugier schlägt im Laufe der Recherchen in stetig wachsendes Grauen um. Horst Naumann(Prof. Angell) ist mit seiner brummigen Stimme eine ausgezeichnete Wahl für die Rolle des über neunzigjährigen Mannes, dessen Leben aufgrund seiner Nachforschungen eine dramatische Wendung nimmt. Fabian Oscar Wien(Farbiger Matrose) spricht seinen Part mit eiskalter Stimme, und es gelingt ihm wirklich, jedem seiner Worte einen brutalen Unterton zu verleihen. Julian Tennstedt(Mann) hat einen kurzen Auftritt als hilfsbereiter Passant, und auch Joachim Tennstedt(Algernon Blackwood) kommt lediglich als Vorleser des Textes von A.Blackwood zum Einsatz. Der stets sachlich bleibende Anwalt des Professors, Sascha von Zambelly(Mr. Douglas) ist im Rahmen eines Telephongesprächs nur leicht verfremdet zu hören, ganz im Gegensatz zu Axel Lutter(Butler Carter), dessen raue Stimme gut zu seinem Portrait des distinguierten, zuvorkommenden Angestellten des Professors passt. Roman Wolko(Henry Anthony Wilcox) hat mir in seiner Rolle des höflichen, anfangs verlegenen jungen Mannes, dessen intensive Träume auch Auswirkungen auf seinen Wachzustand haben, sehr gefallen. Gleiches gilt für Wilfried Herbst(Dr. Tobey) den freundlichen, aber im Endeffekt hilflosen Hausarzt der Familie Wilcox, und für Bernd Rumpf(John Raymond Legrasse) als gestandener, diensteifriger Polizeiinspektor, der den Kultisten den Garaus machen will. Die leicht heisere Stimme von Peter Weis(Prof. William Channing Webb) ist passend für den Part des älteren, durch die Ereignisse fassungslosen Gelehrten. Peter Reinhardt(Deputy Conners) liefert ein überzeugendes Portrait des harschen Polizeibeamten, den das Verhalten der Kultisten zunächst verunsichert und anschließend wütend werden lässt. Dirk Petrick(Ein Orgiast) agiert sehr überzeugend als junger Kultist, dessen Begeisterung fanatische Züge hat.
      Ebenso gut gefallen haben mir Jochen Schröder(Der alte Castro) als fatalistischer, uralter Mann und Johannes Bade, Marcel Barion und Kai Naumann als weitere Kultanhänger. Uwe Büschken(Dr. Clayton Barnes) spricht den freundlichen Museumskurator, während Kristine Walther(Frau Johansen) als gramgebeugte Witwe überzeugt. Patrick Bach(Gustav Johansen) ist großartig als entschlossener zweiter Maat, der das Kommando übernehmen muss, und die ihm unterstellten Matrosen, der geldgierige, verschlagene Sascha von Zambelly(Rodriguez), der etwas einfältig wirkende Mitläufer Fabian Oscar Wien(Hawkins) und der übersensible, beunruhigte Jannik Endemann(William Briden) machen ihre Sache ebenfalls perfekt. Auch wenn es im Booklet dazu keinen Eintrag gibt, vermute ich doch, daß Cthulhu von Marc Gruppe stimmlich dargestellt wird.

      Fazit:
      Gediegene Hörspielumsetzung eines Klassikers der Gruselliteratur.

      Das Hörspiel Gruselkabinett - 114 & 115 - Der Ruf des Cthulhu
      gibt es bei
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      OTR-Fan
    • Vielen Dank für die wieder sehr lesenswerte Rezension. Ich finde es Klasse, dass Du auch Recherchen und zusätzliche Infos in die Rezi mit einbaust. Damit hat man als Leser einen deutlichen Mehrwert.


      MonsterAsyl schrieb:

      So sehr mir diese Adaption auch gefallen hat, so sehr hätte ich mir doch noch mehr "Action" und damit auch eine längere Laufzeit für Folge 115 gewünscht.
      So etwas in der Art habe ich mir auch gedacht. Da wäre schon noch was gegangen. Hier hätten andere Labelkollegen wohl mehr “Muskeln“ gezeigt.
    • Gern geschehen :hutheb:

      Markus G. schrieb:

      Da wäre schon noch was gegangen.
      Ja, das finde ich eben auch. :zustimm: Nach dem ausführlichen Aufbau in Folge 114 hatte ich eigentlich erwartet, daß es in der Anschlussfolge noch mehr "zur Sache" gehen würde.

