Prof. Sigmund Freud - 02 - Familienersatz
Klaus Harranth, der sich kurzfristig einen Termin bei Professor Freud geben lässt, hat ein großes Problem. Er hat gerade seinen Vater erschossen und anschliessend zerstückelt. Harranth erwartet nun von Freud therapeutische Hilfe, um sich weniger schuldig zu fühlen. Gemeinsam erarbeiten sie die Umstände, die zu der schrecklichen Tat führten. Um zu verhindern, daß die Sitzung unterbrochen wird oder der Psychiater sich weigert, bedroht Harranth ihn mit der Tatwaffe.
Während sich die erste Folge dieser Serie noch auf relativ konventionellen Pfaden bewegte, geht es nun in den eigentlichen und damit psychologischen Bereich. Von Anfang an ist klar, wer der Täter ist und was er getan hat. Trotzdem oder gerade deshalb, ist diese Folge überaus spannend. Es ist schlicht und ergreifend faszinierend, wie sich Freud, mit Hilfe von Rollenspielen, den Hintergründen der Tat nähert. Hier liegt auch ganz klar die Stärke des Hörspiels. Der Weg, also die Erforschung des Hergangs, ist das Ziel. Leider bleibt die Auflösung eher unbefriedigend. Es wird einfach nicht klar, warum ausgerechnet Klaus, eines von drei Geschwistern, sich zu dem Mord hinreissen ließ. Auch der wissenschaftliche Kommentar von Frau Dr. Salwa Meier bleibt leider zu oberflächlich und bezieht sich eher auf Allgemeines aus Freuds Theorien als auf die Geschichte des Hörspiels. Dazu kommt noch ein schwerwiegender Logikfehler. Zum einen heißt es, daß die Truhe, in der die Leichenteile verstaut wurden, extrem dicht halte, zum anderen erfährt man aber, daß der Vater genau diese als "Erziehungsinstrument" benutzt habe. Der Hörer stellt sich nun unwillkürlich die Frage, wie die Kinder den längeren Aufenthalt darin überleben konnten.
Von der technischen Seite her gibt es eigentlich nichts zu beanstanden. Die Musik und die Geräusche tragen einmal mehr zu der leicht morbiden Atmosphäre bei, und auch der Schnitt ist immer gut gewählt. Allerdings entfaltet sich das Hörspiel am besten unter Einsatz des Kopfhörers, da einige Passagen, wie beispielsweise Gespräche, die hinter verschlossener Tür zu vernehmen sind, doch sehr leise ausfallen und auch geflüsterte Passagen teilweise etwas "vernuschelt" klingen.
Im Booklet findet sich diesmal, neben der Auflistung der Mitwirkenden, noch kleine Abhandlungen zu den Themen Familienaufstellung, Verschwiegenheitspflicht und Erziehung.
Wie von Stil nicht anders gewohnt, kommen auch hier wieder nur erstklassige Sprecher zum Einsatz. Hans Peter Hallwachs spielt Sigmund Freud gewohnt souverän, und auch Felicitas Woll, als seine Tochter Anna und Andreas Fröhlich, als Karl Gruber, können mit ihrer Darstellung überzeugen, obwohl deren Rollen diesmal eher klein ausfallen. Gleiches gilt für Nicolas Artajo in der Rolle des Über-Ich und Cathleen Gawlich als ES. Wanja Mues Interpretation des gepeinigten Klaus Harranth ist überaus gelungen. Sein Spiel ist ausdruckstark, und es gelingt ihm, Hass und Verzweiflung in seine Stimme zu legen. Auh die anderen Nebendarsteller, die Harranths Familie verkörpern, machen ihre Sache ausgezeichnet, wobei der Hinweis auf Friedrich G. Beckhaus als Vater (alt) etwas irritiert, da man ihn jung gar nicht zu hören bekommt.
Fazit: Kein Hörspiel, daß man nebenbei hören sollte. Wer sich jedoch Zeit dafür nimmt, wird mit einer sehr gelungenen Psychostudie belohnt.
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