Das ist ein hochinteressanter Gedanke, den man sich mal vor Augen führen sollte. Stimmt: Früher sagte man sich vielleicht eher "Toll, das hat mir gut gefallen" oder "Nö, irgendwie gefällt mir das nicht so richtig". Aber man hat daraus weder eine Religion noch eine Philosophie gemacht. Es ist aber auch logisch, dass man an heutige Produkte auch heutige Maßstäbe ansetzt. Früher hat man sich schließlich auch eine Masters-Folge angehört und dabei gleichzeitig mit He-Man-Figuren gespielt. Jetzt mal Hände hoch - wer hier macht noch so was?Ich komme aus einer Hörspielzeit, wo man als Kind und Teenager einfach nur gehört hat und Spaß am Hörspiel hatte. Ob da in einer H.G. Francis
Gruselfolge Horst Frank einmal der Bruder und einmal der Ehemann war ist mir früher nie aufgefallen, da ich schlichtweg Spaß an dem Hörspiel
hatte und noch habe. Würde dieser Dialogbuch- und Regieschnitzer heutzutage einem aktuellen Label passieren: Oh wei, oh wei!...
Aber ich muss noch mal was loswerden, was die Kritiken usw. angeht. Man muss das mal von zwei Seiten her betrachten, okay, sagen wir mal von drei Seiten:
1.) H. G. Francis & Co. hatten seinerzeit Verkaufszahlen, von denen heutige Hörspielmacher nur feucht träumen können. Auch wenn die Produktionen heute "besser", wuchtiger, professioneller, freier usw. sind. Auch wenn die Cover bunter, erwachsener und ansprechender sind. Auch wenn die Dialoge "frecher" und moderner geworden sind.
2.) Wenn einem früher mal was nicht so sehr gefallen hat, wurde es nicht gleich totgeschrieben. Für Neulinge gab es den sogenannten "Welpenschutz", (der vor einigen Jahren offiziell abgeschafft wurde). Und die "big names" der Branche haben sich nicht mal ansatzweise 'nen Kopf um Kritiken und Rezensionen, um Logikfehler oder um den Sound der Abmischung gemacht. Sie haben einfach munter drauflos und weiter produziert, und hatten keinerlei (finanzielle) Einbußen zu befürchten, nur weil Klein-Fritzchen in Schlumpfhausen mit dem neuen Flitze Feuerzahn-Hörspiel nicht 100pro zufrieden war. Heutzutage ist das - Überraschung! - anders. Ganz anders. Gibt es irgendwo einen Anschlussfehler im Skript, wird zum dritten Mal dieselbe Musik eingespielt, dieselben Schrittgeräusche usw., hagelt's sofort Verrisse bei Amazon & Co. Und das kann sich finanziell bemerkbar machen. (Und gerade die alten Europa-Hörspiele bestehen im Prinzip ja nur aus den ewig selben zehn Musikstücken und Soundeffekten, die bei Asterix, Masters of the Universe, den ???, bei TKKG, Hui Buh, und-und-und, eingesetzt wurden.)
Unkalkulierbar hingegen sind die zufriedenen Leute, denn die melden sich irgendwie nie schriftlich zu Wort, wie Nexus letztens schon anmerkte. Die kaufen, hören, finden's gut und kümmern sich nicht um Rezensionen oder Foren. Und sie sind Egoisten, die sich nur um sich selbst kümmern und nichts weiterempfehlen. (Die Kritiker hingegen sind geborene Altruisten und Idealisten, denen das Wohl ihrer Mitmenschen dermaßen am Herzen liegt, dass sie große Anstrengungen dafür auf sich nehmen, sie vor "schlechten" Produktionen und vor Produktions"fehlern" zu warnen.)
3.) Gut scheint es allemal zu sein, wenn überhaupt (noch) über irgendeine Hörspielserie geredet oder geschrieben wird. Denn diese findet noch statt. Wenn noch nicht mal darüber geredet wird, dann wird sie vermutlich nicht einmal mehr für Umme irgendwo runtergeladen / downgeloadet. Und das wiederum ist ein sehr guter Nebeneffekt der sogenannten "Marktbereinigung". - Auch diese Perspektive muss man ab und zu mal einnehmen.
[Ja ja, downloaden ist ganz böse und so, wissen wir. Aber: Es ist auch ein Signal des Kunden. Signalisiert er (grundsätzlich) Interesse? Oder signalisiert er: "Diese Scheiße würde ich mir nicht mal für umsonst aus'm Netz ziehen wollen" (geschweige denn, auch noch Geld dafür bezahlen) ?]
Aber Nexus' Bemerkung (über die Macht des "Bösen") finde ich wirklich bemerkenswert. Wird gemeckert und geklagt, kommt gleich Stimmung in die Hütte. Schreibt man über irgendwas, was einem gut gefällt, heißt es entweder "Kriegst du 'ne Provision von denen?" oder "Schön für dich" und der Thread setzt in Nullkommanichts Spinnweben an.
Scheinbar ist der gemeinsame Nenner "da draußen" auch eher in denselben Dingen zu finden, die man irgendwie NICHT mag. Und weniger in denen, die einem persönlich gut gefallen. Vielleicht täuscht dieser Eindruck. Aber zumindest ist dieser Eindruck da. Bei mir wenigstens.