      Markus G. schrieb:

      Hier hätten andere Labelkollegen wohl mehr “Muskeln“ gezeigt.
      Nun, mehr "Muskeln" hätte ich da gar nicht gewollt. :nein: Will heissen: ich brauch da kein "Crash, Boom, Bang", aber ich hätte mir eben noch mehr Spielszenen gewünscht.


      OTR-Fan
    • Vielen Dank MoAs für diese ausführliche Rezi! :danke:
      Lovecraft gehört wegen seines Stils nicht zu meinen Lieblingsautoren, doch als Gruselfan kenne ich wohl das meiste von ihm. Ich bin bei dieser Doppelfolge etwas zwiegespalten. Grundsätzlich gefallen mir Atmosphäre und Geräuschkulisse sehr gut. :] Ich muss jedoch zugeben, dass meine Aufmerksamkeit beim Hören zum Ende der 114/Beginn der 115 nachgelassen hat. Die Geschichte plätscherte so dahin, wie das eben so ist bei Lovecraft... Meine Lovecraft-Favoriten sind die Hörbücher von LPL, da gibt' s nur einen Sprecher und ich weiß gleich, worauf ich mich einlasse: Mehrere Stunden gleichmäßig dahinfließende Erzählung mit fantastischem Inhalt ohne große Höhen und Tiefen, total beruhigend, kann ich gut hören. Von einem Hörspiel erwarte ich da etwas anderes - zum Beispiel so etwas wie den hier dargestellten
      Spoiler anzeigen
      Aufenthalt in R'lyeh und den Kampf mit Cthulhu
      zum Ende der Folge 115. Das hat mir sehr gut gefallen :daumenhoch2: und meine Aufmerksamkeit wieder gefesselt. Insgesamt war mir dieses Doppelpack als Hörspiel zu langatmig/wenig aufregend und gerade steht mir nicht der Sinn nach einem 2. Durchgang. Naja, später vielleicht. ^^
    • Fand sie auch sehr mittelprächtig.Es gehen den Jungs einfach die Stoffe aus. Die Epochen mit guten Vorlagen sind einfach abgegrast.Man sollte sich echt einmal Gedanken über moderne Stoffe machen wenn es bereits jetzt schon immer schlechter wird.
      FFM-ROCK.DE
    • TheBite schrieb:

      Das hat mit "Grusel" rein gar nichts mehr zu tun
      Da muss ich Dir zustimmen. Mit "Grusel" hat das nichts zu tun. Eine eigene "SF Klassiker" oder ähnlich betitelte Reihe fände ich auch schöner.


      TheBite schrieb:

      Und schlechte Stoffe und Vorlagen kann man halt nicht "schön" vertonen.
      Nun ja. Also ich würde H.P. Lovecraft nicht als "schlechten" Stoff oder Vorlage bezeichnen. =) Es ist halt sehr schwierig, seine Geschichten auf ein anderes Medium zu übertragen. Und ich finde, Titanias Hörspieladaption ist durchaus gelungen. Klar, es sind ein paar Wünsche offen geblieben, aber wenn man es ganz anders gemacht hätte, wäre es nur noch eine Geschichte nach den Motiven von...


      OTR-Fan
    • Dem kann ich mich nicht anschließen. Die Invasion der Marsianer von Wells finde ich sehr gruselig und ich sehe auch keinen fehlenden Geist oder eine Verschlechterung. Das möchte ich gerne erklären.

      Der Ruf des Cthulhu ist für mich ein echtes Glanzstück. Wie Poe, stellt Lovecraft nicht das Grauen selbst in den Vordergrund, sondern die Empfindung des Grauens, welches sich langsam, mehr und mehr aufbaut, wärend der Suche nach Antworten des Protagonisten. Die Geschichte geht von unserer christlich geprägten Mythologie weg, hinzu etwas völlig anderem. Es stellt Gott und seine Hilfe in Frage, ja es stellt uns vor etwas so großes und unbegreifliches, dass uns die Menschheit klein und hilflos erscheint. Viele Geister- und Vampirgeschichten sind eigentlich Werbung für die Kirche. Dracula ist mächtig, ja, böse auch, aber haben wir ein Kruzifix dabei ist er machtlos. Und so einfach macht es Lovecraft eben nicht. Die Entwicklung der Geschichte und die Auswirkungen sind das Ziel und stehen im Mittelpunkt, nicht das Monster. Und nichts, nicht einmal Gott kann uns davor schützen und bewahren.
      Das mag heute Langweilig erscheinen, weil uns kaum noch was schockt.
      Ich finde die Gedanken und Abgründe von Lovecraft immer noch faszinierend und ungewöhnlich.
      Das ist auch der Grund, warum mir Burns gefällt. Es sind alternative Gedanken-Universen mit einer völlig anderen Schöpfungsgeschichte. *schmunzelt* Oder auch nicht.... wir kennen noch nicht den Grund unserer Existenz....

