Blockbuster für die Ohren - 1 - Kohltour der reitenden Leichen

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    • Blockbuster für die Ohren - 1 - Kohltour der reitenden Leichen

      Hier mal meine Meinung zu diesem Hörspiel, die ich an anderer Stelle im Januar 2016 veröffentlicht hatte.


      Leider kein sattelfestes Hörspiel: Meine Meinung zu "Die Kohltour der reitenden Leichen"

      "Kohltour der reitenden Leichen" ist kein Hörspiel, das man ernst nehmen darf. Denn schon sein Titel schreit auf Entfernung: "Hier kommt Trash". Nun gibt es diesen liebenswerten Trash, der so schlecht ist, dass er schon wieder gut ist und deshalb Spaß macht. Aber eben diese Form von Trash ist "Kohltour" meiner Meinung nach leider nicht.

      Ich sage deshalb leider, weil die primäre Erzählung grundsätzlich das Potenzial für einen herrlich abgefahrenes Hörvergnügen durchaus mitbringt. Auf die Idee, den Plot des Trash-Klassikers "Die Nacht der reitenden Leichen" in die deutsche Provinz zu verlagern, muss man erst einmal kommen; und nachdem einem die holzschnittartigen Charaktere mit ihren Beziehungsproblemen aus dem Klischeehandbuch zum ersten Mal präsentiert wurden, freut man sich als Hörer schon darauf, sie als Bestandteil einer blutigen Schlachtplatte serviert zu bekommen. Denn genau für diesen Zweck sind sie prädestiniert. Die Handlung hat mit etwas um die 50 Minuten eine kompakte Spielzeit und steuert zielstrebig auf das Massaker zu. Am Ende hält sie zudem noch einen netten Twist parat, der natürlich irgendwie absehbar war, weil auch er eben zu den Konventionen jener Filme gehört, an denen sich dieses Hörspiel orientiert. Dies zeigt jedoch, dass Autor Sven Morscheck die Vorbilder sehr gut kennt, die er hier zitiert. Außerdem waren für Hoerspielfilm erfahrene Leute am Werk, die für die entsprechende Qualität sorgen. Die Musik von Tom Steinbrecher und Alexander Schiborr ist gefällig, Steinbrechers Sounddesign schafft Atmosphäre und am Schnitt von Patrick (Nachname) gibt es nichts auszusetzen.

      Dass sich trotz interessanter Grundidee, kompakter Spielzeit und ansprechender Atmo kein Hörspaß einstellen will, hat mehrere Ursachen. Eine davon ist sicherlich die Leistung des Casts. Dessen Performance ließe sich vielleicht rechtfertigen, würde es sich bei "Kohltour" um ein unkommerzielles Hörspiel handeln - wobei Hoerspielprojekt, Soundtales Productions oder auch die Mindcrushers regelmäßig beweisen, dass auch Amateure vor dem Mikro richtig gute Ergebnisse erzielen können. Doch bei einem kommerziell ausgewerteten Werk geht das, was hier teilweise geboten wird, einfach nicht. Hörspielsprecher müssen ihren Text nicht auswendig kennen, doch dann sollte er sich nicht auch noch abgelesen anhören. Schwerwiegender ist für mich jedoch ein strukturelles Problem, das dem Hörspiel zum Verhängnis wird. Der Plot kennt eine Rahmenhandlung, in der einer Person von einem der Protagonisten die Geschehnisse während der Kohltour retrospektiv berichtet werden. Dieser Protagonist wird in der Haupthandlung selbst aber nicht als Erzähler eingesetzt. Sein Fehlen führt dazu, dass sich die Charaktere permanent und nervtötend so verhalten, als wären die Personen, die genau neben ihnen stehen, allesamt blind. Das klingt dann in etwa so: Person 1: "Sieh, da kommt jemand angeritten!", Person 2: "Ja, und nun steigt er ab!" Komplett verheerend wird es, wenn eine Figur detailreich schildert, wie eine andere Person gemeuchelt wird. Es ist ein komplettes Selbstgespräch, da niemand anderes anwesend ist. Es gibt genügend Hörspiele, die ohne einen Erzähler auskommen und in denen die Schilderungen von Ereignissen, Örtlichkeiten usw. organisch in die Dialoge eingepflegt werden. "Kohltour" ist keines dieser Hörspiele, weshalb es definitiv die falsche Entscheidung war, auf einen Erzähler zu verzichten.

      "Blockbuster für die Ohren" lautet das Motto von Hoerspielfilm. Geboten wird das akustische Äquivalent eines B-Movies, das in einigen Aspekten lediglich die Standards der C-Kategorie erfüllt. Mit solider B-Ware, die Spaß macht, habe ich kein Problem. Doch was Hoerspielfilm hier anbietet, ist mir nach reiflichem Abwägen leider zu wenig, als dass ich empfehlen könnte, sich das Ding anzuhören.


      Meine persönliche Wertung: 3 von 10 berittenen Meuchelmönchen!