      Schöne Grüße
    • Dass Lovecraft nicht auf altbekannte Schemata zurückgreift, finde ich grundsätzlich gut, doch ich finde seine Art des Schreibens einfach für heutige Verhältnisse unzeitgemäß. Das ist über weite Strecken ein einziges zähes und pseudowissenschaftliches Referieren. Von Spannung kann viel zu oft keine Rede sein. Ich stimme jenen zu, die sagen, Lovecraft war viel zu lange ein unterschätzter Autor. Ich finde aber gleichzeitig, dass er heute weit überschätzt wird.

      Insofern ist er für mich nicht in derselben Kategorie mit Autoren wie z.B. Wells oder Poe oder gar Meister Shakespeare, die tatsächlich eine zeitlose Schreibe und ein zeitloses Gespür für Geschichten hatten.

      Aber davon ab: Wenn die Vorlage keine vernünftigen Spielszenen bietet, dann sollte ein talentierter Hörspielmacher Mittel und Wege finden, sie zu schaffen, ohne damit den Sinn des Ursprungswerks ins Gegenteil zu verkehren. Das ist es, was eine gute Umsetzung im Wortsinne ausmacht. Das vermisse ich viel zu oft beim Gruselkabinett. Da wird mir viel zu oft eben nicht clever umgesetzt, sondern recht schnöde die literarische Vorlage "nachverfolgt". Ich weiß, Puristen, die fanatisch an einer Vorlage kleben, wird diese Verfahrensweise ganz recht sein, aber für mich gilt, dass ich bei Medien, auf die ich zurückgreife, weiß, dass sie nur unter gewissen Bedingungen funktionieren können - und diese Bedingungen gewisse Anpassungen notwendig machen. Wenn ich das nicht ertrage, so sehe ich das jedenfalls für mich, dann muss ich bei der Vorlage bleiben und darf mich nicht an einer Umsetzung versuchen.

      Das ist auch der Grund, warum mich die Lovecraft-Vertonungen vom Gruselkabinett fast durchweg nicht überzeugen können, obwohl ich eine Menge Potential darin für interessante Umsetzungen gesehen hätte. Die (formale) Nähe zur Vorlage scheint mir hier, wie bei anderen Folgen der Reihe, das Hauptproblem zu sein, nicht so sehr die Frage des Inhalts oder ob das Sujet ausreichend Grusel bietet.

      Bei anderen Folgen der Reihe, etwa dem Haus mit den sieben Giebeln oder dem Schimmelreiter, um nur zwei zu nennen, geht es mir ähnlich, obwohl ich hier die Vorlagen über die Maße schätze. Aber was als Buch funktioniert, muss es eben nicht auf dieselbe Weise auch als Hörspiel, wenn es nicht vernünftig in das andere Medium umgesetzt wurde.
    • Ich kann mich nur wiederholen. Ich finde die Jungs haben den Roman in meinen Augen richtig gut umgesetzt. Sie sind dabei auch ihrer Linie, ihrem Charme und ihren Stärken treu geblieben. Ich kann aber auch die leichte Kritik daran verstehen. Auch ich hatte das Gefühl, dass man in manchen Szenen ein wenig mehr draus machen könnte bzw. das manch andere Hörspielmacher daraus auch mehr gemacht hätten. Es geht dabei nicht unbedingt um "Krachbummzack" sondern darum um mit Musik, Geräuschkulisse, Sprache und detaillierten Beschreibungen die Gänsehautszenen noch etwas mehr auszubauen. Die düstere Grundstimmung ist vorhanden aber die eine oder andere Szene könnte hier noch etwas "mehr" vertragen.
      Ganz allgemein gefallen mir die TITANIA-Hörspiele aber nach wie vor gut bis sehr gut. Diese Folge geht mehr in Richtung sehr gut, wobei, wie geschrieben, ich doch das Gefühl habe, es könnte noch einen Tick besser sein.
    • Mag vielleicht auch ein Stückweit damit zusammenhängen, ob man Hörbücher mag oder nicht. Für mich sind viele Gruselkabinette nämlich eigentlich eher Hybride, oft geht es auch in Richtung inszenierte Lesung. Von all dem bin ich aber kein Freund. Ich mag die Bedingungen des Hörspiels. Und zwar wegen dieser Bedingungen.

      Beim Ruf des Ctulhu ging es mir wieder so, dass ich so manches Mal die Fäuste in den Taschen ballen musste beim Hören. Ich finde es ganz einfach total langweilig und einfallslos, wenn man eine Vorlage, die in Form eines Berichts als Buch verfasst wurde, jedes Mal so umsetzt, dass die Fakten, die in diesem Bericht (meist von einem Ich-Erzähler) geliefert werden, in einem oder mehreren Endlos-Dialogen aneinandergereiht werden. Und dies meist nach demselben Schema. Mir fehlt da einfach die Reibung bei solchen Dialogen, Dynamik, Witz, gegenläufige Intentionen der Sprecher. Es ist ein endloses Blabla, das mit Aha- oder Wie interessant-Lauten des Geprächspartners bedacht wird, flankiert oft noch von langen Smalltalk-Einlagen wie: Darf ich Ihnen den Hut abnehmen? oder: Wie wär's mit einem Gläschen Cognac. Sorry, das ist mir einfach zu wenig. Vor allem wenn fast das gesamte Hörspiel so aufgebaut ist - und letztlich sogar jede Folge der gesamten Reihe diesem Schema folgt. Da ist nicht Überraschendes mehr, nichts Raffiniertes. Das kommt mir, um es überspitzt auszudrücken, wie Schreibroutine vor, um nicht das Wort Fließbandarbeit zu gebrauchen.

      Vielleicht fällt es mir auch nur so überdeutlich auf, weil ich eben nicht wöchentlich Massen an Hörspielen höre, sondern oft nur eine überschaubare Anzahl - da hinterlässt das einzelne vielleicht einen stärkeren Eindruck... (?)

      Beim Ruf des Ctulhu hätte es viele Ansätze gegeben, die Handlung anders (besser) umzusetzen. Anstatt über außergewöhnliche Begebenheiten in einem weiteren Dialog nur öde zu berichten, hätte man auch in die Szenen gehen können und sie direkt in Spielhandlung umsetzen.
      Dabei geht es natürlich nicht um bloße Action. Sondern es geht um eine überzeugende Dramaturgie und um das, was das Hörspiel zum Hörspiel macht.
      Und das haben die Jungs von Titania nach meinem Empfinden früher, als sie noch nicht einen derart hohen Ausstoß hatten, deutlich besser drauf gehabt.
      Beim Ruf des Ctulhu sehe ich das nur in Ansätzen als gelungen an. Beim ersten Teil überzeugt gerade mal das Gespräch zwischen Angell und Wilcox halbwegs sowie die Szenen, in denen die Kultgemeinschaft auftaucht. Der Rest ist mehr als zäh und öde inszeniert. Jedenfalls für meinen Geschmack.

      Aber wenn Ihr die Hörspiele in der Mehrheit obergenial findet oder doch wenigstens befriedigend, freut mich das für Euch. :) Wir müssen ja nicht alle alles gleich sehen, und ich bin ja auch ein bekennender Pingel. :D
    • Ich fand das Hörspiel insgesamt auch zu sehr träge "dahinplätschernd", gerade die erste CD war doch ziemlich dialog- bzw. erzähllastig, ohne dass mich das Ganze sonderlich gepackt, geschweige denn mitgerissen hätte.
      Im zweiten Teil wurde es dann allerdings doch besser, wobei man hier vielleicht etwas mehr mit Spielhandlungen hätte arbeiten können.

      Hardenberg schrieb:

      Dabei geht es natürlich nicht um bloße Action. Sondern es geht um eine überzeugende Dramaturgie und um das, was das Hörspiel zum Hörspiel macht.
      :thumbup:

      Ich kenne nur wenige Lovecraft-Erzählungen vom Selbst-Lesen her, was bedeutet, ich gehe eher unvoreingenommen an die Stoffe heran und habe kein Bild der Charaktere im Kopf bzw. auch keines davon, wie man die Handlung denn nun am eindrucksvollsten umsetzen könnte.
      Hier blieb man ja wohl sehr genau am Original.

      Soundkulisse, Musik, die Sprecher, alles wieder auf dem üblichen hohen Niveau, die Darstellung von Cthulhu auf dem Cover fand ich richtig toll! :zustimm:
      Inhaltlich liegt das Hörspiel für mich aber nur im Mittelfeld.